OGH 3Ob515/85

OGH3Ob515/8524.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Egermann, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als Richter in der Vormundschaftssache des am 2. August 1967 geborenen Michael A, 4950 Altheim, Stiblerstraße 4, gesetzlich vertreten durch die zum Vormund bestellte uneheliche Mutter Marianne B, Angestellte, 4950 Altheim, Stiblerstraße 4, und den Mitvormund Rudolf C, Angestellter, 4950 Altheim, Neuhaus 30, dem die ausschließliche Verwaltung und alleinige gesetzliche Vertretung hinsichtlich des Vermögens mit Ausnahme des mit der Firma Ferdinand D und der D E F in keinem Zusammenhang stehenden rein privaten Vermögens aufgetragen ist, infolge Revisionsrekurses des Vormundes, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom 27. November 1984, GZ R 320/84-118, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mauerkirchen vom 24. September 1984, GZ P 104/68-113, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der bestätigende Teil des Beschlusses der zweiten Instanz und der damit bestätigte Teil des erstgerichtlichen Beschlusses werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung über die von Rudolf C zu legenden Rechnungsabschlüsse (Bilanzen) für die Jahre 1981 und 1982 aufgetragen.

Text

Begründung

Der am 2. August 1967 geborene Michael A ist ein uneheliches Kind der Marianne B geborene A und des Ferdinand D. Pflege und Erziehung des Minderjährigen stehen seit der Geburt der Mutter zu. Die Bezirkshauptmannschaft G war gesetzlicher Amtsvormund. Der Minderjährige war zunächst vermögenslos. Als sein Großvater mütterlicherseits, Georg A, am 16. Dezember 1972 starb, erbte der zum Alleinerben eingesetzte Minderjährige dessen Vermögen, das vor allem in der Hälfte der 500 m 2 großen Liegenschaft EZ 350 KG H 'Haus Nr. 53 zu Danglfing', auf der ein Einfamilienhaus (Altheim, Stelzhamerstraße 5) steht, besteht, an dem die Großmutter mütterlicherseits, Zäzilia A, die Eigentümerin der anderen Liegenschaftshälfte, ein lebenslanges Wohnungsrecht hat. Mit Beschluß vom 7. Dezember 1973 wurde der gesetzliche Amtsvormund seines Amtes enthoben und die Mutter zum Vormund bestellt (ON 23). Am 9. Oktober 1979 starb der uneheliche Vater des Minderjährigen, dem der Nachlaß im rechnungsmäßigen Reinwert von 4,065.134,02 S am 5. Juni 1981 eingeantwortet wurde. Dazu gehören insbesondere das Einzelunternehmen Ferdinand D samt der 1865 m 2 großen Betriebsliegenschaft EZ 622 KG H, Altheim, Schulgasse 22, und der 90 %ige Geschäftsanteil an der D E F mit dem Sitz in I. Bei dem Einzelunternehmen handelt es sich um ein Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z 25 GewO 1973, beschränkt auf den Einzelhandel mit Schwimmbecken, Schwimmbädern samt Einrichtungen und deren Zubehör im Standort Altheim, Schulgasse 22, und die Konzession zum Betrieb des Gas- und Wasserinstallationsgewerbes, die vom Minderjährigen fortbetrieben werden. Gewerberechtlicher Geschäftsführer des Handelsgewerbes ist Karl J.

Mit Beschluß vom 27. November 1981, ON 48, wurde die Vormünderin ermächtigt, ab 1. Oktober 1981 monatlich 5.000 S zum Unterhalt des damals die K L besuchenden, in einem Heim untergebrachten Minderjährigen aus dem Vermögen des Einzelunternehmens zu entnehmen. Nachdem die Verhältnissse des Minderjährigen vom Vormundschaftsgericht Anfang 1976 und Ende 1978 geprüft worden waren, wurde die Vormünderin mit Beschluß vom 25. Juni 1982 zur schriftlichen Rechnungslegung binnen Monatsfrist aufgefordert. Dazu erklärte die Vormünderin am 17. September 1982, derzeit zu einer Rechnungslegung nicht imstande zu sein, die Bilanz 1981 sei noch nicht fertig. Gegen die Bestellung eines Mitvormunds, der vom Fach sei, habe sie nichts einzuwenden.

