OGH 3Ob258/01i

OGH3Ob258/01i30.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Sparkasse N*****, vertreten durch Dr. Kurt Lechner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wider die verpflichteten Parteien 1.) Dr. Oswin Hochstöger, Rechtsanwalt, Gmünd, Stadtplatz 6, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Maria K*****, 2.) mj. Martin K*****, und 3.) mj. Franz K*****, beide vertreten durch Dr. Oswin Hochstöger, Rechtsanwalt in Gmünd, und 4.) Dr. Oswin Hochstöger, Rechtsanwalt, Gmünd, Stadtplatz 6, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Sylvia K*****, wegen 695.906,13 S (50.573,47 EUR) sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems/Donau als Rekursgericht vom 12. Juni 2001, GZ 1 R 78/01b-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gmünd vom 28. November 2000, GZ 1 E 2690/00h-2, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichteten Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die betreibende Partei beantragte zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 695.906,13 S sA auf Grund des Versäumungsurteils des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 20. 7. 1999, mit welchem die ursprünglich Erstverpflichtete und Franz K*****, geboren am 2. 6. 1952, zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 883.954,32 S sA verurteilt worden waren, die Zwangsversteigerung näher bezeichneter Liegenschaften. Mit dem Exekutionsantrag legte die betreibende Partei die erste Seite der zu AZ 2 A 268/99i des Erstgerichts erlassenen Einantwortungsurkunde vor, aus der sich ergibt, dass der Nachlass des am 2. 8. 1999 verstorbenen Franz K***** der Erstverpflichteten zu einem Drittel und den übrigen Verpflichteten je zu 2/9 eingeantwortet wurde. Von wem diese Einantwortungsurkunde ausgestellt wurde, ist aus ihr selbst nicht erkennbar. Im Exekutionsantrag wies die betreibende Partei noch darauf hin, dass die Erstverpflichtete auch als Erbin und die übrigen Verpflichteten als Erben nach der genannten Verlassenschaft in Anspruch genommen würden.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass die Erstverpflichtete nur Hälfteeigentümerin von drei Liegenschaften sei und die zweit- bis viertverpflichteten Parteien überhaupt nicht als grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaften aufschienen. Vor Bewilligung der Zwangsversteigerung seien die Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens zu verbüchern.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs der betreibenden Partei (in Wahrheit nur teilweise) Folge und bewilligte die beantragte Exekution, jedoch (ohne dies näher zu begründen) nicht im Rang von für die betreibende Partei einverleibten Pfandrechten, sondern ohne Hinweis darauf. Zwischen Einantwortung des Nachlasses und Verbücherung des Eigentumsrechts der Erben könne Exekution in die Nachlassliegenschaft zur Hereinbringung einer Nachlassschuld geführt werden, wobei in diesem Zeitabschnitt als verpflichtete Partei formell noch die Verlassenschaft, vertreten durch die eingeantworteten Erben, anzusehen sei. Eine Berichtigung komme aber im vorliegenden Fall nicht mehr in Frage, weil mittlerweile bereits die Erben auch grundbücherlich einverleibt worden seien. Die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen der Erst- und der Viertverpflichteten sei ohne Bedeutung, da gemäß § 11 KO Absonderungsrechte durch die Konkurseröffnung nicht berührt würden.

Unter Berufung auf die Entscheidung SZ 26/144 und die Lehrmeinung von Hoyer (Glosse zu NZ 1995, 32) vertrat das Rekursgericht die Auffassung, das Gericht könne sich durch Einsicht in einem Akt leicht davon Kenntnis verschaffen, wenn ein Antragsteller auf ein konkretes Stück eines bestimmten, beim Bewilligungsgericht erliegenden Akts verweise. Ein diesbezüglicher Verbesserungsauftrag (soweit dieser nicht wegen einer Rangverschiebung im Grundbuch ausgeschlossen sei) wäre ein übermäßiger Formalismus.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage des Nachweises der Rechtsnachfolge keine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe. Gegen diese Entscheidung richtet sich der nur für den - mittlerweile eingetretenen - Fall der Erfolglosigkeit eines Einstellungsantrags erhobene Revisionsrekurs der verpflichteten Parteien, mit dem sie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin begehren, dass der angefochtene Beschluss als nichtig behoben werde; hilfsweise wird beantragt, ihn dahin abzuändern, dass der Exekutionsantrag abgewiesen werde.

