OGH 3Ob267/97d

OGH3Ob267/97d26.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Helma R*****, vertreten durch Dr.Johannes Hübner, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Maria-Regina S*****, vertreten durch Dr.Roland Deißenberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft infolge außerordentlicher Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 27.Mai 1997, GZ 46 R 339/97m-95, womit u.a. infolge Rekurses der betreibenden Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 29. Jänner 1997, GZ 2 E 51/97b-91, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Unterinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag der verpflichteten Partei, die Exekution bis zur rechtskräftigen Erledigung der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 18 Cg 214/96i anhängigen Oppositionsklage aufzuschieben, abgewiesen wird.

Die verpflichtete Partei wird mit ihrem Revisionsrekurs auf diese Entscheidung verwiesen.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Aufschiebungsantrages selbst zu tragen.

Sie ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 41.657,40 (darin enthalten S 6.942,90 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 5.5.1992 hatte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Titelgericht dem Vater der betreibenden Partei aufgrund des Vergleiches vom 5.7.1985 gegen die verpflichtete Partei die Exekution durch gerichtliche Versteigerung des im Miteigentum der Parteien stehenden Hauses in [Wien] Grundbuch P***** zum Zweck der Auseinandersetzung bewilligt. Dem Gesuch war ein Entwurf der Versteigerungsbedingungen beigelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 25.8.1992 erklärte die Verpflichtete, mit den Versteigerungsbedingungen, insbesondere dem Ausrufungspreis von S 6 Millionen nicht einverstanden zu sein. Zugleich kündigte sie eine Oppositionsklage an, weil infolge Vermietung zweier Wohnungen im Haus Unzeit vorliege. In der Verhandlung wurde grundsätzlich Einigung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Verkehrswert der Liegenschaft (in zumindest 2 Varianten) erzielt.

In der Folge stellte die Verpflichtete Aufschiebungsanträge. Während der erste in zweiter Instanz abgewiesen wurde, wurde die dem zweiten stattgebende Entscheidung vom Rekursgericht dahin abgeändert, daß die Aufschiebung nur gegen Erlag einer Sicherheit von S 500.000,-

bewilligt wurde. Die Sicherheit erlegte die Verpflichtete nicht. In der aufgrund des Fortsetzungsantrages des betreibenden anberaumten Tagsatzung vom 11.10.1994 (ON 30) kündigte der Erstrichter an, ein Gutachten in drei Varianten in Auftrag zu geben, falls nicht in einem Prozeß eine Verkehrswertschätzung bereits erfolgt wäre. Nach Vorlage eines solchen Gutachtens bestellte das Erstgericht mit Beschluß vom 27.10.1994 einen Sachverständigen und trug ihm - wie angekündigt - die Erstattung eines Gutachtens über den Verkehrswert der gemeinschaftlichen Liegenschaft auf. Aufgrund von Äußerungen beider Teile erteilte das Erstgericht mit Beschluß vom 20.6.1995 den Auftrag zu einer Gutachtensergänzung (ON 52), den es am 4.9.1995 jedoch telefonisch widerrief.

In der Tagsatzung vom 4.10.1995 wurde mit den Parteien die Frage erörtert, ob der Betreibende auch Mieter zweier Wohnungen im Hause sei, und dieser dazu auch einvernommen. Mit am 22.1.1996 beim Erstgericht eingelangten Antrag stellte der Betreibende den Antrag, die Versteigerungsbedingungen ohne Rücksicht auf eine von der Verpflichteten nicht fristgerecht eingebrachte Stellungnahme festzustellen. Mit Beschluß vom 14.2.1996 (ON 72) wies das Erstgericht einen weiteren Fristerstreckungsantrag der Verpflichteten ab und beraumte für den 12.3.1996 eine Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen an. Da sich die Parteien wiederum nicht über die Versteigerungsbedingungen einigen konnten, wurde erklärt, daß sie das Erstgericht nach Einholung eines Ergänzungsgutachtens festlegen solle. Nach Einlangen desselben trug das Erstgericht mit Beschluß vom 17.6.1996 der Verpflichteten auf, binnen acht Wochen die Einleitung jener prozessualen Schritte nachzuweisen, die zur Klärung der Mietereigenschaft des Betreibenden hinsichtlich der zwei Wohnungen führen, widrigenfalls der Schätzwert unter Annahme des Bestehens dieser Mietverhältnisse festgelegt würde (ON 76a).

