Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Streitteile sind Medieninhaber/Verleger von Tageszeitungen. Die Beklagte veröffentlichte im September und Oktober 2007 - früher als andere Medien - mehrfach ein Lichtbild einer des Terrorismus verdächtigten Person mit dem Text: „Exklusiv: Die ersten Fotos" und dem Hinweis, dass ihre Leser am besten informiert seien. Nach der ersten Veröffentlichung wies ein Tochterunternehmen der Klägerin die Beklagte darauf hin, dass ihr die Rechte an dem Lichtbild zustünden und forderte sie zur Unterlassung weiterer Veröffentlichungen auf. Die Klägerin beantragte zur Sicherung ihrer inhaltsgleichen Unterlassungsbegehren, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, beim Vertrieb ihrer Tageszeitung Lichtbilder, an denen dem Tochterunternehmen der Klägerin oder anderen mit ihr verbundenen Unternehmen die Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte zustehen, zu verwenden und bei Vertrieb oder Bewerbung ihrer Zeitung einen zeitlichen und/oder in der Ausschließlichkeit liegenden Vorsprung der Berichterstattung zu behaupten, wenn ein solcher Vorsprung nur durch rechtswidriges Verhalten der Beklagten, insbesondere durch Verletzung fremder Urheber- oder Leistungsschutzrechte, ermöglicht worden sei. Die Beklagte verschaffe sich durch Verletzung fremder Urheber-/Leistungsschutzrechte einen unzulässigen Vorsprung im Wettbewerb mit rechtstreuen Mitbewerbern und werbe überdies irreführend mit exklusiver Bildberichterstattung, weil sie dabei verschweige, dass sie die (zunächst) exklusiven Bilder rechtswidrig veröffentliche.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsbegehren in Ansehung der als irreführend beanstandeten Exklusivitätsbehauptung statt, wies es in Ansehung der behaupteten Urheberrechtsverletzungen aber ab. Das nur von den Beklagten angerufene Rekursgericht wies das Sicherungsbegehren insgesamt ab. Zur Geltendmachung von Urheber- oder Leistungsschutzrechtsverletzungen seien nur die Rechteinhaber legitimiert, die Klägerin behaupte aber gar nicht, selbst die Rechte an den beanstandeten Bildern zu haben. Die allenfalls als Lauterkeitsverstoß aufzufassende Missachtung fremder Urheberrechte sei im Verhältnis zur Urheberrechtsverletzung subsidiär. Der zutreffende Hinweis auf die erstmalige/ausschließliche Lichtbildveröffentlichung sage nichts darüber aus, wie die Beklagte zum verbreiteten Bild gekommen sei und ob die Lichtbildveröffentlichung rechtmäßig oder allenfalls unter Verletzung fremder Urheber- oder Leistungsschutzrechte erfolgt sei. Die beanstandeten Exklusivitätsbehauptungen seien daher nicht irreführend.
Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, eine Stellungnahme zu der in der Lehre geäußerten Kritik an der Judikatur zur Subsidiarität lauterkeitsrechtlicher Ansprüche gegenüber solchen aus Urheberrechtsverletzung sei ebenso geboten wie zur Irreführungseignung der hier beanstandeten Exklusivitätsbehauptungen für unter Verletzung fremder Urheber- oder Leistungsschutzrechte veröffentlichte Bilder.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Klägerin, mit dem sie die Wiederherstellung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1. Da der Ausspruch des Erstgerichts über die Abweisung des auf die Unterlassung von Urheberrechtsverletzungen gerichteten Sicherungsbegehrens bereits rechtskräftig ist, wirft die dessen ungeachtet vom Rekursgericht behandelte und für erheblich im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO erachtete Frage nach der Verwirklichung eines Lauterkeitsverstoßes nach § 1 UWG (Rechtsbruch) auf dem Boden einer Urheberrechtsverletzung (vgl zuletzt 4 Ob 20/08g; RIS-Justiz RS0115374) keine erhebliche Rechtsfrage auf.
2. 1. Gesetzliche Grundlage der erstinstanzlichen Entscheidung waren die §§ 1 und 2 UWG idF vor der Novelle 2007 (BGBl 2007/79), die seit 12. Dezember 2007 in Kraft ist und keine Übergangsvorschriften enthält.
