Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache anstelle des zuständigen Gerichts das Bezirksgericht für Handelssachen Wien, in eventu das Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu bestimmen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt vom Beklagten 3.595,39 EUR an Schadenersatz wegen der Erstellung eines - behauptetermaßen - falschen Gutachtens als Gerichtssachverständiger im Verfahren 9 C 1429/05w des Bezirksgerichts für Handelssachen (BGHS) Wien. Zum Beweis der vorgebrachten Tatsachen stützt sie sich auf ihre Parteienvernehmung und auf Urkunden. Der Beklagte bestritt und beantragte ebenfalls seine PV, die Beischaffung des BGHS-Akts sowie die Einvernahme eines in Wien wohnhaften Zeugen.
Die Klägerin beantragte die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht für Handelssachen Wien, in eventu an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Das streitgegenständliche Messingschild sei an ihrem Firmensitz in Wien montiert, der Beklagte sei als Gutachter auch in Wien tätig und außerdem sei der Vorprozess vor dem BGHS Wien geführt worden, sodass der entsprechende Akt durch dieses Gericht am einfachsten beigeschafft werden könnte. Außerdem werde ein neuer Sachverständiger - am ehesten aus Wien - zu bestellen sein.
Der Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus. Von beiden Parteien seien keinerlei Zeugen beantragt worden, sondern lediglich die Parteien, das Messingschild in der Größe von 60 x 33 cm könne jederzeit leicht demontiert werden, weshalb kein Augenschein an Ort und Stelle erforderlich sei, und überdies stehe nicht fest, aus welchem Gerichtssprengel ein zu bestellender Sachverständiger komme. Das vorlegende Bezirksgericht Hall i. T. hält die Delegierung für zweckmäßig, weil sich der genannte BGHS-Akt, das in Augenschein zu nehmende Messingschild und der als Partei zu vernehmende Geschäftsführer der Klägerin in Wien befänden und die Versendung des Messingschilds und das Zureisen zur Verhandlung mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Demgegenüber würde es für den auch im Oberlandesgerichtssprengel Wien als Sachverständiger tätigen Beklagten keine zusätzliche Kostenbelastung darstellen, wenn er seine Einvernahme im Zuge eines ohnehin dienstlich erforderlichen Wien-Aufenthalts absolvieren könnte.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht begründet.
Eine Delegierung nach § 31 JN kommt nur in Betracht, wenn klare und überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so ist der widersprechenden Partei in der Regel der Vorzug zu geben (RIS-Justiz RS0046324; RS0046589). Eine Delegierung an ein anderes Gericht soll grundsätzlich die Ausnahme bilden (RIS-Justiz RS0046441). Eine großzügige Anwendung der Delegierungsbestimmungen würde sonst im Ergebnis zu einer unvertretbaren Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS-Justiz RS0046589). Die Beurteilung einer Delegierung hat sich auf die Frage der Zweckmäßigkeit aus den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung, Kostenverringerung und Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu beschränken (RIS-Justiz RS0046333).
Die Voraussetzungen einer Delegierung liegen hier nicht vor: Zwar ist für den Geschäftsführer der Klägerin eine Vernehmung vor einem Wiener Gericht wohl kostengünstiger und weniger zeitaufwendig, für den Beklagten trifft aber das Gegenteil zu - dass seine Einvernahme anlässlich eines Geschäftstermins in Wien durchgeführt werden könnte, erscheint höchst ungewiss. Die Klägerin hat keine Zeugen beantragt und ob der Beklagte den im Einspruch gestellten Zeugenantrag aufrecht hält, ist fraglich, nachdem er in seinem Schriftsatz ON 9 ausführte, dass „von beiden Streitteilen keinerlei Zeugen beantragt wurden". Schließlich ist die Aktenbeischaffung für jedes Gericht problemlos möglich und völlig ungewiss, aus welchem Gerichtssprengel ein allenfalls zu bestellender Sachverständiger kommen wird. Da aufgrund dieser Umstände die Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung nicht eindeutig feststeht und sich der Beklagte gegen die Delegierung ausgesprochen hat, ist dem Delegierungsantrag nicht stattzugeben.
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