OGH 4Ob159/14g

OGH4Ob159/14g17.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Zahnärztekammer, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W***** M*****, vertreten durch Dr. Clemens Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 31.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 17. Juli 2013, GZ 2 R 115/14z‑12, mit welchem der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 9. Juni 2014, GZ 7 Cg 45/14h‑6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00159.14G.0917.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.459,20 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Zahntechniker in Deutschland. Er schaltete innerhalb eines Monats in vier Ausgaben einer Vorarlberger Gratiszeitung folgende Anzeige:

„Zahnersatzpreise wie in Ungarn. Wir machen auch Zähne für den kleineren Geldbeutel, ohne dass Sie dabei auf Qualität verzichten müssen. Sparen Sie sehr viel Geld bei Ihrem Zahnersatz. Rufen Sie uns gleich an.“

Auf diesen Text folgten Firma, Name, Adresse und Telefonnummer des Beklagten. Auf seiner Website führte er unter der Überschrift „Partnerpraxen“ aus, dass es im gesamten Bodenseekreis „ein Netz von ausgewählten Zahnarztpraxen“ gebe, und er bot an, in Absprache mit den Kunden eine geeignete Praxis auszuwählen und dort einen Termin zum unverbindlichen Erstberatungsgespräch zu vereinbaren.

Die klagende Zahnärztekammer beantragt, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, „im Gebiet der Republik Österreich zahnärztliche Leistungen wie Zahnersatz durch mehr als eine Anzeige pro Kalendervierteljahr zu bewerben“. Der Beklagte mache durch die Anzeige Werbung für die von ihm auf Anfrage empfohlenen Zahnärzte. Damit verstoße er gegen Art 5.d. der nach § 35 Abs 5 ZÄG erlassenen Werberichtlinien, wonach Angehörige des zahnärztlichen Berufs nur einmal pro Kalendervierteljahr eine Anzeige veröffentlichen dürften. Dieses Verbot gelte für alle, die für Zahnärzte werbend aufträten.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Beklagte werbe zwar auch für zahnärztliche Leistungen. Seine Anzeige nehme aber nicht auf bestimmte oder bestimmbare Zahnärzte Bezug. Damit unterliege sie nicht den Werberichtlinien. Andere Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht habe die Klägerin nicht geltend gemacht. Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob es als lauterkeitsrechtlich relevante Umgehung von Art 5.d. der Werberichtlinien zu werten sei, wenn allgemein für zahnärztliche Leistungen geworben werde, nicht aber für einen bestimmten oder bestimmbaren Zahnarzt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshofs nicht bindenden Ausspruchs nicht zulässig.

1. Die Klägerin hat in erster Instanz ausschließlich geltend gemacht, dass der Beklagte für die mit ihm zusammenarbeitenden Zahnärzte geworben und dabei gegen die standesrechtliche Beschränkung auf eine Anzeige im Vierteljahr (Art 5.d. Werberichtlinien) verstoßen habe. Eine Werbung für (dritte) Zahnärzte ist den Anzeigen aber nicht einmal ansatzweise zu entnehmen. Zudem sind Nichtärzte an die standesrechtlichen Werbebeschränkungen nur bei einer Werbung für einen oder mehrere bestimmte ‑ oder durch Angabe einer Ordination oder Einrichtung bestimmbare (zB 4 Ob 356/83, 4 Ob 122/12p) - Ärzte gebunden (4 Ob 16/99b; 4 Ob 112/03d). Die abweisende Entscheidung des Rekursgerichts ist durch diese Rechtsprechung gedeckt.

2. Der im Revisionsrekurs behauptete Widerspruch zu 4 Ob 122/12p liegt nicht vor, weil sich das beanstandete Inserat dort ‑ wie den Entscheidungen der Vorinstanzen entnommen werden kann ‑ auf eine bestimmte Ordination bezogen hatte. Auch in 4 Ob 356/83 ging es um die Werbung für Zahnbehandlung in einem konkreten Kurzentrum. Ob der Beklagte gegen Art 5.d. WerbeRL verstoßen hätte, wenn er in den Anzeigen allgemein auf mit ihm zusammenarbeitende Zahnärzte verwiesen und diese dann auf seiner Website konkret angeführt hätte, ist hier nicht zu entscheiden.

3. Das im Revisionsrekurs erstattete Vorbringen, dass der Beklagte für eigene zahnärztliche Leistungen geworben und damit gegen den Zahnärztevorbehalt nach §§ 3 und 4 ZÄG verstoßen habe, ist eine unzulässige Neuerung. Denn in erster Instanz hatte sie die Anzeigen ausschließlich deswegen beanstandet, weil der Beklagte darin für die Behandlung bei den „Partnerzahnärzten“ geworben habe. Dass er selbst zahnärztliche Leistungen angeboten hätte, war dort nicht Gegenstand ihres Antrags gewesen. Daher wäre ein so begründeter Zuspruch ein aliud zum ursprünglich Begehrten.

4. Aus diesen Gründen ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 40 ZPO. Umsatzsteuer ist nicht zuzuerkennen, weil Leistungen österreichischer Rechtsanwälte für ausländische Unternehmer nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen. Verzeichnet der österreichische Anwalt ‑ kommentarlos ‑ 20 % USt, so wird im Zweifel nur die österreichische Umsatzsteuer angesprochen (RIS-Justiz RS0114955; zuletzt etwa 4 Ob 59/14a).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte