Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 556,99 EUR (darin 92,83 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger kaufte am 14. 3. 2008 von der Beklagten (einer BMW-Vertragshändlerin) einen PKW der Marke Audi A 4 Avant (Erstzulassung August 2005) mit einem Kilometerstand von 129.800 um 16.700 EUR. Der Fahrzeugzustand entsprach nach dem Kaufvertrag der Klasse 3 („genügend fahrbereit, mittlerer Kilometerstand, entsprechende Reparaturen oder Wartungsarbeiten erforderlich“). Am 1. 12. 2008 trat beim PKW, der damals einen Kilometerstand von 153.059 aufwies, ein Motorschaden auf, dessen Behebung 6.294 EUR kostete. Ursache des Motorschadens war ein Schaden am Ölpumpenantrieb, der zum Ausfall der Ölschmierung führte. Das schadensursächliche Abreiben des Sechskants des Ölpumpenantriebs entstand erst während der letzten wenigen tausend Kilometer Fahrleistung vor Eintritt des Motorschadens; bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger war der Sechskant des Ölpumpenantriebs noch nicht abgerieben und das künftige Abreiben auch nicht vorhersehbar. Schäden am Ölpumpenantrieb der ersten Modelle des betreffenden 2,0 TDI Motor sind kein Einzelfall und auf das System oder die Konstruktion oder auch die Wahl des Werkstoffs zurückzuführen. Mehrere Schäden dieser Art veranlassten den Hersteller, die Konstruktion des Ölpumpenantriebs von Kettenantrieb auf Stirnradantrieb umzustellen. Es gibt aber heute noch Fahrzeuge aus dieser Serie, deren Motoren noch immer mit dem ursprünglichen Ölpumpenantrieb fahren.
Der Kläger begehrte die Reparaturkosten aus dem Titel der Gewährleistung.
Das Berufungsgericht bestätigte das klageabweisende Urteil des Erstgerichts; es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil im Schrifttum vertreten werde, dass konstruktive Schwächen eines Kraftfahrzeugs auch beim Gebrauchtwagenkauf Gewährleistungsansprüche begründen könnten. Ein Mangel liege dann vor, wenn das Geleistete in negativer Weise vom Geschuldeten abweiche, wobei sich aus dem Vertrag und dessen Auslegung ergebe, was im Einzelnen geschuldet sei. Gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften seien mangels gegenteiliger Abreden stets stillschweigend mitvereinbart. Das vom Kläger erworbene Fahrzeug sei nach dem Kaufvertrag der Gebrauchtwagenklasse 3 zuzurechnen und müsse daher „genügend fahrbereit“ sein; der Käufer habe dem mittleren Kilometerstand entsprechende Reparaturen oder Wartungsarbeiten zu erwarten. Für einen bei einem gewerblichen Kraftfahrzeughändler mit Werkstättenbetrieb erworbenen Gebrauchtwagen gelte die Fahrbereitschaft und damit die Verkehrs- und Betriebssicherheit als schlüssig zugesichert. Mängel innerhalb eines gewissen Rahmens müssten beim Gebrauchtwagenkauf hingenommen werden, insbesondere dem Alter und den gefahrenen Kilometern entsprechende Verschleiß- und Abnützungserscheinungen, weil die gewöhnliche Beschaffenheit normale Verschleißerscheinungen und das Risiko auch größerer Reparaturen nicht aussschließe. Welche Mängel der Käufer in diesem Rahmen hinzunehmen habe, sei stets eine Frage des Einzelfalls, bei der das Alter des Fahrzeugs, die Zahl der gefahrenen Kilometer und der Kaufpreis dem Gesamtbild der Mängel gegenüberzustellen seien. Werde dem Autokäufer die Fahrbereitschaft zugesichert, könne er sich darauf verlassen, dass außer den sichtbaren keine weiteren fahrbeeinträchtigenden Mängel vorlägen, und er könne davon ausgehen, dass Reparaturen und Wartungsarbeiten in ganz naher Zukunft jedenfalls nicht erforderlich sein würden. Mit der Angabe „fahrbereit“ leiste der Verkäufer nicht ohne weiteres Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Übergabe über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibe. Der Kläger sei mit dem beim Beklagten gekauften PKW bis zum Eintritt des Motorschadens in achteinhalb Monaten rund 23.000 Kilometer gefahren; das Fahrzeug sei somit zweifellos fahrbereit und damit auch verkehrs- und betriebssicher übergeben worden. Die schadensursächliche Abnützung des Sechskants des Ölpumpenantriebs sei keineswegs in ganz naher Zukunft nach dem Kauf des Fahrzeugs aufgetreten. Der Ölpumpenantrieb beim Fahrzeugtyp des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs sei keine störungsanfällige Konstruktion oder konstruktive Schwäche im Sinne eines „Anlagemangels“, weil es nach wie vor Fahrzeuge desselben Typs gebe, die immer noch mit einem solchen Ölpumpenantrieb fahren. Dessen Konstruktion habe somit keineswegs zwingend zum „Weiterfressen“ eines bereits bei der Übergabe angelegten Mangels geführt. Nicht jede nur unausgereifte, verbesserungswürdige Technik sei ein Mangel im Rechtssinn. Unter Bedachtnahme auf Alter und Kaufpreis des Fahrzeugs sowie dessen weit überdurchschnittliche Kilometerleistung beim Ankauf und der verstrichenen Fahrstrecke bis zum Eintritt des Motorschadens liege kein haftbar machender Mangel vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.
1. Wie nach alter Rechtslage ist auch gemäß § 924 Satz 1 ABGB maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, grundsätzlich der Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe. Der Mangel darf zwar nicht erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sein, nach Rechtsprechung und Schrifttum genügt es aber, wenn der Mangel im maßgeblichen Zeitpunkt bereits latent (seiner Anlage nach) vorhanden war (RIS-Justiz RS0018498; 3 Ob 295/05m; 9 Ob 3/09w; P. Bydlinski in KBB² § 924 ABGB Rz 1; Ofner in Schwimann, ABGB³ § 924 Rz 1 je mwN).
2. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Sache im Zeitpunkt der Übergabe in einer solchen Eigenschaft vom Geschuldeten abweicht, die zwingend den späteren Schadenseintritt verursacht (vgl 9 Ob 3/09w).
3.1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, unter den hier gegebenen Umständen des Einzelfalls habe die Beklagte für den Motorschaden nicht Gewähr zu leisten, weicht von der zuvor dargestellten Rechtsprechung nicht ab (vgl zur Gewährleistung beim Gebrauchtwagenkauf auch RIS-Justiz RS0018502, RS0018503, RS0016189; Mendel, Gewährleistung beim Gebrauchtwagenkauf, Zak 2006, 269).
3.2. Angesichts der Zusage der Verkäuferin, das Fahrzeug sei genügend fahrbereit, es seien dem mittleren Kilometerstand entsprechende Reparaturen erforderlich, ist die Auffassung vertretbar, die Behebung des nach achteinhalb Monaten und einer Fahrleistung von rund 23.000 Kilometern eingetretenen Motorschadens sei dem Risiko des Gebrauchtwagenkäufers zuzuordnen.
4. Die gewährleistungrechtliche Haftung der Verkäuferin eines Gebrauchtfahrzeugs für eine störungsanfällige Konstruktion des Ölpumpenantriebs setzt voraus, dass diese Konstruktionsschwäche bei nahezu sämtlichen Motoren des betreffenden Typs mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vor Ablauf der durchschnittlichen Lebenserwartung einer Ölpumpe den im Anlassfall aufgetretenen Schaden herbeiführt; solches wurde weder behauptet, noch festgestellt. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass technische Produkte (hier: Motoren) nach ihrer erstmaligen Markteinführung einer ständigen Entwicklung und Verbesserung unterliegen. Gewährleistungsrechtlicher Maßstab des Geschuldeten ist in solchen Fällen aber nicht ein später erreichter Standard, sondern die durchschnittliche Lebenserwartung vergleichbarer Produkte im Zeitpunkt der Markteinführung des später mangelhaft gewordenen Produkts. Dass der Motor des von der Beklagten verkauften Fahrzeugs hinter diesem Maßstab zurückgeblieben wäre, wurde nicht behauptet.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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