OGH 4Ob199/18w

OGH4Ob199/18w23.10.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin E***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek und Dr. David Plasser, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Beklagte A***** GmbH, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 33.000 EUR), Rechnungslegung (Streitwert 1.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. August 2018, GZ 2 R 67/18i‑12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00199.18W.1023.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin ist Inhaberin der ua für Fruchtgetränke und Fruchtsäfte Schutz genießenden österreichischen Wortmarke „GRANNY'S“ und der Wort‑Bild-Marke

 

Die Beklagte beliefert den Lebensmitteleinzelhandel in Österreich mit Fruchtsäften, die mit der prioritätsjüngeren internationalen Marke

 

gekennzeichnet sind.

Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungs-, Rechnungslegungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehren der Klägerin gemäß § 10 Abs 1 Z 2, § 55 und § 55a MSchG wegen Verwechslungsgefahr statt und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten erhobene außerordentliche Revision zeigt keine erheblichen Rechtsfragen auf.

1. Ob zwischen zwei Marken Verwechslungsgefahr besteht, ist bei hier gegebener Warenidentität (vgl RIS‑Justiz RS0116294) nach der Zeichenähnlichkeit zu prüfen. Dafür sind die verwendeten Zeichen in Bild, Klang und Bedeutung einer gesamthaften Würdigung zu unterziehen (RIS‑Justiz RS0117324; RS0066753). Deren Ergebnis hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, sodass in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 ZPO vorliegt (RIS‑Justiz RS0111880; RS0112739; 4 Ob 116/16m).

2.1. Das von der Beklagten gebrauchte Eingriffszeichen hat die Marken der Klägerin beinahe unverändert, also nicht nur dem Wortbestandteil samt Apostroph, sondern auch dem Schriftbild nach übernommen. Soweit die Revisionswerberin unter Ausblendung dieser Bildbestandteile behauptet, zum Vergleich stünden nur ihr Zeichen und die reine Wortmarke der Klägerin, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

2.2. Auch im Übrigen zeigt die Revision nicht auf, worin das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sein soll. Dass das Berufungsgericht isoliert nur die Ähnlichkeit der Wortbestandteile geprüft habe, trifft nicht zu. Es hat sich vielmehr an der gefestigten Rechtsprechung orientiert, dass bei Wortbildzeichen für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgeblich ist. Anderes gilt nur dann, wenn der Wortbestandteil weder unterscheidungskräftig/prägend, noch im Vergleich zum Bildbestandteil auffällig ist (RIS‑Justiz RS0066779 [T17, T20]). Dass nach Auffassung des Berufungsgerichts der stilisierte Kochtopf das Eingriffszeichen nicht in einer derartigen Weise prägt, ist keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung.

2.3. Dass dem Zeichen „GRANNY'S“ für Fruchtsäfte (zumindest schwache) Kennzeichnungskraft zukommt, gesteht auch die Revisionswerberin zu. Wird die Marke ganz oder in ihren prägenden Bestandteilen in ein anderes Zeichen übernommen und behält ihre selbstständig kennzeichnende Stellung (RIS‑Justiz RS0121514), ist Verwechslungsgefahr in der Regel zu bejahen, es sei denn, das übernommene Zeichen träte im Gesamteindruck ganz zurück (RIS‑Justiz RS0079033). Das gilt auch, wenn das übernommene Zeichen nur schwach kennzeichnungskräftig ist (RIS‑Justiz RS0079033 [T20]). In einem solchen Fall kann der Gesamteindruck das Publikum nämlich Glauben machen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (RIS‑Justiz RS0122216; 4 Ob 164/16w).

2.4. Auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, „GRANNY'S“ trete im Gesamteindruck nicht zur Gänze zurück, ist nicht unvertretbar. Die Beklagte selbst weist darauf hin, dass „Secret“ von den angesprochenen Verkehrskreisen im vorliegenden Zusammenhang als „Geheimrezept“ bzw in Kombination mit GRANNY'S als „Großmutters Geheimrezept“ verstanden werden kann. Dass es sich dabei um keinen unterscheidungskräftigen Zusatz handelt, der dem Zeichen eine ganz andere Eigenart gibt (vgl RIS‑Justiz RS0078840), bedarf keiner Korrektur, kann doch gerade dadurch der Eindruck entstehen, es handle sich bei den damit gekennzeichneten Produkten um solche aus dem Unternehmen der Klägerin, nur von besonderer Güte. Damit hat das Berufungsgericht aber auch vertretbar verneint, dem zusammengesetzten Eingriffszeichen komme eindeutig ein anderer Begriffsinhalt zu (vgl 4 Ob 228/14d, Artist/Arktis).

3. Die Revision ist daher in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen in der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.

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