Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:
"Die beklagten Parteien sind schuldig, den Notariatsakt vom 22.11.1989 einverständlich aufzuheben.
Das Mehrbegehren, die zweitbeklagte Partei sei schuldig, die von ihr benützte Wohnung im Obergeschoß des Hauses P***** 21, bestehend aus einem Vorraum, einer Küche, einer Speisekammer, einer Toilette, einem Badezimmer, einem Abstellraum, einem Wohnzimmer, einem Kinderzimmer und einem Schlafzimmer, zu räumen und der erstbeklagten Partei von ihren Fahrnissen geräumt zu übergeben, wird
abgewiesen.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.545,04 (darin enthalten S 2.490,84 Umsatzsteuer und S 2.600,- Barauslagen) bestimmten Prozeßkosten zu ersetzen.
Die erst- und zweitbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen weitere, mit S 2.600,-
bestimmte Barauslagen zu ersetzen."
Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei binnen 14 Tagen die anteilig mit S 2.000,- bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (Barauslagen) zu ersetzen.
Die Kosten ihrer Revision hat die zweitbeklagte Partei selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstbeklagte ist grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 146 KG K*****, auf welcher das Haus P***** 21 errichtet ist. Zugunsten der Klägerin sind auf dieser Liegenschaft Pfandrechte im Höchstbetrag von S 1,480.000 bzw S 1,300.000 eingetragen.
Am 22.11.1989 schlossen der Erst- und die Zweitbeklagte vor dem Notar Dr.Friedrich P***** einen Mietvertrag in Form eines Notariatsaktes, mit welchem der Erstbeklagte die im Obergeschoß des Hauses P***** 21 gelegene, in sich abgeschlossene Wohnung der Zweitbeklagten vermietete. Als Mietzins wurde für die Dauer des aufrechten Bestandes der zwischen den Beklagten nach wie vor bestehenden Ehe ein Betrag von monatlich S 800,- vereinbart. Der Erstbeklagte verpflichtete sich, Betriebskosten und öffentliche Abgaben für die Liegenschaft zur Gänze selbst zu tragen. Der Mietvertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und festgelegt, daß er den Kündigungsbeschränkungen des Mietrechtsgesetzes unterliege.
Die Klägerin brachte vor, daß beim Bezirksgericht Klagenfurt hinsichtlich der Liegenschaft EZ 146 KG K***** ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig sei. Im Zuge dieses Verfahrens habe sich herausgestellt, daß der Erstbeklagte mit der Zweitbeklagten den oben bereits wiedergegebenen Mietvertrag abgeschlossen habe. Die Beklagten hätten in diesem Mietvertrag einen unangemessen niedrigen Mietzins vereinbart, der Erstbeklagte habe sich als Vermieter zur Tragung sämtlicher Betriebskosten, der Heiz- und Stromkosten verpflichtet, und unterliege der Bestandvertrag überdies den Kündigungsschutzbestimmungen des in Geltung stehenden Mietrechtsgesetzes. Es bestehe aufgrund dieses Mietvertrages die Gefahr, daß eine Verwertung der Liegenschaft im Zuge des Zwangsversteigerungsverfahrens mangels Anbots nicht durchgeführt werden könne. Die Beklagten hätten vorsätzlich im gemeinsamen Zusammenwirken getrachtet, die Rechte der Klägerin als Pfandgläubigerin zu schmälern. Die von den Beklagten durch den Mietvertrag herbeigeführte Pfandverschlechterung berechtige die Klägerin, die Aufhebung des lediglich in der Absicht, die Versteigerung der genannten Liegenschaft hintanzuhalten, abgeschlossenen Mietvertrags und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu fordern. Die Klägerin begehrte daher, die Beklagten schuldig zu erkennen, den Notariatsakt vom 22.11.1989 einverständlich aufzuheben. Weiters stellte die Klägerin das Begehren, die Zweitbeklagte sei schuldig, die von ihr benützte und konkret bezeichnete Wohnung im Obergeschoß des Hauses P***** 21 dem Erstbeklagten geräumt von allen Fahrnissen zu übergeben.
