Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die klagende Partei begehrte aus dem Titel des Schadenersatzes und der Gewährleistung den Zuspruch von 60.000 EUR sA sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle Schäden, die aus der nicht ordnungsgemäßen Planung, Ausschreibung und Bauleitung eines Bauvorhabens betreffend Umbauarbeiten an einer Betriebshalle resultieren. Die Leistungen des Beklagten seien in weiten Bereichen mangelhaft und hätten erhebliche Schäden verursacht. Bei richtiger Planung der Dachsanierung und der Zwischendecke wäre der Austausch der vorhandenen Sektionaltore sowie die Neuverlegung der Kabeltasse nicht erforderlich gewesen, wodurch Mehrkosten von 21.014,62 EUR und 4.000 EUR entstanden seien. Die vom Beklagten geplanten und errichteten Stahlsäulen wären falsch dimensioniert, weshalb für die Verstärkung und nachträgliche Anbringung zusätzlicher Randsäulen Kosten von 60.018,39 EUR aufgelaufen wären. Die nicht bauordnungsgemäßen Holztreppen ins Zwischengeschoss hätten durch eine brandsichere Stahltreppe ersetzt und diese ummantelt werden müssen, wodurch Mehrkosten von 14.996,56 EUR und 16.171,17 EUR entstanden seien. Die nachträgliche Anbringung von Brandschutzverkleidungen und von Brandschutzanstrichen habe Mehrkosten von 10.509,34 EUR verursacht. Weiters habe die vom Beklagten zwar in Rechnung gestellte, aber nicht erbrachte Statik erstellt werden müssen, wodurch Kosten von mindestens 3.000 EUR aufgelaufen seien. Nach Erkennen der Mangelhaftigkeit der Leistungen sei ein Sachverständiger mit der Begutachtung und der Fertigstellung der Arbeiten beauftragt worden, was zu Mehrkosten von zumindest 43.000 EUR geführt habe. Von all diesen Schadenbeträgen werde vorerst nur ein Teilbetrag von 60.000 EUR geltend gemacht. Eine Zuordnung der einzelnen Klagepositionen auf diesen Teilbetrag nahm die klagende Partei nicht vor.
Der Beklagte wendete zusammengefasst ein, er habe alle in Auftrag gegebenen Leistungen ordnungsgemäß erbracht. Das Klagebegehren sei unschlüssig, weil nicht konkret hervorgehe, welche der geltend gemachten Mehrkosten in der Klageforderung von 60.000 EUR enthalten seien.
Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren wegen Unschlüssigkeit ab. Es liege ein Fall der objektiven Klagenhäufung vor, da mit den gemeinsam in der Klage vorgebrachten Rechtsschutzbegehren kein einheitlicher Gesamtschaden geltend gemacht werde, sondern die einzelnen Rechtsschutzbegehren auf unterschiedlichen Sachverhaltsgrundlagen beruhten und einer unterschiedlichen rechtlichen Beurteilung zugänglich seien. Es müsste somit jeder der einzelnen Ansprüche ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein. Diesem Erfordernis entspreche die Leistungsklage nicht, weil trotz zweimaliger Erörterung der Unschlüssigkeit für die Einzelforderungen in Gesamthöhe von 172.710,08 EUR weiterhin nur ein die Summe dieser Einzelforderungen wesentlich unterschreitender Pauschalbetrag von 60.000 EUR geltend gemacht worden sei. Eine Klarstellung, welche Teile der Einzelforderungen von den 60.000 EUR umfasst seien, sei unterblieben. Auch die Feststellungsklage sei unbestimmt, weil die klagende Partei keine konkreten Fehlleistungen bzw Mängel aufgezeigt habe, auf die sie ihr Festellungsbegehren stütze.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im Umfang der Abweisung des Zahlungsbegehrens als Teilurteil. Die Entscheidung über die Abweisung des Feststellungsbegehrens hob es auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts zur Unschlüssigkeit des Zahlungsbegehrens. Nur bei Geltendmachung eines einheitlichen Anspruchs könnte es eine Überspannung der Verpflichtung zur Präzisierung bedeuten, wenn man vom Kläger die genaue Aufschlüsselung der einzelnen unselbstständigen Teilpositionen fordere. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung zulässig sei, weil im Hinblick auf die E 80 b 135/03s auch eine andere Beurteilung der Schlüssigkeit des Begehrens denkbar wäre.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts - ist die Revision unzulässig.
