OGH 4Ob179/17b

OGH4Ob179/17b24.10.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers Ing. G***** W*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lang, Rechtsanwalt in Salzburg, als Verfahrenshelfer, und des Nebenintervenienten auf Seiten des Klägers Prof. Ing. Mag. Dr. W***** S*****, vertreten durch Maybach Görg Lenneis Gered Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Beklagte B***** W*****, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 3 Cg 171/02g des Landesgericht Salzburg, über den außerordentlichen Revisionsrekurs und über die außerordentliche Revision des Klägers gegen den Beschluss und das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungs- und Rekursgericht vom 3. August 2017, GZ 3 R 79/17h‑75, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00179.17B.1024.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs und die außerordentliche Revision werden mangels der Voraussetzungen der §§ 502 Abs 1 ZPO bzw 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme eines Verfahrens, worin seine Feststellungsklage auf Ungültigerklärung eines Testaments abgewiesen worden war. Die Abweisung erfolgte unter anderem auf Basis eines Sachverständigengutachtens aus dem Jahr 1999, das die Echtheit des Testaments bestätigte. Der Kläger stützt sein Begehren auf den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO mit der Behauptung, zwischenzeitig bestünden neue Methoden zur Untersuchung von Schriftmerkmalen, die dem damaligen Sachverständigen nicht zur Verfügung gestanden seien. Im Übrigen habe der Sachverständige bestimmte Untersuchungen gar nicht vorgenommen.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage, soweit sie sich auf die Behauptung gründete, der Sachverständige habe Zwischenerhebungen nicht durchgeführt, als verfristet gemäß § 534 ZPO zurück. Im Übrigen wiesen sie die Wiederaufnahmsklage ab, weil dem Kläger der Beweis neuer wissenschaftlicher Erkenntnismethoden nicht gelungen sei.

Das Berufungs‑ und Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs und die ordentliche Revision für nicht zulässig und bemaß den Wert des Entscheidungsgegen- stands mit 30.000 EUR übersteigend.

Dem Kläger ist es nicht gelungen, in seinen außerordentlichen Rechtsmitteln Rechtsfragen von der Qualität der §§ 502 Abs 1 ZPO bzw 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Rechtliche Beurteilung

1. In seinem Revisionsrekurs rügt der Kläger, das Erstgericht habe die Verfristung nicht mit ihm erörtert und daher seine Manuduktionspflicht verletzt. Der darin allenfalls gelegene Verfahrensmangel (vgl RIS‑Justiz RS0037095; RS0048529) wurde jedoch vom Berufungs- und Rekursgericht verneint und kann daher in dritter Instanz nicht erneut geltend gemacht werden (vgl RIS‑Justiz RS0042963).

2.1. In seiner Revision bekämpft der Kläger unter dem „Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung“ die erstgerichtliche Beweiswürdigung. Eine allenfalls mangelhafte oder unzureichende Beweiswürdigung kann jedoch im Revisionsverfahren nicht angefochten werden (RIS‑Justiz RS0043371).

2.2. Auch die Frage, ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, ist eine solche der Beweiswürdigung und daher nicht revisibel (RIS‑Justiz RS0043320).

2.3. In seiner Rechtsrüge bekämpft der Kläger die Ansicht der Vorinstanzen, die festgestellten Entwicklungen im Bereich der digitalen Fotografie seien keine neue Methode, die zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen könne. Es bestehe dazu auch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung. Damit übersieht der Kläger jedoch, dass der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung – im Einklang mit der Lehre – judiziert, dass ein später eingeholtes Sachverständigengutachten (nur) dann ein neues Beweismittel iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ist, wenn es auf einer neuen wissenschaftlichen Erkenntnismethode bzw einer Untersuchungsmethode basiert, deren Anwendung im Hauptverfahren zu anderen Erkenntnissen hätte führen können (RIS‑Justiz RS0044733 [T1]; 2 Ob 8/06z; 8 Ob 74/14m; 2 Ob 194/16t uva; Kodek in Rechberger 4, § 530 ZPO Rz 15a; Jelinek in Fasching/Konecny 2, § 530 ZPO Rz 174; Fasching, Lehrbuch², Rz 2065). Ob dies der Fall ist, stellt vornehmlich eine Tatfrage dar und hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0044834 [T13]).

2.4. Im vorliegenden Fall steht für den Obersten Gerichtshof aufgrund der für ihn bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen fest, dass die vom Kläger bezeichnete neue Technik nicht den auf Erkenntnisgewinn gerichteten Bereich der Befunderhebung oder Gutachtenserstellung betrifft, sondern nur die Dokumentation erleichtert. Somit liegt keine neue Erkenntnismethode vor. Der Kläger zeigt auch nicht auf, weshalb eine digitale Fotodokumentation im Vergleich zu der bereits damals bekannten, qualitativ hochwertigen (Mikro-)Analogfotografie zu anderen Erkenntnissen im Hauptverfahren hätte führen können.

Die angefochtene Entscheidung ist somit jedenfalls vertretbar und keine (grobe) Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.

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