Als nichtig betrachten die Verpflichteten die angefochtene Entscheidung deshalb, weil mittlerweile die Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels aufgehoben worden sei. Denn seinerzeit sei trotz der vorliegenden Interessenkollision zwischen den verpflichteten Parteien im Hinblick auf die Minderjährigkeit der zweit- und drittverpflichteten Parteien kein Kollisionskurator bestellt worden. Außerdem habe infolge der Konkurseröffnung über das Vermögen der erst- und viertverpflichteten Parteien das Titelgericht das Verfahren gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen. In Ansehung der zweit- und drittbeklagten Parteien habe der bestellte Verfahrenshelfer Widerspruch gegen das Versäumungsurteil erhoben. Das Rekursgericht hätte bei Überprüfung des Akts neuerlich die Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels prüfen müssen. Die auf einem nicht existenten Titel beruhende Rekursentscheidung sei daher nichtig.

Im Übrigen übersehe das Rekursgericht, dass es Sache der betreibenden Partei sei, alle im Exekutionsantrag behaupteten Tatsachen zu beweisen, und eine unvollständige Urkunde nicht geeignet sei, als Entscheidungsgrundlage zu dienen. Der Beschluss des Rekursgerichts in Ablehnung der Entscheidung NZ 1995, 32 sei rechtlich unrichtig, die Entscheidung SZ 26/144 sei auf den konkreten Fall nicht anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Zu Unrecht machen zunächst die Verpflichteten Nichtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung geltend.

Die Verpflichteten behaupten gar nicht, dass die Vollstreckbarkeitsbestätigung bereits vor dem für die Überprüfung der Rechtsmittelinstanzen maßgeblichen Zeitpunkt (hier, weil das Exekutionsgericht zugleich als Grundbuchsgericht zu entscheiden hatte, der Zeitpunkt des Einlangens des Gesuchs beim Exekutionsgericht: RIS-Justiz RS0000023) aufgehoben worden wäre. Eine spätere Aufhebung kann aber schon wegen des im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbot nicht mit Rekurs geltend gemacht werden (Rebernig in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 39 Rz 44). Das gilt seit der Änderung des § 54 EO durch die EO-Novelle 1995 auch dann, wenn anders als im vorliegenden Fall Titel- und Exekutionsgericht nicht auseinanderfallen (Angst/Jakusch/Pimmer, EO MTA I § 54 Anm 7; 3 Ob 7/99x = MietSlg 51.770; gegenteilig zu Unrecht noch Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner aaO § 7 Rz 67 und 116). Das Exekutionsgericht ist nunmehr uneingeschränkt bis zur Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit an diese gebunden (3 Ob 195/01z; Meinhart aaO § 7 Rz 65 mwN; Jakusch in Angst, EO, § 7 Rz 97). Erst die rechtskräftige Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung führt zur Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 9 EO (Jakusch aaO § 7 Rz 115, § 39 Rz 56 ff; Meinhart aaO § 7 Rz 116). Es kommt daher weder auf eine allenfalls "mittlerweile" erfolgte Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Titelurteils noch auf die ebenfalls unter Verletzung des Neuerungsverbots behauptete Fortsetzung des Titelverfahrens an. Aus keinem der beiden Gründe folgt nämlich die Nichtigkeit der bekämpften Entscheidung.

b) In der Sache bestreiten die Verpflichteten nicht, durch Einantwortung der Verlassenschaft ihres Ehemanns bzw Vaters (außerbücherliche) Miteigentümer der in Frage stehenden Liegenschaften geworden zu sein, soweit nicht die Erstverpflichtete ohnehin bereits als Miteigentümerin im Grundbuch eingetragen war.

