OGH 3Ob131/87 (3Ob132/87, 3Ob133/87)

OGH3Ob131/87 (3Ob132/87, 3Ob133/87)13.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G*** UND B*** DER Ö***

S*** Aktiengesellschaft, Wien 3, Beatrixgasse 27, vertreten durch Dr. Klaus Galle, Rechtsanwalt in Wien, und anderer betreibender Gläubiger, wider die verpflichtete Partei A*** B*** Gesellschaft mbH, Klagenfurt, Hans

Sachs-Straße 35/6/329, wegen S 364.340,07 sA und anderer Forderungen, infolge Revisionsrekurses der Aufschiebungswerberin Elisabeth S***, Angestellte, Klagenfurt, Turmgasse 19/1, vertreten durch Dr. Richard Huber, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 26. August 1987, GZ 3 R 356-358/87-40-42, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 21. Juli 1987, GZ E 9138/86-30-32, abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird hinsichtlich der betreibenden Parteien G*** UND B*** DER Ö*** S***

Aktiengesellschaft sowie Dr. Erich F*** (Beschlüsse des Rekursgerichtes 3 R 356/87-41 und 3 R 357/87-40) zurückgewiesen. Hinsichtlich der betreibenden Partei Z*** UND H*** Gesellschaft mbH (Beschluß des Rekursgerichtes 3 R 358/87-42) wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Von den Hypothekargläubigern G*** UND B*** DER

Ö*** S*** Aktiengesellschaft und Z*** UND

H*** Gesellschaft mbH, sowie vom Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der verpflichteten Partei, Rechtsanwalt Dr. Erich F***, dem die gerichtliche Veräußerung der Liegenschaft bewilligt wurde, wird die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 148 KG St. Oswald betrieben. Auf dieser Liegenschaft befindet sich das A*** "B***". Das Schätzungsgutachten

enthält auch eine Bewertung des Inventars des Appartementhauses als Zubehör der Liegenschaft mit einem Betrag von S 200.000,--; hievon entfällt auf den Wert des Inventars des Appartements 1 im Keller ein Betrag von S 51.000„--. Das Inventar wird in den bereits genehmigten Versteigerungsbedingungen im einzelnen angeführt. Die Revisionsrekurswerberin brachte eine Klage nach § 37 EO gegen die die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger ein und brachte vor, sie sei auf Grund eines Mietvertrages vom 1. September 1984 Mieterin jener Wohnung, die in den Versteigerungsbedingungen mit "Keller, Appartement 1" bezeichnet werde; die in dieser Wohnung befindlichen Einrichtungsgegenstände seien ihr Eigentum. Sie habe sie zum Teil gekauft, zum Teil seien sie ihr anläßlich der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens anläßlich ihrer Ehescheidung von ihrem damaligen Ehemann ins Eigentum übertragen worden. Die Beklagten hätten das Verfahren trotz Aufforderung nicht eingestellt.

Mit dieser Klage wurde der Antrag verbunden, das Zwangsversteigerungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diese Klage aufzuschieben, weil der Klägerin durch die Versteigerung der Einrichtungsgegenstände ein unwiederbringlicher oder nur schwer wiederbringlicher Vermögensnachteil entstehen würde. Im Fall der Versteigerung (der Liegenschaft) müsse damit gerechnet werden, daß nicht annähernd ein Erlös erzielt werde, der dem Verkehrswert der Gegenstände entspreche.

Das Erstgericht bewilligte die Aufschiebung gegen Erlag von Sicherheitsleistungen unter Hinweis auf § 42 Abs 1 Z 5 EO und § 44 Abs 2 Z 1 und 3 EO.

Das Rekursgericht wies den Aufschiebungsantrag ab. Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige, und daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 1 ZPO sowie § 78 EO zulässig sei. Das Versteigerungsedikt habe nach § 170 Z 5 EO die Aufforderung zu enthalten, Rechte an der Liegenschaft, welche die Versteigerung unzulässig machen würden, spätestens im Versteigerungstermin vor Beginn der Versteigerung bei Gericht anzumelden, widrigens sie zum Nachteil eines gutgläubigen Erwerbers in Ansehung der Liegenschaft selbst nicht mehr geltend gemacht werden könnten. § 170 Z 5 EO spreche zwar von Rechten an der Liegenschaft, doch falle darunter auch das Liegenschaftszubehör. Durch den Zuschlag erwerbe der Ersteher nebst der Liegenschaft alles, was als Zubehör im Schätzungsprotokoll, in den Versteigerungsbedingungen und im Versteigerungsedikt angeführt sei. Was das Zubehör einer erstandenen Liegenschaft bilde, gehe mit der Liegenschaft auf den Ersteher über und folge als Nebensache den Gesetzen der Hauptsache; es gelte deshalb auch für das Liegenschaftszubehör die Präklusion nach § 170 Z 5 EO. Sei der Erwerber gutgläubig, trete der Eigentumserwerb ohne Rücksicht auf das Eigentum des Verpflichteten ein. Die Anmeldung nach § 170 Z 5 EO habe den Zweck, den Ersteher in bösen Glauben zu versetzen. Der Exzindierungsklägerin, die den Versteigerungstermin den öffentlichen Verlautbarungen entnehmen könne, stehe daher die Möglichkeit offen, ihre Eigentumsansprüche an den Einrichtungsgegenständen zu verfolgen, ohne daß mit der Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden sei. Der Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung zur Frage des Einflusses der Bestimmung des § 170 Z 5 EO auf § 44 Abs 1 EO fehle.

