OGH 3Ob96/06y

OGH3Ob96/06y19.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. DDr. Silvio U*****, vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach als Verfahrenshelfer, wider die beklagte Partei Land Niederösterreich, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wegen 363.364 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Jänner 2006, GZ 14 R 146/05a-27, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 14. April 2005, GZ 29 Cg 216/03d-22, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 6. August 1991 schlossen der Kläger und das beklagte Land sowie eine näher genannte Marktgemeinde einen Vertrag, in dem sich das Land verpflichtete, zu den Gesamtkosten der Revitalisierung des Schlosses des Klägers einen Beitrag von 5 Mio. S zu leisten. In der Präambel war festgehalten, dass der Kläger das Schloss mit beträchtlichem Aufwand („derzeit" 48 Mio S) restauriert und revitalisiert und dadurch ein Zentrum für Veranstaltungen aller Art geschaffen habe. Nach Punkt II. des Vertrags wurde die Zahlungsverpflichtung u.a. an nachstehende Bedingungen geknüpft:

a) Der Eigentümer ist verpflichtet, der Gemeinde in der Zeit vom 1. 7. 1991 bis zum 1. 7. 2006 kostenlos Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, die ihr die Abhaltung von Veranstaltungen diverser Art, insbesondere solche von kultureller Bedeutung, ermöglichen. ...

Punkt III. lautet:

Sollte der Eigentümer gröblich gegen seine Verpflichtungen gemäß II

a) verstoßen oder Schloß ... vor dem 1. 7. 2006 in welcher Form immer veräußern, ist er verpflichtet, den bis dahin ausgezahlten Förderungsbetrag wie folgt zurückzahlen

  1. a) bis zum 1. 7. 2001 zur Gänze;
  2. b) ab dem 2. 7. 2001 verringert sich der zurückzuzahlende Betrag für jedes weitere abgelaufene Jahr um 20 % (S 1,000.000,--). Die Marktgemeinde sollte aus dem Vertrag direkt berechtigt und verpflichtet sein. Sie konnte und kann noch immer die Räumlichkeiten im Schloss gemäß der Vereinbarung nutzen.

    Zweck des Vertrags war, durch die beklagte Partei dem Kläger finanzielle Hilfe für seine umfangreichen Investitionen im Schloss zukommen zu lassen und im Gegenzug der Marktgemeinde die Nutzungsmöglichkeit von Räumlichkeiten für die Durchführung von Veranstaltungen zu gewähren, wodurch sich die Errichtung eines eigenen Veranstaltunsgzentrums erübrige.

    In einem Gegenentwurf des Klägers war in Punkt III. nach „veräußern" noch die Wortgruppe „ohne diese Verpflichtungen auf den Erwerber zu überbinden" enthalten; diese wurde einvernehmlich gestrichen. Mit der Bestimmung wollten die Vertragspartner sicherstellen, dass die im Vertrag zugesicherte Nutzungsmöglichkeit von Schlossräumlichkeiten für die Marktgemeinde erhalten bleibt und darüber hinaus die Durchsetzbarkeit dieser Verpflichtung dergestalt gesichert wird, dass nicht durch einen neuen Eigentümer, welcher an den Vertrag nicht gebunden wäre, eine Nutzungsmöglichkeit der Marktgemeinde untersagt wird. Über den „genauen Wortsinn" des Wortes „veräußern" in Punkt III. wurde nicht im Detail gesprochen.

    Der Kläger brachte das Eigentum an der Schlossliegenschaft mit Einbringungsvertrag vom 29. September 1997 als Sacheinlage in eine Gesellschaft mbH ein, die im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist. In einem Gespräch mit dem Bürgermeister der Marktgemeinde vor der Einbringung sprach der Kläger mit ihm darüber, dass er zu 100 % Eigentümer der GmbH sei und dadurch die Beziehungen zwischen der Marktgemeinde und dem Schlosseigentümer nicht berührt würden. Das Land zahlte vier Fünftel des in fünf gleichen Jahresraten zu zahlenden Förderbeitrags aus. Nach Mitteilung des Klägers von Verhandlungen über einen möglichen Verkauf des Schlosses teilte ihm die beklagte Partei mit, die letzte Rate nicht auszuzahlen, und rief auf Grund einer Bankgarantieerklärung 4 Mio. S ab, worauf die betraffende Bank diesen Betrag zahlte.

