Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß aufgrund eines Versäumungsurteils des Landesgerichtes Klagenfurt die Exekution durch Pfändung des der verpflichteten Partei als Gesellschafterin der P***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Chott Meriam, Tunesien, zustehenden Geschäftsanteils. Die Entscheidung über den Verwertungsantrag wurde vorbehalten.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß der Antrag des betreibenden Gläubigers auf Bewilligung der Exekution durch Pfändung und Verwertung der Geschäftsanteile der verpflichteten Partei an der P***** Gesellschaft mbH zurückgewiesen wurde; es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil, soweit ersichtlich, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der inländischen Gerichtsbarkeit im Falle einer Exekution auf den Geschäftsanteil der verpflichteten Partei an einer GmbH, die ihren Sitz im Ausland hat, fehle.
In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, da die P***** Gesellschaft mbH ihren Sitz in Tunesien habe, liege ein Fall mit Auslandsbezug vor; es sei daher die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit zu prüfen. Die Ausübung der inländischen Gerichtsbarkeit sei grundsätzlich auf das inländische Staatsgebiet beschränkt (Territorialitätsprinzip). Grundsätzlich seien alle Personen der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen, die sich auf inländischem Staatsgebiet aufhalten sowie alle Sachen, die sich im Inland befinden. Die inländische Gerichtsbarkeit sei indiziert, wenn ein gesetzlicher örtlicher Zuständigkeitstatbestand erfüllt sei. Das Fehlen der örtlichen Zuständigkeit sei ein Indiz dafür, daß die betreffende Rechtssache nach dem Willen des Gesetzgebers nicht der österreichischen Rechtsprechung unterworfen werden solle. Hier fehle ein gesetzlicher örtlicher Zuständigkeitstatbestand. Aus § 18 Z 4 erster Fall EO ergebe sich nämlich, daß für die Exekution auf einen GmbH-Geschäftsanteil das Bezirksgericht örtlich zuständig sei, in dessen Sprengel die GmbH ihren Sitz habe; seit der EO-Nov 1995 sei das Titelgericht zur Exekutionsbewilligung nicht mehr zuständig. Dieses Indiz spreche also gegen das Bestehen der inländischen Gerichtsbarkeit. Aus dem Umstand, daß das Gesetz auf den Sitz der Gesellschaft, also auf das Territorialitätsprinzip abstelle, lasse sich auch ableiten, daß dieses den Vorrang gegenüber dem allgemeinen Gerichtsstand des Verpflichteten oder ähnlichen Anknüpfungsmöglichkeiten habe. Darüberhinaus würde durch die Erlassung des Verbotes an die GmbH, die ihren Sitz im Ausland habe, an den Verpflichteten keine aus dem Geschäftsanteil entspringenden Leistungen zu erbringen (§ 331 Abs 1 EO), wohl auch in die Territorialhoheit eines fremden Staates (hier Tunesien) eingegriffen. Dem Umstand, daß der Geschäftsführer (= Betreibender) in Österreich seinen Wohnort habe und ein Teil der Gesellschafter in Österreich wohnen bzw ihren Sitz haben, komme demgegenüber keine wesentliche Bedeutung zu, weil das Gesetz eben auf den Sitz der Gesellschaft als entscheidenden Anknüpfungspunkt abstelle.
Während bei der Forderungsexekution das Territorialitätsprinzip mangels international anerkannter Regeln über die fiktive Belegenheit von Forderungen nicht weiterhelfe, könne davon im Fall einer Exekution auf den Geschäftsanteil an einer GmbH nicht gesprochen werden. Der Geschäftsanteil an einer GmbH müsse als am Sitz der Gesellschaft gelegen angesehen werden, was wohl internationale Gültigkeit habe. Die Zustellung des Verbotes an die GmbH, an den Verpflichteten Zahlungen aus dem Gesellschaftsverhältnis zu leisten, bewirke die Pfändung; dies müsse als Akt der Zwangsvollstreckung angesehen werden, der (zumindest auch) am Sitz der Gesellschaft wirke; der Bewilligung der Exekution stünden somit auch völkerrechtliche Schranken entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Da Pfändung und Verwertung eines Geschäftsanteiles der verpflichteten Partei an einer Gesellschaft mbH, die ihren Sitz im Ausland hat, beantragt wird, ist bei der Entscheidung über diesen Antrag vorweg die Frage der inländischen Gerichtsbarkeit zu prüfen. Dies ist eine Exekutionsvoraussetzung, die bis zur Beendigung des Exekutionsverfahrens in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen ist. Deren Mangel führt zur Zurückweisung des Exekutionsantrags bzw zur Einstellung des Verfahrens (SZ 68/81; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren**2 Rz 42).
Gemäß dem durch Art VI Z 2 WGN 1997 eingefügten § 27a JN besteht die inländische Gerichtsbarkeit, wenn die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts gegeben sind, ohne daß eine sonstige Voraussetzung erfüllt sein muß (Abs 1).
Die beantragte Exekution durch Pfändung und Verkauf des Geschäftsanteils des Verpflichteten an einer GmbH ist eine Exekution auf andere Vermögensrechte nach § 331 EO (GesRZ 1986, 45; SZ 57/30; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren**2 Rz 779; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht4 367). Zuständig ist gemäß § 18 Z 4 EO jenes Gericht, in dessen Sprengel die GmbH ihren Sitz hat (GesRZ 1996, 45).
Dieser Sitz ist hier auch nach dem Vorbringen der betreibenden Partei
unstrittig in Tunesien gelegen. Auch aus der mit dem Exekutionsantrag
vorgelegten Urkunde ergibt sich kein Anhaltspunkt, daß die GmbH zwar
in Tunesien registriert, der - nach § 10 IPRG maßgebliche (vgl 3 Ob
93/97s; Koppensteiner, GmbHG, AllgEinl Rz 17) - tatsächliche Sitz der
Hauptverwaltung jedoch in Österreich gelegen wäre. Der Umstand, daß
der Geschäftsführer und ein Teil der Gesellschafter Österreicher
sind, reicht für eine derartige Annahme nicht aus, weil die Pfändung
nur aufgrund eines Doppelverbotes wirksam ist (ecolex 1995, 645 = WBl
1995, 378 = GesRZ 1995, 195).
Auch für eine - im Exekutionsverfahren nach § 28 Abs 4 JN von Amts wegen vorzunehmende Ordination eines zuständigen Gerichtes besteht keine gesetzliche Grundlage. Der Tatbestand des hier in Frage kommenden § 28 Abs 1 Z 2 JN ist nicht gegeben; dem betreibenden Gläubiger ist die Exekutionsführung in Tunesien nicht unmöglich oder unzumutbar, weil Art 15 Abs 2 des Vertrags vom 23. Juni 1977 zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts, BGBl 1980/305, hiefür die Voraussetzungen bietet.
Diese Lösung stimmt mit den allgemeinen Grundsätzen des Internationalen Zwangsvollstreckungsrechtes überein. Jeder Staat kann Zwangsmaßnahmen nur innerhalb seines eigenen Staatsgebietes anordnen und durchsetzen ("Territorialitätsgrundsatz"; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozeßrecht4 § 17 Rz 3; Gottwald in IPRAX 1991, 288; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht**2 Rz 959; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht3 Rz 320). Beteiligungen an juristischen Personen sind im Land des Sitzes der juristischen Person belegen (Gottwald aaO 290), die Belegenheit ist aber für die internationale Zuständigkeit entscheidend (Schack aaO Rz 960). Eine grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung ist aber so nicht Ausnahmen normiert sind, grundsätzlich ausgeschlossen (Nagel/Gottwald aaO Rz 2).
Der Exekutionsantrag ist somit wegen Fehlens der inländischen Gerichtsbarkeit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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