OGH 3Ob194/13w

OGH3Ob194/13w29.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****‑Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Heinrich Oppitz, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagten Parteien 1. B*****, 2. A*****, 3. M*****, zweit- und drittbeklagte Partei vertreten durch Mag. Christian Schönhuber, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wegen 37.161,77 EUR sA, über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Juni 2013, GZ 1 R 16/13y‑26, womit über Berufung der zweitbeklagten Partei das diese betreffende Urteil des Landesgerichts Wels vom 19. November 2012, GZ 2 Cg 97/11h‑20, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Sowohl für die Annahme der Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger gemäß § 879 Abs 1 ABGB (RIS‑Justiz RS0113490; 10 Ob 92/07p) als auch für die Anwendung des § 25d KSchG (RIS‑Justiz RS0115165; 4 Ob 195/10w) ist das Vorliegen eines unbilligen Missverhältnisses zwischen Haftungsumfang und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Interzedenten Grundvoraussetzung. Die in der Revision behauptete „verdünnte Entscheidungsfreiheit“ des Zweitbeklagten könnte daher nur dann eine Rolle spielen, wenn ein unbilliges Missverhältnis vorgelegen wäre.

Ob aber ein solches Missverhältnis vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0112840; 10 Ob 13/07w).

Hier steht fest, dass der Zweitbeklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrags 1.700 EUR netto monatlich verdiente. Er war (und ist) Alleineigentümer einer Liegenschaft, deren Wert von der Klägerin bei Vertragsabschluss mit 100.000 bis 120.000 EUR geschätzt wurde. Auf der Liegenschaft war zum damaligen Zeitpunkt eine mit rund 70.000 EUR aushaftende Verbindlichkeit pfandrechtlich sichergestellt. Die monatliche Kreditrate, die der ursprünglich Erstbeklagte (Stiefsohn des Zweitbeklagten) als Kreditnehmer vereinbart hatte, betrug bei einer Kreditsumme von 58.000 EUR 587,44 EUR.

Eine über außerordentliche Revision aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, das ein unbilliges Missverhältnis verneinte, zeigt der Zweitbeklagte nicht auf:

Der von der Revision offenbar gewünschte Schluss, dass jedes Verhältnis zwischen Haftungsumfang und Nettoeinkommen, das für den Interzedenten ungünstiger ist als jenes, das den Entscheidungen 7 Ob 261/99d und 4 Ob 195/10w zugrunde lag, zwingend zur Bejahung eines unbilligen Missverhältnisses führen müsste, lässt sich aus diesen Entscheidungen, die jeweils ein unbilliges Missverhältnis verneinten, nicht ziehen.

Die Bejahung eines Missverhältnisses bei einem Monatseinkommen des Interzedenten von (bloß) 750 EUR netto gegenüber einem Kreditvolumen von 90.000 EUR (monatliche Kreditrate 610 EUR) in der Entscheidung 6 Ob 192/07y ist mit dem zu beurteilenden Fall nicht vergleichbar: Der Haftungsumfang ist hier um ein gutes Drittel niedriger, das vom Zweitbeklagten erzielte Nettoeinkommen um mehr als das Doppelte höher.

Vergleichbar ist hingegen, dass in derselben Entscheidung die Haftung eines weiteren Interzedenten mit einem Monatseinkommen von 1.690 EUR netto mit der Begründung bejaht wurde, dass aus diesem Nettoeinkommen die Kreditrückzahlungen geleistet werden könnten, also ein unbilliges Missverhältnis nicht besteht.

Dass der Zweitbeklagte von seinem Nettoeinkommen Kreditraten zur Abdeckung seiner eigenen Kreditverbindlichkeiten zu leisten hatte, fällt im Hinblick auf den Verkehrswert der in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaft, der auch unter rechnerischem Abzug der auf dieser Liegenschaft haftenden Verbindlichkeit zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrags einen aktiven Vermögenswert von zumindest 30.000 EUR repräsentierte, nicht entscheidend ins Gewicht.

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