OGH 3Ob33/07k

OGH3Ob33/07k29.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Längle, Fußenegger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Bregenz, wider die beklagte Partei J***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Andreas Köb, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit der Exekution (§ 37 EO), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 27. November 2006, GZ 3 R 235/06s-15, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 24. Juli 2006, GZ 4 C 6/06b-8, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Exszindierungsbeklagte führte als bestandgebende betreibende Partei gegen eine näher genannte verpflichtete Partei Exekution durch zwangsweise Räumung eines Geschäftslokals in einem Einkaufszentrum (Exekutionsbewilligung vom 25. Jänner 2006). Im hier relevanten Exekutionsverfahren erfolgte entsprechend dem Bericht des Gerichtsvollziehers am 27. Juli 2006 die (freiwillige) Räumung des Geschäftslokals durch die verpflichtete Partei (dort 1. verpflichtete Partei) und die nunmehrige Exszindierungsklägerin (dort 2. verpflichtete Partei). Nach dem Bericht des Gerichtsvollziehers über den Vollzug der Räumung war der Rechtsfreund der nun klagenden Partei bei der Räumung anwesend.

Die klagende Partei begehrte, die beim Erstgericht von der beklagten Partei als betreibende Partei geführte Räumungsexekution gegen die verpflichtete Partei für unzulässig zu erklären (§ 37 EO). Ihr stünden Bestandrechte zu. Der Vormieterin sei ein Weitergaberecht eingeräumt worden, das diese zugunsten der klagenden Partei als Rechtsnachfolgerin ausgeübt habe.

Die beklagte Partei wendete ein, diese Behauptung der klagenden Partei habe sich bereits im Titelverfahren als unrichtig herausgestellt.

Das Erstgericht wies mit Urteil vom 24. Juli 2006 das Klagebegehren aus näher genannten Erwägungen ab.

Das Berufungsgericht wies mit Beschluss vom 27. November 2006 die am 28. August 2006 zur Post gegebene Berufung der klagenden Partei mangels Beschwer zurück und verhielt die klagende Partei dazu, der beklagten Partei die Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Den Antrag auf Unterbrechung des Berufungsverfahrens wies die zweite Instanz ab. Gegenstand einer Exszindierungsklage sei die Beseitigung einer Exekution. Nach erfolgter Räumung sei dieses Ziel nicht mehr erreichbar, sodass nach der Beendigung der Räumungsexekution das Rechtsschutzinteresse für die Überprüfung der Berechtigung der vorgenommenen Vollzugsmaßnahmen weggefallen sei. Die klagende Partei sei in ihrer Rechtsstellung nicht mehr beeinträchtigt. Infolge Zurückweisung der Berufung seien auch die Voraussetzungen für die beantragte Unterbrechung nicht gegeben. Über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz sei so zu entscheiden, als wäre die Beschwer nicht weggefallen. Ein Übergang der Bestandrecht auf die klagende Partei sei zu verneinen, sodass die klagende Partei, selbst wenn die Beschwer nicht weggefallen wäre, mit ihrem Rechtsmittel keinen Erfolg gehabt hätte.

Der Rekurs der klagenden Partei, mit dem sie die Abänderung des Zurückweisungsbeschlusses „im Sinne des Klagebegehrens", hilfsweise die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses und die Zurückverweisung der Rechtssache an die Vorinstanzen anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist der Rekurs gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichts zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat. Ist ein berufungsgerichtlicher Beschluss gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO anfechtbar, so ist der Rekurs ungeachtet des Werts des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz und des Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zulässig (Zechner in Fasching/Konecny² § 519 ZPO Rz 12 mwN; Kodek in Rechberger³ § 519 ZPO Rz 1, 6 mwN; „Vollen Rekurs").

b) Nach stRsp des Obersten Gerichtshofs ist für die Zulässigkeit jedes Rechtsmittels das Vorliegen einer Beschwer des Rechtsmittelwerbers Voraussetzung ist (zuletzt etwa 8 ObA 90/06b; E. Kodek aaO § 461 ZPO Rz 9; Fasching in Fasching/Konecny² IV/1 Einl Rz 87 ff, je mwN). Fällt die Beschwer - wie hier - vor der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts weg, ist nicht mehr in der Sache zu entscheiden, weil es nicht Aufgabe der Rechtsmittelgerichte ist, theoretisch-abstrakte Fragen zu lösen. Die Entscheidung über die Unzulässigkeit der Exekution nach § 37 EO hat nur die Beseitigung der Exekution zum Gegenstand, nicht aber das materielle Recht des Widerspruchsklägers (3 Ob 140/32 = SZ 14/95 u.a.; RIS-Justiz RS0001266; Jakusch in Angst, EO, § 37 Rz 47 mwN). Eine Beschwer durch die Begründung einer Entscheidung wird - außer bei Aufhebungsbeschlüssen - abgelehnt (RIS-Justiz RS0041929). Das Rechtsschutzinteresse der Exszindierungsklägerin endet daher mit der Einstellung oder Beendigung der Exekution. Die Räumungsexekution ist mit der Übergabe des zu räumenden Gegenstands an den betreibenden Gläubiger beendet (3 Ob 1068/94 mwN). Sieht man von der Bestimmung von Kosten oder von den in § 349 Abs 2 EO geregelten Verkauf der verwahrten Gegenstände ab, so ist mit der Beendigung der Räumung auch die Tätigkeit des Exekutionsgerichts beendet (3 Ob 1068/94 u.a., zuletzt 3 Ob 255/05d; RIS-Justiz RS0002120; Jakusch aaO § 39 Rz 2; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 349 Rz 41, je mwN). Ab der Räumung fehlte der hier klagenden Partei somit die Beschwer.

c) Es liegt hier schon in zweiter Instanz kein Fall des § 50 Abs 2 ZPO idF der EO-Novelle 1991 vor, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtschutzinteresses bei einem Rechtsmittel bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zu berücksichtigen wäre. Nachträglich bedeutet Wegfall der Beschwer zwischen Einbringung des Rechtsmittels und der Entscheidung darüber (6 Ob 2171/96z, 7 Ob 92/01g u.a., zuletzt 8 ObA 90/06b; RIS-Justiz RS0106007 und RS0036129; M. Bydlinski in Fasching2 § 50 ZPO Rz 17 mwN; Fucik in Rechberger2, § 50 ZPO Rz 2). Im vorliegenden Fall fiel bereits am 27. Juli 2006 mit dem Vollzug der Räumung der verpflichteten Partei (und der gleichzeitigen Räumung der nun klagenden Partei), gegen die sich die Exszindierungsklage richtete, das Rechtsschutzinteresse der Exszindierungsklägerin weg, wogegen sie zeitlich erst nachher, nämlich am 28. August 2006 die Berufung an die zweite Instanz erhob.

d) Soweit sich der Rekurs gegen die zweitinstanzliche Abweisung des Unterbrechungsantrags richtet, muss er daran scheitern, dass vom Berufungsgericht im Berufungsverfahren gefasste Beschlüsse, die in § 519 ZPO nicht aufgezählt sind - wie etwa Unterbrechungsbeschlüsse - unanfechtbar sind (E. Kodek aaO § 519 ZPO Rz 2; Zechner aaO § 519 ZPO Rz 33 mwN).

Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

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