Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird im Umfang der Zurückweisung des Exekutionsantrags zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung an Kapital von 44.272,11 EUR samt 14 % Zinsen seit 16. Dezember 1996 und an Kosten von 17.745,75 EUR samt 4 % Zinsen seit 16. Juni 2000 nicht Folge gegeben.
Im Übrigen wird er zurückgewiesen.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 6. November 2001 in einem vorangehenden Exekutionsverfahren der betreibenden Partei wider den Verpflichteten auf Grund eines Urteils des Oberlandesgerichts Wien vom 16. Juni 2000 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 609.197,55 S sA und der Kosten von 244.186,85 S sA sowie auf Grund eines vollstreckbaren Beschlusses des Obersten Gerichtshofs zur Hereinbringung einer Kostenforderung von 23.839,20 S sA die Forderungsexekution nach §§ 294, 294a EO. Die beiden im Antrag genannten Drittschuldner gaben in ihren Erklärungen an, der Verpflichtete habe gegen sie keine Forderungen.
Nunmehr begehrte die betreibende Partei wider den Verpflichteten die Bewilligung der Exekution gemäß § 292e EO zur Hereinbringung sowohl der genannten Forderungen als auch zur Hereinbringung mehrerer Kostenforderungen von 909,14 EUR, 991,37 EUR, 30 EUR und 5,90 EUR. Die betreibende Partei gab wiederum dieselben Drittschuldner an wie im vorangegangenen Exekutionsverfahren. Rechtsgrund der Forderungen sei ein Einkommen des Verpflichteten als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Beantragt wurde, es möge das angemessene Entgelt gepfändet werden; der Verpflichtete erbringe den Drittschuldnern in einem ständigen Verhältnis ohne oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Gegenleistung Arbeitsleistungen, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet würden.
Über Verbesserungsauftrag des Erstgerichts schränkte die betreibende Partei ihren Antrag in Ansehung der Kostenforderung von 5,90 EUR ein.
Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag ab. Die schon früher vom Erstgericht bewilligte Forderungsexekution sei ins Leere gegangen. Ungeachtet eines Verbesserungsauftrags beantrage die betreibende Partei die Pfändung des angemessenen Entgelts ohne die Einschränkungen des § 291a EO und ohne Erlassung eines Verfügungs- und Leistungsverbots, "also abgestellt lediglich auf einen Antrag nach § 292e EO". Da es sich hier um ein von tatsächlich bestehenden Forderungen unterschiedliches Exekutionsobjekt handle, sei schon im Exekutionsantrag auf den Tatbestand des § 292e EO abzustellen. Eine losgelöste Pfändung nach dieser Bestimmung sei der Exekutionsordnung aber fremd. Auch die Pfändung eines verschleierten Entgelts werde ausschließlich durch die Erlassung eines Verfügungs- und Leistungsverbots bewirkt.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs der betreibenden Partei mit der Maßgabe nicht Folge, dass es den Exekutionsantrag im Hinblick auf die Kapitalforderung von 44.272,11 EUR und die Kostenforderungen von 17.745,75 EUR und 1.732,46 EUR zurückwies.
Der Bewilligung einer neuerlichen völlig gleichartigen Exekution zur Durchsetzung desselben Anspruchs stehe die materielle Rechtskraft des ersten Exekutionsbewilligungsbeschlusses entgegen. Hier sei teilweise zur Hereinbringung derselben Forderung bereits die Forderungsexekution auf Arbeitseinkommen des Verpflichteten bewilligt worden, allerdings ins Leere gegangen.