Die Beklagten wendeten ein, eine Schädigung der Pfandgläubigerin durch den Abschluß des Mietvertrags nicht beabsichtigt zu haben. Der Zweitbeklagten sei von einem zugunsten der Klägerin eingeräumten Pfandrecht nichts bekannt gewesen. Bereits im Jahre 1981 hätten die Beklagten mündlich einen Mietvertrag hinsichtlich der streitgegenständlichen Wohnung im Obergeschoß abgeschlossen. Im Jahre 1987 hätten sie geheiratet, und 1989 sei das Bestandrecht notariell beurkundet worden. Der von den Beklagten abgeschlossene Mietvertrag sei wirksam, eine Verminderung des Liegenschaftswertes sei keinesfalls verschuldet worden.
Das Erstgericht gab dem oben bereits wiedergegebenen Klagebegehren vollinhaltlich statt. Es ging davon aus, daß die Zweitbeklagte seit Juli 1977 gemeinsam mit dem Erstbeklagten im Hause P***** 21 lebe. Im Jahre 1987 hätten die Beklagten geheiratet. Bezüglich der im Obergeschoß befindlichen Wohnung hätten die Beklagten erstmals am 22.11.1989 einen Mietvertrag abgeschlossen, zuvor habe es für diese Wohnung keinen (auch nur mündlichen) Vertrag gegeben. Der Erstbeklagte und das von ihm betriebene Unternehmen seien stark verschuldet. Der Zweitbeklagten seien die prekäre Vermögenslage des Erstbeklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages ebenso bekannt gewesen wie die zugunsten der Klägerin auf der EZ 146 KG K***** haftenden grundbücherlichen Lasten. Mit dem Abschluß des Mietvertrags hätten die Beklagten bezweckt, die Verwertung der Liegenschaft für den Fall der Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens hintanzuhalten und möglichst zu verhindern. Die Zwangsversteigerung der EZ 146 KG K***** sei im August 1990 bewilligt worden. Trotz Anwesenheit mehrerer Interessenten im Zuge der Versteigerungstagsatzung im April 1991 sei es nicht gelungen, die EZ 146 KG K***** zu versteigern, weshalb die Einstellung des Versteigerungsverfahrens erfolgt sei. Der zwischen den Beklagten abgeschlossene Mietvertrag sei zwar nicht unwirksam geworden, doch stehe der Klägerin als Pfandgläubigerin eine Klage auf Unterlassung der Verschlechterung der Substanz des Pfandobjektes zu, wobei auch schädigende Einwirkungen eines Dritten (hier: der Zweitbeklagten) auf das Pfand mit dieser dinglichen Klage abgewehrt werden könnten. Die Beklagten hätten von der schädlichen Einwirkung des Mietvertrags auf den Pfandgegenstand gewußt, weshalb sie zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes verpflichtet seien.
Das Berufungsgericht gab der von den Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige, die ordentliche Revision sei nicht zulässig. Es übernahm die auf Grund eines mangelfreien Verfahrens des Erstgerichtes getroffenen Feststellungen. Rechtlich führte es aus, die Beklagten hätten bedenken müssen, daß der Abschluß des Mietvertrages eine Verminderung des Liegenschaftswertes zur Folge habe. Tatsächlich habe das Verwertungsverfahren eingestellt werden müssen. Der Abschluß des Mietvertrags gereiche beiden Parteien zum Verschulden. Demnach sei der aus § 458 ABGB abgeleitete Anspruch der Klägerin auf Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Auflösung des Mietvertrages aber auch das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Räumungsbegehren begründet, zumal das Mietobjekt eine abgeschlossene, selbständige Wohnung betreffe, die nicht als Ehewohnung der Beklagten anzusehen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Zweitbeklagten ist teilweise berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß der Erstbeklagte das gegen ihn erflossene Urteil unbekämpft gelassen hat, wonach er schuldig ist, den Notariatsakt vom 22.11.1989 im Einverständnis mit der Zweitbeklagten aufzuheben. Hinsichtlich diese Urteilsbegehrens bilden die Beklagten eine einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO, sodaß eine erfolgreiche Revision der Zweitbeklagten auch zur Abänderung des wider den Erstbeklagten ergangenen Urteils führen müßte. Das Räumungsbegehren richtet sich hingegen nur gegen die Zweitbeklagte, weshalb eine durch die Revision der Zweitbeklagten erwirkte Abweisung des Räumungsbegehrens für den Erstbeklagten keine Auswirkungen zeitigt.