Die Exzindierungsklägerin bekämpft die Beschlüsse des Rekursgerichtes (die zweite Instanz hat hinsichtlich jedes betreibenden Gläubigers gesondert entschieden) mit Revisionsrekurs. Die Verweisung der Exzindierungsklägerin auf die Bestimmung des § 170 Z 5 EO führe zu einer Schwächung ihrer Rechtsposition und zu schwerwiegenden Vermögensnachteilen. Der Vermögensnachteil sei bei einer Zwangsversteigerung offenkundig.

Mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 9. Oktober 1987 (ON 46) hat das Erstgericht über Antrag der betreibenden Parteien G*** UND B*** DER Ö*** S*** AG und Dr. Erich F*** das Exekutionsverfahren hinsichtlich der in der Exzindierungsklage angeführten Gegenstände gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt.

Rechtliche Beurteilung

Jedes Rechtsmittel setzt eine Beschwer voraus, ein Rechtsschutzinteresse, das bei Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen muß. Fehlt es am Rechtsschutzinteresse, so ist das Rechtsmittel unzulässig. Das für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderliche Rechtsschutzinteresse ist nicht vorhanden, wenn der Entscheidung nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung zukäme, weil es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, über bloß theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen (Heller-Berger-Stix 648; MietSlg. 32.780 ua). Wurde die Exekution bereits rechtskräftig eingestellt, so fehlt dem Verpflichteten jedes Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung über die Aufschiebung der Exekution (Heller-Berger-Stix aaO).

Eine Beschwer der Exzindierungsklägerin ist nach rechtskräftiger Einstellung des Exekutionsverfahrens gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO hinsichtlich der in der Exzindierungsklage angeführten Gegenstände, soweit dieses Verfahren durch die

G*** UND B*** DER Ö*** S*** AG und durch

den Masseverwalter betrieben wird, nicht mehr gegeben. Der Revisionsrekurs war aus diesem Grund hinsichtlich dieser betreibenden Gläubiger zurückzuweisen.

Der Revisionsrekurs ist im übrigen aus dem von der zweiten Instanz angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt. Nach § 44 Abs 1 EO hat die Bewilligung der Exekutionsaufschiebung zu unterbleiben, wenn die Exekution begonnen oder fortgeführt werden kann, ohne daß dies für denjenigen, der die Aufschiebung verlangt, mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden wäre. Der Exzindierungsklägerin ist grundsätzlich darin beizupflichten, daß bei einer Zwangsversteigerung die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles wegen des Verlustes der Liegenschaft und wegen der Verschleuderungsgefahr offenkundig ist (Heller-Berger-Stix 546; SZ 32/20), und daß auch bei der Fahrnisexekution die Gefahr eines schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils als offenbar bestehend angenommen wird, weil der Erlös bei einer Versteigerung gepfändeter Einrichtungsgegenstände hinter dem Wert der versteigerten Sachen zurückbleiben und die Wiederanschaffung erheblich größere Mittel erfordern würde (Heller-Berger-Stix aaO).

Dennoch ist eine Aufschiebung der Exekution im gegenständlichen Fall, wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 44 Abs 1 EO nicht gerechtfertigt.

Durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren wird das Eigentum der in Exekution gezogenen Liegenschaft an den Ersteher übertragen. Als ursprüngliche Erwerbsart überträgt der Zuschlag Eigentum selbst dann, wenn der Verpflichtete nicht Eigentümer war, soferne nur der Ersteher gutgläubig war (SZ 52/13). Der gutgläubige Ersteher erwirbt bei der Zwangsversteigerung auch alles, was im Schätzungsprotokoll, in den Versteigerungsbedingungen und im Versteigerungsedikt als Zubehör angeführt ist, mögen auch einzelne Sachen einem Dritten gehören (SZ 24/123). Die Unterlassung der Anmeldung eines die Versteigerung unzulässig machenden Rechtes (§ 170 Z 5 EO) führt zwar nicht zum Verlust dieses Rechtes; sie eröffnet jedoch einerseits die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbes durch den Ersteher, und andererseits werden die Rechte in Ansehung der Liegenschaft präkludiert und verwandeln sich in Ansprüche auf das erzielte Meistbot (Heller-Berger-Stix 1309, 3 Ob 85/83).

Durch die ordnungsgemäße Anmeldung seines Rechtes iS des § 170 Z 5 EO dagegen - das ist eine Anmeldung, durch die der Sachverhalt und der Anspruch hinreichend dargetan sind - bleibt dem Dritten, kann er die Versteigerung auch nicht verhindern, die Geltendmachung seiner Ansprüche nach Maßgabe der materiellen Rechtslage gewahrt, weil sie den guten Glauben des Erstehers beseitigt (Heller-Berger-Stix 1307 f; SZ 52/13, 6 Ob 718/76, 1 Ob 771/82).

Vermag aber die Exzindierungswerberin ihre Rechte gegen den auf Grund einer solchen Anmeldung in bösen Glauben versetzten Ersteher zu verfolgen, so kann nicht gesagt werden, daß die Fortsetzung der Exekution für sie mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden wäre.

Mit Recht hat daher die zweite Instanz den Aufschiebungsantrag abgewiesen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO, §§ 40 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte