OGH 3Ob621/85

OGH3Ob621/8519.2.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ilsetraut K***, Hausfrau, 9020 Klagenfurt, Paracelsusstraße 12/3/32, vertreten durch Dr. Giselher Arko, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei August G***, Baumeister, 9560 Feldkirchen,

Lastenstraße 11, vertreten durch Dr. Gerald Herzog, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 85.853,92 S s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 4.Juli 1985, GZ 2 R 247/85-84a, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirchen/Krnt. vom 29.März 1985, GZ 2 C 220/84-79, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 4.843,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 385,80 Umsatzsteuer und S 600,-- Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Ergebnisse des ersten Rechtsganges, wobei im einzelnen auf den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 28.9.1983, 3 Ob 579/83, hingewiesen wird, lassen sich kurz wie folgt zusammenfassen:

Die Klägerin wollte gemäß Vereinbarung vom 20.11.1979 ein Haus des Beklagten um den Kaufpreis von 1,5 Mio S kaufen und zog mit dessen Zustimmung schon am 14.12.1979 in das Haus ein. Der Beklagte leistete an Sonderwünschen der Klägerin noch Investitionen von ca. S 40.000,--. Die Klägerin leistete Investitionen von mehr als S 200.000,--, indem sie zum Beispiel den Garten bepflanzte, Teppichböden verlegen ließ, Elektroinstallationen vornehmen ließ u.a. Als sich im Sommer 1980 herausstellte, daß die Klägerin den Kaufpreis nicht aufbringen werde, einigten sich die Streitteile auf eine Stornierung der Kaufvereinbarung, wobei der Beklagte eine Stornogebühr von S 100.000,-- verlangte und auch von der Klägerin bezahlt erhielt.

Am 30.7.1980 wurde zwischen dem Beklagten als Vermieter und der Klägerin und ihrem Ehemann als Mieter für die Zeit vom 1.1.1980 bis 31.12.1980 ein Mietvertrag abgeschlossen, wobei ein von der Klägerin beigestelltes Formular benützt wurde, daß im § 13 den Satz enthielt, daß nach Beendigung der Mietzeit ein Anspruch auf Ablöse von Investitionen oder Ersatz von Instandsetzungsaufwendungen mangels gegenteiliger schriftlicher Vereinbarung nicht bestehe, und das in dem im Formular für sonstige Vereinbarungen vorgesehenen § 16 unter lit.b den weiteren Satz enthielt, daß sich der Mieter vorbehalte, bei Beendigung der Mietzeit von seinem Nachfolger eine Ablöse für seine getätigten Investitionen zu verlangen.

Zu dieser letztgenannten Vertragsklausel hatten die Vorinstanzen im ersten Rechtsgang lediglich festgestellt, daß diese über Verlangen der Klägerin in den Mietvertrag aufgenommen worden sei, weil sich diese im Fall einer Kündigung durch den Beklagten sichern wollte.

Anläßlich der Verhandlungen über eine Verlängerung des Mietverhältnisses im Frühjahr 1981 kam es zu Differenzen und in der Folge zur Auflösung des Mietverhältnisses und Räumung des Hauses des Beklagten durch die Klägerin und ihren Ehemann am 15.5.1981. Die Vorinstanzen hatten im ersten Rechtsgang das Begehren der Klägerin auf Ersatz ihrer Investitionen von S 257.319,17 mit der Begründung abgewiesen, daß sich aus § 13 des Mietvertrages ergäbe, daß der Beklagte dafür nicht aufkommen müsse.

Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile der Vorinstanzen mit der Begründung auf, die Klausel des § 13 des Mietvertrages beziehe sich mangels einer diesbezüglichen Zusatzvereinbarung, und nach den bisher getroffenen Feststellungen hätten die Streitteile über diesen Punkt mündlich nicht gesprochen, nur auf Investitionen die die Klägerin und ihr Ehemann in ihrer Eigenschaft als Mitmieter nach Abschluß des Mietvertrages oder zumindest während der Dauer des Mietverhältnisses geleistet hätten, nicht aber auf Investitionen, die die Klägerin allein in ihrer Eigenschaft als Kaufwerberin schon vor Beginn des Mietverhältnisses getätigt habe. Der Klagsanspruch bestehe daher dem Grunde nach teilweise zu Recht und es müßten die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zur Höhe des Vorteiles getroffen werden, der den Beklagten aus den Investitionen der Klägerin zugeflossen sei.