Beide Beklagten sind zur Aufhebung des Mietvertrages verpflichtet. Mietverträge, die der Eigentümer einer Liegenschaft (hier: der Erstbeklagte) trotz Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens bzw in Kenntnis des Umstands, daß ein solches drohe, abgeschlossen hat, sind deshalb nicht unwirksam. Durch die Verpfändung einer Liegenschaft (an die Klägerin) ist der Liegenschaftseigentümer (der Erstbeklagte) an sich nicht gehindert, die Liegenschaft in Bestand zu geben. Allerdings kann der Pfandgläubiger schädigende Einwirkungen eines Dritten auf das Pfand mit einer dinglichen Klage abwehren, weil der aus § 458 ABGB sich ergebende Unterlassungsanspruch nicht aus dem Schuldverhältnis, sondern dem dinglichen Pfandrecht entspringt. Die Klage kann, soweit Unterlassung und Wiederherstellung begehrt werden, auch gegen jeden Dritten gerichtet werden. Diese Klage setzt Verschulden voraus, wobei unter Verschulden jeder Verstoß gegen die Regeln der ordentlichen Wirtschaftsführung - auch durch Unterlassung - zu verstehen ist. Ein solcher Dritter hat die Pfandwertminderung für den Fall des Vorliegens von Verschulden zu beseitigen (Petrasch in Rummel, ABGB2, Rz 6 zu § 458; SZ 59/206; ÖBA 1992, 386; EvBl 1984/119; Klang in Klang2 II 512; WoBl 1990/71, 72; Reidinger in WoBl 1990, 123 ff; SZ 62/76).
Durch einen den Wert der Liegenschaft mindernden Bestandvertrag werden die Pfandgläubiger betroffen, wenn die Interessenten deshalb nur mehr geringere (oder gar keine) Gebote abgeben (SZ 62/76).
Nun haben die Vorinstanzen festgestellt, daß die Beklagten gemeinsam bezweckten, die Verwertung der Liegenschaft durch den Abschluß des Mietvertrags zu verhindern. Den Maßstab für das Verschulden Dritter (hier: der Zweitbeklagten) stellt die Erkennbarkeit der Beeinträchtigung des Pfandrechtes für den Mietinteressenten dar. Eine solche kann auf Grund der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellung, daß auch die Zweitbeklagte ein allfälliges Zwangsversteigerungsverfahren durch Abschluß des Mietvertrags zu verhindern trachtete, als nicht zweifelhaft angesehen werden. Es ist offenkundig, daß eine vermietete Liegenschaft grundsätzlich schlechter verwertbar ist als eine vom Eigentümer und seinen Angehörigen allein benutzte (Reidinger in WoBl 1990, 125 f). Es handelt sich somit bei dem von beiden Beklagten gesetzten Verhalten um einen Verstoß gegen die Regeln der ordentlichen Wirtschaftsführung, insbesondere wenn man bedenkt, daß die Vermietung des im Spruch genannten Wohnobjektes den Feststellungen der Vorinstanzen nach zu besonders günstigen Konditionen (äußerst geringer Zins, Übernahme der Betriebs- und sonstigen Kosten durch den Erstbeklagten) erfolgt ist. Haben sowohl der Pfandschuldner wie auch der Bestandnehmer in Kenntnis der Beeinträchtigung des fremden dinglichen Rechts (der Klägerin) den Bestandvertrag abgeschlossen, so kann der Bestandnehmer aus diesem Bestandvertrag zumindest dem Pfandgläubiger gegenüber keine Rechte ableiten (Reidinger, aaO, 128). Die Beklagten sind demnach zur einvernehmlichen Auflösung des Mietverhältnisses verpflichtet, weshalb die Klägerin auch begehren kann, daß die beide Beklagten das die Rechte der Klägerin beeinträchtigende Mietverhältnis beenden (WoBl 1990/72). Das Begehren der Klägerin, die Beklagten seien schuldig, den Mietvertrag einverständlich aufzuheben, erweist sich sohin als berechtigt.
