Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.034,72 EUR (darin enthalten 339,12 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit ihrer am 19. Oktober 2007 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Beklagte schuldig zu erkennen,
1) der M***** GmbH (im Folgenden: „GmbH“) 51.674,96 EUR sA, sowie
2) DI Christian L***** und Mag Alexander L***** als eingeantworteten Erben nach Architekt Prof. Mag. Hannes L***** (im Folgenden: „Erben“) 39.546,91 EUR sA zu zahlen.
Sie brachte zusammengefasst vor, sie habe mit der Beklagten (der nunmehrigen Gemeinschuldnerin) vereinbart, dass diese sie aus allfälligen Ansprüchen aus dem vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängigen Verfahren AZ 54 Cg 10/02g (= 1 Cg 1/07k) schad- und klaglos halte. Die Klägerin sei in diesem Verfahren mit ihren Ansprüchen überwiegend unterlegen und mit Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien schuldig erkannt worden, die mit 51.674,96 EUR bestimmten Prozesskosten der GmbH und die mit 41.578,53 EUR bestimmten Verfahrenskosten der damals noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft nach Architekt Prof. Mag. Hannes L***** zu ersetzen. Dieses Urteil sei seit 10. September 2007 rechtskräftig und vollstreckbar. Dennoch sei die Beklagte ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen. Daraufhin habe die GmbH die Exekutionsführung angekündigt; die Verlassenschaft habe den Kostenersatzanspruch bereits exekutiv betrieben. Gemäß § 1404 ABGB sei für die Zahlungspflicht nicht Voraussetzung, dass die Klägerin zunächst zahle oder sonst zu Schaden komme, um sich an den Übernehmer halten zu können.
Noch bevor die Klage zugestellt werden konnte, wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 14. November 2007, AZ 6 S 145/07a, über das Vermögen der Beklagten der Konkurs eröffnet.
Das Erstgericht sprach die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 7 Abs 1 KO aus.
Am 13. März 2008 beantragte die Klägerin die Aufnahme des Verfahrens mit der Begründung, sie habe im Konkurs die im Verfahren geltend gemachte Forderung samt Zinsen und Kosten angemeldet; der Masseverwalter habe die Forderung bestritten. Es werde das Urteil begehrt, gegenüber dem beklagten Masseverwalter festzustellen, dass der Klägerin eine Konkursforderung im Betrag von 99.015,28 EUR zustehe.
Aufgrund des Antragsvorbringens nahm das Erstgericht mit begründungslosem Beschluss vom 25. März 2008 das Verfahren auf und stellte die Bezeichnung der Beklagten auf den Masseverwalter richtig (ON 6). Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung lag dem Erstgericht die Forderungsanmeldung nicht vor, sodass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechtswegs ungeprüft blieben.
In seiner Klagebeantwortung erhob der beklagte Masseverwalter die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs mit der Begründung, es sei ein Verfahren fortgesetzt worden, dem keine Anmeldung im Konkursverfahren zu Grunde läge. Die Klage sei auf Zahlung an dritte Rechtspersonen (die GmbH bzw die Verlassenschaft) gerichtet. Die in der Forderungsanmeldung geltend gemachte Forderung sei auf Zahlung an die Klägerin bzw den Klagevertreter gerichtet. Eine derartige Forderung sei im Konkursverfahren nicht angemeldet worden. Es handle sich um verschiedene Ansprüche.
In ihrem Schriftsatz vom 26. Mai 2008 replizierte die Klägerin, zum Zeitpunkt der Postaufgabe der Klage am 17. Oktober 2007 noch keine Zahlung getätigt zu haben. Demgemäß sei das Klagebegehren noch auf Zahlung an die Kostengläubiger gerichtet gewesen. Erst am 19. Oktober 2007 habe sie unter dem Druck des Exekutionsverfahrens Zahlung geleistet, weshalb sie nunmehr Zahlung zu ihren Handen begehre (ON 9). In der Streitverhandlung vom 12. September 2008 schränkte sie das Klagebegehren auf Feststellung einer Konkursforderung von 63.432,77 EUR ein (AS 52).
Das Erstgericht hob den Aufnahmebeschluss vom 25. März 2008 auf, wies den Antrag der klagenden Partei auf Aufnahme des Verfahrens ab und verurteilte die Klägerin zum Ersatz der Kosten des Zwischenstreits. Es stellte fest, dass die Klägerin in der Forderungsanmeldung in Ansehung der eingeklagten Forderung im Wesentlichen mit der Klage übereinstimmendes Tatsachen- und Rechtsvorbringen erstattet habe. Sie habe auch weitere Konkursforderungen im Gesamtausmaß von 723.382,27 EUR angemeldet, die Zuerkennung des Stimmrechts für den Fall des Zwangsausgleichs beantragt und Zahlung auf das Konto des Gläubigervertreters verlangt. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, der Aufnahmebeschluss vom 25. März 2008 (ON 6) stelle keine bindende Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs dar, weil er aufgrund des Antrags der Klägerin ohne Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs ergangen sei. Die zwischen den Streitteilen bestehende Vereinbarung sei als Erfüllungsübernahme zu qualifizieren. Voraussetzung für die Aufnahme des Prüfungsprozesses sei die Identität der klageweise geltend gemachten Forderung mit der im Konkursverfahren angemeldeten Forderung. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil die eingeklagte und die im Konkurs angemeldete Forderung einander nicht decken würden. Es sei nicht nur der Leistungsempfänger unterschiedlich, sondern auch die Art des geltend gemachten Anspruchs. Während der aus der Erfüllungsübernahme geltend gemachte Anspruch auf Schad- und Klagloshaltung ein Befreiungsanspruch sei, sei der in der Forderungsanmeldung aus der Erfüllungsübernahme abgeleitete Anspruch ein auf Geldersatz gerichteter Schadenersatzanspruch.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin Folge und hob die Entscheidung des Erstgerichts ersatzlos auf. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob in einem gemäß § 7 KO aufgenommenen Verfahren nach der Anmeldung der Forderung in der Prüfungstagsatzung eine dieser Anmeldung entsprechende Klageänderung vorgenommen werden könne.