Im zweiten Rechtsgang brachte der Beklagte ergänzend vor,daß die Klausel des § 13 des Mietvertrages ausdrücklich zwischen den Streitteilen besprochen worden sei. Die Klägerin habe auf einen Ersatz der schon getätigten Investitionen verzichtet und der Beklagte als Gegenleistung auf den Ersatz der von ihm für die Sonderwünsche der Klägerin erbrachten Leistungen und die Zahlung einer Stornogebühr verzichtet (schon im ersten Rechtsgang hatte er die Vereinbarung und den Erhalt einer solchen Stornogebühr in Abrede gestellt).

Die klagende Partei schränkte in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung das Klagebegehren auf S 85.853,92 samt 4 % Zinsen seit 11.5.1981 ein, das sei der von den Sachverständigen ermittelte Betrag zusätzlich von S 5.000,-- für einen zurückgelassenen Briefkasten und Leuchten.

Das Erstgericht wies die Klage auch im zweiten Rechtsgang wiederum ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Die Vorinstanzen übenahmen einerseits ausdrücklich alle im ersten Rechtsgang getroffenen Feststellungen (Blatt 5 des Ersturteils in S 425 des Aktes) und gingen noch von folgenden zusätzlich getroffenen Tatsachenfeststellungen aus:

Vor der Unterfertigung des Mietvertrages wies die Klägerin den Beklagten auf die Bestimmung des § 13 des Vertragstextes hin, wonach ein Anspruch auf Ablöse von Investitionen nicht bestehe und erklärte, daß sie sich hinsichtlich der von ihr bereits getätigten Investitionen dahingehend absichern wolle, daß sie dafür vom Nachfolgemieter etwas erhalte. Aus diesem Grunde wurde über Verlangen der Klägerin der Punkt 16 b in den Vertrag aufgenommen, der sich auf die von der Klägerin bereits vorgenommenen Investitionen bezog. Die Streitteile vereinbarten anläßlich des Abschlusses des Mietvertrages, daß der Beklagte nichts für die von ihm auf Grund der Sonderwünsche der Klägerin zusätzlich vorgenommenen Baumaßnahmen verlange, andererseits die Klägerin an den Beklagten auch keine Ansprüche wegen ihrer bisherigen Investitionen im Haus des Beklagten stelle. Vor Unterfertigung des Mietvertrages war sich die Klägerin damit über die Bestimmung des § 13 im klaren.

Von den Investitionen der Klägerin blieben beim Auszug der Klägerin und ihres Mannes im Mai 1981 folgende werterhöhende Vorteile zurück:

1. Aus der bis Juni 1980 beendeten

Bepflanzung des Gartens S 14.103,17

2. Verlegung von Teppichböden,

Vornahme einer Spachtelung der

Wand, Anbringung von Karniesen S 32.901,79

3. Installation einer Duschkabine S 10.600,--

4. Vornahme von Elektroinstalla-

tionen S 11.670,40 abzüglich der

von der Klägerin durch ihre

Klagseinschränkung anerkannten

S 548,30 für einen Kohlefilter

s.S.379 des Aktes S 11.122,10

5. Div. Tischlereinbauten S 12.126,86

Das sind zusammen S 80.853,92

Alle Investitionen hatte die Klägerin schon geleistet, als sie den Mietvertrag fertigte.

Auf Grund dieses Sachverhaltes vertrat das Erstgericht auch im zweiten Rechtsgang wieder die Auffassung, daß sich § 13 des Mietvertrages auf die klagsgegenständlichen Investitionen beziehe und die Klägerin daher diesbezüglich auf einen Ersatz verzichtet habe.

Das Berufungsgericht verwies darauf, daß die Urteile der Vorinstanzen im ersten Rechtsgang nur wegen des Revisionsgrundes nach § 503 Abs.1 Z.4 ZPO aufgehoben worden seien, so daß es zulässig gewesen sei, neues Vorbringen zu erstatten und ergänzende Tatsachenfeststellungen auch zum Grund des Anspruches zu erheben. Durch die im zweiten Rechtsgang ergänzend getroffenen Feststellungen, daß die Streitteile über die Bedeutung des § 13 des Mietvertrages ausdrücklich gesprochen hätten, müsse jetzt auch diese mündliche Vereinbarung berücksichtigt werden. Aus dieser ergebe sich im Zusammenhalt mit dem schriftlichen Text zwingend, daß die Klägerin selbst davon ausgegangen sei, daß sich § 13 des Mietvertrages auf ihre schon geleisteten Investitionen beziehe und sie damit auf den Ersatz dieser Auslagen gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß der Verfahrensfrage, ob im zweiten Rechtsgang die Bindung an den Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes verletzt worden sei, erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs.4 Z. 1 ZPO zukomme. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin "wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung" mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern oder es aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, der Revision keine Folge zu geben, und verweist auch darauf, daß die Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs.4 Z.1 ZPO unzulässig sei. Diese Ansicht der beklagten Partei ist zutreffend.

