Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht veräußerte auf Antrag des Masseverwalters eine Liegenschaft des Gemeinschuldners gemäß § 119 Abs 1 KO.
Die nunmehrige Revisionsrekurswerberin, eine Bank (im Folgenden auch nur Bank), meldete auf Grund von Höchstbetragshypotheken einen Kapitalsbetrag zuzüglich Zinsen zur Verteilungstagsatzung an.
Der Verpflichtete erhob gegen diese Anmeldung Widerspruch, weil diese Forderung durch Aufrechnung mit eigenen Forderungen erloschen sei. Er habe die persönliche Haftung für Kredite "seiner" GmbH übernommen. Die Bank habe die von ihr eingegangenen Kreditversorgungspflichten als finanzierende Hausbank nicht erfüllt, wodurch ihm ein Schaden entstanden sei. Darüber hinaus habe die Bank durch wahrheitswidrige Behauptungen, sohin "Prozessbetrug" einerseits die Konkurseröffnung über sein Vermögen, andererseits auch seine Untersuchungshaft herbeigeführt. Dadurch habe er seinen geschäftlichen Tätigkeiten etwa ein Jahr lang nicht nachgehen können; sein Ruf sei nachhaltig beschädigt. Er habe bereits in einem Zivilverfahren der Bank gegen ihn Schadenersatzansprüche von über etwa 3 Mio EUR compensando eingewendet. Die durch die rechtswidrig herbeigeführte Untersuchungshaft entstandenen Verdienstentgangsschäden machten zumindest weitere 5 Mio EUR aus. Vom Gesamtschaden rührten insgesamt über etwa 3 Mio EUR aus der Zeit nach der Konkurseröffnung und Prüfungstagsatzung im Konkursverfahren her. Weiters berief sich der Verpflichtete auf sein Vorbringen in einem von ihm auch vorgelegten vorbereitenden Schriftsatz im genannten Zivilprozess.
Dem in der Tagsatzung zur Verteilung des Meistbots vorgetragenen Widerspruch hielt die Bank entgegen, der Gemeinschuldner sei zur Erhebung des Widerspruchs nicht berechtigt, das sei nur der Masseverwalter. Darüber hinaus sei das Vorbringen ehrenrührig und widerspreche offensichtlich den Tatsachen. Während der Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen des Verpflichteten die Forderungen der Bank anerkannt habe, habe sie der Verpflichtete mutwillig bestritten.
Im Meistbotsverteilungsbeschluss wies das Erstgericht dem Masseverwalter an Vorzugsposten 3.891,01 EUR und 17.371,75 EUR und in der bücherlichen Rangordnung einschließlich nicht länger als drei Jahre rückständiger Zinsen der Bank den Meistbotsrest von 454.745,24 EUR zu. Den Widerspruch des Verpflichteten wies der Erstrichter mit der wesentlichen Begründung zurück, nur der Masseverwalter könne Widerspruch gegen die angemeldete Forderung erheben. Der Gemeinschuldner sei gemäß § 3 KO nicht legitimiert, über das Konkursvermögen eine Klage einzubringen, ein Verfahren fortzusetzen oder berechtigt über streitverfangene Umstände eine Entscheidung zu verlangen. Dass der Verpflichtete die Forderungen im Konkurs bestritten habe, habe auf das vorliegende Exekutionsverfahren keinen Einfluss.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten dahin Folge, dass es seinen Widerspruch auf den Rechtsweg verwies und ihm auftrug, binnen einem Monat nach Zustellung auszuweisen, dass er das zur Erledigung des Widerspruchs notwendige Streitverfahren anhängig gemacht habe, widrigenfalls der Verteilungsbeschluss auf Antrag eines jeden durch den Widerspruch betroffenen Berechtigten ohne Rücksicht auf den Widerspruch ausgeführt werden würde. Die betreffende Auszahlungsanordnung des Erstgerichts wurde aufgehoben.
