OGH 3Ob33/03d

OGH3Ob33/03d22.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Chrysanth P*****, vertreten durch Dr. Hermann Fina, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Justine P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 15. November 2002, GZ 4 R 276/02h-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 14. August 2002, GZ 2 C 88/02f-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 18. August 1987 gemäß § 55 Abs 3 EheG geschieden; es wurde ausgesprochen, dass den Kläger das Verschulden an der Zerüttung der Ehe trifft. Mit Vergleich vom 31. Mai 1989, GZ 2 C 8/89-40, verpflichtete sich der Kläger, der Beklagten ab März 1989 einen wertgesicherten monatlichen Unterhaltsbetrag von 3.000 S = 218,02 EUR zu zahlen.

Gemäß Punkt 1.b dieses Vergleichs erfolgt die Wertsicherung in Anlehnung und in Übernahme der für den Kläger als Pensionist der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft jeweils zum Tragen kommenden Pensionserhöhungen, wobei von einem Pensionsbezug des Klägers per 1. März 1989 auszugehen ist. Gemäß Punkt 1.d wurde bei diesem Unterhaltsvergleich von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Klägers von 11.140 S und einem solchen der Beklagten von etwa 6.000 S (exklusive Hilflosenzuschuss) ausgegangen; die Umstandsklausel wurde beiderseits nicht ausgeschlossen.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 4. Oktober 2000, GZ 2 C 34/00m-20, wurde das Feststellungsbegehren des Klägers, dass seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Beklagten erloschen sei, weil sich die Verhältnisse seit dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses geändert hätten, rechtskräftig abgewiesen. Der Kläger habe den Beweis, dass sich seine Einkommensverhältnisse wesentlich verschlechtert hätten, nicht erbringen können.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 17. November 2001, GZ 2 C 92/01t-8, wurde darüber hinaus das Begehren des Klägers nach § 36 EO rechtskräftig abgewiesen, das dieser mit der Behauptung erhoben hatte, die Exekutionsführung der Beklagten sei zu Unrecht erfolgt, weil eine wesentliche Änderung der Einkommensverhältnisse stattgefunden habe und die Wertsicherung nicht ordnungsgemäß berechnet worden sei. Begründet wurde die Abweisung im Wesentlichen damit, im Impugnationsverfahren sei ein Vorbringen, die Vergleichsgrundlage habe sich geändert, nicht zulässig.

Der Beklagten wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 19. April 2002, AZ 9 E 2270/02w, zur Hereinbringung der Aufwertungsbeträge aus dem Titel Unterhalt für den Zeitraum Februar 2001 bis April 2002 im Gesamtbetrag von 1.186,01 EUR die Exekution durch Pfändung der Pensionsbezüge des Klägers bewilligt.

Mit seiner am 17. Juni 2002 beim Erstgericht eingebrachten Klage erhob der Kläger Einwendungen gegen den im Verfahren AZ 9 E 2270/02w des Bezirksgerichts Klagenfurt hereinzubringenden Unterhaltsanspruch der Beklagten insofern, als er geltend machte, seit Vergleichsabschluss hätten sich die Einkommensverhältnisse zu seinen Lasten deutlich verändert. Er habe zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses ein Einkommen von 11.140 S bezogen, seine geschiedene Frau aber nur 6.000 S. Nunmehr beziehe er ausschließlich seine Pension von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die sich gegenwärtig auf monatlich 11.131,30 S belaufe. Hingegen verfüge seine geschiedene Frau nun über ein monatliches Pensionseinkommen von 10.000 S, dies ohne Berücksichtigung der monatlichen Pflegegeldleistungen. Der Beklagten stehe daher nicht einmal mehr der im Jahr 1989 verglichene Unterhaltsbetrag von monatlich 3.000 S zu. Keinesfalls sei sie aber berechtigt, Wertsicherungserhöhungen zu begehren, weshalb die nunmehr geführte Exekution zur Hereinbringung der Aufwertungsbeträge von insgesamt 1.186,01 EUR unzulässig sei. Der Kläger begehrte daher, den Unterhaltsanspruch der Beklagten aus dem Vergleich vom 31. Mai 1989, soweit er den Betrag von 218,02 EUR monatlich übersteige, für den Zeitraum Februar 2001 bis April 2002, zu dessen Hereinbringung das Erstgericht die Forderungsexekution gegen ihn bewilligt habe, für erloschen zu erklären.

Die Beklagte beantragte die Abweisung dieses Begehrens, bloß Aufwertungsbeträge seien in Exekution gezogen worden. Der Kläger bestreite gar nicht seine Pflicht, die verglichenen Unterhaltsgrundbeträge zu bezahlen. Die Wertsicherungsverpflichtung ergebe sich aus dem Vergleich. Eine Änderung der Verhältnisse sei nicht eingetreten. Auch die Pension des Klägers sei mittlerweile entsprechend gestiegen. Nach wie vor erziele er überdies Einkünfte als Versicherungsmakler.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen, die unbekämpft blieben. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, dass Einwendungen nur "im Zuge des Exekutionsverfahrens" erhoben werden könnten, sohin nur in Ansehung jenes Anspruchs, der in Exekution gezogen werde. Die Beklagte habe nicht den Basisbetrag von 3.000 S in Exekution gezogen, dieser werde vom Kläger bezahlt, sondern den sich aus der Wertsicherung ergebenden Aufwertungsbetrag. Der Kläger berufe sich in unstatthafter Weise darauf, dass sich die Umstände im Verhältnis zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses geändert hätten. Er könne nun im § 35 EO-Verfahren lediglich Einwendungen gegen die Höhe oder die Berechnung der Wertsicherung vorbringen, nicht jedoch den Umstand, dass sich möglicherweise die Verhältnisse, die sich auf die Basis des Unterhalts bezögen, geändert hätten. Aufgrund einer unbedenklichen Urkunde sei aber die Berechnung der Wertsicherung richtig vorgenommen worden.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers nicht Folge. Es trat der Auffassung des Erstgerichts bei. Der gerichtliche Unterhaltsvergleich vom 31. Mai 1989 enthalte erkennbare und offengelegte Vergleichsgrundlagen. Die Relation zwischen den beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnissen habe sich auf die Festlegung des monatlichen Unterhaltsbetrags von 3.000 S ausgewirkt. Die Wertsicherung des Unterhaltsbetrags sei in jenem Ausmaß vereinbart worden, als sie der Erhöhung des Pensionsbezugs des Klägers entspreche. Wenn der Kläger eine Änderung der Verhältnise geltend machen wolle, müsse er bei der Änderung des monatlichen Grundbetrags ansetzen und eine Veränderung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse aufzeigen, die auf der Grundlage der erkennbaren Vergleichsrelationen eine Anpassung des Unterhaltsbetrags indiziert erscheinen lasse. Nur die Aufwertung zu bekämpfen, könne deshalb nicht zielführend sein, weil die laut vereinbarter Wertsicherungsklausel vorgenommene Aufwertung nur ein Annex zum verglichenen Unterhaltsbetrag sei. Wenn der verglichene monatliche Unterhaltsbetrag der Höhe nach nicht bekämpft, sondern weiterhin bezahlt werde, so sei die Wertsicherung die vereinbarte und fixierte Variable für die Geldwertänderung und die deshalb vorzunehmende Anhebung des Grundbetrags.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil - soweit überblickbar - ein Fall, wo nur gegen exekutiv betriebene Aufwertungsbeträge opponiert werde, vom Obersten Gerichtshof bislang nicht entschieden worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Ausgehend davon, dass die Ehe der Streitteile gemäß § 55 Abs 3 EheG geschieden wurde, wobei das alleinige Verschulden an der Ehezerrüttung den Kläger trifft, wird hier - auch wenn der Exekutionstitel ein gerichtlicher Vergleich ist - gesetzlicher Unterhalt exekutiv betrieben. Nach der Rsp des Obersten Gerichtshofs gehören zwar Oppositionsklagen an sich nicht zu den familienrechtlichen Streitigkeiten iSd § 502 Abs 5 Z 1 ZPO; dies ist aber dann der Fall, wenn in dem über eine Oppositionsklage eingeleiteten Verfahren der aus dem Gesetz gebührende Unterhalt strittig ist, es sei denn, es wäre nur zu prüfen, ob der Unterhaltsanspruch infolge Aufrechnung oder Zahlung erloschen ist (RIS-Justiz RS0042968). Ist wie im vorliegenden Fall die Höhe des Unterhalts im Hinblick auf eine allfällige Änderung der maßgeblichen Umstände strittig, liegt ein Streit über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt vor.