Mit Schriftsatz vom 13.9.1996 (ON 80) gab die Tochter des bisherigen Verpflichteten bekannt, daß ihr dieser seine Miteigentumsanteile schenkungsweise übertragen habe, und erklärte, anstelle ihres Vaters in das Exekutionsverfahren einzutreten. Am Tag der über diesen Antrag anberaumten Tagsatzung (10.12.1996) langte der Aufschiebungsantrag der Verpflichteten ein, der sich auf die bereits erfolgte Einbringung einer Oppositionsklage beim Titelgericht stützt. Darin wird auch ausdrücklich die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles behauptet und mit dem endgültigen Verlust des Miteigentumsanteils, dem durch die Belastung mit einem Fruchtgenuß des bisherigen Betreibenden zu erwartenden äußerst geringen Erlöses und der Vermögenslosigkeit der Verpflichteten mit Ausnahme des Miteigentumsanteils begründet. Zur Bescheinigung wird auf die Oppositionsklage verwiesen.

Die Betreibende beantragte die Abweisung des Aufschiebungsantrages, hilfsweise dessen Bewilligung gegen Auferlegung einer Sicherheitsleistung von S 1 Million.

Mit Beschluß vom 29.1.1997 schob das Erstgericht die Exekution ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung auf. Zur Begründung der Gefährdung der Verpflichteten führte das Erstgericht aus, daß die Betreibende durch Einverleibung eines Fruchtgenußrechtes zugunsten ihres Vaters (und Rechtsvorgängers) den Wert der Liegenschaft ganz wesentlich gesenkt habe, womit klar sei, daß die Verpflichtete im Fall der Versteigerung einen Vermögensschaden erleide. Dieser sei im Sinne des § 44 EO unersetzbar oder schwer ersetzbar. Zwar bestreite dies die Betreibende, vergesse aber, entsprechend leicht greifbare Vermögenswerte anzugeben. Ihr Liegenschaftsanteil sei durch das Fruchtgenußrecht des Vaters praktisch entwertet.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Betreibenden gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß insoweit teilweise Folge, als es die Aufschiebung von einer Sicherheitsleistung im Ausmaß von S 1 Million abhängig machte. In seiner Begründung führte es aus, daß die Oppositionsklage im Hinblick auf beide darin geltend gemachten Gründe keineswegs von vornherein aussichtslos sei. Da aber im Hinblick auf die ungleiche Interessenlage der Parteien keine unbedenklichen Urkunden vorlägen, sei gemäß § 44 Abs 2 Z 1 EO eine Sicherheitsleistung aufzutragen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung erheben beide Teile außerordentliche Revisionsrekurse. Während die betreibende Partei die Abänderung derselben dahin begehrt, daß der Aufschiebungsantrag abgewiesen werde (und hilfsweise einen Aufhebungsantrag stellt), beantragt die verpflichtete Partei in erster Linie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses; in eventu die Herabsetzung der Sicherheitsleistung auf 1 Schilling oder einen anderen, angemessen niedrigeren Betrag, allenfalls die Setzung einer zweimonatigen oder einer anderen angemessenen Frist zum Erlag der Sicherheit.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig und auch berechtigt, weil die Unterinstanzen, wie darzulegen sein wird, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Gefährdung bei der Zwangsvollstreckung abgewichen sind.

Nach einhelliger Lehre und ständiger Rechtsprechung gelten für Exekutionsverfahren gemäß § 352 EO lediglich für die Durchführung der Versteigerung die §§ 272 bis 280 AußStrG, sonst aber die allgemeinen Bestimmungen der §§ 1 bis 87 EO (SZ 52/61 = RZ 1980/2; MietSlg 38.861; 3 Ob 86/94 uva; zuletzt 3 Ob 81/95; Heller/Berger/Stix 2537; Rechberger/Simotta Exekutionsverfahren2 Rz 812; Holzhammer Zwangsvollstreckungsrecht4 385 [aM nur hinsichtlich der Verfahrensart]), daher auch die Bestimmungen der §§ 42 ff EO über die Aufschiebung der Exekution (3 Ob 86/94; Heller/Berger/Stix aaO). Folglich setzt auch die Aufschiebung einer Exekution nach § 352 EO gemäß § 44 Abs 1 EO die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles voraus. Während die Judikatur früher bei der Zwangsversteigerung eine solche Gefahr jedenfalls als offenkundig ansah, weil bei der Durchführung derselben dem Verpflichteten das Grundstück endgültig verlorengeht und auch zu befürchten ist, daß nicht einmal der Schätzwert erreicht wird (etwa SZ 32/20; RPflE 1969/108 und auch noch 3 Ob 131/87), wird in den jüngeren Entscheidungen zu Recht differenziert. Soll ein Zwangsversteigerungsverfahren vor Erlassung des Versteigerungsediktes aufgeschoben werden, hat der Verpflichtete zu behaupten und zu bescheinigen, daß auf Grund besonderer Umstände die Gefahr eines schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles besteht (RZ 1990/60 = JUS Z 430), ein solches Vorbringen ist nur dann entbehrlich, wenn die Erlassung des Ediktes unmittelbar bevorsteht (3 Ob 1121/94). Daß letzteres im vorliegenden, sich schon lange hinziehenden und auf Grund der mit einer Fruchtgenußbestellung für den bisherigen Betreibenden noch verkomplizierten Verfahren der Fall wäre, kann angesichts des eingangs dargestellten Ablaufes keinesfalls gesagt werden. Tatsächlich hat auch die Verpflichtete zur Gefährdung Behauptungen aufgestellt. Demnach braucht hier nicht abschließend die Frage beantwortet werden, ob die Offenkundigkeit der Gefährdung bei der Teilungsexekution nach § 352 EO in gleicher Weise wie bei der Zwangs- versteigerung gegeben ist.

Konkret hat sich die verpflichtete Miteigentümerin nun einerseits auf den drohenden endgültigen Verlust ihres Anteils und andererseits auf einen drohenden äußerst geringen Erlös berufen, wobei der Vermögensverlust wegen der weitgehenden Vermögenslosigkeit der Betreibenden von dieser nicht ersetzt werden könne. Was die Vermögensverhältnisse ihrer Gegnerin angeht, fehlt es an einer Bescheinigung, angeboten wurde dazu ja nur die diesbezüglich nichts aussagende Oppositionsklage. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die Verpflichtete ihre Vermögenslosigkeit - von ihrem Miteigentumsanteil abgesehen - in ihrer Äußerung schlüssig zugestanden hat. Die behaupteten Umstände rechtfertigen im gegenwärtigen Stadium die Annahme einer Gefahr im Sinne des § 44 Abs 1 EO schon deshalb nicht, weil sie nicht über die bei der Zwangsversteigerung als offenkundig angenommenen hinausgehen und im vorliegenden Verfahren diese Gefahren eben gerade noch nicht drohen, ist doch die Erlassung des Ediktes nach § 277 Abs 2 AußStrG noch nicht absehbar. Im übrigen ist ohnehin der Gefahr, daß wegen der ungleichen Belastung der Miteigentumsanteile für jene der Verpflichteten nur ein unter deren Verkehrswert liegender Erlös erzielt wird, durch die Bestimmung eines entsprechend hoch angesetzten Ausrufspreises, durch Erteilung eines Depurierungsauftrages an die Betreibende oder durch Wertausgleich Rechnung zu tragen (RdW 1997, 278; RdW 1994, 11 = RPflE 1993/120; EvBl 1990/93).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm den §§ 50, 40 und 41 EO. Ungeachtet der Bestimmung des § 352 a EO hat der im einen Zwischenstreit darstellenden Verfahren über einen Aufschiebungsantrag Obsiegende auch im Exekutionsverfahren nach § 352 EO Anspruch auf Kostenersatz (3 Ob 86/94; 3 Ob 188/88). In erster Instanz hat allerdings die Betreibende für ihre Äußerung keine Kosten verzeichnet. Barauslagen sind ihr allerdings, weil nach TP 3 des GGG auch für den Revisionsrekurs keine Pauschalgebühr zu entrichten sind, nicht entstanden.

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