Nach der Rechtsauffassung der zweiten Instanz liege zwar zufolge Anerkennung der Forderung durch den Masseverwalter ein wie ein rechtskräftiges Urteil wirkendes Entscheidungssurrogat vor, doch mache die Bank ihre Ansprüche nicht auf Grund dieses Anerkenntnisses, sondern auf Grund eines Pfandrechts geltend. Deshalb habe der Verpflichtete ungeachtet des § 213 Abs 1 letzter Satz EO ein Widerspruchsrecht. Da der Gemeinschuldner im Verfahren nach § 119 KO Verpflichteter und der Masseverwalter als betreibender Gläubiger zu betrachten sei, könne er auch nicht für den Verpflichteten Widerspruch erheben. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte dies nicht zur Folge, dass der Verpflichtete sein Widerspruchsrecht nicht geltend machen könne. Es müsse auch bejaht werden, dass der Widerspruchsberechtigte die entsprechende Klage erheben könne, sei es doch nicht sachgerecht, dem Gemeinschuldner nur dann ein Widerspruchsrecht zuzubilligen, wenn sofort im Verteilungsbeschluss über seinen Widerspruch entschieden werden könne. Durch Einbringung einer Widerspruchsklage verfüge der Masseverwalter [gemeint offenbar: der Verpflichtete] nicht über das konkursunterworfene Vermögen, vielmehr gehe es um den Anspruch auf Zuweisung aus der Verteilungsmasse. Es sei daher der Verpflichtete auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, weil der Teilnahmeanspruch der Bank von streitigen Tatumständen abhängig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der von der zweiten Instanz zugelassene Revisionsrekurs der vom Widerspruch betroffenen Bank ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Zunächst ist der Ordnung halber (obwohl dies konkret ohne Auswirkung bleibt) festzuhalten, dass auf das vorliegende Verfahren die EO bereits in der Fassung auf Grund der EO-Nov 2000 anzuwenden ist, weil der maßgebende Zeitpunkt der Antragstellung beim Konkursgericht nach dem 1. Oktober 2000 liegt (3 Ob 318/01p = EvBl 2002/148; 3 Ob 79/02t), wurde doch die kridamäßige Versteigerung vom Konkursgericht erst am 26. Februar 2001 genehmigt (Art III Abs 1 EO-Nov 2000).
Soweit die Revisionsrekurswerberin Aktenwidrigkeit des angefochtenen Beschlusses insoweit geltend macht, als dieser nicht berücksichtige, dass sie in der Meistbotsverteilungstagsatzung ausdrücklich behauptet habe, der Masseverwalter habe ihre Forderung im Konkursverfahren anerkannt, ist ihr dieses Vorbringen zwar zu konzedieren. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung kommt es allerdings entgegen der Ansicht des Rekursgerichts auf ein solches Vorbringen nicht an.
Es ist auch unerheblich, ob es erforderlich wäre, dass der anmeldende Gläubiger seine Forderung auf einen Exekutionstitel ausdrücklich stützt, oder ob es ausreichte, dass bereits eine titulierte Forderung vorliegt.
Zu Recht bezweifelt die Revisionsrekurswerberin offensichtlich nicht mehr, dass auch bei der kridamäßigen Versteigerung (§ 119 KO) der Verpflichtete grundsätzlich zum Widerspruch gegen die Berücksichtigung im Meistbotsverteilungsverfahren angemeldeter oder aus dem Grundbuch zu entnehmender Ansprüche bei der Verteilung berechtigt ist. In der kridamäßigen Versteigerung hat eben der Masseverwalter nur die Stellung des betreibenden Gläubigers (3 Ob 8/96 = RZ 1997/17 = ZIK 1997, 139 = MietSg 48.729 = RPflE 1996/118 mwN; ebenso Angst in Angst, EO, § 213 Rz 3). Da auch das Verfahren zur Versteigerung nach § 119 Abs 1 bis 3 KO eines mit zumindest zwei Parteien ist (Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, §§ 212 bis 214 Rz 22 mN der Rsp), folgt daraus, dass jedenfalls der Verpflichtete zum Widerspruch nach § 213 EO legitimiert sein muss.
Zu Unrecht wendet sich die Revisionsrekurswerberin auch gegen die überzeugende Ansicht der zweiten Instanz, es wäre widersinnig, dem Verpflichteten das Recht zum Widerspruch in dem Fall zu entziehen, dass dieser von streitigen Tatumständen abhängig ist, wodurch eine Widerspruchsklage nach § 231 Abs 2 EO erforderlich wird. Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin handelt es sich beim Einbringen einer solchen Klage nicht um eine Verfügungshandlung betreffend das Massevermögen. Wie sie selbst nicht bezweifelt, ist diese nach der Rsp (Nachweise bei Angst aaO § 231 Rz 7 und Lecher aaO §§ 231 bis 233 Rz 12) eine negative Feststellungsklage betreffend die Teilnahmeansprüche des beklagten Gläubigers. Im Übrigen dient die Widerspruchsklage ersichtlich sowohl den Interessen der (nicht besicherten) Konkursgläubiger als auch der Erhaltung der Masse, weil nach der Aktenlage der nach dem Meistbotsverteilungsbeschluss der Bank zuzuweisende Betrag zum allergrößten Teil in die Masse fiele. Tatsächlich bestünde auch mangels Zulassung eines Widerspruchs des Verpflichteten für ihn kein ausreichender Rechtsschutz, wenn und soweit wie im vorliegenden Fall der Masseverwalter keinen Widerspruch erhebt.
