Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die T***** GmbH, über deren Vermögen am 1. Februar 2001 der Konkurs eröffnet, am 13. Jänner 2003 mangels Masse aufgehoben und in der Folge die Gesellschaft gemäß § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht wurde (im Folgenden nur Gesellschafterin), war seit Juli 1999 alleinige Gesellschafterin der S***** GmbH, über deren Vermögen am 18. Juli 2001 der - noch anhängige - Konkurs eröffnet (im Folgenden nur Gemeinschuldnerin) und der nunmehrige Kläger zum Masseverwalter bestellt wurde. Die Gesellschafterin hatte seit ihrer Gründung nur Verluste erwirtschaftet und war im September 2000 überschuldet und zahlungsunfähig.
Die spätere Gemeinschuldnerin und ihre Gesellschafterin unterhielten ihre Geschäftskonten bei einer Filiale der beklagten Bank. Erstere richtete im März 2000 bei der beklagten Partei ein Geschäftskonto ein, für das weder ein Überziehungsrahmen vereinbart noch ein Kreditvertrag geschlossen wurde. Sie nahm immer wieder Abbuchungen vor, denen keine nennenswerten Gutbuchungen gegenüberstanden, sodass das Konto kontinuierlich ins Soll geriet. Im September 2000 erreichte der Sollstand über 400.000 S, ohne dass dafür Sicherheiten vorhanden gewesen wären. Auch das bereits früher eröffnete Geschäftskonto der Gesellschafterin war im September 2000 mit etwa 1,5 Mio S im Soll, auch hier erfolgten bloß faktische Überziehungen. Der Filialleiter der beklagten Partei beobachtete die Kontobewegungen und stellte bei beiden Gesellschaften fest, dass zwar einerseits Warenlieferungen bezahlt wurden, es aber andererseits Probleme bei den Kundeneinzahlungen gab. Er erkannte bei beiden Gesellschaften den bestehenden Sanierungsbedarf und verfolgte den Plan, einen finanzkräftigen Investor zu finden, der die Gesellschaftsanteile der Gemeinschuldnerin übernehmen sollte. Deren Geschäftsführer schloss er faktisch von der Verfügung über die Konten der Gemeinschuldnerin aus und entzog ihm die Kredit- und die Bankomatkarte. Darüber hinaus plante er, das mit 1,5 Mio S im Soll befindliche Konto der Gesellschafterin durch eine Überweisung der Gemeinschuldnerin auszugleichen. Dieser Kontoausgleich wäre die Voraussetzung für die Bereitschaft der beklagten Bank gewesen, der Gesellschafterin weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Solche benötigte diese, um Eintreibungsmaßnahmen gegen Kunden ergreifen zu können.
Für die vom Filialleiter der beklagten Partei so beabsichtigte und dann auch tatsächlich am 22. September 2000 durchgeführte Transaktion (Überweisung von 1,515.383,42 Mio S vom Konto der Gemeinschuldnerin auf das ihrer Gesellschafterin) gab es weder eine Forderung gegen die Gemeinschuldnerin noch eine Gegenleistung ihrer Gesellschafterin. Der Überweisungsbeleg wurde von niemandem unterschrieben, der Filialleiter fragte auch nicht rück, sondern nahm die Buchung aus eigenem vor. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin erhielt erst nach seiner Abberufung Kenntnis von der Überweisung. Das Konto der Gemeinschuldnerin hatte vor der Transaktion einen Sollstand von 438.572,88 S, der sich auf Grund der Transaktion auf 1,965.765,83 S erhöhte. Das Empfängerkonto befand sich etwa mit dem überwiesenen Betrag im Soll und wurde durch die Überweisung ausgeglichen. Das Konto der Gemeinschuldnerin wurde bis zur Konkurseröffnung nicht mehr ausgeglichen. Am 27. September 2000 übernahm ein neuer Gesellschafter sämtliche Geschäftsanteile der späteren Gemeinschuldnerin.