1. Eine objektive Klagenhäufung ist dann gegeben, wenn gemeinsam vorgebrachte Rechtsschutzanträge geltend gemacht werden, die jeder für sich die Inhaltserfordernisse einer Klage erfüllen und jeweils ein Mindestmaß an Tatsachenbehauptungen und ein bestimmtes Begehren enthalten. Es genügt aber auch, wenn in der Klage die Tatsachen eines gesamten Lebenssachverhalts vorgebracht werden, aus denen sich mehrere Begehren ableiten, die aus nicht deckungsgleichen Tatsachen entspringen (1 Ob 99/07a; Fasching in Fasching/Konecny2, § 227 ZPO Rz 3).
2. Der Oberste Gerichtshof hat zur Frage ob und inwieweit in Fällen einer objektiven Klagehäufung eine Aufschlüsselung erforderlich ist, um dem Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO zu entsprechen, stets eine genaue Aufgliederung gefordert und die Geltendmachung eines Pauschalbetrags als nicht ausreichend angesehen (RIS-Justiz RS0031014). Ohne eine solche Aufschlüsselung wäre es nämlich nicht möglich, den Umfang der Rechtskraft einer Teilabweisung des Zahlungsbegehrens zu bestimmen und damit die Frage zu beantworten, über welche der eingeklagten Forderungen (ganz oder teilweise) endgültig abgesprochen worden ist. Nur wenn eine solche Aufgliederung erfolgt, kann in einem Folgeprozess die der Zulässigkeit einer weiteren Sachentscheidung allenfalls entgegenstehende materielle Rechtskraft der früheren Entscheidung beurteilt werden (RIS-Justiz RS0031014 [T15, T17]).
3. Andererseits wurde aber auch auf die Zumutbarkeit einer solchen Aufgliederung abgestellt und die Forderung nach Angabe sämtlicher unselbstständiger Teilpositionen bzw Einzelforderungen dann als Überspannung des Gebots der Präzisierung beurteilt, wenn sich ein auf einen einheitlichen Anspruchsgrund gestütztes Begehren aus zahlreichen Einzelforderungen zusammensetzt, die während eines längeren Zeitraums aufgelaufen sind (RIS-Justiz RS0037907). Handelt es sich um gleichartige Ansprüche können sie zu einem einheitlichen Begehren zusammengefasst werden; ein auf diese Weise geltend gemachter einheitlicher Gesamtschaden bedarf dann keiner weiteren Aufschlüsselung (8 Ob 672/89). Unter dieser Voraussetzung wurde ein Pauschalbegehren auf Ersatz von Mängelbehebungskosten in Höhe von 3.250.000 EUR als zulässig angesehen, selbst wenn aus einer im Verfahren vorgelegten Urkunde Mängelbehebungskosten im Umfang von 3.505.393,20 EUR hervorgingen (8 Ob 135/03s). Ein einheitlicher Gesamtschaden - weil auf dieselbe Schadensursache zurückzuführen - wurde auch dann angenommen, wenn die Zuleitung von Oberflächenwasser von einer oberhalb gelegenen Liegenschaft Schäden an einer Stützmauer und einem Natursteinpflaster verursachte (1 Ob 99/07a).
4. Von dieser Rechtsprechung weichen die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht ab:
Nach der Klageerzählung umfassen die - jeweils sowohl auf den Titel des Schadenersatzes als auch der Gewährleistung gestützten - geltend gemachten „Mehrkosten" Positionen, die als Mängelbehebungskosten bzw Verbesserungsaufwand zu qualifizieren sind (etwa die Verstärkung der Stahlsäulen), wobei die Mängel nicht auf einen einzigen, sondern auf mehrfache Planungsfehler zurückgeführt werden. In anderen Klagepunkten werden aber auch aus angeblicher Schlechterfüllung entstehende weitere Schäden (Mangelfolgeschäden) geltend gemacht, wie zB die Kosten eines Sachverständigengutachtens zwecks Erfassung der behaupteten Planungsfehler, somit Schadenersatzansprüche, die der Beklagte nur bei Verschulden zu ersetzen hat. Es handelt sich demnach weder um die Geltendmachung einer Vielzahl in einem einheitlichen Begehren zusammengefasste Mängelbehebungskosten (wie in der Entscheidung 8 Ob 135/03s), noch um einen auf dieselbe Schadensursache zurückzuführenden einheitlichen Gesamtschaden, der mehrere unselbstständige Teilpositionen umfasst (wie etwa in der Entscheidung 1 Ob 99/07a). Vielmehr liegen mehrere, unterscheidbare Klagepositionen vor, die - wenngleich sie sich aus einem Lebenssachverhalt ableiten -, nicht deckungsgleichen Tatsachen entspringen und zudem ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können (ähnlich wie etwa Schmerzengeld und Verunstaltungsentschädigung RIS-Justiz RS0031014 [T1]; Reparaturkosten und Wertminderung (RIS-Justiz RS0031014 [T11]). Wird in einem solchen Fall lediglich ein Teilschaden eingeklagt, hat der Kläger klarzustellen, welche Teile von seinem pauschal formulierten Begehren erfasst sein sollen (9 Ob 114/04m). Diese Klarstellung fehlt im vorliegenden Fall, weil nicht nachvollziehbar ist, welche Teile des in der Klageerzählung geschilderten Gesamtschadens in Höhe von 172.710,08 EUR vom pauschal formulierten Klagebegehren über 60.000 EUR umfasst sind.
