Spruch:
Der Revisionsrekurs der zweitverpflichteten Partei wird zurückgewiesen.
Dem Revisionsrekurs der erstverpflichteten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.
Die erstverpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies (u.a.) den Antrag der betreibenden Partei, ihr aufgrund des vollstreckbaren Notariatsakts vom 8. März 2005, GZ 1096, wider den Erstverpflichteten zur Hereinbringung der vollstreckbaren restlichen Forderung von 203.171,45 EUR s.A. die Exekution gemäß § 331 EO am verbücherten Vermögensrecht im Hinblick auf die zugunsten des Erstverpflichteten in Ansehung einer bestimmten Liegenschaft eingetragenen fideikommissarischen Substitution zu bewilligen, ab. Die Eintragung einer fideikommissarischen Substitution sei kein verwertbares Vermögensgut, der Erstverpflichtete auch nicht Liegenschaftseigentümer.
Das Rekursgericht bewilligte die Exekution gemäß § 331 EO und erließ das Gebot an den Erstverpflichteten, sich jeder Verfügung über seine aus der fideikommissarischen Substitution entspringenden Rechte, insbesondere aber auch das Recht, im Zusammenwirken mit den beiden näher genannten Vorerben über die Liegenschaftsanteile zu verfügen, zu enthalten; den beiden Vorerben verbot das Rekursgericht jede Verfügung über die Liegenschaftsanteile im Zusammenwirken mit dem Erstverpflichteten. Im Hinblick auf den gleichgelagerten Charakter des Nacherbrechts als Anwartschaftsrecht sei eine Pfändung nach § 331 EO zulässig. Dies entspreche auch der deutschen Rechtslage.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil divergierende Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Zulässigkeit der Exekution auf ein Substitutionsgut gemäß § 331 EO bestehe.
Der von beiden Verpflichteten erhobene Revisionsrekurs, mit dem sie die Wiederherstellung der antragsabweisenden Entscheidung des Erstgerichts anstreben, ist in Ansehung des Zweitverpflichteten unzulässig, in Ansehung des Erstverpflichteten zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Sowohl der Antrag der betreibenden Partei als auch der diesem stattgebende Beschluss des Rekursgerichts auf Pfändung der Rechte des Erstverpflichteten aus der Nacherbschaft richtet sich ausschließlich gegen diesen. Dem Zweitverpflichteten fehlt in Ansehung dieser Rechte aus der Nacherbschaft des Erstverpflichteten jede Beschwer und somit die Rechtsmittellegitimation. Sein Revisionsrekurs ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. In den zu GlUNF 521, 537, 641, 1817, 2878 und 5532 veröffentlichten Entscheidungen lehnte der k. k. Oberste Gerichtshof die Pfändung des Rechts des Nacherben vor Eintritt des Substitutionsfalls im Wesentlichen unter Berufung auf § 822 ABGB (idF vor der III. Teilnovelle des ABGB) ab, wonach die Gläubiger eines Erben nur auf das ihm bereits angefallene Erbgut Exekution führen könnten, niemals aber ein bloßer Erbanspruch Gegenstand der Exekution sein könne. Mit Beschluss vom 29. Juli 1912, GZ R II 710/12 (= JBl 1913, 83), erklärte der k. k. Oberste Gerichtshof die Exekution auf ein fideikommissarisches Substitutionsrecht hingegen für statthaft. Ob das fideikommissarische Recht als ein bedingtes (§ 696 ABGB) oder als bloß betagtes (§ 705 ABGB) aufzufassen sei, sei gleichgültig. Auch bedingte Rechte könnten Objekte der Exekutionsführung sein. Es sei nicht einzusehen, welchen Beweggrund der Gesetzgeber gehabt haben sollte, das Recht des fideikommissarischen Substituten im Verhältnis zu dessen Gläubigern zu schützen. Ebensowenig sei einzusehen, inwiefern der Nacherbe (Verpflichtete) ein materielles Interesse an der Anfechtung der Exekution haben solle, die ohnedies nur nach Maßgabe des § 822 ABGB ihre Rechtswirkung auszuüben geeignet sei und gegenstandslos werde, wenn der Substitutionsfall nicht eintrete.
Heller/Berger/Stix (Kommentar4 III 2338) vertreten unter Berufung auf die Rsp des k. k. Obersten Gerichtshofs (in Ansehung der E JBl 1913, 83 aber zu Unrecht) die Ansicht, der Erbanspruch des Nacherben könne nicht gemäß § 331 EO gepfändet werden. Gemäß § 822 ABGB könne auf die einzelnen Stücke vor Einantwortung nur gegriffen werden, wenn sie dem Erben zur freien Verfügung überlassen worden seien. Hierzu ist anzumerken, dass das Justiz-Hofdekret (HfD) vom 3. Juni 1846, JGS 1846/968, wonach nur einzelne Nachlassbestandteile Gegenstand der Exekution seien, das Erbrecht als Ganzes jedoch unpfändbar, zur Zeit der Kommentierung noch in Geltung stand, jedoch mittlerweile (per 1. Oktober 2000; Art II der EO-Nov 2000) aufgehoben ist.
Ungeachtet der Aufhebung des HfD JGS 1846/968 vertritt Oberhammer (in Angst, EO, § 331 Rz 65 f) gleichfalls unter Berufung auf die eingangs erwähnten E des k. k. Obersten Gerichtshofs (gleichfalls zu Unrecht auch unter Berufung auf die E JBl 1913, 83) die Ansicht, das Recht des Nacherben sei vor Eintritt des Substitutionsfalls unpfändbar. Ungeachtet der Aufhebung des HfD JGS 1846/968 dürfte den Erläut RV der EO-Nov 2000 (93 BlgNR 21. GP, 59), wonach sich die Unpfändbarkeit des Erbrechts schon aus dem Grundsatz der Spezialexekution ergebe, ein Gesetzgeberwille zu entnehmen sein, dass das Erbrecht auch weiterhin unpfändbar sein solle. Kletecka (Ersatz- und Nacherbschaft, 263) erachtet die Exekutionsführung in das Anwartschaftsrecht des Substituten im Hinblick darauf, dass die Exekution auf das vergleichbare Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers für zulässig erachtet werde, als wünschenswert, weil damit die Sache exekutionsrechtlich dem Verkehr nicht entzogen, sondern nur zwischen Vor- und Nacherbe aufgeteilt wäre: Die Nutzungen aus der Sache könnten die Gläubiger des Vorerben, das aufschiebend bedingte oder befristete Eigentum (Anwartschaftsrecht) jene des Nacherben verwerten. Das (mittlerweile aber aufgehobene) HfD JGS 1846/968 sieht Kletecka (aaO) aber als Hindernis für die Pfändbarkeit der Rechte des Nacherben und regt dessen Aufhebung an.
Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:
Der Ersatznacherbe tritt nicht in seiner Eigenschaft als Erbe des Substituten an dessen Stelle, sondern kraft ersatzweiser Berufung durch den Erblasser, leitet seine Rechtsstellung von diesem ab und hat daher ein bedingtes Anwartschaftsrecht darauf, fideikommissarischer Substitut zu werden (6 Ob 603/77 = EvBl 1978/97; RIS-Justiz RS0012534). Auch im Fall einer fideikomissarischen Substitution auf den Überrest erlangt der Nacherbe schon mit den (Vor-)Erbfall ein veräußerliches und vererbliches Anwartschaftsrecht (4 Ob 529/74 = SZ 47/62 = JBl 1974, 523 = EvBl 1974/295 = NZ 1975, 28 u.a.; RIS-Justiz RS0012536; Welser in Rummel³ § 613 ABGB Rz 26; Kletecka aaO 89). Insoweit unterscheidet sich das Recht aus der Substitution vom Erbrecht an sich, dessen Veräußerung § 879 Abs 2 Z 3 ABGB entgegensteht und dessen Pfändung als Ganzes - zu Recht - abgelehnt wird (2 Ob 156/00f = SZ 73/94 = JBl 2000, 803 mwN; vgl. RIS-Justiz RS0004294; Frauenberger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 331 Rz 13 mwN).