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht bedurfte es im Hinblick auf den hier gemäß § 502 Abs 5 Z 1 ZPO zulässigen positiven Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts keiner Ausführungen des Revisionswerbers zum Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, zumal das Gesetz Derartiges nur im Falle der Erhebung einer außerordentlichen Revision verlangt (§ 506 Abs 1 Z 5 ZPO).

Dass das Recht auf Herabsetzung oder Aufhebung des Unterhaltsanspruchs wegen wesentlicher Veränderung der maßgebenden Umstände auch im Wege der Oppositionsklage geltend gemacht werden kann, ist heute grundsätzlich unstrittig (Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 35 Rz 42, 57 je mwN; Jakusch in Angst, EO, § 35 Rz 15 mwN). Mit Oppositionsklage kann das gänzliche oder auch bloß das teilweise Erlöschen eines vollstreckbaren Unterhaltsanspruchs geltend gemacht werden (stRsp, RIS-Justiz RS0000824; Jakusch aaO). Es ist der Kläger daher keineswegs gehalten, den wider ihn bestehenden Unterhaltstitel zur Gänze zu bekämpfen, wenn er bloß von dessen teilweiser Unrichtigkeit im Hinblick auf die geänderten Umstände ausgeht. Im vorliegenden Fall behauptet er, dass der Beklagten jedenfalls in 218,02 EUR monatlich übersteigender Höhe kein Anspruch mehr zusteht. Dass der vom Kläger bekämpfte Teil der titelgemäßen Unterhaltsverpflichtung mit jenem Betrag übereinstimmt, der sich bei Berechnung der Wertanpassung nach den Richtlinien des Unterhaltsvergleichs ergibt, bedeutet nicht, dass er bloß die Beseitigung der Wertsicherungsklausel anstrebt und im Sinne des von den Vorinstanzen vertretenen Rechtsstandpunkts die materielle Berechtigung des auf die Umstandsklausel gestützten Herabsetzungsbegehrens nicht zu prüfen wäre. Es ist vielmehr für den vom Kläger zum Gegenstand seiner Einwendungen gegen die in Exekution gezogene Forderung gemachten Zeitraum zu prüfen, ob gegenüber dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses wesentliche Änderungen der Voraussetzungen für die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts (Bedürftigkeit des Berechtigten, Leistungsfähigkeit des Verpflichteten) eingetreten sind, die eine Herabsetzung des vom Kläger der Beklagten geschuldeten Unterhalts auf die vom Kläger angestrebte Höhe von nur mehr 218,02 EUR monatlich rechtfertigen.

Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren ausgehend vom beiderseitigen Parteienvorbringen Feststellungen zu den für die Unterhaltsbemessung im vorliegenden Fall maßgebenden Umständen zu treffen haben, die eine Beurteilung ermöglichen, ob sich die von den Streitteilen der vergleichsweisen Regelung der Unterhaltsansprüche zugrunde gelegten Verhältnisse derart geändert haben, dass die vom Kläger für den Zeitraum Februar 2001 bis April 2002 angestrebte Herabsetzung auf monatlich 218,02 EUR (allenfalls teilweise) gerechtfertigt ist.

Der Revision ist daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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