OGH 4Ob1508/91

OGH4Ob1508/9112.2.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Herbert *****, vertreten durch Dr. Peter Mussi, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Helly *****, vertreten durch Dr. Manfred Haslinglehner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000,-) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 14. November 1990, GZ 2 R 148/90-36, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Klägers wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Revisionswerber macht als erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechtes (§ 502 Abs 1 ZPO) geltend, daß das Berufungsgericht im Rahmen der gemäß § 488 Abs 1 ZPO durchgeführten Beweiswiederholung verpflichtet gewesen wäre, jenen Zeugenbeweis aufzunehmen, auf den er zwar in erster Instanz verzichtet (§ 345 ZPO), den er aber als Berufungsgegner in zweiter Instanz neuerlich beantragt hatte.

Rechtliche Beurteilung

Von der Rechtsfrage, ob ein Beweismittel, auf das verzichtet wurde (§§ 302, 345, 363 ZPO), in erster Instanz (insbesondere bei geänderter Beweislage) wegen der grundsätzlichen Widerrufbarkeit von Prozeßhandlungen (Fasching, LB2, 402) neuerlich beantragt werden kann, hängt die Entscheidung nicht ab, weil dem neuerlichen Antrag auf Durchführung dieses Beweises im Berufungsverfahren das Neuerungsverbot entgegensteht. Insoweit liegt aber keine erhebliche Rechtsfrage vor, weil das Neuerungsverbot nach Lehre und Rechtsprechung (Fasching IV 168; ZBl 1937/433, SZ 22/105; JBl 1960, 443) selbst dann gilt, wenn das Berufungsgericht eine Beweiswiederholung iS des § 488 ZPO anordnet; das ist dadurch gerechtfertigt, daß bei einer solchen Beweiswiederholung der Entscheidungsstoff unverändert bleibt und nur seine Wertung geändert werden soll (Fasching aaO). Nur dann, wenn das Berufungsgericht über eine Beweiswiederholung hinausgeht und statt der Zurückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz das Beweisverfahren selbst ergänzt (§ 496 Abs 3 ZPO), wird das Neuerungsverbot insoweit durchbrochen, als sich die Notwendigkeit des neuen Vorbringens aus der Beweisergänzung ergibt (SZ 19/278; RZ 1988/106; Fasching aaO).

Das ist aber hier nicht der Fall. Die den Gegenstand der Beweiswiederholung bildende Frage, ob der Voreigentümer der Liegenschaft und seine Vertreterin vom Umfang der Benützung der Liegenschaft durch die Beklagte Kenntnis hatten, war schon in erster Instanz Entscheidungsstoff; das Neuerungsverbot verwehrt es daher dem Kläger, ein Beweismittel, auf das er in erster Instanz verzichtet hat, wieder aufzugreifen.

Ob der für die Annahme einer stillschweigenden Ausdehnung der Bestandrechte auf weitere Objekte erforderliche Konkludenzmaßstab des § 863 ABGB erreicht wurde, ist eine Frage des Einzelfalls; die Entscheidung hängt daher auch nicht von einer erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechtes ab.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

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