OGH 5Ob235/01x

OGH5Ob235/01x9.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Peter Oskar G*****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, betreffend Grundbuchshandlungen ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch*****, 8. Bezirk, infolge der Revisionsrekurse des Antragstellers und der Josefine G*****, vertreten durch Dr. Ernst Maiditsch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 6. Juli 2001, AZ 1 R 173/01p, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Beide Vorinstanzen haben das Begehren des Antragstellers auf Einverleibung seines Eigentumsrechtes unter Mitübernahme der zu C-LNR 3a, 4a, 6a, 7a, 8a, 9a, 10a und 11a intabulierten Belastungen abgewiesen, weil sie das in § 364c ABGB für die Verbücherung eines rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbots geforderte besondere Naheverhältnis zwischen Verbotsberechtigtem und Verbotsbelastetem für nicht ausreichend dargetan hielten.

In dem zwischen dem Antragsteller und Josefine G***** am 20. Dezember 2000 abgeschlossenen Schenkungsvertrag wird unter Punkt II (Übergabe) vereinbart: Josefine G***** übergibt hiemit an ihren Sohn Peter Oskar G***** ...

In der Unterschriftsbeglaubigung durch den öffentlichen Notar findet sich weder ein Hinweis auf das Verwandtschaftsverhältnis noch irgendein Bezug auf eine Standesurkunde.

Das Rekursgericht vermisste demnach einen urkundlichen Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem Antragsteller und der Liegenschaftseigentümerin als materiellrechtliche Voraussetzung für das Vorliegen eines verbücherbaren Verbots im Sinn des § 364c ABGB.

Als weiteren Abweisungsgrund erkannten die Vorinstanzen, dass ein bereits eingetragenes Fruchtgenussrecht an der gesamten Liegenschaft der Verbücherung eines weiteren Fruchtgenussrechtes entgegenstehe. Dieses stehe auch der Einverleibung eines Wohnrechts entgegen, weil es zu Gebrauchsüberschneidungen komme, da der Fruchtgenuss als das umfassendere Recht alle Nutzungen des Wohnrechts ergreife. Das Grundbuchsgericht dürfe eine Eintragung nur dann bewilligen, wenn aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgehe (§ 94 Abs 1 Z 1 GBG). Im vorliegenden Fall habe ein solches Hindernis in der Belastung der Liegenschaft mit dem nach wie vor uneingeschränkten Fruchtgenussrecht der Gerhild und des Werner K***** aufgrund des Übergabsvertrags vom 3. 10. 1980 (C-LNR 4a) bestanden.

Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Erstgericht offenbar trotz dieses Hindernisses aufgrund des Erbübereinkommens vom 13. 6. 2000 zwei weitere Wohnungsrechte einverleibt habe.

Im Weiteren liege ein Abweisungsgrund darin begründet, dass sich die Aufsandungserklärung hinsichtlich des der Liegenschaftseigentümerin eingeräumten Fruchtgenuss- und Wohnungsgebrauchsrechts nicht mit dem Inhalt der Vertragsurkunde decke. Der Antragsteller habe auch nicht den Mietvertrag und den Lageplan, auf welche im Schenkungsvertrag ausdrücklich Bezug genommen werde, vorgelegt.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfragen im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG vorlägen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers und der Liegenschaftseigentümerin Josefine G***** mit dem erkennbaren Begehren auf Abänderung im Sinn einer Bewilligung des Grundbuchsantrags vom 17. April 2001.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht einen von mehreren Abweisungsgründen rechtlich unrichtig beurteilt hat, sodass aus Anlass eines insofern zulässigen Rechtsmittels alle Abweisungsgründe zu prüfen sind (SZ 63/84; NZ 1999, 373).

Richtig ist, dass ein bereits eingetragenes Fruchtgenussrecht an der gesamten Liegenschaft der Verbücherung eines weiteren Fruchtgenussrechts und auch eines Wohnrechts entgegensteht, es käme nämlich zu Gebrauchsüberschneidungen, weil der Fruchtgenuss als das umfassendere Recht alle Nutzungen des Wohnrechts ergreift (SZ 67/109; RIS-Justiz RS0016305; zuletzt 5 Ob 232/00d).

