Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil wird in seinem Ausspruch über das Unterlassungsbegehren teilweise bestätigt, sodass es zu lauten hat:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, ab sofort die Aufführung des Entertainment-Programms ‘Joey Racino Show', wie auszugsweise auf der VHS-Kassette Beilage ./C dargestellt, in ursprünglicher und/oder abgeänderter Form im Gesamten zu unterlassen, wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“
Im Übrigen, also hinsichtlich der Unterlassungsteilbegehren betreffend die Verwendung der Tonträger der klagenden Partei zu den im Unterlassungsbegehren näher bezeichneten Musikstücken in Form von Halbplaybacks bei öffentlichen Aufführungen, und betreffend die Aufführung der speziellen für die „Joey Racino Show“ geschaffenen Choreografien zu diesen Musiknummern, wird das angefochtene Teilurteil aufgehoben und die Rechtssache - auch - in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin bietet die Ausbildung zu Tanz, Gesang und Schauspiel an und organisiert künstlerische Gesamtproduktionen. Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung „M*****“ eine Anlage für Pferderennen mit angeschlossenem Casino, in dem auch Unterhaltungsprogramme aufgeführt werden.
Die Klägerin stellte zuletzt folgendes Unterlassungsbegehren, das sie mit einem Begehren auf Zahlung eines angemessenen Entgelts von insgesamt 260.000 EUR sA und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung verband:
Die Beklagte ist schuldig, ab sofort
a) die Aufführung des Entertainment-Programms „Joey Racino Show“, wie auszugsweise auf der VHS-Kassette Beilage ./C dargestellt, in ursprünglicher und/oder abgeänderter Form im Gesamten oder in Teilen, insbesondere die Aufführung der speziellen für die „Joey Racino Show“ geschaffenen Bearbeitungen der Musiknummern [lt näherer Aufzählung] und/oder
b) die Verwendung der Tonträger der Klägerin zu den vorbezeichneten Musikstücken in Form von Halbplaybacks bei öffentlichen Aufführungen, und/oder
c) die Aufführung der speziellen für die „Joey Racino Show“ geschaffenen Choreografien zu den vorbezeichneten Musiknummern, zu unterlassen.
Sie habe im Auftrag der Beklagten auf Grund einer Vereinbarung vom 13. 1. 2005 den künstlerischen Teil eines Unterhaltungsprogramms im Ausmaß von 200Shows im Zeitraum Februar bis Dezember 2005 entworfen, organisiert und durchgeführt. Das Unterhaltungsprogramm enthalte folgende kreative Leistungen, die Werke iSd § 1 UrhG seien:
- Erstellung eines künstlerischen Gesamtkonzepts mit der Grundidee der Kunstfigur „Joey Racino“ als Zentralfigur der Show; Urheber dieses schriftlich ausgearbeiteten Konzepts seien Alexander T***** und Michael S*****;
- Verfassung eines Originalbuchs für die Rahmenhandlung durch den Autor Robert D*****;
- Bearbeitung bereits bestehender bekannter Musiknummern durch besondere musikalische Inszenierungen nach Rhythmus, Tempo und Tonart, in Abstimmung mit der speziell für die Show zu den einzelnen Musiknummern erstellten Choreografie durch Michael S*****;
- Herstellung von Tonträgern dieser musikalischen Inszenierungen in Form von Halbplaybacks als musikalische Grundlage für den Gesang;
- Erstellung der Choreografien zu den Musiknummern durch Alonso B*****;
- Entwurf und Arrangement von Kostümausstattung, Teilen des Bühnenbilds und der Requisiten durch Michael S*****;
- Gesamtinszenierung der Show unter Abstimmung aller Teilwerke durch Michael S***** als Regisseur.
Die Show sei nach Abnahme des Gesamtwerks durch die Beklagte von einem elfköpfigen Ensemble erstmals am 4. 2. 2005 im Unternehmen der Beklagten mit großem Erfolg zur Aufführung gebracht worden. In der Folge habe ein von der Beklagten neu eingesetzter Generalmanager vertrags- und urheberrechtswidrig in das Gesamtwerk der Show eingegriffen. Darsteller seien umbesetzt worden, Gesamtkonzept, Choreografien, Regie und Buch seien in einer Weise verändert worden, dass damit ein für die Klägerin nicht mehr vertretbarer Qualitätsverlust verbunden gewesen sei. Da es der Klägerin nicht gelungen sei, die vertrags- und urheberrechtswidrigen Eingriffe abzustellen, habe sie das Vertragsverhältnis mit 31. 3. 2005 wegen der fortgesetzten schweren Vertragsverletzungen durch die Beklagte vorzeitig beendet. Die Beklagte habe diese Kündigung widerspruchslos zur Kenntnis genommen und sei ebenfalls von einer Beendigung des Vertrags zum genannten Termin (wenn auch aufgrund ihrer eigenen Rücktrittserklärung) ausgegangen. Aufgrund des Vertrags vom 13. 1. 2005 habe die Beklagte keine Urheberrechte an der Show der Klägerin erworben. Die Klägerin habe der Beklagten ausdrücklich die weitere Aufführung der Show sowie deren Bewerbung untersagt. Alle persönlich beteiligten Urheber hätten die Werknutzungsrechte an ihren Werken mit entsprechenden Vereinbarungen an die Klägerin übertragen, der damit das ausschließliche Recht zustehe, die Show als Gesamtwerk sowie dessen Teilwerke (Buch, musikalische Inszenierungen, Choreografien) aufzuführen. Die Klägerin sei Produzentin der Tonträger in Form von Halbplaybacks und habe die für das Zustandekommen der Tonträger erforderlichen wirtschaftlichen und organisatorischen Leistungen durch einen freien Mitarbeiter ihres Unternehmens erbracht, weshalb ihr das ausschließliche Recht zur zeitlich begrenzten, Erwerbszwecken dienenden Gebrauchsüberlassung an den Tonträgern zustehe. Trotz Beendigung des Vertrags und entgegen dem ausdrücklichen Verbot der Klägerin habe die Beklagte nach dem 1. 4. 2005 die Show bzw Teile derselben weiterhin - wie ursprünglich geplant - mehrmals wöchentlich aufgeführt. Ungeachtet der schwerwiegenden Änderungen an der Show durch deren Umwandlung in eine alltägliche Nummernshow seien die den Gegenstand der Werknutzungsrechte der Klägerin bildenden Werke nach wie vor der wesentliche Teil der von der Beklagten dargebotenen Aufführungen. Neben dem Unterlassungsanspruch stehe der Klägerin ein Anspruch auf angemessenes Entgelt für 48 Aufführungen von zusammen 120.000 EUR, Schadenersatz und angemessene Entschädigung für den eingetretenen Imageverlust zu. Die von der Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen seien durch deren eigenes Missmanagement verursacht worden.
Die Beklagte wendete - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ein, die Tonträger/Halbplaybacks seien von Christian F***** gewerbsmäßig hergestellt worden, die Klägerin besitze insoweit keine Klagelegitimation. Das künstlerische Gesamtkonzept einer Show sei ebenso wenig ein urheberrechtlich geschütztes Werk wie die rein handwerkliche Bearbeitung verwendeter Musiknummern oder das Bühnenbild, die Kostümausstattung oder deren Gesamtinszenierung. Die Verwendung einfacher, üblicher Tanzschritte, aber auch schwieriger, jedoch allgemein bekannter Figuren, gängiger Gebärden und Mimik als Ausdruck bestimmter Gedanken, Empfindungen oder Gefühle führe noch nicht zum Urheberrechtsschutz der Choreografie. Richtig sei, dass die Beklagte nach der Vertragsauflösung die von der Klägerin konzipierte Show geändert habe; an Stelle einer Rahmenhandlung seien nur mehr Gesangsnummern ohne handlungsmäßigen Zusammenhang gezeigt und von ursprünglich 11 Musiknummern nur mehr fünf gespielt worden. Soweit die nunmehrige Show der ursprünglich konzipierten ähnlich sei, liege eine zulässige Benutzung eines Werk iSd § 5 Abs 2 UrhG vor. Die Aufführung der Show durch die Klägerin sei nicht vertragskonform erfolgt. Zahlreiche Auftritte seien unter Einsatz von „Covers“ (nicht ausreichend geschulten Schauspielern) erfolgt. Die tatsächliche Aufführung sei von den Probeaufführungen inhaltlich abgewichen. Nach negativen Publikumsreaktionen habe die Beklagte Änderungen verlangt, die von der Klägerin nicht durchgeführt worden seien. Die Beklagte habe deshalb den Werkvertrag mit der Klägerin aufgrund zahlreicher Vertragsverletzungen (Nichteinhaltung von Terminen und Fristen, Schlechterfüllung) mit sofortiger Wirkung zum 23. 3. 2005 aufgelöst. Sie habe im Vertrauen auf die Vertragserfüllung durch die Klägerin die Aufführung der Show für ein Jahr geplant und Buchungen dafür entgegengenommen. Hätte die Beklagte die Show abgesetzt, so wäre ihr ein Schaden entstanden, weil ihr Betrieb ohne die Show weniger attraktiv gewesen wäre und ein Imageverlust gedroht hätte. Sie sei so lange zur Fortsetzung der Show gezwungen gewesen, bis Ersatz gefunden worden sei. Durch das vertragswidrige Verhalten der Klägerin seien ihr Aufwendungen und Schäden in der Höhe von 955.997 EUR entstanden, die dem Zahlungsbegehren aufrechnungsweise entgegengehalten würden.
Das Erstgericht gab den Unterlassungsteilbegehren zu a) (Verwendung der Show) und c) (Verwendung der Choreografien der Musiknummern) statt und wies jenes zu b) (Verwendung der Tonträger) ab; es sprach aus, dass die Klagsforderung mit 11.000 EUR, die Gegenforderung mit 9.000 EUR zu Recht bestehe; im Ergebnis sprach es der Klägerin daher 2.000 EUR zu und wies das Zahlungsmehrbegehren ab; im Übrigen gab es dem Veröffentlichungsbegehren teilweise statt. Allein die Teilabweisung letzteren Begehrens erwuchs in Rechtskraft. Das Erstgericht traf umfangreiche Feststellungen, die es in rechtlicher Hinsicht dahin beurteilte, die von der Klägerin produzierte Show sei das Ergebnis einer individuellen, originellen und persönlichen Arbeit der Künstler und als Bühnenwerk mit musikalischen Arrangements urheberrechtlich geschützt. Regie, Drehbuch und Choreografie seien von einzelnen Künstlern geschaffen worden, die ihre (Urheber-)Rechte an die Klägerin abgetreten hätten, welche Urheberrechtsverletzungen verfolgen könne. Anderes gelte für die Tonträger, für die Christian F***** verantwortlich gezeichnet habe. Die Beklagte habe die von der Klägerin konzipierte Show bereits nach kurzer Zeit stark verändert; das Werk sei aber in seiner ursprünglichen Form noch erkennbar gewesen. Da die Vereinbarung vom 13. 1. 2005 aufgelöst worden sei, wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, die öffentliche Aufführung des Bühnenwerks zu unterlassen. Das Unterlassungsbegehren [gemeint: ausgenommen jenes betreffend die Tonträger] sei daher berechtigt. Mangels einer besonders empfindlichen Kränkung bestünden keine Ansprüche der Klägerin nach § 87 Abs 2 UrhG; der Schadenersatzanspruch nach § 87 UrhG sei nach § 273 ZPO mit 5.280 EUR zu bemessen und zu verdoppeln. Das ergebe gerundet 11.000 EUR. Der Klägerin sei ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, das Urteil einmal in zwei Tageszeitungen zu veröffentlichen. Die Gegenforderungen bestünden nur insoweit zu Recht, als die Klägerin der Beklagten die Kostümkosten zu ersetzen habe.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil als Teilurteil im Umfang der Abweisung des Teilunterlassungsbegehrens zu b) (Verwendung der Tonträger) und wies die Teilunterlassungsbegehren zu c) (Choreografien der Musiknummern) und a) im Umfang der Aufführung der Show „im Gesamten“ ab; im Übrigen hob es das Urteil auf und verwies die Rechtssache insofern - also betreffend das Teilunterlassungsbegehren zu a) hinsichtlich der Aufführung der Show „in Teilen, insbesondere ...“, das Zahlungs- und das noch nicht rechtskräftig erledigte Urteilsveröffentlichungsbegehren - zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach zum Teilurteil aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine aus Musik, Choreografie und gesprochenen Teilen zusammengesetzte Show als Gesamtwerk sowie eine zu Musiknummern dargebotene Choreografie Urheberrechtsschutz genießen könnten. Die von der Klägerin konzipierte und organisierte Show sei nach Vertragsbeendigung in stark veränderter Form aufgeführt und auch umbenannt worden und habe aus keiner Rahmenhandlung, sondern nur mehr einer Abfolge von Gesangsnummern ohne einen handlungsmäßigen Zusammenhang bestanden, auch sei „ein neues Kostümbild“ erstellt worden. Damit habe die Beklagte nicht die [ursprüngliche] Show verwendet und aufgeführt, sondern lediglich die daraus stammenden Musiknummern samt Choreografie. Das Unterlassungsbegehren