OGH 3Ob78/86

OGH3Ob78/8612.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Huber, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heike C***, Angestellte, Kärntner Straße 312, 8700 Leoben, vertreten durch Dr. Friedrich Jöllinger, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagten Parteien 1. Helga S***, Beamte, Kastelligasse 12/1/8, 1050 Wien, und 2. August C***, Angestellter, Kastelligasse 12/1/8, 1050 Wien, beide vertreten durch Dr. Kurt Hanusch, Rechtsanwalt in Leoben, wegen Unzulässigkeit einer Exekutionsführung (Streitwert S 360.062,-), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 11. März 1986, GZ. R 165/86-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 16. Dezember 1985, GZ. 7 C 7/85-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 14.686,96 (darin S 1.247,91 Umsatzsteuer und S 960,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist die Tochter des Zweitbeklagten. Sie hatte gegen ihn am 8.4.1980 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 4 Cg 144/80 die Klage mit dem Begehren erhoben, er sei schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Tochter auf der ihm gehörigen Hälfte der Liegenschaft EZ 225 KG Mühltal einzuwilligen. Der Vater habe ihr den Liegenschaftsanteil geschenkt. Mit dem Urteil vom 15.10.1982, GZ 4 Cg 144/80-26, gab das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien dem Klagebegehren statt. Mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 15.2.1983 wurde dieses Urteil bestätigt. Es war festgestellt worden, daß der Vater der Tochter die Hälfte der Liegenschaft, deren zweite Hälfte im Eigentum der Mutter der Klägerin und geschiedenen Ehefrau des Zweitbeklagten Lieselotte C*** steht, schon vor dem 4.2.1977 im Sinne des § 943 ABGB "wirklich" übergeben hatte und an diesem Tag wirksam ein Schenkungsvertrag zustande kam, aus welchem die Tochter den Erfüllungsanspruch auf Eigentumsübertragung erworben habe. Am 4.3.1983 haben die Beklagten vor dem öffentlichen Notar Dr. Haymo R*** in Wien-Margarethen den mit Notariatsakt GZ 13/1983 beurkundeten Darlehensvertrag geschlossen. Der Zweitbeklagte bekannte, von der Erstbeklagten S 318.000,- als Darlehen zugezählt erhalten zu haben und den mit 8 % jährlich zu verzinsenden zur Rückzahlung fälligen Darlehensbetrag zu schulden. Er verpflichtete sich zur sofortigen Zahlung von S 318.000,- samt Zinsen, stimmte zu, daß der Notariatsakt sofort vollstreckbar sein soll, verpfändete zur Sicherung der Darlehensforderung seinen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 225 KG Mühltal mit dem Grundstück 127/10 und willigte in die Einverleibung des Pfandrechtes für die Darlehensforderung der Gläubigerin und in die Anmerkung der Vollstreckbarkeit ein.

Zu TZ 862/1983 wurde auf Grund dieses Notariatsaktes auf dem Liegenschaftsanteil des Zweitbeklagten das Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung von S 318.000,- samt 8 % Zinsen und S 60.000,- Nebengebührensicherstellung zugunsten der Erstbeklagten einverleibt.

Am 26.5.1983 bewilligte das Bezirksgericht Leoben der betreibenden Erstbeklagten wider den verpflichteten Zweitbeklagten zur Hereinbringung dieser Forderung die Zwangsversteigerung der im Eigentum des Zweitbeklagten stehenden Hälfte der Liegenschaft. Die Versteigerung wurde für den 25.5.1984 anberaumt.

Am 22.5.1984 erhob nun die Klägerin gegen die beiden Beklagten beim Exekutionsgericht die Klage mit dem Begehren, mit Urteil zu entscheiden, daß der am 4.3.1983 zwischen den Beklagten abgeschlossene Notariatsakt gegenüber der Klägerin rechtsunwirksam und die von der Erstbeklagten gegen den Zweitbeklagten betriebene Exekution durch Zwangsversteigerung des Hälfteanteils unzulässig sei. In der Klage brachte sie vor, sie erhebe gegen die Exekutionsführung Widerspruch, weil ihr auf Grund gerichtlicher Entscheidung das Eigentum an der in Exekution gezogenen Liegenschaftshälfte zustehe, und verbinde damit die Anfechtung des Exekutionstitels, den die Beklagten in betrügerischer Absicht zur Benachteiligung der Klägerin geschaffen hätten. Die Beklagten hätten zur Verhinderung der Durchsetzung des mit Urteil vom 15.10.1982 zuerkannten Anspruches der Klägerin auf Einverleibung des Eigentums auf der dem Zweitbeklagten, ihrem Vater, gehörigen Hälfte der Liegenschaft EZ 225 KG Mühltal den vollstreckbaren Notariatsakt abgeschlossen, obwohl die Erstbeklagte infolge ihrer Lebensgemeinschaft mit dem Zweitbeklagten alle persönlichen Umstände kannte. Es sei nicht war, daß der Zweitbeklagte der Erstbeklagten Geld schulde.

Die Beklagten haben vor Einlassung in die Verhandlung die Einrede der örtlichen und der sachlichen Unzuständigkeit erhoben, weil die Anfechtungsklage bei ihrem allgemeinen Gerichtsstand in Wien und beim Gerichtshof anzubringen sei. Der Klägerin stünden keine Ansprüche an dem durch die Exekution betroffenen Liegenschaftsanteil zu, die die Vornahme der Exekution unzulässig machen würden.