Im Sommer 1982 machte Franziska D, die Schwester des verstorbenen Vaters des Minderjährigen, die an der D E F mit 10 % beteiligt ist, das Vormundschaftsgericht darauf aufmerksam, daß Alfred A, der Bruder der Mutter des Minderjährigen, sich als Geschäftsführer der Betriebe gebärde und den Bestand der beiden Firmen gefährde. Nach einer Untersuchung, welche die von Franziska D angezeigten betrieblichen Mißstände bestätigten, gab das Vormundschaftsgericht mit Beschluß vom 11. Jänner 1983, ON 75, der Vormünderin Rudolf C als Mitvormund bei und trug diesem die ausschließliche Verwaltung des Vermögens des Minderjährigen mit Ausnahme des rein privaten, das in keinem Zusammenhang mit den beiden Firmen steht, auf, sowie die diesbezügliche alleinige Vertretung.

Gegen die weitgehende Beschränkung ihrer Vermögensverwaltung erhob

die Vormünderin erfolglos Rekurs.

Nachdem Rudolf C Alfred A mit 28. Februar 1983

gekündigt hatte (was dieser anscheinend nicht zur Kenntnis nehmen wollte, vgl. ON 79), berichtete Alfred A dem Vormundschaftsgericht am 14. April 1983 über angebliche Mißstände in den beiden Firmen (ON 80).

Am 10. Mai 1983 berichtete der Mitvormund über die Bilanz 1981 und erklärte den Verlust von 250.000 S (ON 83).

Am 9. August 1983 wurde der Mitvormund zur Fertigstellung der Inventur und zur Vorlage der (damals noch nicht vorliegenden) Bilanz 1982 aufgefordert (ON 86).

Am 4. Oktober 1983 machte die Vormünderin das Vormundschaftsgericht auf angebliche Unregelmäßigkeiten im Betrieb aufmerksam, die vom Mitvormund aufgeklärt wurden, der am 10. November 1983 erklärte, daß die Inventur per 31. Dezember 1982

fertiggestellt sei und daß mit der Fertigstellung der Bilanz 1982 in zwei bis drei Wochen zu rechnen sei (ON 89 und 92). Am 22. Dezember 1983, 5. Jänner, 11. Jänner und 16. Jänner 1984 langten beim Vormundschaftsgericht diverse Schreiben des Alfred A ein, in denen verschiedene Mißstände in den Firmen behauptet und Anregungen für eine bessere Geschäftsführung gegeben wurden (ON 93 bis 97). Der Mitvormund nahm dazu Stellung (ON 96 und 99). In der Tagsatzung am 6. Februar 1984 wurden mit der Vormünderin, dem Mitvormund, der Mitgesellschafterin Franziska D und ihrem Rechtsfreund, dem Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater Dipl.Vw. Kurt M und dem Sekretär der Handelskammer G die gleichzeitig vorgelelgten Jahresabschlüsse der beiden Unternehmen zum 31. Dezember 1982 und die rechtliche und tatsächliche Situation sowie die wirtschaftliche Entwicklung dieser Unternehmen seit 1980 erörtert. Die Bilanzen für das Jahr 1981 sollten nachgereicht werden. Zur Vorlage der Bilanzen für das Jahr 1983 wurde der 30. Juni 1984 bestimmt (ON 101).

Am 9. und 19. März 1984 legte der genannte Steuerberater auch die Jahresabschlüsse der beiden Unternehmen zum 31. Dezember 1981 vor (ON 102 und 103).

Mit Beschluß vom 14. August 1984 bestellte das Vormundschaftsgericht Prof.Dkfm.Dr. Franz N zum Buchsachverständigen und forderte die Vormünderin, den Mitvormund und den gewerberechtlichen Geschäftsführer der beiden Unternehmen auf, dem bestellten Sachverständigen zur Erstattung seines Gutachtens über die wirtschaftliche Lage der beiden Unternehmen alle in ihren Händen befindlichen Unterlagen, die überdies einer nach Erstattung des Gutachtens vorzunehmenden Rechnungslegung dienen würden, zur Verfügung zu stellen. Dann wurde der Akt dem Sachverständigen mit dem Ersuchen übermittelt, ein schriftliches Gutachten über die derzeitige finanzielle und wirtschaftliche Lage der O und der Einzelfirma zu erstellen, dabei auch auf die Geschäftslage bis zum Tod Ferdinand DS und die folgende und zukünftige Entwicklung einzugehen, die Ursachen eines allfälligen Geschäftsrückgangs zu erforschen, allfällige buchhalterische Mängel festzustellen, zu einer Umgestaltung in eine O & CO KG Stellung zu nehmen oder sonstige Vorschläge zu erstatten und den von Alfred A behaupteten Mißständen nachzugehen. Weiters wurde der Sachverständige um eine Aufstellung des Privatvermögens des Minderjährigen und um eine überprüfung desselben auf eventuelle Unregelmäßigkeiten im Hinblick auf die bevorstehende Rechnungslegung gebeten (ON 107). Der Sachverständige legte am 13. September 1984 ein umfangreiches Gutachten (ON 111) vor. Darin stellte er an Hand der Vermögensbilanzen, Erfolgsrechnungen und der Kapitalkontenentwicklung für die Jahre 1978 bis 1982 die wirtschaftliche Entwicklung der Einzelfirma und der O bis Ende 1982 und an Hand der Sachkonten die Entwicklung dieser Firmen im Jahre 1983 und bis Juni 1984 dar und analysierte diese Daten. Dann nahm er zu den Ursachen des Geschäftsrückgangs in den Jahren 1979 (plötzlicher Tod Ferdinand DS) und 1981 (sicher auch persönliche Spannungen zwischen Marianne B und Alfred A einerseits und Rudolf C und den meisten anderen Mitarbeitern andererseits) Stellung und äußerte zu den wirtschaftlichen Zukunftschancen beider Unternehmen die Meinung, daß für das Jahr 1984, sofern auf der Kostenseite keine entscheidenden Erhöhungen eintreten, mit einem durchaus positiven wirtschaftlichen Ergebnis zu rechnen sei. Von einer Zusammenlegung der beiden Unternehmen in eine O & CO KG riet der Sachverständige ab. Die von Marianne B und Alfred A behaupteten Mißstände fand der Sachverständige durch die Aufzeichnungen nicht bestätigt. Die manuelle Durchschreibebuchhaltung bezeichnete er als ordnungsgemäß. Als Privatvermögen des Minderjährigen wies der Sachverständige einen von seinem Vater ererbten Bausparvertrag der P Q über ca. 36.000 S (hinsichtlich dessen keine Beilagen eingesehen werden konnten) und die Hälfte der Liegenschaft EZ 350 KG H aus.

Die erste Instanz, bei der inzwischen ein Richterwechsel eingetreten war, faßte daraufhin den Beschluß, daß auf Grund dieses Gutachtens die Rechnungslegung der beiden Vormünder als erbracht gelte und genehmigt werde und begründete dies mit dem einzigen Satz, daß gegen die Ausführungen des Sachverständigen keine Bedenken bestünden. Dieser Beschluß wurde der Vormünderin und dem Mitvormund je mit einer Gleichschrift des Gutachtens zugestellt.

Der Mitvormund ließ den Beschluß unangefochten.