Das Rekursgericht schloss sich unter Ablehnung der Ansicht von Oberhammer (in Angst, EO, § 292e Rz 7) der Meinung von Mohr und Zechner an, wonach es sich bei § 292e EO um eine rein materiell-rechtliche Bestimmung handle und der Exekutionsantrag keine Angaben über ein fingiertes Einkommen zu enthalten brauche. Nach herrschender Rsp (ergangen noch zur Vorgängerbestimmung des § 10 Abs 2 LPfG) ergreife die Exekution auf die Bezüge aus dem Arbeits- und Dienstverhältnis auch den fingierten Arbeitslohn, sodass es einer neuen Exekutionsbewilligung auch dann nicht bedürfe, wenn im Zeitpunkt der Zustellung der ersten Exekutionsbewilligung an den Drittschuldner der (vereinbarte) Arbeitslohn unter dem Existenzminimum gelegen sei, da sowohl die Lohnforderung des Verpflichteten gegen die Drittschuldnerin aus dem Arbeitsverhältnis als auch die vom Gesetzgeber im Verhältnis der betreibenden Partei zum Drittschuldner fingierte angemessene Vergütung iSd § 10 Abs 2 LPfG ihren Rechtsgrund in den vom Verpflichteten dem Drittschuldner erbrachten Leistungen und Dienstleistungen habe. Demnach erfasse die frühere Exekutionsbewilligung zugunsten der betreibenden Partei auch ein etwaiges fiktives Arbeitseinkommen des Verpflichteten. Im Umfang der bereits vorliegenden Exekutionsbewilligung sei daher der erstgerichtliche Beschluss mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Antrag insoweit zurückgewiesen werde. Für die Ansprüche, zu deren Hereinbringung erstmals die Exekution beantragt worden sei, fehle es an einem erforderlichen Exekutionsantrag nach § 294 EO, weil § 292e EO eine rein materiell-rechtliche Bestimmung sei.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil neuere höchstgerichtliche Judikatur zu verfahrensrechtlichen Fragen des § 292e EO fehle und unterschiedliche Lehrmeinungen vorhanden seien.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist teilweise unzulässig und teilweise nicht berechtigt.
Wird auf Grund mehrerer Exekutionstitel zur Hereinbringung verschiedener Forderungen Exekution geführt, so werden die einzelnen Ansprüche bei Beurteilung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses gesondert behandelt, auch wenn die dem zugrunde liegenden Forderungen in tatsächlichem oder rechtlichem Zusammenhang stehen sollten (stRsp, SZ 60/181 u.a.; RIS-Justiz RS0002316), was jedenfalls gilt, wenn es um die Bewilligung der Exekution geht (3 Ob 265/00t). Ebenso entspricht es stRsp des erkennenden Senats, dass die Exekutionsbewilligung wegen verschiedener Forderungen auf Grund jeweils verschiedener Exekutionstitel allein keine Zusammenrechnung rechtfertigt, und zwar auch nicht für den Fall, dass einzelne Exekutionstitel exequierbare Kostenentscheidungen auf Grund von Exekutionsanträgen zur Hereinbringung der Hauptforderung sind (RIS-Justiz RS0002246). Daraus folgt bereits, dass in Ansehung sämtlicher Beschlüsse, die im vorliegenden Exekutionsverfahren als Exekutionstitel beansprucht werden, der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR nicht übersteigt, weshalb der Revisionsrekurs nach § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig ist. Dasselbe gilt nach Z 2 leg cit für alle Exekutionstitel mit Ausnahme des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs, weil insoweit der erstgerichtliche Beschluss vom Rekursgericht zur Gänze bestätigt wurde.
Was die Hereinbringung der Kapitalforderung von 44.272,11 EUR sA und der Kostenforderung von 17.745,75 EUR sA auf Grund eines Berufungsurteils angeht, ist in der vorgenommenen Maßgabebestätigung eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu sehen, weil das Rekursgericht in Wahrheit anders als das Erstgericht rein formell durch Zurückweisung und nicht in der Sache entschieden hat.
In diesem Umfang bezweifelt die betreibende Partei offenbar zu Recht nicht die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass dann, wenn es sich bei der vorliegenden Exekution um dasselbe Exekutionsmittel wie im Vorverfahren handelt, der Antrag wegen entschiedener Rechtssache zurückzuweisen ist.
Den Ausführungen im Revisionsrekurs ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass sich die betreibende Partei "nur aus Gründen prozessualer Vorsicht" der Rechtsansicht von Oberhammer (in Angst, EO, § 292e Rz 7) anschließt, wonach es unzulässig sei, erst im Drittschuldnerprozess die Behauptung nachzuschieben, es sei iSd § 292e EO ein höheres Entgelt geschuldet, wenn ursprünglich nur ein Exekutionsantrag ohne Hinweis auf § 292e EO gestellt wurde.