Das Erstgericht wies die Klage zurück.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise Folge. Es bestätigte die "Zurückweisung der Anfechtungsklage", änderte jedoch den Zurückweisungsbeschluß insoweit ab, als es dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auftrug, soweit die Klage mit dem Begehren zurückgewiesen wurde, die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Leoben vom 26.5.1983 bewilligte Exekution durch Zwangsversteigerung sei unzulässig. Das Rekursgericht führte aus, ein Dritter könne nach § 37 EO gegen die Exekution Widerspruch erheben, wenn er an einem in Exekution gezogenen Gegenstand ein Recht behauptet, das die Exekution unzulässig mache. Die Klage sei gegen den betreibenden Gläubiger zu richten, der Verpflichtete könne als Streitgenosse mit geklagt werden. Die Klägerin habe die Widerspruchsklage erhoben. Für diese Klage sei das Erstgericht als Exekutionsgericht zuständig (§ 37 Abs 3 EO). Ob die Klägerin, wie sie behaupte, an der zu versteigernden Liegenschaftshälfte ein Eigentumsrecht habe oder bloß den obligatorischen Anspruch auf Übertragung des Eigentums, sei Gegenstand der Sachentscheidung. Der zugleich geltend gemachte Anspruch auf Anfechtung gebe kein Widerspruchsrecht nach § 37 EO und sei beim allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten zu erheben. Soweit die Klage einen Anfechtungsanspruch geltend mache, sei die Zurückweisung wegen Unzuständigkeit zu bestätigen.

Im fortgesetzten Verfahren beharrte die Klägerin darauf, sie mache geltend, daß die Zwangsversteigerung unzulässig sei, weil sie auf Grund eines "erschlichenen Exekutionstitels" geführt werde. Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Leoben vom 26.5.1983 bewilligte Exekution durch Zwangsversteigerung der dem Zweitbeklagten gehörigen Hälfte der Liegenscahft EZ 225 KG Mühltal für unzulässig zu erklären, ab. Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,- übersteigt.

Die Vorinstanzen kamen in ihrer rechtlichen Beurteilung übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß die Klägerin auf Grund des Schenkungsvertrages und des Urteiles im Prozeß gegen den Zweitbeklagten bloß den obligatorischen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der Liegenschaftshälfte erworben habe, nicht aber das Eigentum. Eigentümer sei immer noch der Zweitbeklagte, weil das Eigentum an Liegenschaften von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, nur durch die bücherliche Einverleibung erworben werde. Die Klägerin habe daher kein Recht an der Liegenschaftshälfte, das die Vornahme der Exekution unzulässig mache. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Klägerin mit ihrer nach dem § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässigen Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Sie beantragt, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, mit welcher der Unzuständigkeitseinrede der Beklagten stattgegeben wurde, konnte das Erstgericht nicht mehr auf anderes Tatsachenvorbringen insbesondere die Anfechtung des Notariatsaktes eingehen, sondern hatte sich auf die allein in die Zuständigkeit des Erstgerichtes als Exekutionsgericht fallende Frage zu beschränken, ob der Klägerin an der zu versteigernden Liegenschaftshälfte ein die Vornahme der Exekution unzulässig machendes Recht zustand. Die Rechtskraft der Entscheidung über die Einrede der Unzuständigkeit bindet im weiteren Verfahren. Die Klägerin übersieht, daß sie dadurch in diesem Rechtsstreit eine Bekämpfung des Titels aus welchem Rechtsgrunde immer nicht mehr verfolgen kann.

Eigentum an der ihr geschenkten Liegenschaftshälfte erlangt die Klägerin erst durch die bücherliche Einverleibung. Weder durch den Schenkungsvertrag, noch durch die "wirkliche" Übergabe des Anteils im Sinne des § 943 ABGB noch mit Eintritt der Rechtskraft des Urteiles, mit dem der Zweitbeklagte zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin verhalten wurde, hat die Klägerin ein Recht erlangt, das sie zum Widerspruch gegen die von einem Dritten geführte Exekution auf die Liegenschaftsanteile berechtigt (Heller-Berger-Stix 450; RZ 1980/26). In der Entscheidung vom 11.9.1957, 1 Ob 318/57, (auszugsweise abgedruckt in MGA EO 11 § 37/F 5) wurde nur erwähnt, daß die Anfechtungsklage als Widerspruch im Sinne des § 37 EO angebracht werden könne, wenn durch die Anfechtung bezweckt wird, daß ein in Exekution gezogener Gegenstand an die Konkursmasse oder an denjenigen zurückgestellt wird, von welchem ihn der Verpflichtete infolge der anfechtbaren Rechtshandlung erworben hat.

Wenn die Klägerin in ihrer Revision darauf verweist, sie habe in ihrer Klage geltend gemacht, daß der Exekutionstitel auf Arglist beruhe, ein deliktisches Verhalten der Beklagten behauptet und meint, ihre Widerspruchsklage müsse Erfolg haben, weil sie ja nicht die Beseitigung des Notariatsaktes an sich verlange sondern nur dessen relative Unwirksamkeit gegenüber den Eigentumsübertragungsansprüchen der Klägerin, verkennt sie immer noch, daß Gegenstand der Urteile der Vorinstanzen und daher auch der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zufolge der bindenden Entscheidung im Zuständigkeitsstreit nur sein kann, ob der Klägerin an der vom Zwangsversteigerungsverfahren betroffenen Liegenschaftshälfte ein solches Recht zusteht, das die von der Erstbeklagten gegen den Zweitbeklagten geführte Exekution unzulässig macht. Dies haben die Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum verneint. Ob dagegen der Titel, der Grundlage der Exekutionsbewilligung war, der Klägerin gegenüber unwirksam ist und welche schadenersatzrechtlichen Ansprüche die Klägerin gegen die Beklagten durchsetzen könnte, konnte, weil insoweit die Klage rechtskräftig zurückgewiesen ist, im reinen Widerspruchsprozeß nach § 37 EO nicht entschieden werden. Der Revision ist daher nicht stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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