Die Vormünderin erhob gegen seinen gesamten Inhalt wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache Rekurs, in dem sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zwecks Ergänzung der Rechnungslegung und neuerlicher Entscheidung durch das Erstgericht beantragte. Die zweite Instanz wies den Rekurs, soweit er sich gegen die Genehmigung der Rechnungslegung der Rekurswerberin wendet, als unzulässig zurück und gab ihm im übrigen nicht Folge. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, daß die Rechtsmittelwerberin durch den ihre Rechnungslegung genehmigenden Beschluß nicht beschwert sei. Soweit der Rekurs die Genehmigung der Rechnungslegung des Mitvormundes und Sachwalters hinsichtlich des Betriebsvermögens betrifft, billigte die zweite Instanz der Rechtsmittelwerberin als nächster Verwandten zur Abwendung von Gefahren zwar die Rechtsmittellegitimation zu, hielt den Rekurs aber nicht für begründet. Die Rechnungslegung durch die Vormünder sei in diesem Fall so veranlaßt worden, daß ein Buchsachverständiger bestellt und den Vormündern aufgetragen worden sei, diesem alle Unterlagen für die Gutachtenserstellung zu übergeben, weil das Gutachten offenbar insoweit die Rechnungslegung ersetzen sollte. Der angefochtene Beschluß lasse zwar die meisten im § 214 Abs. 1 AußStrG geforderten Angaben vermissen, doch könne unter Bezugnahme auf das Gutachten entnommen werden, daß die Genehmigung der Pflegschaftsrechnung mit 31. Dezember 1982 gelte, weil für die weitere Entwicklung noch kein Bilanzabschluß vorgelegen sei. Der Sachverständige habe die meisten von der Rekurswerberin erhobenen Vorwürfe überprüft. Gegen sein Gutachten bestünden keine Bedenken, weil er als besonders gewissenhaft und verläßlich bekannt sei. Bei der Beschlußfassung über die künftige Rechnungslegung werde auf § 214 AußStrG zu achten sein.

Nur gegen den bestätigenden, also den die Rechnungslegung durch den Mitvormund und Sachwalter betreffenden Teil der Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Vormünderin wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit und dem Antrag, den angefochtenen Beschlußteil und (insoweit) den erstgerichtlichen Beschluß zwecks neuerlicher Entscheidung durch das Erstgericht aufzuheben, oder nur den angefochtenen Beschlußteil zwecks neuerlicher Entscheidung durch die zweite Instanz aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nach § 16 Abs. 1 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität zulässig.

Unrichtige Beweiswürdigung, mangelhafte Tatsachenfeststellung und Verfahrensmängel, die keine Nichtigkeitsgründe darstellen, scheiden daher als Gründe eines außerordentlichen Revisionsrekurses aus (EFSlg. 44.638 - 640, 693 uva.).

Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (EFSlg. 44.642 uva.) oder, wenn das Wohl des Pflegebefohlenen gänzlich außer acht gelassen wurde (EFSlg. 44.648 uva.). Keine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt jedoch unter anderem dann vor, wenn bloß gegen Verfahrensvorschriften verstoßen worden ist (EFSlg. 44.644 uva.).

Aktenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung in einem wesentlichen Punkt den Akteninhalt unrichtig wiedergegeben und so ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen hat (EFSlg. 44.701 uva.). Die Nichtigkeitsgründe der ZPO (§ 477) gelten auch für das Außerstreitverfahren, soweit sie dafür in Betracht kommen können (EFSlg. 44.683 uva.), doch muß die Bedeutung der Nichtigkeit für den Zivilprozeß und das außerstreitige Verfahren nicht immer gleich sein, weil die Verschiedenheit der in beiden Verfahren herrschenden Grundsätze zu anderen Ergebnissen führen kann. Im Außerstreitverfahren kann eine Verletzung des formellen Rechts auch unbeachtet bleiben, wenn, ungeachtet unterlaufener Verfahrensmängel, der angestrebte Rechtsschutz erreicht worden ist. Die Nichtigkeitsgründe sind in diesem Fall bloß relative, das heißt ihr Einfluß auf die Erledigung der Sache ist in jedem Einzelfall genau abzuwägen (EvBl. 1975/111; SZ 45/31).

Daraus folgt für die Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel:

Da dem Mitvormund zugleich die Verwaltung des im Zusammenhang mit den beiden Unternehmen stehenden Vermögens des Minderjährigen aufgetragen worden ist, hat er mit dieser Verwaltung nach § 214 ABGB neben den Pflichten eines bloßen Mitvormundes auch alle Pflichten eines Vermögenskurators übernommen.