Da die Frage der Schlüssigkeit des Klagevorbringens nur an Hand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden kann, stellt sie grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Nur eine krasse Fehlbeurteilung der Schlüssigkeit durch das Berufungsgericht könnte die Zulässigkeit der Revision begründen (RIS-Justiz RS0037780). Eine solcherart qualifizierte Unrichtigkeit zu Lasten der klagenden Partei haftet dem Berufungsurteil jedenfalls nicht an.
5. Eine dem Berufungsgericht unterlaufene Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil nach dem Protokoll der Streitverhandlung vom 20. April 2009 das Erstgericht die fehlende Schlüssigkeit des Klagebegehrens ausdrücklich als Problem angesprochen hat („welche Teile der einzelnen Forderungen vom Klagebegehren umfasst sein sollten"). Was damit gemeint war musste schon aufgrund des (zutreffenden) Einwands des Beklagten klar sein, dass „ohne Aufschlüsselung des geltend gemachten Pauschalbetrags dem Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO nicht entsprochen wird" (ON 10). Im Übrigen muss der in § 182a ZPO motivierte Hinweis darauf genügen, dass sich die Frage der Schlüssigkeit stelle und der Kläger Ausführungen hiezu zu erstatten habe (1 Ob 294/00t).
6. Insoweit die Revisionswerberin einen unzureichenden Verbesserungsauftrag rügt wird ein vom Berufungsgericht behandelter, aber verneinter Verfahrensmangel erster Instanz releviert, der nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann.
7. Richtig ist, dass die mangelnde Bestimmtheit des Klagebegehrens in jeder Lage des Verfahrens - also auch noch im Berufungsverfahren - von Amts wegen wahrzunehmen ist (Fasching in Fasching/Konecny2 § 226 Rz 42). Die mangelnde Bestimmtheit des Klagebegehrens hat das Berufungsgericht dann aufzugreifen, wenn es im Gegensatz zum Erstgericht das Klagebegehren für zu wenig bestimmt erachtet (RIS-Justiz RS0036871). In diesem Fall hat es das Urteil des Erstgerichts aufzuheben und es anzuweisen, dem Kläger die Verbesserung des Begehrens aufzutragen oder selbst bei der mündlichen Berufungsverhandlung die Frage der richtigen Fassung des Begehrens zu erörtern und den Kläger zur Verbesserung seines Begehrens aufzufordern (9 ObA 13/04h; 8 Ob 219/02t; 1 Ob 1607/95). Ist aber - wie hier - der klagenden Partei bereits vom Erstrichter erfolglos Gelegenheit zur Schlüssigstellung ihres Klagebegehrens gegeben worden, hat jeder neuerliche Verbesserungsversuch durch das Berufungsgericht zu unterbleiben, würde ein solcher doch allein dem Zweck dienen, einer Partei ein Vorbringen zu ermöglichen, das sie bisher schon hätte erstatten können (9 Ob 48/98y; Fucik in Rechberger2, § 182 Rz 2 mwN). Die trotz Vornahme eines erfolglos gebliebenen Verbesserungsversuchs durch das Erstgericht von der Revisionswerberin vermisste neuerliche Erörterung der Unschlüssigkeit durch das Berufungsgericht vermag demnach keinen Mangel des Berufungsverfahrens zu begründen. Wegen der Erfolglosigkeit des Verbesserungsversuchs bestand für das Berufungsgericht auch kein Anlass, auf die von der klagenden Partei in der Berufungsschrift erstmals vorgenommene Präzisierung des pauschalen Klagebegehrens Bedacht zu nehmen.
Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung ist die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Kosten für die Revisionsbeantwortung sind nicht zuzusprechen. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen (RIS-Justiz RS0035962).
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