Diese mit der Rsp zur Vorgängerbestimmung des § 292e EO (§ 10 Abs 2 LPfG) und der einhelligen übrigen Lehre zu beiden Bestimmungen im Widerspruch stehende Ansicht hat jüngst in einer Entscheidung in einem Drittschuldnerprozess bereits der 8. Senat des Obersten Gerichtshofs abgelehnt (8 ObA 208/02z). Auch der erkennende, nach der Geschäftsverteilung für Exekutionssachen zuständige Senat des Obersten Gerichtshofs sieht keine Veranlassung, der Mindermeinung Oberhammers zu folgen.
Selbst wenn man sich nicht der überwiegenden Lehre, es handle sich bei § 292e EO um eine rein materiell-rechtliche Bestimmung, die nur die Bemessung des Entgelts im Verhältnis zum betreibenden Gläubiger regle (Mohr, Die neue Lohnpfändung 86; Zechner, Forderungsexekution, § 292e Rz 2, Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 292e Rz 29; ebenso zu § 10 Abs 2 LPfG Heller/Berger/Stix, EO4 2085 f = Lohnpfändung 143 f; ebenso die Rsp dazu, Nachweise bei Zechner aaO) anschließen wollte, weil damit zumindest implizit eine Entscheidung über den Umfang der Pfändungswirkung einer bestimmten Forderungsexekution getroffen werde, ist es doch unbestreitbar, dass die EO keine verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen für den Fall des Vorliegens eines verschleierten Entgelts bei einem bestehenden ständigen Arbeitsverhältnis enthält. Insofern hat sich durch die EO-Nov 1991, durch die § 292e geschaffen wurde, nichts geändert. Weiters kann der Auffassung Oberhammers nicht zugestimmt werden, die Pfändung des gesetzlich fingierten Entgelts setze zumindest einen Hinweis im Exekutionsantrag nach §§ 294, 294a EO voraus, weil es sich um ein anderes, von der tatsächlich bestehenden Forderung unterschiedliches Exekutionsobjekt handle. Dem ist entgegenzuhalten, dass gerade infolge der gesetzlichen Fiktion das fiktive Entgelt - im Verhältnis zur betreibenden Partei - als Gegenstand der gepfändeten Forderung oder jedenfalls (wenn das Bestehen einer unter dem Existenzminimum liegenden Lohnforderung zugestanden wird) als Teil derselben anzusehen ist. Der Rechtsgrund der Forderung ist ja zweifellos derselbe. Ein Hinweis auf § 292e EO im Exekutionsantrag oder - wie im vorliegenden Fall - die Stellung eines weiteren (für die Parteien mit Kosten verbundenen) Exekutionsantrags könnte nur dann als erforderlich angesehen werden, wenn im Hinblick auf die Bezeichnung der Forderung im Exekutionsantrag die Mitpfändung des verschleierten Entgelts ausgeschlossen werden müsste, etwa wenn in Verkennung der Grenzen der Pfändbarkeit nach §§ 290 ff EO ausdrücklich nur die Pfändung eines unter dem konkreten Existenzminimum liegenden monatlichen Betrags beantragt worden wäre.
Für den Regelfall der Pfändung des gesamten Entgeltsanspruchs aus einem laufenden Arbeitsverhältnis ist demnach an der bisherigen Rsp (zu § 10 Abs 2 LPfG) festzuhalten, wonach die Exekution auf die Bezüge aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis auch den fingierten Arbeitslohn erfasst, ohne dass es eines Hinweises auf eine Entgeltverschleierung bedürfte (3 Ob 177/79 = RPflE 1981/32; gebilligt in 9 ObA 145/87; bereits zur neuen Rechtslage 8 ObA 208/02z, ebenso Zechner aaO Rz 2, 159 mwN; Resch aaO; Fritscher, Die Gehaltsexekution in der Praxis 36).
Daraus folgt, dass das Rekursgericht zu Recht die abweisende Entscheidung des Erstgerichts in eine Zurückweisung abgeändert hat.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.
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