    Der Kläger forderte die Zahlung von 363.364 EUR s.A.; die Rückzahlungsverpflichtung sei nur für den Fall eines Verkaufs vereinbart worden. Er halte aber 100 % der Gesellschaftsanteile an der GmbH. Die Absicherung der Rechte der Marktgemeinde hätte nur bei Verstoß gegen die Vereinbarung oder, wenn durch einen Verkauf die Nutzungsmöglichkeit der Marktgemeinde gefährdet oder unmöglich gemacht worden wäre, schlagend werden sollen. Die betreffende Klausel sei sittenwidrig und bedeute eine sittenwidrige Konventionalstrafe. Überdies sei die GmbH erst am 27. Juli 2001 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden.

    Das beklagte Land wendete ein, die Formulierung in Punkt III. der Vereinbarung sei bewusst so gewählt worden; die Einbringung als Sacheinlage sei eine entgeltliche Veräußerung. Eine allfällige Irrtumsanfechtung wäre verjährt, auch gegenüber dem Klagebegehren werde Verjährung geltend gemacht.

    Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf der Grundlage der eingangs verkürzt wiedergegebenen Tastachenfeststellungen ab. Es beurteilte Vertragspunkt III. in Anwendung der §§ 914, 915 ABGB als auflösende Bedingung und die Einbringung der Liegenschaft als Sacheinlage als entgeltliche Veräußerung. Es liege keine Vertragsstrafe vor, die Klausel sei auch nicht sittenwidrig.

    Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Er vermag das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen nicht aufzuzeigen. Wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte, war wesentlicher Gegenstand des Verfahrens die Auslegung eines Vertrags im Einzelfall. Es ist - insbesondere auf Grund der festgestellten Entstehungsgeschichte der fraglichen Klausel und des festgestellten gemeinsamen Vertragszwecks - selbst bei Annahme einer Alleingesellschaftereigenschaft des Klägers an der GmbH nicht ersichtlich, dass diesem Gericht, das die Entscheidungsgründe des erstinstanzliche Urteils ausdrücklich gemäß § 500a zweiter Satz ZPO übernahm, infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage zu einem unvertretbaren Auslegungsergebnis gelangt wäre (RIS-Justiz RS0042936; ähnlich: krasse Verkennung der Auslegungsgrundsätze:

RIS-Justiz RS0042776 [T3]). Nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen sollte die betreffende Klausel auch verhindern, dass durch einen Eigentümerwechsel - der bei Übergang des Eigentums auf eine GmbH jedenfalls vorliegt - auch nur die Möglichkeit geschaffen werde, dass der neue Eigentümer der Marktgemeinde die vereinbarte Nutzung untersage. Demnach kann auch eine allfällige Überbindung der Duldungspflicht auf die neue Eigentümerin am Eintritt der auflösenden Bedingung nichts ändern. Selbst wenn man die Behauptung als erwiesen ansähe, dass die Eintragung der neuen Eigentümerin im Grundbuch erst am 27. Juli 2001 erfolgt wäre und dadurch erst die Veräußerung als erfolgt ansähe, wäre für den Kläger nichts gewonnen, weil damals noch kein weiteres Jahr ab dem 2. Juli 2001 iS des Punktes III. des Fördervertrags abgelaufen gewesen wäre.

Die mangelnde Bereinigung von Verwendungsansprüchen gegen die Marktgemeinde aus der unentgeltlichen Benützung von Schlossräumlichkeiten kann schon deshalb keine zu lösende Rechtsfrage aufwerfen, weil solche Ansprüche nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens waren.

Die Rechtsansicht der zweiten Instanz, der Hinweis in der Berufung auf Ausführungen in einem anderen Schriftsatz sei unzulässig, entspricht der stRsp des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 236/01i [insoweit unveröff.] mwN, RIS-Justiz RS0043616; RS0007029). Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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