Ebensowenig bezweifeln sie die auf die Entscheidungen EvBl 1975/226 =

NZ 1977, 91 und SZ 49/104 = EvBl 1977/37 gestützte Rechtsansicht des Rekursgerichts, zwischen Einantwortung des Nachlasses und Verbücherung des Eigentumsrechts der Erben könne Exekution zur Hereinbringung von Nachlassschulden formell noch gegen die Verlassenschaft, vertreten durch die eingeantworteten Erben, geführt werden (ebenso SZ 66/4); sie bestreiten auch keineswegs, dass ihre bücherliche Eintragung mittlerweile erfolgt sei.

Dass grundsätzlich die Vorlage der Fotokopie eines Teils einer Einantwortungsurkunde nicht zum von § 9 EO geforderten Nachweis der Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite genügen kann, hat zu Recht bereits das Rekursgericht dargelegt. Die Verpflichteten gehen in Wahrheit auch nicht auf die Argumentation des Rekursgerichts ein, wonach im vorliegenden Fall die Einantwortung als gerichtskundig anzusehen wäre. Aus den Ausführungen der Revisionsrekurswerber kann lediglich erschlossen werden, das Rekursgericht hätte ihrer Ansicht nach der Entscheidung NZ 1995, 32 entgegen der Entscheidung SZ 26/144 folgen müssen. Die Entscheidung 3 Ob 95, 96/94 = NZ 1995, 32 (Hoyer) = RZ 1995/46 betraf allerdings einen nicht vergleichbaren Fall. Damals hatte sich die betreibende Partei für den Nachweis einer Rechtsnachfolge lediglich auf das Grundbuch und dessen Urkundensammlung berufen, was der erkennende Senat als nicht ausreichend ansah, weil der Inhalt des Grundbuchs weder als allgemein- noch gerichtskundig angesehen werden könne (während Hoyer in dem Verweis auch einen solchen auf die Grundbuchsakten sehen will, deren Inhalt gerichtsbekannt sei). Aber auch der der Entscheidung 3 Ob 325/53 = SZ 26/144 zugrundeliegende Fall ist mit dem vorliegenden insoweit nicht vergleichbar, als damals dem Erstrichter der von ihm beigeschaffte Abhandlungsakt bei der Bewilligung der Forderungsexekution vorgelegen war.

Während für das (reine) Grundbuchsverfahren nach bis in die jüngste Zeit reichende Rechtsprechung nur die vorgelegten Urkunden, das Grundbuch und die sonstigen Grundbuchsbehelfe, nicht aber andere Amtsakten oder das Amtswissen des Entscheidungsorgans heranzuziehen sind (5 Ob 235/01x unter Berufung auf RIS-Justiz RS0040040), gilt dies nicht auch für das Zwangsversteigerungsverfahren, für welches (vor und nach der EO-Novelle 2000) kein § 88 Abs 2 EO (für die zwangsweise Pfandrechtsbegründung) entsprechender Verweis auf die Bestimmungen des GBG angeordnet ist. Demnach ist im vorliegen Fall das Rekursgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Inhalt der ohnehin teilweise in Kopie vorgelegten Einantwortungsurkunde dem Entscheidungsorgan des Erstgerichts (hier: einem Richter) schon deshalb bekannt war, weil, wie sich aus den dem Obersten Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt, dasselbe Organ auch wenige Monate vor Entscheidung über den Exekutionsantrag selbst die Einantwortungsurkunde und den zugleich gefällten Mantelbeschluss unterfertigt hatte. (Gerade auch im Hinblick auf die in der Einantwortungsurkunde angegebene letzte Anschrift des Erblassers, eine Landwirtes, im Sprengel des Erstgerichtes, zu dessen Sprengel auch die Katastralgemeinde gehört, in der sämtliche in die Verlassenschaft fallenden Liegenschaften liegen, konnte dieser auch keinen Zweifel an der Herkunft der vorgelegten Teilurkunde haben.) Dem Revisionsrekurs ist daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.

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