OGH 3Ob79/09b

OGH3Ob79/09b22.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. Franz W*****, und 2. Annemarie W*****, beide vertreten durch Peißl & Partner Rechtsanwälte in Köflach, gegen die beklagte Partei Luzia H*****, vertreten durch Dr. Martin Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung von Dienstbarkeiten, über den Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 17. Februar 2009, GZ 6 R 20/09v-12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Voitsberg vom 14. Jänner 2009, GZ 5 C 1413/08f-8, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Kläger begehren, die Beklagte zur Einwilligung in die Einverleibung von drei Grunddienstbarkeiten zu verurteilen.

Das angerufene Bezirksgericht wies die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit ab.

Das Gericht zweiter Instanz änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts zurückwies.

Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Nach seiner Ansicht seien nach den Behauptungen der Kläger die beiden in der Klage mit je 5.800 EUR bewerteten Dienstbarkeiten des Wasserbezugs in einem Vertrag eingeräumt worden, weshalb diese Streitwerte nach § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen seien. Wegen Überschreitens der in § 49 Abs 1 JN normierten Streitwertgrenze von 10.000 EUR sei daher das angerufene Bezirksgericht sachlich unzuständig. Es gebe keinen Anlass, von der Gesamtbewertung in der Klage abzugehen.

Das Erstgericht legte das als Rekurs bezeichnete Rechtsmittel der Kläger direkt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Darin machen diese geltend, ein Beschluss des im Rechtsmittel mehrmals auch als Berufungsgericht bezeichneten Rekursgerichts sei immer anfechtbar, wenn dieses aufgrund eines von ihm aufgegriffenen Nichtigkeitsgrundes das Verfahren für nichtig erkläre und die Klage zurückweise.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt zwar 4.000 EUR, nicht jedoch auch 20.000 EUR übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 528 Abs 2a ZPO iVm § 500 Abs 2 Z 3, § 508 ZPO einen beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde.

Das Rechtsmittel der Kläger wäre demnach aufgrund der vom Rekursgericht vorgenommenen Bewertung des Entscheidungsgegenstands nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen; dies wird nunmehr das Erstgericht nachzuholen haben. Ob der nur an den Obersten Gerichtshof gerichtete „Rekurs" einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (stRsp, RIS-Justiz RS0109620, insbesondere [T2]).

Dem kann auch nicht die oben zitierte Erwägung der Kläger entgegen gehalten werden, der Rekurs sei „immer" (gemeint offenbar: unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage) zulässig. Im Fall der von ihnen zitierten Entscheidung 6 Ob 517/86 = SZ 59/28 hatte ein Rekursgericht aus Anlass eines Rekurses gegen einen Unterbrechungsbeschluss erstmals eine Nichtigkeit mangels ordnungsgemäßer Vertretung der klagenden Partei wahrgenommen. Hier liegt kein vergleichbarer Fall vor. Vielmehr entscheidet der Oberste Gerichtshof einheitlich, dass § 519 Abs 1 ZPO nur dann analog anzuwenden ist, wenn ein Rekursgericht erstmals einen Nichtigkeitsgrund aufgreift und die Klage unter Nichtigerklärung des Verfahrens zurückweist (1 Ob 63/02z; RIS-Justiz RS0116348 [T1 und T5]). Für die Abänderung einer die Prozesseinrede des beklagten verwerfenden Beschlusses durch das Rekursgericht gilt dagegen § 528 ZPO (RIS-Justiz RS0116348; E. Kodek in Rechberger³ § 519 Rz 14).

Was den Wert des Entscheidungsgegenstands angeht, haben die Kläger selbst ihre drei Begehren einzeln und auch zusammengerechnet mit einem zwar 4.000 EUR, nicht jedoch auch 20.000 EUR übersteigenden Betrag bewertet. Nun geht es aber nicht an, die von den Klägern als Miteigentümer der herrschenden Liegenschaft erhobenen Begehren wertmäßig zu teilen. Bei Klagen auf Einräumung wie auch auf Feststellung einer Grunddienstbarkeit bilden diese eine notwendige Streitgenossenschaft gemäß § 14 ZPO (RIS-Justiz RS0101793, bes [T1 und T2]; Sailer in KBB² § 828 ABGB Rz 6 mwN). Eine solche ist stets zugleich auch eine materielle Streitgenossenschaft iSd § 11 Z 1 ZPO (Schubert in Fasching/Konecny² § 11 ZPO Rz 14), weshalb die Ansprüche mehrerer Kläger nach § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen sind. Selbst wenn daher dem Argument der Kläger zu folgen wäre, für jeden von ihnen gälte nur ein Streitwert von 2.900 EUR pro Dienstbarkeit, wären die Werte für jede einzelne Servitut zu addieren und ergäben so wieder einen 4.000 EUR übersteigenden Streitwert und damit zufolge der bindenden Bewertung durch das Rekursgericht auch einen ebensolchen Wert des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz. Wäre es anders und auch eine Zusammenrechnung der Werte für die einzelnen Servituten nicht vorzunehmen, wie von den Klägern vermeint, müsste der Revisionsrekurs in Ansehung aller drei Begehren als jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 1 ZPO) zurückgewiesen werden.

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