Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung über das Besuchsrecht hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0097114, speziell zum Besuchsrecht der Großeltern [T4]). Das Recht der Großeltern auf persönlichen Verkehr mit ihren Enkeln ist dabei schwächer als jenes der Eltern (RIS-Justiz RS0048015). Ob und inwiefern es ihnen zusteht, hängt in erster Linie vom Wohl des Kindes ab; dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0048004). Wenn das Wohl des Kindes den persönlichen Kontakt mit den Großeltern wünschenswert erscheinen lässt, muss von den Eltern verlangt werden, dass sie eine Atmosphäre schaffen, die einen solchen Kontakt ermöglicht (5 Ob 659/78; RIS-Justiz RS0048003). Eine negative Einstellung der Eltern zum Besuchsrecht der Großeltern kann dieses Recht für sich allein nicht zum Erlöschen bringen (3 Ob 547/92; RIS-Justiz RS0048003 [T3]).
2. Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen den Besuchsrechtsantrag der mütterlichen Großmutter abgewiesen, weil dem Kind aufgrund eines tiefen, in der Familiengeschichte begründeten Zerwürfnisses zwischen Mutter und Großmutter ein Loyalitätskonflikt drohe; dadurch würde seine Entwicklung beeinträchtigt. Damit haben sie ihren Ermessensspielraum nicht überschritten. Denn anders als in 3 Ob 547/92 bestand hier keine Beziehung zwischen dem Kind und der Großmutter, die im Interesse des Kindes aufrecht zu erhalten wäre; eine solche Beziehung soll erst aufgebaut werden. Zudem geht das Zerwürfnis zwischen Mutter und Großmutter weit über eine bloß „negative Einstellung" gegenüber der Einräumung eines Besuchsrechts hinaus. Es äußert sich etwa in „körperlichen Anzeichen (Zittern)" der Mutter, wenn sie mit der Großmutter zusammentrifft. Unter diesen Umständen ist die Annahme vertretbar, dass das Unterbleiben von Kontakten mit der Großmutter für das Kind weniger schädlich ist als der sonst in naher Zukunft drohende Loyalitätskonflikt.
Zwar nimmt die in erster Instanz beigezogene Sachverständige an, dass dieser Loyalitätskonflikt derzeit noch nicht bestehe, weil das knapp dreijährige Kind die Mutter-Großmutter-Beziehung noch nicht hinterfrage. Selbst wenn das zutreffen sollte, kann es der gedeihlichen Entwicklung des Kindes aber nicht förderlich sein, wenn eine Beziehung aufgebaut würde, die nach der plausiblen Auffassung der Vorinstanzen nur bei einer in keiner Weise absehbaren Änderung des Verhältnisses zwischen Mutter und Großmutter Bestand haben könnte. Unter diesen besonderen Umständen des Einzelfalls konnten die Vorinstanzen in vertretbarer Weise annehmen, dass das Unterbleiben der Kontakte - als geringeres Übel - dem Wohl des Kindes eher entspricht als die Einräumung eines Besuchsrechts. Auf die Frage, wen die Schuld am Zerwürfnis zwischen Großmutter und Mutter trifft, kommt es dabei nicht an.
Der im Revisionsrekurs genannte Art 8 EMRK führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn das auch hier maßgebende Kindeswohl (Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] § 22 Rz 40; Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht [Loseblatt] Art 8 EMRK Rz 94; beide mwN) kann im Einzelfall ein Unterbleiben von Kontakten rechtfertigen. Das gilt unabhängig von der Frage, ob eine Beziehung zwischen Großmutter und Enkel, die bisher faktisch nicht besteht, sondern erst hergestellt werden soll, überhaupt in den Schutzbereich von Art 8 EMRK fällt (vgl zu dieser Problematik allgemein Grabenwarter aaO § 22 Rz 18 und Wiederin aaO Art 8 Rz 77, beide mwN).
3. Soweit der Revisionsrekurs (neuerlich) das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht rügt, ist er auf die taxative Aufzählung der Revisionsrekursgründe in § 66 AußStrG zu verweisen. Vom Rekursgericht in Erledigung einer Mängelrüge begründet verneinte behauptete Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sind dort nicht genannt. Eine durch das Unterbleiben der Verhandlung bewirkte Gefährdung des Kindeswohls, die eine Wahrnehmung von Mängeln des Verfahrens erster Instanz rechtfertigen könnte (4 Ob 135/05i = ZAK 2005, 19; 8 Ob 17/06t, 5 Ob 278/06b = iFamZ 2007, 136; 3 Ob 161/07h = iFamZ 2007, 287 [Thoma-Twaroch]), ist nicht erkennbar.
Die implizit behauptete Gehörsverletzung (§ 66 Abs 1 Z 1 iVm § 58 Abs 1 AußStrG, Art 6 EMRK) liegt nicht vor. Der Grundsatz des Parteiengehörs erfordert nur, dass der Partei ein Weg eröffnet wird, auf dem sie die Argumente für ihren Standpunkt vorbringen kann. Das rechtliche Gehör ist also auch dann gegeben, wenn sich die Partei nur schriftlich äußern konnte oder geäußert hat (RIS-Justiz RS0006048). Im außerstreitigen Verfahren ist es nicht zwingend vorgeschrieben, die Beteiligten mündlich zu vernehmen. Es genügt, dass ihnen die Möglichkeit der Stellungnahme eröffnet wird (RIS-Justiz RS0006036; zuletzt etwa 7 Ob 182/07a mwN). Das ist hier zuletzt nach Einlangen des Gutachtens erfolgt. Zuvor konnte die Großmutter ihren Standpunkt auch mündlich erläutern. Dass dann eine andere Richterin entschied, ändert nichts daran, dass ihr rechtliches Gehör gewahrt war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)