OGH 3Ob226/03m

OGH3Ob226/03m28.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Mag. Christa N*****, vertreten durch Brauneis, Klauser & Prändl Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. Agnes R*****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen 43.603,70 EUR sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 7. August 2003, GZ 7 R 46/03z-9, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

a) Soweit Kostenforderungen betrieben werden, die 4.000 EUR nicht übersteigen, ist das Rechtsmittel gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 EO absolut unzulässig.

b) Die Betreibende behauptet in ihrem Exekutionsantrag nach § 294 EO als zu pfändende Forderung einen Rückzahlungsanspruch der Verpflichteten gegen deren Ehegatten als Drittschuldner aus einer in Notariatsaktsform geschlossenen Vereinbarung zwischen den Eheleuten, in der sich die Verpflichtete zur Leistung von 890.000 S = 64.678,82 EUR ohne ausreichende, reelle (nennenswerte) Gegenleistung verpflichtet habe. Denkbar wären nun verschiedene Konstellationen, wobei eine Reihe von denkbaren Rückforderungsansprüchen aufgezählt wird: Dass der Drittschuldner die Verpflichtete über ihre wahre Rechtsposition arglistig getäuscht und dadurch zur de facto unentgeltlichen Hingabe von 890.000 S verleitet habe, dass es sich bei der Zuwendung der Verpflichteten um eine Schenkung handle, die von ihr wegen ihrer Notlage oder wegen Undanks des beschenkten Drittschuldners angefochten werden könne, dass die Zahlung der Verpflichteten möglicherweise eine verbotene Ablöse iSd § 27 Abs 1 Z 1 MRG sei, dass die Verpflichtete die Vereinbarung wegen laesio enormis, Wucher, Zwang und sonstiger Willensmängel anfechten könne, dass die Vereinbarung aus nicht näher genannten Umständen sittenwidrig sei, dass die Verpflichtete einen Rückforderungsanspruch aus dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung oder auch des Schadenersatzes habe. Ein bestehender Rückforderungsanspruch werde auf keine Rechtsgrundlage beschränkt, jede in Betracht kommende Rechtsgrundlage werde geltend gemacht.

Die zweite Instanz wies den Exekutionsantrag ab.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Betreibenden bringt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO ins Spiel.

Rechtliche Beurteilung

a) Bei der Forderungsexekution entspricht es der im Schrifttum gebilligten stRsp des Obersten Gerichtshofs (zuletzt 3 Ob 170/03a mwN), das Bewilligungsgericht habe grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die behauptete Forderung, deren Pfändung beantragt werde, überhaupt besteht, und der Exekutionsantrag sei nur dann abzuweisen, wenn sich das Nichtbestehen der als Exekutionsobjekt behaupteten Forderung schon aus ihm selbst oder sonst aus den Akten des Bewilligungsgerichts ergibt. Stelle sich später heraus, dass die gepfändete Forderung in Wahrheit nicht existiere, so sei die Exekution ins Leere gegangen (3 Ob 63/95 = SZ 68/158; 3 Ob 28/99k = SZ 72/108 uva). Hier ist allerdings zu beachten, dass die zu pfändende Forderung jedenfalls dann zu spezifizieren ist, wenn nach der Sach- und Rechtslage dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner verschiedene Forderungen zustehen können, weil sonst der Verpflichtete Zweifel hat, ob zustehende Einwendungen erhoben werden können (Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 294 Rz 10 f unter Hinweis auf EvBl 1965/93). Auch dem Drittschuldner muss klar sein, welche Forderung gepfändet wird. Gerade bei einem behaupteten Rückforderungsanspruch mit einer Reihe denkbarer Rechtsgründe hiefür wie im vorliegenden Fall muss der Rechtsgrund klar sein. Dies ist hier nicht der Fall.

b) Der Exekutionsantrag musste auch iSd § 54 Abs 3 EO idFd EO-Novelle 1995 (vgl. dazu Resch aaO Rz 12) nicht zur Verbesserung zurückgestellt werden, weil nach dem Vorbringen der Betreibenden derzeit der behauptete Rückforderungsanspruch weder bedingt noch betagt ist, sondern (noch) gar nicht besteht, sondern höchstens erst erwartet werden kann. Wesentlich für die behaupteten Rechtsgründe, aus denen eine - von der Betreibenden zu pfändende - Forderung entstehen kann, ist deren Geltendmachung. Ein unter arglistiger Täuschung zustande gekommener Vertrag ist nicht ohne weiteres nichtig, sondern bedarf der gerichtlichen Anfechtung; gleiches gilt für Irrtumsanfechtung und zufolge § 933 ABGB für Gewährleistung; die Rechtsgestaltung (Aufhebung oder Änderung des Vertrags) tritt erst mit Rechtskraft des Urteils ein (3 Ob 20/97f = ecolex 1997, 919 mwN [Wilhelm]). Gleiches gilt für die übrigen denkbaren Willensmängel (Wucher, Zwang, Sittenwidrigkeit). Das Recht auf Vertragsaufhebung wegen laesio enormis (§ 934 ABGB) ist ein Gestaltungsrecht, die Aufhebung des Vertrags ist gleichfalls gerichtlich geltend zu machen (Reischauer in Rummel3, § 934 ABGB Rz 7 mwN). Der Schenkungswiderruf nach § 948 ABGB ist eine rechtsgestaltende Willenserklärung (EFSlg 81.413; Schubert in Rummel3, § 948 ABGB Rz 3), auf dessen Basis ein Leistungsbegehren zu stellen ist. Auch der Anspruch nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG, ein besonderer, im Gesetz geregelter Kondiktionenanspruch (stRsp, zuletzt 5 Ob 267/03f), muss - innerhalb der im MRG genannten Verjährungsfrist - gerichtlich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0115309 ua). Welchen Bereicherungsgrund die Betreibende hier anwendbar hält, ist dem Antrag nicht zu entnehmen; jedenfalls bedarf es auch hier einer Geltendmachung.

Dass die Verpflichtete bereits ihren Rückzahlungsanspruch aus irgendeinem der denkbaren Rechtsgründe (gerichtlich) geltend gemacht hätte, wurde nicht behauptet. Der Antrag der Betreibenden auf Pfändung und Überweisung einer Forderung nach § 294 EO ist aber jedenfalls dann abzuweisen, wenn schon aus dem Exekutionsantrag oder aus den Akten das Nichtbestehen der Forderung - wie hier - hervorgeht (SZ 68/158 mwN).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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