Der Oberste Gerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass Zweck der §§ 330 ff EO ist, die Exekutionsmöglichkeiten zu erweitern und sämtliche von anderen Exekutionsarten nicht erfassten, aber als Exekutionsobjekte in Betracht kommenden Vermögensrechte des Verpflichteten zu erfassen, weshalb bei der Beurteilung, ob ein Vermögensrecht diesen Bestimmungen unterfällt und gepfändet werden darf, „großzügig" vorzugehen und im Zweifel die Exekutionsunterworfenheit anzunehmen ist (3 Ob 148/05v = JBl 2006, 396 u.a.; RIS-Justiz RS0120349); die Interpretation der §§ 331 ff EO hat sich am Zweck zu orientieren, die Exekution auf alle denkbaren Vermögensobjekte des Verpflichteten zu ermöglichen (3 Ob 277/05i). In diesem Sinn wurde bereits auch mehrfach die Pfändung von Anwartschaftsrechten nach § 331 EO für zulässig erachtet (Anwartschaft auf den Erwerb des bücherlichen Eigentums an einer Liegenschaft: 7 Ob 526/80 = SZ 53/32; RIS-Justiz RS0004200; Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers: 3 Ob 534/93 = SZ 66/172 u.a.; RIS-Justiz RS0013509; aus einem Kaufvertrag zustehende materiellrechtliche Ansprüche: 3 Ob 17/84 = SZ 57/74 u.a.; RIS-Justiz RS0004248; Anspruch auf Einräumung eines Fruchtgenussrechts: 3 Ob 16/73 = SZ 46/17 u.a.; RIS-Justiz RS0004315).
Das Anwartschaftsrecht aus der Nacherbfolge kann durch Rechtsgeschäft unter Lebenden übertragen werden; dies gilt auch für die Anwartschaft aus einer bedingten Nacherbfolge (Weiss in Klang2 III 414 mwN). Weiss (aaO 427 mwN in FN 89 f) führt dazu noch aus, Gläubiger des Nacherben könnten, solange der Nacherbfall nicht eingetreten sei, die Zwangsvollstreckung auf die mit der Nacherbfolge belasteten Liegenschaft durch - im vorliegenden Fall von der zweiten Instanz nicht bewilligte - zwangsweise Pfandrechtsbegründung nicht erwirken, weil dem Verpflichteten kein rechtlicher Anspruch auf die Liegenschaft zustehe. Der Oberste Gerichtshof sieht - insbesondere im Hinblick auf die Aufhebung des HfD JGS 1846/968 - keinen Anlass, die dem Nacherben in Ansehung des Substitutionsguts zustehenden Anwartschaftsrechte anders zu behandeln als die bereits oben genannten und gelangt daher zu dem Ergebnis: Das dem Verpflichteten aufgrund seiner Einsetzung als Nacherbe zustehende Anwartschaftsrecht kann nach den §§ 331 ff EO in Exekution gezogen werden.
Die vom Erstverpflichteten behaupteten Feststellungsmängel - er vermisst die Klärung der Frage, welche Art von Nacherbseinsetzung erfolgte - liegt nicht vor. Die betreibende Partei vermag mit der Exekutionsführung nach §§ 331 ff EO lediglich jene Rechte zu pfänden, die dem Erstverpflichteten zustehen, welchen konkreten Umfang diese auch haben mögen. Von der konkreten Ausgestaltung dieser Rechte ist die Exekutionsbewilligung nicht abhängig. Voraussetzung der Zulässigkeit der Exekution bei den Rechten iSd § 331 EO ist nur, dass das zu pfändende Recht zur Zeit der Exekutionsführung dem Verpflichteten zusteht (RIS-Justiz RS0053189), nicht aber der konkrete Umfang des Anwartschaftsrechts.
Dem Revisionsrekurs muss daher ein Erfolg versagt bleiben.
3. Grundsätzlich ist an der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens im Exekutionsverfahrens festzuhalten. Dies gilt auch für das Verfahren in dritter Instanz. Nur wenn der Oberste Gerichtshof im Einzelfall eine Rechtsmittelbeantwortung für notwendig hält, etwa weil neue rechtliche Aspekte im Revisionsrekurs vorgetragen wurden, ist das Revisionsrekursverfahren ausnahmsweise zweiseitig (stRsp, 3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26; 3 Ob 64/04i = SZ 2004/109 u.a.; RIS-Justiz RS0118686). Im vorliegenden Fall hat die betreibende Partei in ihrem Revisionsrekurs keine neuen rechtlichen Aspekte aufgezeigt, die eine Möglichkeit zur Stellungnahme für den Erstverpflichteten erfordert hätten. Daran muss auch sein Kostenersatzanspruch scheitern (jüngst 3 Ob 269/06i).
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