Hier besteht jedoch ein Fruchtgenussrecht an der gesamten Liegenschaft, das diese Wirkungen entfalten würde, nicht. Für Gerhild und Werner K***** ist zu C-LNR 4a ein "Fruchtgenussrecht gemäß Par 2 W Übergabsvertrag 1980/10/03" einverleibt. Zufolge § 5 GBG hat eine Berufung auf eine genau zu bezeichnende Stelle der Urkunden, die der Eintragung zugrundeliegen, die Wirkung, dass die bezogenen Stellen als im Hauptbuch eingetragen anzusehen sind. Das bedeutet, dass für die Beurteilung des Umfangs des im Hauptbuch eingetragenen Rechts auch jene bestimmte Stelle der Urkundensammlung zu berücksichtigen ist, auf die besonders Bezug genommen wird (SZ 16/30 und 93; EvBl 1974/178; JBl 1976, 484; NZ 1977, 44; NRsp 1989/69; Feil, Grundbuchgesetz3 Rz 5 zu § 5). In diesem Sinn ist auch der Begriff "Grundbuch" wie er in § 94 Abs 1 Z 1 GBG verwendet wird, zu verstehen. Das Grundbuchsgericht hat diesfalls die bezeichnete Stelle der Urkundensammlung im Rahmen seiner Prüfungspflicht nach § 94 GBG heranzuziehen. Hätten die Vorinstanzen dies getan, hätte sich ergeben, dass Gerhild und Werner K***** das Fruchtgenussrecht nur an der Wohnung Nr 1 zusteht, keinesfalls an der gesamten Liegenschaft, sodass die begehrte Einverleibung eines Fruchtgenussrechtes an der Wohnung Nr 6 und ein Wohnungsgebrauchsrecht an der Wohnung Nr 3 bewilligt hätten werden können.

Dieser von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund trägt daher nicht.

Wegen des unlösbaren Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Teilen des Begehrens, die aus dem Schenkungsvertrag resultieren, wobei ein Teil zu bewilligen, ein Teil aber abzuweisen wäre, ist im Ergebnis das Gesuch zur Gänze abzuweisen (NZ 1961, 181; Feil aaO Rz 4 zu § 95

GBG).

Die übrigen Abweisungsgründe treffen nämlich zu. Zum einen besteht tatsächlich eine unaufklärbare Differenz zwischen den in XIV des Vertrags eingeräumten Rechten und der darauf in XV bezüglichen Aufsandungserklärung. Die Aufsandungserklärung beinhaltet etwa hinsichtlich des Fruchtgenussrechtes an der Wohnung top 6 nur den Garten, während das Recht an der gesamten Liegenschaft (Garten, Keller, Garage) eingeräumt wird.

Im Weiteren ist dem Rekursgericht beizupflichten, dass ein Belastungs- oder Veräußerungsverbot im Sinn des § 364c ABGB nur dann verbüchert werden darf, wenn zufolge § 94 Abs 1 Z 3 GBG die genaue Prüfung durch das Grundbuchsgericht ergibt, dass ein urkundlicher Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem Antragsteller und dem Liegenschaftseigentümer als materiellrechtliche Voraussetzung für das Verbot erbracht ist. Ein solcher Nachweis kann nach ständiger Rechtsprechung durch Vorlage der entsprechenden Standesurkunden erbracht werden (NZ 1980, 56; SZ 63/84), aber auch durch eine dem § 89b NO entsprechende notarielle Beurkundung (NZ 1991, 107/200 mit Anm Hofmeister). Voraussetzung dafür ist, dass der beurkundende Notar unter Angabe des Datums die Einsichtnahme in die Standesurkunde bestätigt, diese genau bezeichnet und deren Erklärungs- bzw Feststellungsinhalt in allen für die Bewilligung des Grundbuchsgesuches relevanten Punkten wiedergibt, wobei auch eine verkürzte Wiedergabe des Erklärungs- und Feststellungsinhalts der eingesehenen Urkunde ausreicht (5 Ob 119/99g). Nicht ausreichend ist die bloße Bezeichnung in einem über das Rechtsgeschäft aufgenommenen Notariatsakt als "Sohn" des Liegenschaftseigentümers (SZ 63/84). Der Notar kann nämlich bei Errichtung eines Vertrags das Vorliegen des in § 364c ABGB geforderten Verwandtschaft- oder Angehörigkeitsverhältnisses gar nicht aus eigenem Wissen beurkunden, sondern nur die Tatsache, dass ein solcher Sachverhalt in den Personenstandsbüchern beurkundet ist.

Soweit die Revisionsrekurswerber meinen, dem Erstgericht sei schon aufgrund des Verlassenschaftsverfahrens das Verwandtschaftsverhältnis bekannt gewesen, ist Folgendes zu entgegnen: Der in § 269 ZPO niedergelegte Grundsatz, bei Gericht offenkundige Tatsachen bedürften keines Beweises, ist im Grundbuchsverfahren nicht oder nur in sehr eingeschränktem Umfang anzuwenden. Der Grundbuchsrichter hat nämlich bei seiner Entscheidung grundsätzlich nur die vorgelegten Urkunden, das Grundbuch und die sonstigen Grundbuchsbehelfe, nicht aber andere Amtsakten oder sein Amtswissen heranzuziehen. Es reicht also nicht aus, wenn Tatsachen ohne weiters aus Akten desselben Gerichts zu ersehen sind (3 Ob 2122/96x; 3 Ob 224/97f; RIS-Justiz RS0040040).

Aus den bezeichneten Gründen erfolgte daher die Abweisung des Grundbuchsgesuches im Ergebnis zu Recht.

Dem Revisionsrekurs war der Erfolg zu versagen.

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