OGH 4Ob211/24v

OGH4Ob211/24v21.1.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten und den Hofrat Dr. Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. *, und 2. *, beide *, vertreten durch Mag. Gerhard Moser, Rechtsanwalt in Murau, wegen Feststellung, Verbücherung und Unterlassung (Gesamtstreitwert 12.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 24. Oktober 2024, GZ 53 R 230/24s‑49, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00211.24V.0121.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen verneinten mangels Redlichkeit der Klägerin als Eigentümerin mehrerer Grundstücke die Ersitzung eines Wege‑ und Fahrtrechts hinsichtlich der angrenzenden Grundstücke der Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[3] 1. Voraussetzungen für die Ersitzung sind neben dem Zeitablauf der echte und redliche Besitz eines Rechts, das seinem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entsprochen hat, sowie Besitzwille (RS0034138 [T2]). Rechtmäßigkeit des Besitzes ist bei der uneigentlichen Ersitzung nicht Voraussetzung (vgl RS0034138 [T3]).

[4] 2. Ein Rechtsbesitzer ist redlich, wenn er glauben kann, dass ihm die Ausübung des Rechts zusteht (RS0010137). Redlichkeit erfordert bei Dienstbarkeiten den Glauben an ein bestimmtes Nutzungsrecht an einer fremden Sache (1 Ob 232/20d; 3 Ob 125/21k). Der gute Glaube, das heißt die Redlichkeit des Besitzers, die während der gesamten Ersitzungszeit vorliegen muss, fehlt bereits dann, wenn dieser auch nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes hegen musste (vgl 1 Ob 76/20p; RS0010137 [T1]).

[5] 3. Da die Redlichkeit des Besitzers gemäß § 328 ABGB vermutet wird, trifft die Beweislast für die Unredlichkeit seinen Prozessgegner, hier also die beklagten Grundeigentümer (3 Ob 125/21k; vgl RS0010187). Ob in einem bestimmten Fall die konkret zu berücksichtigenden Umstände die Qualifikation des Verhaltens des Besitzers als redlich oder unredlich fordern, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (3 Ob 125/21k; vgl RS0010184 [T13]).

[6] 4. Nach den Feststellungen erkundigte sich die Klägerin vor Ablauf der Ersitzungszeit bei Dritten mehrfach nach der Möglichkeit eines Zugangs zu ihrer Liegenschaft (als Alternative zum klagsgegenständlichen Weg), ersuchte die Beklagten bei jeweiligen Anlassfällen gesondert, deren Liegenschaft für ihre Fahrzeuge (als Abstellfläche) benützen zu dürfen und bot den Beklagten (ungeachtet § 483 ABGB) erfolglos an, dass sie den klagsgegenständlichen Weg saniert. Darüber hinaus stellte das Erstgericht disloziert fest, dass die Klägerin der Ansicht war, dass das Wegerecht (nur) aufgrund jahrzehntelanger unwidersprochener Benutzung des Wegs besteht, sie aber nie vom Vorliegen einer die Nutzung des klagsgegenständlichen Wegs rechtfertigenden Vereinbarung ausgegangen ist.

[7] 5.1 Wenn die Vorinstanzen aus einer Gesamtschau aller in Punkt 4. referierten Umstände die Redlichkeit der Klägerin verneinten, liegt damit keine im Einzelfall aufzugreifende (grobe) Fehlbeurteilung vor.

[8] 5.2 Das Rechtsmittel beschränkt sich bei der Zulässigkeitsfrage auf den Umstand, dass die Klägerin (erfolglos) wegen einer Sanierung angefragt hätte (was laut ihrer Meinung die Redlichkeit nicht ausschließe), ohne sich aber mit den anderen Umständen auseinanderzusetzen, die die Vorinstanzen herangezogen haben, um die Redlichkeit zu verneinen. Damit wird im konkreten Anlassfall keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung aufgezeigt.

[9] 6. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte