Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Zwei junge Erwachsene buchten einen einwöchigen Griechenlandurlaub am Sandstrand, um „Party zu machen“. Sie wählten ein Strandhotel in unmittelbarer Nähe einer bekannten „Lokalmeile“ mit vielen Abendunterhaltungsmöglichkeiten. Der beklagte Veranstalter brachte sie aber in einem vom belebten Ort 12 km entfernten Hotel unter, das überdies vom Kiesstrand etwas entfernt war und weniger Freizeiteinrichtungen aufwies als das gebuchte Hotel. Die Urlauber mussten mit dem (teilweise unverlässlich verkehrenden) Linienbus oder auch mit dem Taxi zum Ort mit den Abendunterhaltungsmöglichkeiten fahren; die nächtliche Rückfahrt war nur mit dem Taxi möglich. Die Kosten hiefür betrugen 200 EUR. Diesen Betrag sprach das Berufungsgericht als Mangelfolgeschaden ebenso zu wie eine Preisminderung in Höhe von 35 % des Reisepreises.
Beide Vorinstanzen wiesen das Schadenersatz(mehr)begehren wegen entgangener Urlaubsfreude ab. Die „im höheren Bereich angesiedelte“ Preisminderung gelte auch den immateriellen Schaden ab.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, diese Beurteilung des Berufungsgerichts widerspreche der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Trennung des Preisminderungsanspruchs (Gewährleistung) vom Ersatz des immateriellen Schadens infolge Entgangs der Urlaubsfreude. Das Berufungsgericht hätte den (zusätzlich) zustehenden Schadenersatz betraglich ausweisen müssen.
Der vom Kläger ins Treffen geführten Entscheidung 6 Ob 231/08a (= EvBl 2010/29 = ecolex 2009/406) ist zwar die begriffliche Trennung von Preisminderung (Gewährleistung) und Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude und der Rechtssatz zu entnehmen, dass für die „Erheblichkeit“ der Beeinträchtigung nicht auf die (hypothetische) Preisminderung abgestellt werden kann. Der Oberste Gerichtshof lehnte es aber nicht grundsätzlich ab, dass die durch die Mängel hervorgerufenen (immateriellen) Unlustgefühle durch die Preisminderung angemessen mitabgegolten sein können, er verneinte dies nur im dort zu entscheidenden Fall (fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeit und fehlender Sandstrand bei Familienbadeurlaub) wegen Überschreitens der sogenannten Erheblichkeitsschwelle.
In diesem Fall erbrachte der Reiseveranstalter zwar ebenfalls einen erheblichen Teil seiner geschuldeten Leistung nicht (Hotellage und -ausstattung), den Urlaubern war es aber möglich, einen Großteil der von ihnen gewünschten Urlaubsgestaltung („Partymachen“, Lokalbesuche in dem ausgesuchten Ort) umzusetzen. Die ihnen durch die Hoteländerung verursachten Mehrkosten (Taxispesen) muss der Veranstalter ebenso ersetzen wie die subjektive Äquivalenzstörung (Preisminderung). Die darüber hinaus mit der Minderleistung verbundenen Unlustgefühle (fehlender Minigolfplatz, notwendige Anreise zur Lokalmeile) als mit der ‑ großzügig bemessenen ‑ Preisminderung mitabgegolten zu sehen, begründet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung der im Sinn eines beweglichen Systems (10 Ob 20/05x; 4 Ob 130/09k) abzuwägenden Umstände des Einzelfalls (vgl 6 Ob 251/05p). Der Ersatzausspruch nach § 31e Abs 3 KSchG setzt eine über bloße Unlustgefühle hinausgehende Beeinträchtigung der Urlaubsfreude voraus (2 Ob 79/06s; 3 Ob 220/06h). Ob im Einzelfall diese Erheblichkeitsschwelle überschritten wird, begründet keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.
Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO liegt nur bei einem Widerspruch innerhalb des Spruchs der Entscheidung vor (RIS‑Justiz RS0042171, RS0042133).
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