2. 2. Wurde aufgrund eines nach alter Rechtslage verwirklichten Lauterkeitsverstoßes ein Unterlassungstitel geschaffen und hat sich während des Rechtsmittelverfahrens die Rechtslage geändert, so ist die Berechtigung eines solchen Gebots auch am neuen Recht zu messen, weil dieses Gebot seinem Wesen nach ein in der Zukunft liegendes Verhalten erfassen soll und daher nur dann aufrecht bleiben kann, wenn das darin umschriebene Verhalten schon im Zeitpunkt des Verstoßes verboten war und nach der neuen Rechtslage weiterhin verboten ist (4 Ob 177/07v uva). Weiterhin erheblich bleibt, ob das beanstandete Verhalten auch zu jenem Zeitpunkt gegen das Lauterkeitsrecht verstieß, als es gesetzt wurde. Anderenfalls läge ungeachtet einer späteren Verschärfung kein Verstoß gegen eine Unterlassungspflicht vor, der nach ständiger Rechtsprechung die Wiederholungsgefahr indizierte (RIS-Justiz RS0037661, RS0005402). Die Klägerin müsste dann Umstände behaupten und bescheinigen, die eine ernstlich drohende Gefahr der erstmaligen Begehung begründen; die bloß theoretische Möglichkeit der Begehung (das heißt der nunmehr rechtswidrigen Wiederholung des ursprünglich rechtmäßigen Verhaltens) genügte nicht (4 Ob 58/07v = ÖBl-LS 2007/160 - Micardis; RIS-Justiz RS0037661 [T6]). Die einstweilige Verfügung des Erstgerichts könnte daher nur Bestand haben, wenn das Verhalten der Beklagten sowohl gegen §§ 1 und 2 UWG idF vor der Novelle 2007 als auch gegen die entsprechenden Bestimmungen des UWG idgF verstieße. 3. 1. § 2 Abs 1 UWG idF vor der UWG-Novelle 2007 erfasste irreführende Angaben über die eigenen geschäftlichen Verhältnisse. Der Begriff „geschäftliche Verhältnisse" wird weit ausgelegt, er umfasst alles, was die Tätigkeit des Unternehmens im Wettbewerb zu fördern vermag, somit alles, was mit dem Geschäft direkt oder indirekt in Beziehung steht (4 Ob 33/97z = ÖBl 1998, 190 - Fahrschule A). Die beispielsweise Aufzählung des § 2 Abs 1 UWG idF vor der Novelle 2007 verdeutlicht, dass es sich dabei um Umstände oder Tatsachen handeln muss, die mit der Ware bzw Dienstleistung des Anbieters oder seinem Unternehmen in Zusammenhang stehen. 3. 2. Ob eine Angabe zur Irreführung geeignet ist, hängt davon ab, wie sie die angesprochenen Verkehrskreise nach ihrem Gesamteindruck verstehen. Sie ist irreführend, wenn die Vorstellungen, die die Umworbenen haben, mit den wirklichen Verhältnissen nicht in Einklang stehen (RIS-Justiz RS0078541). Für die Beurteilung entscheidend ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten, der eine dem Anlass angemessene unter Umständen daher auch bloß „flüchtige" (4 Ob 58/06t) - Aufmerksamkeit aufwendet (4 Ob
196/00b = SZ 73/161 - Lego-Klemmbausteine; 4 Ob 107/06y = ÖBl-LS
2006/164 - Betonsteine; 4 Ob 208/06a = ÖBl-LS 2007/9 - Medizinischer
Disclaimer; zuletzt 4 Ob 177/07v; RIS-Justiz RS0114366). 3. 3. Die nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmende Beurteilung des Eindrucks auf die angesprochenen Verkehrskreise und der Irreführungseignung wirft - von hier nicht vorliegender vom Obersten Gerichtshof aufzugreifender auffallender Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage auf (RIS-Justiz RS0043000, RS0053112).
Die - hier zutreffende - Behauptung, ein Bild als erstes und/oder einziges Medium zu veröffentlichen, sagt nichts darüber aus, ob die Rechte an dem Bild dem Verbreiter tatsächlich zustehen und wie er diese allenfalls erlangt hat.
4. Mangels eines vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Verstoßes gegen § 2 UWG in der Fassung vor der UWG-Novelle 2007 könnte die einstweilige Verfügung des Erstgerichts daher nur dann wiederhergestellt werden, wenn das Verhalten der Beklagten gegen die Lauterkeitsregeln der UWG-Novelle 2007 verstieße und die Klägerin eine ernstlich drohende Gefahr der erstmaligen Begehung behauptet und bescheinigt hätte (RIS-Justiz RS0037661). Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil Behauptungen fehlen, aus denen eine Erstbegehungsgefahr abgeleitet werden könnte, falls das erörterte Verhalten nach neuem Recht eine „unlautere Geschäftspraktik" wäre. Mangels Erstbegehungsgefahr kann offen bleiben, ob das beanstandete Verhalten als „unlautere Geschäftspraktik" gegen §§ 1 und 2 UWG idgF verstößt.
Da die Klägerin sohin keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen.
5. Da die Beklagte nicht auf die Unzulässigkeit des klägerischen Revisionsrekurses hingewiesen hat, hat sie die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
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