hinsichtlich der Gesamtshow bestehe daher schon mangels Eingriffs der Beklagten nicht zu Recht. Überdies sei auch der Werkcharakter von Show und Choreografie der Musiknummern zu verneinen: Die Show sei kein Bühnenwerk iSd § 2 Z 2 UrhG. Unter diese Bestimmung falle eine choreografische oder pantomimische Schöpfung, die durch stumme Gebärden, Minenspiel, Pose, Tanz oder Körperbewegungen aller Art von Tänzern oder Mimikern zur bühnenmäßigen Darstellung geeignet sei; maßgeblich sei die Darstellung eines bewegten Geschehensablaufs, wobei der Sinn und der geistige Gehalt durch Körperbewegungen und Gebärden ausgedrückt würden. Unter diese Werkgattung fielen das klassische Handlungsballett und moderne Erscheinungsformen des Tanzes, nicht hingegen Showtanz, Varieté, Volks- und Gesellschaftstanz sowie die Ausdrucksmittel choreografischer oder pantomimischer Schöpfungen wie Tanzschritte, Tanzfiguren oder Tanzformen sowie bestimmte Stilrichtungen. Die mit Beweisrüge bekämpften Feststellungen, dass für die Choreografie eigene, künstlerisch wertvolle und kreative Leistungen erbracht worden seien, und dass vieles in dieser Form noch nie zuvor so aufgeführt worden sei, sei daher nicht entscheidungserheblich. Zur Verwendung der Tonträger habe das Erstgericht festgestellt, dass die Playbacks von Christian F***** erstellt worden seien; die Klägerin habe die Abweisung des die Tonträger betreffenden Teils des Unterlassungsbegehrens ausschließlich mit Rechtsrüge bekämpft und keine weiteren Beschwerdepunkte geltend gemacht. Die Abweisung dieses Teilunterlassungsbegehrens sei daher mit Teilurteil zu bestätigen.
Zum aufhebenden Teil seiner Entscheidung führte das Berufungsgericht aus, dass die Beklagte nach Vertragsauflösung ua Musikstücke aus der Show weiter verwendet habe; ob ihr das von der Klägerin untersagt werden könne, hänge davon ab, ob sich die Klägerin auf ein kraft Bearbeitung entstandenes Urheberrecht an den musikalischen Darbietungen berufen könne. Voraussetzung dafür sei eine Bearbeitung im Sinne einer eigenschöpferischen, also persönlichen und originellen Umgestaltung seitens des Bearbeiters oder einer Änderung der musikalischen Form. Auch Arrangements seien ausdrücklich als Bearbeitungen geschützt, während Änderungen der Tonart oder der Stimmlage bei einem Werk der Tonkunst, die von jedem vorgenommen werden könnten, der über die notwendigen technischen Kenntnisse verfüge, ebenso wenig Bearbeitungen seien wie eine Änderung der Klangfarbe, eine neue Betextung oder eine bloße Änderung von Rhythmus, Tempo, Klangfärbung oder Interpretation. Die vom Erstgericht dazu getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, seine rechtliche Schlussfolgerung, es handle sich bei den im Urteilsbegehren namentlich angeführten Musiknummern um nach § 5 Abs 1 UrhG geschützte Bearbeitungen, zu tragen. Dies führe zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in diesem Punkt. Könne die Vorfrage, ob der Beklagten eine Verletzung von Urheber- bzw Werknutzungsrechten der Klägerin anzulasten sei, noch nicht bejaht werden, so sei auch der Ausspruch über das Zahlungsbegehren sowie über die Gegenforderungen zur Gänze aufzuheben. Das Urteilsveröffentlichungsbegehren sei damit gleichfalls noch nicht spruchreif.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Werkcharakter von Choreografien zu im Rahmen eines Unterhaltungsprogramms vorgetragenen Musiknummern fehlt; das Rechtsmittel ist teilweise auch berechtigt.
1.1. Die Klägerin macht geltend, die in ihrem Auftrag konzipierte Show, bestehend aus Musik, Choreografie und gesprochenen Teilen, sei als Gesamtwerk urheberrechtlich geschützt; die Beklagte habe dieses Werk - wenn auch in veränderter Form - ohne Zustimmung der daran allein berechtigten Klägerin aufgeführt, weshalb dem Teilunterlassungsbegehren, die Show der Klägerin im Gesamten aufzuführen, stattzugeben sei.
1.2. Nach den maßgeblichen Feststellungen bestand die im Auftrag der Klägerin konzipierte und von ihr organisierte Show aus einer Abfolge von Spielszenen mit einer durchgehenden Handlung, Tanzeinlagen und Musiknummern. Unstrittig ist, dass die Kunstfigur des „Mr. Racino“ als Moderator durch die Show führte und die einzelnen Spielszenen verband. Diese beruhten auf zwei Büchern im Stil einer Situationskomödie mit einer Spieldauer - ohne Musik - von jeweils 20 Minuten. Nach Beendigung der Zusammenarbeit der Streitteile im März 2005 wurde die Show von der Beklagten verändert und in abgeänderter Form bis Anfang Juni 2005 aufgeführt. Die Änderungen bestanden darin, dass die Rahmenhandlung gestrichen wurde, sodass lediglich eine Abfolge von Gesangsnummern ohne einen handlungsmäßigen Zusammenhang verblieb; der Titel wurde von „Joey Racino Show“ auf „Racino Show“ abgeändert und ein neues Bühnenbild erstellt. An mehreren Aufführungstagen wurden mehrere Musikstücke in der musikalischen Inszenierung und mit der Choreografie, den Kostümen, den Bühnenbestandteilen und den Requisiten wie in der von der Klägerin konzipierten Show zur Aufführung gebracht, wobei die Halbplaybacks als musikalische Grundlage dienten.
1.3. Bei dieser Sachlage kann - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - keine Rede davon sein, dass die Beklagten die aus Spielszenen, Tanz- und Musiknummern bestehende Show der Klägerin, durch die ein Moderator leitete, als Gesamtes aufgeführt hätte, und zwar weder in ursprünglicher noch in abgeänderter Form. Die Beklagte hat lediglich Teile der Show (nämlich einzelne Musiknummern samt Choreografie in der vorhandenen Ausstattung) zur Aufführung gebracht. Das Unterlassungsteilbegehren hinsichtlich der Aufführung der Show im Gesamten ist daher schon mangels Verwirklichung des in der Klage behaupteten Verletzungssachverhalts unbegründet, weshalb es auch nicht weiter darauf ankommt, ob die Show der Klägerin als Gesamtwerk urheberrechtlich geschützt ist.
1.4. Ein urheberrechtlicher Schutz von Werkteilen setzt voraus, dass auch der betreffende Teil als solcher die Schutzvoraussetzungen des Gesetzes erfüllt, also für sich allein die notwendige Individualität als „eigentümliche geistige Schöpfung“ im Sinne des § 1 Abs 1 UrhG aufweist (RIS-Justiz RS0076935). Ob dies auf jene Teile der Show zutrifft, die die Beklagte ohne Einwilligung der Klägerin bis Anfang Juni 2005 aufgeführt hat, ist Gegenstand des schon vom Berufungsgericht erteilten Ergänzungsauftrags, der keiner Überprüfung im Revisionsverfahren unterliegt.
2.1. Die Klägerin bekämpft die Auffassung des Berufungsgerichts, die zu den Musiknummern der Show erstellte Choreografie sei urheberrechtlich nicht schutzfähig; vielmehr sei auch die für die Musikstücke geschaffene Choreografie eine eigentümliche geistige Schöpfung.
2.2. Zu den urheberrechtlich geschützten Werken zählen gemäß § 2 Z 2 UrhG auch Bühnenwerke, deren Ausdrucksmittel Gebärden und andere Körperbewegungen sind (choreografische und pantomimische Werke). Nach den Materialien sind es die „stumme Gebärde, das Mienenspiel, die Pose, der Tanz, kurz Körperbewegungen aller Art, sei es der Schauspieler, Mimiker, Tänzer oder etwa der von Menschenhand geleiteten Puppen“, durch die die „dramatische Handlung sowie die Gedanken, Gefühle und Empfindungen ihrer Träger auf der Bühne zum Ausdruck gebracht werden“ (zitiert bei G. Korn in Kucsko, urheber.recht, 125). Der Schutz besteht unabhängig davon, ob parallel Musik- oder Sprachwerke aufgeführt werden; geschützt wird der Ausdruckstanz, das Ballett und das Puppenspiel durch die charakteristische und eigenschöpferische Abfolge der Körperbewegungen. Gegenstand des Werks ist die dahinterstehende gedankliche Gestaltung. Die Interpretenleistung, mit der diese zum Ausdruck gebracht wird, ist ihrerseits kein Werk, sondern durch das Leistungsschutzrecht für Interpreten geschützt (Dillenz/Gutmann, UrhG & VerwGesG² § 2 Rz 4). Die Choreografie zu den einzelnen Musiknummern einer Unterhaltungsshow ist kein Bühnenwerk im soeben beschriebenen Sinn, weil in ihnen keine durchgehende dramatische Handlung zum Ausdruck gebracht wird.
2.3. Auch das Ausdrucksmittel der Körpersprache im weiteren Sinn (also Bewegungen, Mimik, Gebärden, Gestik) kann eine eigentümliche geistige Schöpfung sein, sofern in ihr Gedanken und Empfindungen - in individuell eigenartiger Weise (RIS-Justiz RS0115496) - zum Ausdruck gebracht werden (G. Korn aaO 126; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG² § 2 Rz 143). Schutzfähig ist in der Regel angesichts des geringen Gestaltungsspielraums nicht die einzelne Gebärde, sondern ein gesamter mimischer oder choreografischer Bewegungsablauf (Bullinger in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht² § 2 Rz 74; Schulze aaO 144). Einzelne Tanzschritte und Tanzfiguren sowie das von der Lehre überlieferte oder auch durch neue Stilrichtungen vorgegebene Handwerk der Tanzkunst einschließlich Volks-, Gesellschafts- und Showtanz sind schutzlos (Ciresa, UrhG § 2 Rz 30; G. Korn aaO 126; Schulze aaO Rz 143); die Verwendung allgemein bekannter Tanzfiguren, gängiger Gebärden und Mimik als Ausdruck bestimmter Gedanken, Empfindungen oder Gefühle führt ebenso noch nicht zum Urheberrechtsschutz (Loewenheim in Schricker, Urheberrecht³ § 2 Rz 130 mwN).
2.4. Die voranstehenden Erwägungen lassen sich in folgender Weise zusammenzufassen:
Soll eine Musiknummer durch das Ausdrucksmittel der Körpersprache im weiteren Sinn (also durch Bewegungen, Mimik, Gebärden, Gestik) auf der Bühne in einer individuell eigenartigen Weise dargestellt werden, die über das von der Lehre überlieferte oder auch durch neue Stilrichtungen vorgegebene Handwerk der Tanzkunst oder über die Verwendung gängiger Gebärden und Mimik hinausgeht, und werden dadurch Gedanken und Empfindungen zum Ausdruck gebracht, so fällt ein solcher festgelegter choreografischer Bewegungsablauf unter den urheberrechtlichen Werkbegriff.
2.5. Ob das auf die Untersagung der Verwendung der Choreografien zu den Musiknummern der Show der Klägerin abzielende Teilunterlassungsbegehren berechtigt ist, hängt demnach davon ab, ob der zu den Musiknummern dargebotene choreografische Bewegungsablauf den in 2.4. dargestellten Anforderungen entspricht. Dies kann nach den dazu vom Erstgericht getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden. Danach steht nämlich nur fest, dass für die Choreografie sämtlicher Musiknummern „eigene, künstlerisch wertvolle und kreative Leistungen erbracht wurden. Vieles wurde in dieser Form noch nie zuvor so aufgeführt.“
Diese Feststellungen hat die Beklagte mit Beweisrüge bekämpft, die das Berufungsgericht - aus Sicht seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsmeinung konsequent - nicht behandelt hat. Da die Feststellungen aber insgesamt nicht ausreichen, um den Werkcharakter der Choreografien beurteilen zu können, bedarf es einer diesbezüglichen Verfahrensergänzung in erster Instanz. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren zu diesem Punkt konkrete Feststellungen zum Choreografieinhalt nachzuholen und insbesondere zu beachten haben, dass die „statistische Einmaligkeit“ einer (hier: choreografischen) Leistung für sich allein nicht ausreicht, dieser Leistung urheberrechtlichen Schutz zuzuerkennen (vgl 4 Ob 2202/96v = Öbl 1997,34 - Mutan-Beipackzettel mwN in RIS-Justiz RS0076518 [T2]).