Hingegen ist die Revision der Zweitbeklagten berechtigt, was die von der Klägerin geforderte Räumung der in Bestand gegebenen Wohnung betrifft.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vermietung des im Spruch genannten Objektes einen Beseitigungsanspruch, also auch ein Räumungsbegehren (Reidinger, aaO, 129) rechtfertigt, und ob die Klägerin einem Dritten gegenüber grundsätzlich Naturalrestitution in der Form begehren könnte, daß über die Beendigung des Mietverhältnisses hinaus von dem aus seinem Verschulden störenden Dritten die Räumung der in Besitz genommenen Liegenschaft begehrt werden könnte (in diesem Sinne WoBl 1990/72). Der vorliegende Fall ist nämlich anders gelagert, weil nicht irgendein Dritter mit dem Eigentümer der Liegenschaft, welches mit dem Pfandrecht der Klägerin belastet ist, den Mietvertrag abgeschlossen hat, sondern die Ehegattin des Erstbeklagten.
Die Vorinstanzen haben festgestellt, daß die Beklagten seit dem Jahre 1977 gemeinsam in P***** 21 leben, den Abschluß eines (mündlichen) Mietvertrags vor dem Jahre 1989 hat das Erstgericht allerdings verneint. Es ist daher davon auszugehen, daß die Zweitbeklagte seit der im Jahre 1987 geschlossenen Heirat mit dem Erstbeklagten als Ehegattin gemeinsam mit dem Erstbeklagten das Haus P***** 21 bewohnt. Daß der Zweitbeklagten die Wohnung unentgeltlich überlassen worden sei (vgl SZ 15/236), wurde seitens der Zweitbeklagten nicht behauptet. Sie kann daher ihr Wohnrecht an der im Obergeschoß des Hauses P***** 21 gelegenen Wohnung nur auf das zwischen ihr und dem Erstbeklagten bestehende Eheverhältnis stützen. Dieser Umstand führt aber dazu, daß trotz Aufhebung des Mietvertrages vom November 1989 die Klägerin von der Zweitbeklagten nicht die Räumung der genannten Wohnung begehren kann. Die Entfernung derjenigen Personen, die als Familienangehörige mit dem Eigentümer der in Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaft eine wirtschaftliche Einheit bilden oder die von diesem benützten Räume mitbenützen, ohne daß ihnen dies aufgrund eigenen Rechtes zusteht, kann weder der Ersteher noch der Pfandgläubiger im streitigen Rechtsweg durch Räumungsklage, sondern nur im Rahmen der in das Zwangsversteigerungsverfahren eingegliederten Räumungsexekution durchsetzen (SZ 53/148; SZ 57/54; MietSlg 38.853). Das Benützungsrecht aufgrund der familienrechtlichen Stellung zum Erstbeklagten als Liegenschaftseigentümer schützt die Zweitbeklagte gegenüber der Pfandgläubigerin vor der zwangsweisen Räumung, denn das Benützungsrecht aufgrund der familienrechtlichen Stellung wird durch die Aufkündigung bzw Aufhebung des Mietvertrages nicht berührt (Heller-Berger-Stix4 2494).
In Stattgebung der Revision der Zweitbeklagten war sohin mit Abweisung des Räumungsbegehrens vorzugehen.
Die Kostenentscheidung, die hinsichtlich des Erstbeklagten infolge Nichtanfechtung der vorinstanzlichen Entscheidungen und mangels Erfolgs der Revision der Zweitbeklagten, soweit die Beklagten eine notwendige Streitgenossenschaft bilden, unberührt zu bleiben hatte, beruht auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Der Zweitbeklagten war für die Erhebung ihrer Berufung der entsprechende Anteil an Barauslagen zuzuerkennen, ebenso der Klägerin der auf die Zweitbeklagte entfallende Anteil der Pauschalgebühr für das erstinstanzliche Verfahren.
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