Es könne auf sich beruhen, ob eine neuerliche Überprüfung der Prozessvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs an der Bindungswirkung des am 25. März 2008 gefassten Beschlusses auf Aufnahme des Verfahrens scheitere, weil die Beschränkung des Prozessgegenstands durch § 110 Abs 1 KO der Fortsetzung des Verfahrens nicht entgegenstehe. Gegenstand des Prüfungsprozesses sei ausschließlich die angemeldete Forderung. Der Konkursgläubiger dürfe in der Prüfungsklage sein Klagebegehren deshalb nur auf den spätestens in der Prüfungstagsatzung angegebenen Grund stützen und auf keinen höheren als den dort angegebenen Betrag richten. Diesen Anforderungen entspreche die Forderungsanmeldung. Die Forderung sei in der Anmeldung eindeutig individualisiert. Sie unterscheide sich von der Klageerzählung lediglich dadurch, dass im Rahmen der Anspruchsdarstellung nicht mehr Zahlung an Dritte, sondern an die Klägerin selbst bzw den Klagevertreter begehrt werde. Im Übrigen bestehe an der Identität des eingeklagten mit dem im Konkurs angemeldeten Anspruch kein Zweifel. Da der Prüfungsprozess nicht über die Forderungsanmeldung hinausreichen dürfe, seien im Prüfungsprozess im Vergleich zur Forderungsanmeldung alle jene Änderungen unzulässig, die einer den Streitgegenstand modifizierenden Klageänderung nach § 235 ZPO gleichkommen würden. Bei einer Erfüllungsübernahme stelle eine Ergänzung des Tatsachenvorbringens um den Umstand der zwischenzeitigen Zahlung keine derartige unzulässige Klageänderung dar, weil - sofern unstrittig ist, dass der Erfüllungsübernehmer noch keine Zahlung geleistet habe - das Klagebegehren sogar von Amts wegen auf Zahlung an den richtigen Gläubiger umgestellt werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
I. Ergeht nach Unterbrechung des Verfahrens (§ 7 KO) ein Aufnahmebeschluss (§ 113 KO) in Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezwecken, ohne Prüfung, ob sämtliche Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechtswegs gegeben sind, so hat ein solcher Aufnahmebeschluss nur die Wirkung einer prozessleitenden Verfügung und hindert den Obersten Gerichtshof nicht, die Prozessvoraussetzungen für die Fortsetzung des Verfahrens selbstständig zu prüfen (RIS-Justiz RS0074970; Fink in Fasching/Konecny 2, § 159 ZPO Rz 126; Gitschthaler in Rechberger, ZPO3, §§ 164-166 Rz 10). Die bekämpfte Verfahrensfortsetzung ist daher nicht schon wegen bindender Vorentscheidung zu bestätigen.
II. Die Klägerin stützt ihr Begehren auf eine vereinbarte Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB, machte vorerst ihren Befreiungsanspruch gegen die nunmehrige Gemeinschuldnerin geltend und richtete das Klagebegehren auf Zahlung an die beiden Gläubiger.
Mit der vom Masseverwalter bestrittenen Forderungsanmeldung der Klägerin wiederholte diese im Wesentlichen auch den in der Klage vorgetragenen Sachverhalt und meldete ua die Klageforderungen als Konkursforderungen an (Beil ./I), was inhaltlich ein Begehren auf Zahlung an die Klägerin selbst bedeutet. Mit ihrem Antrag vom 13. März 2008 auf Aufnahme des Verfahrens begehrte sie die Feststellung, dass der Klägerin im Konkurs der Beklagten eine Konkursforderung von 99.015,28 EUR zustehe (später eingeschränkt auf 63.432,77 EUR). Gemäß § 110 Abs 1 KO bewirkt erst die Bestreitung in der Prüfungstagsatzung die Zulässigkeit des Prozesswegs (Konecny in Konecny/Schubert Insolvenzgesetze, § 110 KO Rz 8 mwN). Das Klagebegehren im Prüfungsprozess kann nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist, denn die ordnungsgemäße Abwicklung des Prüfungsverfahrens erfordert, dass es keinen Prüfungsprozess ohne vorhergehende Forderungsanmeldung gibt. Es gibt daher im Prüfungsprozess keine Erweiterung oder Änderung des Klagegegenstands und auch keine Klageänderung (RIS-Justiz RS0039281). Im Prüfungsprozess ist der Streit über die Forderungsanmeldung zu klären. Er darf über die Forderungsanmeldung nicht hinausreichen, der anmeldende Gläubiger ist also in seinen Klagemöglichkeiten beschränkt (Konecny aaO Rz 40 mwN). Gegenstand des Prozesses ist ausschließlich die angemeldete Forderung. Dieses Erfordernis ist hier allenfalls schon dann erfüllt, wenn dem Identitätsvergleich das im Aufnahmeantrag gestellte Feststellungsbegehren zugrunde gelegt wird, das inhaltlich eine Änderung gegenüber dem ursprünglichen Begehren auf Zahlung an die Gläubiger der Klägerin darstellt. Darin erblickt der beklagte Revisionsrekurswerber eine unzulässige Klageänderung. Weder in der Klage noch in der Forderungsanmeldung habe die Klägerin behauptet, dass sie die Forderungen der beiden Gläubiger bezahlt habe. Dazu ist Folgendes auszuführen:
III.1. Nach Lehre und Rechtsprechung bedeutet bei einer Erfüllungsübernahme die Umstellung des Begehrens auf Zahlung an den Kläger auf das Begehren auf Zahlung an die Gläubiger des Klägers - wenn feststeht, dass dieser noch nicht gezahlt hat - keine Klageänderung wegen Vorliegens eines aliud, sondern ein „minus“, bei dem die Richtigstellung sogar von Amts wegen vorgenommen werden kann (1 Ob 605/95 = SZ 69/18 mwN; 1 Ob 55/06d). Ob dies auch für den vorliegenden umgekehrten Fall gilt (Umstellung vom Begehren auf Zahlung an die Gläubiger auf ein Begehren auf Zahlung an den sich auf § 1404 ABGB stützenden Schuldner) oder darin doch eine Klageänderung zu erblicken ist (weil ein zusätzlicher Sachverhalt der Zahlung der Klägerin behauptet wird und der Zahlungsanspruch in dieser Konstellation gegenüber dem Befreiungsanspruch ein aliud oder eine Klageerweiterung bedeuten könnte), kann dahingestellt bleiben, weil hier eine Klageänderung jedenfalls zwingend auch ohne Einwilligung des Prozessgegners zulässig wäre, erfolgte sie doch gleichzeitig mit dem Aufnahmeantrag noch vor Streitanhängigkeit (§ 235 Abs 1 ZPO).
2. Der Zulässigkeit der Umstellung des Begehrens in Ansehung des Zahlungsempfängers steht auch nicht das erläuterte Verbot der Klageänderung im Prüfungsprozess entgegen, wenn gerade diese Umstellung die Identität zwischen angemeldeter Forderung und derjenigen, wie sie im Prüfungsprozess geltend gemacht wird, herstellt. Einen Kläger auch in einem solchen Fall auf die Notwendigkeit einer neuerlichen Klageführung zu verweisen bedeutete einen abzulehnenden Formalismus (vgl 8 Ob 174/08s).
3. Auch wenn des Anmeldungsvorbringen nicht als Anmeldung bedingter Konkursforderungen zu verstehen ist (mangels Hinweises auf die Zahlung der Klägerin als Bedingung und mangels Begehrens auf Gerichtserlag iSd §§ 16 und 133 KO), führt dieser Umstand nicht zur Abweisung der Klage im Prüfungsprozess. Dort ist vielmehr eine unbedingt angemeldete Forderung als aufschiebend bedingte festzustellen, weil es sich auch hier nicht um eine andere Forderung (aliud), sondern bloß um ein „minus“ handelt (5 Ob 306, 307/82 = SZ 56/196; Apathy in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 § 16 Rz 5). Tritt die schwebende Bedingung später ein, so verwandelt sich der vorerst eingeschränkte Konkursteilnahmeanspruch in einen unbeschränkten (SZ 56/196), der Sicherstellungsanspruch in einen Anspruch auf Zahlung (Apathy aaO Rz 8). Immer geht es hier aber um denselben Ansspruch aus § 1404 ABGB.
Dem Revisionsrekurs des Beklagten ist daher nicht Folge zu geben und zusammenfassend Folgendes festzuhalten:
Wird das Verfahren über ein auf Erfüllungsübernahme (§ 1404 ABGB) gestütztes, auf die Zahlung an die Gläubiger des Klägers gerichtetes Klagebegehren vor Streitanhängigkeit gemäß § 7 KO unterbrochen, meldete der Kläger aber in der Folge im Konkursverfahren eine unbedingte Konkursforderung an (verlangte er also damit inhaltlich Zahlung an sich) ist der Prozessweg trotz der Umstellung des Klagebegehrens bei Aufnahme (Fortsetzung) des gerichtsanhängigen Verfahrens (§§ 110, 113 KO) ohne Verstoß gegen das im Prüfungsprozess geltende Verbot der Klageänderung zulässig.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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