Die der Geschäftsverbindung der Streitteile zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen statuieren u.a.:
"Das Kreditinstitut ist berechtigt, Aufträge, die ihm im Rahmen einer Geschäftsverbindung mit dem Kunden erteilt werden, auf dessen Rechnung durchzuführen, wenn es ohne Verschulden zur Ansicht kommt, dass sie vom Kunden stammen, und der unwirksame Auftrag nicht dem Kreditinstitut zurechenbar ist ... Aufträge sind schriftlich zu erteilen ... (Abschnitt I Punkt P. 1); zur Verfügung über das Konto ist lediglich der Kontoinhaber berechtigt. Zu seiner Vertretung sind nur jene Personen befugt, deren Vertretungsberechtigung sich aus dem Gesetz ergibt oder denen ausdrücklich und schriftlich eine Vollmacht zur Verfügung über dieses Konto erteilt wurde; sie haben ihre Identität und Vertretungsberechtigung nachzuweisen (Abschnitt III Punkt D.1 Z 31); der Kontoinhaber kann anderen Personen ausdrücklich und schriftlich eine Zeichnungsberechtigung erteilen ... (Z 32); das Kreditinstitut ist zur Durchführung eines Überweisungsauftrags nur dann verpflichtet, wenn dafür auf dem angegebenen Konto des Kunden vollständige Deckung (Guthaben, eingeräumter Rahmen) vorhanden ist (Abschnitt IV Z 39, letzter Absatz)".
Der Kläger begehrte von der beklagten Partei 110.125,03 EUR sA als Rückführung einer ohne Auftrag und ohne Rechtsgrund durchgeführten Überweisung. Er stützt sich einerseits auf die Anfechtungsbestimmungen der KO und andererseits auf Schadenersatz. Die beklagte Partei habe durch ihren Filialleiter vom Konto der Gemeinschuldnerin den Klagebetrag auf das ebenfalls bei ihr eingerichtete Konto der überschuldeten und in der Folge fallid gewordenen Gesellschafterin überwiesen, obwohl der Filialleiter gewusst habe oder zumindest habe wissen müssen, dass diese den Klagebetrag nicht mehr rückführen werde können.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der beklagten Partei sei zur Durchführung der Überweisung kein wirksamer Auftrag des Kontoinhabers vorgelegen. Der handelnde Filialleiter habe sich nicht nur darüber hinweggesetzt, dass die handelnde Person (Rechtsanwalt ohne Vollmacht) weder zeichnungsberechtigt gewesen sei noch eine schriftliche Verfügungsberechtigung nachweisen habe können, und das Konto zudem nicht die erforderliche Deckung für die Überweisung aufgewiesen habe, sondern habe das gesetzmäßige Organ der Kontoinhaberin (Geschäftsführer) übergangen. Diese über ihren Kopf hinweg getroffene Verfügung binde die Gemeinschuldnerin nicht. Da ein gültiger Überweisungsauftrag fehle, sei die Belastungsbuchung rückgängig zu machen und zwischenzeitig zu verzinsen.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Nach § 1323 ABGB sei die Zurückversetzung in den vorigen Stand vorrangig. Der Schädiger habe im Wege der Naturalrestitution den Geschädigten so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde. Der durch eine vertragswidrige Buchung vom Girokonto bewirkte Nachteil sei daher durch einen entgegengesetzten Buchungsvorgang restlos auszugleichen. Damit werde der vor der schädigenden Abbuchung bestandene Zustand vollständig wiederhergestellt. Bei fortbestehendem Giro- und Kontokorrentverhältnis bestehe kein Anspruch auf Barauszahlung, sondern nur der dem Kontokorrentverhältnis entsprechende Anspruch auf Gutschrift. Gestützt auf Schadenersatzrecht könne daher grundsätzlich nur die Stornierung der Belastungsbuchung gefordert werden. Da sich der Kläger nicht auf einen Barzahlungsanspruch auf Grund des Girovertrags, also auf einen vertraglichen Erfüllungsanspruch berufen habe, etwa dass die Bank die verlangte Barauszahlung (mangels Guthabens) verweigert hätte, dies auf Grund des Sollstands des Kontos auch nicht anzunehmen sei, komme auch aus diesem Grund nur eine entsprechende Gutschrift auf dem Konto in Betracht. Eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei Fehlen einer gültigen Anweisung sei grundsätzlich zwischen der Bank und dem Empfänger vorzunehmen. Das Kontoverhältnis habe aber infolge Konkurses der Kontoinhaberin geendet und sei abzurechnen gewesen. Ergebe die Abrechnung einen Aktivsaldo, werde dieser Bestandteil der Konkursmasse, liege hingegen ein Passivsaldo vor, stelle dieser eine Konkursforderung dar. Mit der Beendigung des Kontokorrentvertrags sei der sich für die eine oder die andere Kontokorrentpartei ergebende Anspruch auf den Überschuss (Saldoanspruch) sofort fällig, ohne dass es der Anerkennung des Saldos bedürfte. Setze der Masseverwalter hingegen die Kontoverbindung fort, so komme es konkludent zum Abschluss eines neuen Geschäftsbesorgungs- und damit Kontokorrentvertrags. Auch ohne Fortsetzung der Kontoverbindung bestehe aber kein Barzahlungsanspruch, vielmehr sei das Kontoverhältnis so abzurechnen, wie wenn die rechtswidrige Überweisung nicht stattgefunden hätte oder die Belastungsbuchung bei noch aufrechter Kontoverbindung (vor Eröffnung des Konkurses) storniert worden wäre. Entscheidend sei daher die (fiktive) Entwicklung des Kontos der Gemeinschuldnerin ab der Überweisung bis zur Konkurseröffnung unter der Annahme der Stornierung der Belastungsbuchung. Wenn sich das Konto (auch dann) durchgehend im Soll befunden haben sollte, hätte dies - bei Fehlen anderer wechselseitiger Forderungen - nur zur Folge, dass die beklagte Partei lediglich einen um den Klagsbetrag verminderten Anspruch im Konkurs der Gemeinschuldnerin anmelden könnte.
Da es sich hiebei um eine bisher im Verfahren nicht erörterte Rechtsansicht handle, mit der die Parteien nicht überrascht werden dürften, sei ihnen Gelegenheit zur Erörterung, allenfalls die Ergänzung ihres Vorbringens dazu und/oder dem Kläger zur allfälligen Modifizierung des Klagebegehrens zu geben. Das angefochtene Urteil sei daher aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen, zumal das Erstgericht auf die ebenfalls geltend gemachte Anfechtung nach der KO noch nicht eingegangen sei. Das Verhalten des Filialleiters der beklagten Partei sei dieser zuzurechnen. Das zwischen der späteren Gemeinschuldnerin und der beklagten Partei bestehende Vertragsverhältnis sei durch das Handeln des Filialleiters schuldhaft verletzt worden. Es sei kein Grund ersichtlich, warum der Filialleiter als für die Kontoführung verantwortlicher Angestellter nicht als Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei gemäß § 1313a ABGB anzusehen sein sollte. Überdies komme ihm als Filialleiter, also einer Person, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion Tätigkeiten für die juristische Person ausführe, Repräsentantenstellung zu. Die beklagte Partei als juristische Person habe nicht nur für ihre, durch ihre Satzung vorgesehenen Organe deliktisch zu haften, sondern auch für Sondervertreter und für Personen mit gehobenem Wirkungskreis, die als Repräsentanten auftreten oder die eine leitende Stellung mit selbständigem Wirkungskreis innehaben.
Rechtliche Beurteilung
Der von der zweiten Instanz - mit der Begründung, es fehle Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Problematik des Ausgleichs rechtswidriger Abbuchungen von einem Girokonto durch die Bank bei nicht mehr aufrechtem Kontoverhältnis oder im Zusammenhang mit einem zwischenzeitig eröffneten Konkurs gegen den Kontoinhaber - zugelassene Rekurs des klagenden Masseverwalters ist zulässig, aber nicht berechtigt.
a) Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach klar gestellt, dass das mit einem Girovertrag verbundene Kontokorrentverhältnis zwischen Bank und Kunden mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Kontoinhabers erlischt. Mit dem Tag der Konkurseröffnung (in casu: 18. Juli 2001) ist das Konto abzuschließen und sind die wechselseitigen Ansprüche und Leistungen einschließlich der Zinsen zu verrechnen. Ergibt die Abrechnung einen Aktivsaldo, wird dieser Bestandteil der Konkursmasse, liegt ein Passivsaldo vor, stellt dieser eine Konkursforderung dar. Mit der Beendigung des Kontokorrentvertrags ist der sich für die eine oder die andere Partei des Kontokorrents ergebende Anspruch auf den Überschuss (Saldoanspruch) sofort fällig, ohne dass es der Anerkennung des Saldos bedürfe (1 Ob 501/87 = ÖBA 1987, 420 [Avancini]; 8 Ob 21/93 = SZ 66/125 = ÖBA 1994, 315 [Nowotny] u.a., zuletzt 3 Ob 66/02f = ÖBA 2004, 62; RIS-Justiz RS0033010). An dieser Ansicht ist festzuhalten. Dass der Kläger im vorliegenden Fall die Kontoverbindung mit der beklagten Partei fortgesetzt habe und es somit allenfalls konkludent zum Abschluss eines neuen Geschäftsbesorgungs- und damit Kontokorrentvertrags gekommen wäre, ist in erster Instanz nicht vorgebracht worden.
Der Oberste Gerichtshof hat weiters zu 6 Ob 550/95 (= SZ 68/59 = ÖBA 1995, 900 [Klicka]) und zu 2 Ob 196/03t (= ÖBA 2004, 474) deutlich gemacht, dass der durch vertragswidrige (Ab-)Buchung vom Girokonto des Bankkunden bewirkte Nachteil - mangels Behauptung weiterer Umstände - durch den entgegengesetzten Buchungsvorgang iSd gemäß § 1323 erster Satz ABGB herrschenden Prinzips der Naturalrestitution restlos ausgeglichen wird, weshalb auf schadenersatzrechtlicher Grundlage kein Anspruch auf Zahlung des zu Unrecht mit der Transaktion vom Konto der Gemeinschuldnerin abgebuchten Betrags besteht. Das vom Kläger erhobene Barauszahlungsbegehren erweist sich daher aus dem Blickwinkel des Schadenersatzrechts als unberechtigt.
b) Auf der Grundlage eines Erfüllungsanspruchs aus dem Girokontovertrag könnte es sich nur dann als berechtigt erweisen, wenn der Kläger eine Disposition über ein tatsächlich vorhandenes Guthaben durch Auszahlung vorzunehmen vermag (so die E 1 Ob 76/04i; RIS-Justiz RS0045581). Das Berufungsgericht hat daher zutreffend und - entgegen der Auffassung des Rekurswerbers - im Einklang mit der Rsp des Obersten Gerichtshofs in seinem Aufhebungsbeschluss zugrundegelegt, dass der Kläger keine Barauszahlung in Höhe der ungerechtfertigten Überweisung, sondern lediglich die Stornierung der Belastungsbuchung erreichen kann, wenn sich das Konto auch unter der Annahme der Stornierung der Belastungsbuchung durchgehend im Soll befunden haben sollte und die beklagte Partei lediglich einen um den Klagebetrag verminderten Anspruch im Konkurs der Gemeinschuldnerin anmelden durfte. Ein so verminderter Konkursteilnahmeanspruch der beklagten Partei entspricht auch dem Interesse der übrigen Gläubiger.
Einen über die unrichtige Kontoführung hinausgehenden Schaden hat der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht geltend gemacht.
Da nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen weder den vorherigen Kontoüberziehungen der Gemeinschuldnerin noch der hier auftragslos vorgenommenen Überweisung ein Kreditvertrag oder die vertragliche Einräumung eines Überziehungsrahmens zugrundelag, bestand kein Anspruch der Gemeinschuldnerin auf Darlehensgewährung oder Zurverfügungstellung eines Kreditrahmens, was diese ohne die rechtswidrige Überweisung in die Lage versetzt hätte, über den Klagsbetrag zu verfügen und etwa dessen bare Auszahlung (oder Verwendung zur Anschaffung von Anlagegütern, wie vom Kläger argumentiert) zu verlangen.
Der Oberste Gerichtshof billigt daher die von der zweiten Instanz in ihrem Aufhebungsbeschluss zugrundegelegte Rechtsansicht zu dem vom Kläger erhobenen Schadenersatzanspruch, weshalb dem Rekurs des Klägers gegen den Aufhebungsbeschluss ein Erfolg zu versagen ist.
Zu den konkursrechtlichen Anfechtungsgründen des Klägers kann derzeit noch nicht Stellung genommen werden.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)