Nach der generellen Verweisungsvorschrift des § 282 ABGB auf die Vorschriften über die Vormundschaft und nach der hinsichtlich der Verbindlichkeit des Vormundes zur Rechnungslegung auf die Bestimmungen über die Rechnungslegung der Eltern weiter verweisenden Norm des § 238 ABGB ist auf die Rechnungslegungspflicht eines solchen Vermögenskurators § 150 Abs. 1 ABGB anzuwenden, wonach über das Vermögen des minderjährigen Kindes dem Gericht jährlich Rechnung zu legen ist.

Für die Erledigung der Rechnung gelten nach § 219 AußStrG die §§ 204 bis 206 und 208 bis 215 leg.cit.

Da die Verwaltung des Einzelunternehmens und die Geschäftsführung der O dem Mitvormund als eigenem sachkundigen 'Vorsteher' übertragen worden ist (§ 206 Abs. 1 AußStrG), geschieht dessen jährliche Rechnungslegung nach dem 2. Abs. der zitierten Gesetzesstelle in einem Rechnungsabschluß, der vom 'Vorsteher' und außerdem noch von einem beeideten Rechnungsverständigen, welchen das Gericht zu benennen (= zu bestellen) hat, unterschrieben und von letzterem nach sorgfältiger Prüfung und Vergleichung mit den Handelsbüchern als vollkommen richtig bestätigt werden muß.

Dieser Rechnungsabschluß soll nach dem 3. Abs. der zitierten Gesetzesstelle so eingerichtet sein, daß daraus klar erhellt, wie hoch sich das Vermögen der 'Handlung oder Fabrik' an Realitäten, an Waren, Fahrnissen, sicheren und unsicheren Forderungen und an Barschaft belaufe, wieviel sie ihren sämtlichen Gläubigern schuldig sei und worin der reine Gewinn oder Verlust für das verflossene Jahr bestehe (vgl. auch Knell, die Kuratoren im österreichischen Recht 220).

Nach dem 4. Abs. dieses Paragraphen sind diese Vorschriften auch bei Handels- und Fabriksgesellschaften, woran Mündel teilnehmen, insofern anzuwenden, als es bei ererbten Gesellschaftsanteilen die für die Erben verbindlichen Gesellschaftsverträge gestatten. Nach § 208 AußStrG muß jede Vormundschaftsrechnung genau untersucht werden. Dabei können sich die Vormundschaftsgerichte nach § 209 AußStrG zur Prüfung weitläufiger oder solcher Rechnungen, deren Beurteilung besondere Kenntnisse fordert, eines oder zweier Sachverständigen bedienen. Nach § 210 AußStrG haben die Rechnungsverständigen dem Gericht ihr Gutachten vorzulegen. Ungeachtet dieses Gutachtens muß sich aber das Gericht durch eigene Untersuchung der Rechnung überzeugen, ob das Vermögen des Pflegebefohlenen zweckmäßig verwaltet, ob Empfang und Ausgaben nach richtigen Grundsätzen ausgewiesen wurden, ob die Bemerkungen der Rechnungsverständigen gegründet seien und welche anderen erheblichen Erinnerungen etwa noch beizufügen wären. Nach § 211 AußStrG hat das Gericht aber in der Regel geringfügige Anstände, deren Erläuterung mit unverhältnismäßigen Kosten oder Zeitverlust verbunden wäre, zu übergehen und kostspielige Nachweisungen unbedeutender Posten nicht abzuverlangen.

Finden sich in der Rechnung keine oder nur solche Fehler, die in der künftigen Rechnung verbessert werden können, oder bloße Rechnungsirrtümer, worüber es einer weiteren Erörterung nicht mehr bedarf, so ist die abgelegte Rechnung nach § 212 Abs. 1 AußStrG sogleich durch Dekret endlich zu erledigen. Soll aber die Rechnung ganz umgearbeitet oder über einen oder mehrere Posten vorläufig nähere Aufklärung gegeben werden, so ist der Rechnungsleger nach dem

2. Abs. dieser Gesetzesstelle anzuweisen, binnen einer bestimmten Frist die umgeänderte Rechnung oder seine Erläuterungen vorzulegen, und sodann in der Sache endlich zu entscheiden.