Der Widerspruch scheitert aber auch nicht an § 213 Abs 1 letzter Satz EO, der durch die EO-Nov 2000 unberührt blieb. Demnach kann der Verpflichtete nur gegen die Berücksichtigung solcher Ansprüche Widerspruch erheben, für welche ein Exekutionstitel nicht vorliegt. Für ihre Annahme, dieser Ausschlussgrund läge hier vor, kann sich die Revisionsrekurswerberin nicht mit Erfolg auf die in der Entscheidung 3 Ob 139, 1104/90 = EvBl 1991/128 = ÖBA 1991/288 zitierten Gesetzesmaterialien berufen. Wie sie selbst einräumt, wurde nämlich ihre Forderung im Konkurs zwar vom Masseverwalter anerkannt, vom Verpflichteten jedoch bestritten. Nach § 61 KO kann auf Grund der Eintragung einer im Konkurs festgestellten Forderung auch auf Grund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis auf das zur freien Verfügung bleibende oder nach der Konkursaufhebung erworbene Vermögen des Gemeinschuldners Exekution geführt werden, sofern die Forderung vom Gemeinschuldner nicht ausdrücklich bestritten wurde. Gerade dies war aber hier der Fall. Nur die ausdrückliche mündliche Bestreitungserklärung des Gemeinschuldners bei der Prüfungsverhandlung über die konkrete Forderung verhindert im Fall des Anerkenntnisses durch den Masseverwalter den Eintritt der in § 61 KO normierten Rechtsfolge. Die Bestreitung durch den Masseverwalter ersetzt in keinem Fall die eigene Bestreitung durch den Gemeinschuldner. Nur für den Konkurs selbst hat die im Anmeldungsverzeichnis anzumerkende Bestreitung des Gemeinschuldners keine rechtliche Wirkung (§ 109 Abs 2 KO).
Es fällt nicht in die Kompetenz des Konkursgerichts, über die vom Gemeinschuldner bestrittenen Forderungen mit über das Konkursverfahren hinausgehender Wirkung zu entscheiden (8 Ob 145/00g = ZIK 2001/60). Da aber auf gerichtliche Veräußerungen nach § 119 Abs 1 KO nach dessen Abs 2 die Vorschriften der Exekutionsordnung mit hier nicht in Betracht kommenden Abweichungen sinngemäß anzuwenden sind, gilt dieser Grundsatz auch für § 213 Abs 1 letzter Satz EO. Infolge der Bestreitung durch den Gemeinschuldner liegt ein Exekutionstitel nicht vor, weshalb die angeführte Bestimmung den Widerspruch des Verpflichteten nicht hindert.
Soweit schließlich die Revisionsrekurswerberin auch noch die "inhaltliche Absurdität und Haltlosigkeit" der Behauptungen zum Widerspruch geltend macht, ist ihr zu erwidern, dass nach der Rsp nur die Individualisierung des Widerspruchs in der Richtung erforderlich ist, dass ein bestimmter Anspruch in Ansehung des Bestandes, der Höhe oder Rangordnung bestritten wird (JBl 1954, 405; SZ 46/29 mwN); sonst ist ein Widerspruch nicht zu berücksichtigen (SZ 46/29; Heller/Berger/Stix, EO4 1456). Nach Lehre und Rsp kann ja die Widerspruchsklage nur auf den im Widerspruch behaupteten Sachverhalt gestützt werden, also weder auf einen neuen Rechtsgrund noch auf neue Tatsachen (JBl 1989, 390 = RZ 1989/28 = ÖBA 1989, 822; Lecher aaO §§ 231 bis 233 Rz 12 mwN; Angst aaO § 231 Rz 8). Nicht zu entnehmen ist allerdings dem Gesetz, dass der Widerspruch bereits das vollständige Vorbringen der Widerspruchsklage zu enthalten hätte. Daher erscheint es zu streng, wenn Lecher (aaO §§ 212 bis 214 Rz 28) den Widerspruch nur dann für beachtlich erklärt, wenn ihm alle Tatsachen zu entnehmen sind, auf die sich die Bestreitung gründet. Auch Angst (aaO § 213 Rz 5) ist nur insoweit zu folgen, als ein unschlüssiger Widerspruch nicht zu beachten ist, wenn sich bereits aus dem Vorbringen in diesem die mangelnde Berechtigung ergeben würde. Derartiges liegt im vorliegenden Fall nicht vor, behauptet doch der Kläger einerseits eine Vertragsverletzung, durch die er auf Grund seiner Bürgschaft näher bezeichnete Schäden erlitten habe, und überdies eine Verleumdung, die im Zusammenhang mit der daraus resultierenden Konkurseröffnung sowie Haft einen Verdienstentgang bewirkt habe. Damit ist aber im Zusammenhang mit der Behauptung einer Aufrechnung gegen die niedrigere Forderung der Bank die erforderliche Individualisierung vorgenommen worden, ohne dass gesagt werden könnte, das Vorbringen sei völlig ungeeignet, das Erlöschen der angemeldeten Forderung der Bank zu bewirken.
Dem Revisionsrekurs gegen die Verweisung des Verpflichteten mit seinem Widerspruch auf den Rechtsweg ist demnach nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.
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