3.1. Zum Teilunterlassungsbegehren betreffend die Verwendung der Tonträger der Klägerin zu näher genannten Musikstücken in Form von Halbplaybacks bei öffentlichen Aufführungen macht die Rechtsmittelwerberin in der „außerordentlichen Revision“ vom Berufungsgericht nicht aufgegriffene Feststellungsmängel geltend; es könne nicht beurteilt werden, wer Hersteller der Tonträger und damit Träger des Leistungsschutzrechts sei. Insofern ist verfahrensrechtlich kurz anzumerken, dass ein Revisionswerber als Voraussetzung für die Zulässigkeit seines Rechtsmittels zumindest eine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen muss, von deren Lösung die Sachentscheidung abhängt. Gelingt ihm das, so sind auch alle anderen Revisionsgründe einer Sacherledigung zu unterziehen (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 10, 11, 14 mN aus der Rsp). Aus den voranstehenden Erwägungen folgt, dass in der Revision der Klägerin zumindest eine für die Entscheidung präjudizielle erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen wurde. Bereits deshalb sind die weiteren Gründe in dem einheitlich als ordentliche Revision aufzufassenden Rechtsmittel gleichfalls mit Sachentscheidung zu erledigen, ohne dass es noch darauf ankäme, ob mit diesen Gründen - für sich betrachtet - eine erhebliche Rechtsfrage erörtert wird.
3.2. Nach § 76 Abs 1 UrhG hat, wer akustische Vorgänge zu ihrer wiederholbaren Wiedergabe auf einem Schallträger festhält (Hersteller), mit den vom Gesetz bestimmten Beschränkungen das ausschließliche Recht, den Schallträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Der Schutz des Schallträgerherstellers erfolgt in Würdigung der technisch-organisatorischen und wirtschaftlichen Leistung, die der Hersteller bei der Aufnahme geleistet hat. Schutzgegenstand ist daher die im Schallträger verkörperte besondere unternehmerische Herstellerleistung als immaterielles Gut. Berechtigter iSd § 76 UrhG ist der Hersteller eines Schallträgers. Dies ist jene natürliche oder juristische Person, die die mit der Schallträgerherstellung verbundenen organisatorischen, wirtschaftlichen und technischen Leistungen erbringt. Dazu zählen ua die Übernahme der wirtschaftlichen Verantwortung durch Abschluss der erforderlichen Verträge, die organisatorische Vorbereitung und die Durchführung der Tonaufnahme. Wer auf solche Weise die Erstfixierung der Aufnahme (Masterband) vornimmt, dem entstehen die Rechte des Schallträgerherstellers originär (4 Ob 135/06s = MR 2006, 387 - Gruppe D in RIS-Justiz RS0121111).
3.3. Die Klägerin hat vorgebracht, Christian F***** sei im Rahmen ihres Unternehmens als freier Mitarbeiter mit der Erstellung der Playbacks befasst gewesen (Schriftsatz vom 28. 10. 2005 ON 14 S 3). Das Erstgericht hat dazu nur festgestellt, dass die Playbacks „von Herrn F***** erstellt“ wurden. Aufgrund dieser Feststellung allein lässt sich aber nicht beurteilen, wer letztlich die mit der Schallträgerherstellung verbundenen organisatorischen, wirtschaftlichen und technischen Leistungen erbracht hat und wem daher die Rechte nach § 76 Abs 1 UrhG an den Tonträgern zu den Musikstücken der Show der Klägerin zustehen. Dieser sekundäre Feststellungsmangel, der schon vom Berufungsgericht bei Behandlung der Rechtsrüge aufzugreifen gewesen wäre, führt zur Aufhebung des Teilurteils im Umfang des betreffenden Teilunterlassungsbegehrens. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren die Sachverhaltsgrundlagen zur Schallträgerherstellung im aufgezeigten Sinn zu ergänzen haben.
4. Die Kostenentscheidung des Teilurteils beruht auf § 52 Abs 2 ZPO, der Kostenvorbehalt im Aufhebungsbeschluss gründet sich auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.
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