Nach § 214 Abs. 1 AußStrG muß in dem Dekret, wodurch die über das Vermögen des Mündels gelegte Rechnung endlich erledigt wird, ausgedrückt sein, über wessen Vermögen, von wem und für welche Zeit Rechnung gelegt, inwiefern sie von dem Gericht für richtig erklärt worden sei, wieviel die Hauptsumme des reinen Vermögens, dann der in des Vertreters Verwahrung befindliche Kassenrest oder dessen Forderung an das Mündel betrage, endlich wie hoch sich die Einkünfte des Mündels im verflossenen Jahre belaufen haben. Auf jede genehmigte Rechnung ist nach dem 2. Abs. dieser Gesetzesstelle der Tag und die Zahl des Genehmigungsdekretes amtlich anzumerken. Bei dieser Rechtslage erweist sich die Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses als offenbar gesetzwidrig. Die dem Vormundschaftsgericht vorgelegten Rechnungsabschlüsse für die Jahre 1981 und 1982, von denen der erstere nicht einmal von Rudolf C persönlich, sondern vom Steuerberater der beiden Unternehmen, Dipl.Vw. Kurt M, vorgelegt wurde, sind zwar nach der den Inhalt solcher Rechchnungsabschlüsse regelnden Bestimmung des § 206 Abs. 3 AußStrG eingerichtet, aber entgegen der zwingenden Vorschrift des 2. Abs. dieser Gesetzesstelle weder von Rudolf C noch von einem vom Gericht benannten (= bestellten) Sachverständigen unterschrieben und von letzterem auch nicht nach sorgfältiger Prüfung und nach Vergleichung mit den Handelsbüchern als vollkommen richtig bestätigt worden. Die dem Vormundschaftsgericht vorgelegten Jahresabschlüsse für 1981 und 1982

sind von niemandem unterschrieben und begründen daher nicht einmal nach § 294 ZPO den vollen Beweis dafür, daß die darin enthaltenen Erklärungen vom rechnungspflichtigen Mitvormund und Vermögenssachwalter Rudolf C herrühren.

Bei der Bestimmung des § 206 Abs. 2 AußStrG handelt es sich wie bei dem hinsichtlich der Unterzeichnung des Inventars und der Bilanz vergleichbaren § 41 Abs. 1 HGB um eine materiellrechtliche Formvorschrift und nicht um eine Verfahrensvorschrift. Deshalb liegen bisher für die Jahre 1981 und 1982 noch keine Rechnungsabschlüsse Rudolf CS vor, die der im Außerstreitgesetz vorgesehenen Erledigung unterworfen werden könnten. Wenn das Erstgericht trotz dieser Mängel die Rechnungslegung durch Rudolf C als erbracht angesehen und genehmigt und das Rekursgericht diesen Beschluß bestätigt hat, dann liegt darin im Hinblick auf die ausdrückliche und klare Regelung im § 206 Abs. 2

AußStrG eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinn des § 16 Abs. 1 AußStrG.

Dem zulässigen und begründeten außerordentlichen Revisionsrekurs war daher Folge zu geben. Der angefochtene bestätigende Teil der Entscheidung der zweiten Instanz und der dadurch bestätigte Teil des erstgerichtlichen Beschlusses waren aufzuheben und dem Erstgericht in diesem Umfang eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens unter Beachtung der entsprechenden Bestimmungen des Außerstreitgesetzes aufzutragen.

Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß die Vermögensentwicklung nur bei Anknüpfung an das zu Beginn der ersten Rechnungsperiode vorhandene Vermögen, das sich aus dem Verlassenschaftsakt nach Ferdinand D ergeben müßte, richtig beurteilt werden kann, und daß auch auf die Verwendung des allfälligen Gewinnes einzugehen sein wird.

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