Da der Streitwert im sogenannten Zulassungsbereich liegt, ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs.4 Z.1 ZPO zukommt.

Diese Voraussetzungen könnten im vorliegenden Fall nur im Zusammenhang mit zwei Problemkreisen erfüllt sein:

1. Es könnte die Verfahrensfrage (vgl. dazu Fasching, Handbuch, Randzahl 1821) der Bindung an den seinerzeitigen Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes unrichtig gelöst sein, was in der Revision, wenn auch im Rahmen der Rechtsrüge immerhin geltend gemacht wird.

2. Es könnte ein von den Vorinstanzen zu Unrecht verneinter Fall von Sittenwidrigkeit vorliegen. Müßte nämlich in Verneinung einer Bindung an den Aufhebungsbeschluß von den im zweiten Rechtsgang von den Vorinstanzen getroffenen zusätzlichen Tatsachenfeststellungen ausgegangen werden, dann liegt auf der Hand, daß die Klägerin hinsichtlich der jetzt geltend gemachten Investitionen gegenüber der beklagten Partei auf einen Ersatz ausdrücklich verzichtet hat, so daß sie mit ihrer Klage nur bei Unwirksamkeit dieses Verzichtes wegen der schon in erster Instanz eingewendeten Sittenwidrigkeit durchdringen könnte.

In beiden Fällen steht aber die Entscheidung der Vorinstanzen im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ohne daß Gesichtspunkte für eine Überprüfung dieser Judikatur vorlägen. Zu 1.

Wird ein Urteil in zweiter oder dritter Instanz gemäß § 496 Abs.1 Z.3 ZPO aufgehoben, so wird das Verfahren wieder in den Stand vor Schluß der mündlichen Verhandlung zurückversetzt und die Parteien haben daher alle Befugnisse, die ihnen im erstinstanzlichen Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt zukommen, so daß sie insbesondere auch Neues vorbringen können (SZ 43/151, SZ 43/194 u.a.). Eine Beschränkung besteht nur insoweit, als die aufhebende Instanz eine bestimmte Frage auf Grund des gegebenen Sachverhaltes bereits abschließend entschieden hat. Dann darf die Beantwortung dieser Frage auch auf Grund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Sondern abschließend erledigte Streitpunkte können nicht wieder neu aufgerollt werden (SZ 28/96, SZ 46/16, JBl.1983,441). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Abschließend beurteilt wurde nur, was zu gelten hat, wenn die Parteien über die strittige Klausel im Mietvertrag mündlich nicht gesprochen haben. Daß überhaupt zum strittigen Punkt mündliche Besprechungen stattgefunden hätten, wurde im ersten Rechtsgang nicht erörtert, es war daher zulässig dies im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Zu 2.

Nach den somit zulässigerweise im zweiten Rechtsgang getroffenen Feststellungen hat die Klägerin mit dem Beklagten ausdrücklich vereinbart, daß sie für ihre von ihr allein in ihrer Eigenschaft als Kaufwerberin schon vor Abschluß des späteren Mietvertrages zwischen ihr und ihrem Ehemann einerseits und dem beklagten andererseits getätigten Investitionen vom Beklagten keinen Ersatz verlange, sondern sich diesbezüglich lediglich vorbehalte, für den Fall der Auflösung des Mietverhältnisses von einem Nachfolgemieter Ersatz zu erhalten. Andererseits verzichtete der Beklagte auf den Ersatz von Aufwendungen für bestimmte Sonderwünsche der Klägerin. Eine solche Vereinbarung ist nicht verboten. Es könnte daher höchstens eine gewisse Unverhältnismäßigkeit der beiderseitigen Leistungen in Betracht kommen. Diese stellt aber für sich allein keine Sittenwidrigkeit dar, wenn nicht auch noch eines der in § 879 Abs.2 Z.4 ABGB angeführten sonstigen Tatbestandsmerkmale hinzutrifft (MietSlg.22.539, 31.091, 31.094). Daß aber etwa der Beklagte eine Zwangslage der Klägerin ausgenützt hätte oder dgl. wurde nie geltend gemacht.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs.4 Z.1 ZPO war daher die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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