OGH 3Ob186/94

OGH3Ob186/948.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Karl S*****, vertreten durch Dr.Hans Estermann ua Rechtsanwälte in Mattighofen, wider die verpflichtete Partei Wilhelm Alois W*****, vertreten durch Dr.Rudolf Wöran, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 325.000,-- sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 21.Juni 1994, GZ 22 R 246/94-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 15.März 1994, GZ 8 E 3121/93-29, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 11.6.1993 bewilligte das Landesgericht Salzburg als Titelgericht der betreibenden Partei die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der dem Verpflichteten an der G*****gesellschaft mbH (folgend: G-GmbH) mit Sitz in S***** und an der G*****- und B*****gesellschaft mbH (folgend: G u. B-GmbH) mit Sitz in S***** zustehenden Geschäftsanteile und bestimmte das Bezirksgericht Salzburg als Exekutionsgericht. Die Zustellung des Leistungsverbotes an die beiden Gesellschaften erfolgte am 2.7.1993 bzw am 3.8.1993, das an den Verpflichteten gerichtete Verfügungsverbot wurde am 5.7.1993 zugestellt. In der vom Erstgericht über Antrag der betreibenden Partei auf Verkauf der gepfändeten Geschäftsanteile an den beiden Gesellschaften mbH für den 14.12.1993 anberaumten Tagsatzung wurde der betreibenden Partei zur Deckung der für die Schätzung des Wertes der Geschäftsanteile auflaufenden Sachverständigengebühren der Erlag eines Vorschusses von S 10.000,-- aufgetragen. Zum Stichtag 14.12.1993 schienen im Firmenbuch unter der Zahl FN ***** Gerhard W*****, Wilhelm W*****, Rosemarie (auch Rosemary) W***** und Wilhelm Sean W***** als Gesellschafter der G-GmbH und unter FN ***** Gerhard W*****, Wilhelm W*****, Hermine S***** und Manfred S***** als Gesellschafter der G u. B-GmbH auf (ON 17). Eine von Amts wegen veranlaßte Anfrage beim Firmenbuch über die Beteiligungsverhältnisse an den genannten Gesellschaften zum Stichtag 21.2.1994 (ON 24) ergab, daß der Verpflichtete in der Zwischenzeit (Anträge beim Firmenbuch eingelangt jeweils am 10.1.1994) seinen Geschäftsanteil an der G-GmbH an Rosemary W***** und jenen an der G

u. B-GmbH an Gerhard W***** abgetreten hat. Mit Beschluß vom 21.2.1994 forderte das Erstgericht die betreibende Partei unter Hinweis auf diese geänderten Verhältnisse, die nach seiner Auffassung eine Einstellung bzw Einschränkung der Exekution gemäß §§ 39 Abs 1 Z 2 bzw 41 EO rechtfertigten, zur Äußerung auf. Die betreibende Partei sprach sich gegen eine Einstellung des Verfahrens aus.

Das Erstgericht stellte das Exekutionsverfahren mit der Begründung gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO ein, daß auf Grund des durch die Abtretung seiner Geschäftsanteile an beiden Gesellschaften bewirkten Ausscheidens des Verpflichteten ein verwertbares Exekutionsobjekt nicht mehr zur Verfügung stehe.

Mit dem angefochtenen Beschluß behob das Gericht zweiter Instanz den erstinstanzlichen Beschluß ersatzlos und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Exekutionsverfahrens auf. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und vertrat die Ansicht, nach der Abtretung der Geschäftsanteile des Verpflichteten an Dritte (jeweils verwandte Mitgesellschafter) werde die Exekution nicht auf ein unzulässiges Exekutionsmittel geführt, weil das Pfandrecht der betreibenden Partei hiedurch nicht verlorengehe. § 367 ABGB komme den Erwerbern der Geschäftsanteile nicht zugute, diese müßten ungeachtet ihrer allfälligen Gutgläubigkeit die Befriedigung des Pfandgläubigers aus den gepfändeten Geschäftsanteilen dulden und die Pfandklage gemäß § 466 ABGB gegen sich gelten lassen. Für eine Einstellung der Exekution nach § 39 Abs 1 Z 2 EO unter Aufhebung der bisher vollzogenen Exekutionsakte bestehe daher keine Rechtsgrundlage. Das Exekutionsgericht werde das Verwertungsverfahren fortzusetzen haben, wobei die dritten Personen, die nunmehr die Geschäftsanteile des Verpflichteten erworben hätten, entweder freiwillig dem Verkauf der gepfändeten Geschäftsanteile zustimmen oder von der betreibenden Partei im Wege der Klage gemäß § 466 ABGB auf Zahlung bei Exekution in die Pfandsache in Anspruch genommen werden könnten. Erst wenn feststehe, daß die nunmehrigen Eigentümer der Geschäftsanteile des Verpflichteten der Verwertung der Geschäftsanteile im Zuge des vorliegenden Verkaufsverfahrens nicht zustimmten, wäre eine Einstellung des Verkaufsverfahrens gemäß § 200 Z 3 iVm §§ 279 a EO denkbar, durch welche allerdings die Pfandrechte der betreibenden Partei nicht in Wegfall gerieten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs des Verpflichteten ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Zunächst ist dem Revisionsrekurs unter Hinweis auf die Aktenlage zu erwidern, daß nach den eingangs dargelegten Feststellungen über die Zustellungen des Verfügungsverbotes an den Verpflichteten und des Leistungsverbotes an die beiden Gesellschaften außer Zweifel steht, daß ein firmenbuchmäßig erfaßter Eigentümerwechsel an den Geschäftsanteilen jedenfalls nach den für die Pfändung maßgeblichen Zeitpunkten erfolgte.

Gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO ist eine Exekution dann einzustellen, wenn sie auf Forderungen geführt wird, die nach den geltenden Vorschriften der Exekution überhaupt oder einer abgesonderten Exekution entzogen sind. Keiner der in dieser Ziffer genannten Einstellungsgründe liegt im hier zu beurteilenden Fall vor.

Die Pfändung von GmbH- Geschäftsanteilen erfolgt gemäß § 331 Abs 1 EO durch das an den Verpflichteten erlassene Gebot, sich jeder Verfügung über das Recht zu enthalten (Verfügungsverbot). Ist kraft dieses Rechtes eine bestimmte Person zu Leistungen verpflichtet, so ist die Pfändung erst dann als bewirkt anzusehen, wenn auch dieser dritten Person das gerichtliche Verbot, an den Verpflichteten zu leisten, zugestellt ist (Leistungsverbot). Die Verwertung geschieht ausschließlich durch Verkauf (§ 332 EO). Hiebei ist die Bestimmung des § 76 Abs 4 GmbHG zu beachten (SZ 57/30 mwN; SZ 5/89; Heller/Berger/Stix 2452; Heller/Trenkwalder3 1197 f; Koppensteiner, Komm z GmbHG, Rz 28 f zu § 76, Torggler in GesRZ 1977, 77 ff).

Zur Frage der exekutionsrechtlichen Konsequenzen einer Mißachtung eines "Zahlungsverbotes" (Verfügungsverbotes) durch den Drittschuldner hat der Oberste Gerichtshof in SZ 64/142 ausgesprochen, daß es die Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, dem Gläubiger das gepfändete Gut in dem Zustand zu erhalten, in dem es sich zum Zeitpunkt der Pfändung befindet, sodaß nicht nur die Zahlung an den Verpflichteten, sondern jede dem Pfandgläubiger nachteilige Verfügung untersagt werden müsse. Demgemäß wurde dort dem vom betreibenden Gläubiger gegen den Drittschuldner, der seinen Geschäftsanteil nach Zustellung der Exekutionsbewilligung an die GmbH als verpflichtete Partei an einen Dritten abgetreten hatte, erhobenen Klagebegehren auf Zahlung der offenen Stammeinlagenforderung stattgegeben. Dabei wurde die nach Begründung des richterlichen Pfandrechtes (an der Forderung der GmbH an den Gesellschafter auf Zahlung der Stammeinlage) vorgenommene Übertragung des Geschäftsanteiles für zulässig erachtet, jedoch eine Befreiung des Drittschuldners von seiner Pfandschuld mit der Begründung verneint, alle gegen das exekutive Zahlungs-(Verfügungs-)verbot verstoßenden Rechtshandlungen, die zu Nachteilen in der Befriedigung des betreibenden Gläubigers führten, seien diesem gegenüber unwirksam.

Obwohl nach herrschender Auffassung GmbH - Geschäftsanteile (ver-)pfändbar sind, stehen solche (Ver-)Pfändungen einer Veräußerung der Geschäftsanteile nicht entgegen, doch führt diese auch gegenüber einem gutgläubigen Erwerber nicht zum Untergang des Pfandrechtes (vgl SZ 64/142; Koppensteiner aaO Rz 3, 11, 29; Torggler aaO 114), weil § 367 ABGB auf Forderungen, denen die Geschäftsanteile des GmbH-Gesellschafters näher stehen als körperliche bewegliche Sachen, nicht anzuwenden ist (SZ 44/125). Dies hat das Gericht zweiter Instanz auch richtig erkannt. Selbst der gutgläubige Erwerber der Anteile muß daher die Befriedigung des Pfandgläubigers aus dem verpfändeten Geschäftsanteil dulden.

Holzhammer (Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht4 19) ist der Auffassung, daß im Exekutionsverfahren die rechtsgeschäftliche Einzelrechtsnachfolge keine Prozeßstandschaft bewirke, weil § 234 ZPO nach herrschender Auffassung im Exekutionsverfahren nicht gelte, zumal er Streitanhängigkeit - eine dort unbekannte Einrichtung - voraussetze. Dennoch habe die Rechtsnachfolge (in das Exekutionsobjekt auf Seite des Verpflichteten) auf die Zwangsvollstreckung zunächst keinen Einfluß. Ein Parteienwechsel geschehe erst durch übereinstimmende Erklärung des Rechtsnachfolgers und des Gegners an das Exekutionsgericht. Komme eine solche Erklärung einverständlich nicht zustande, müsse der eine Teil den anderen auf Abgabe der Erklärung beim Exekutionsgericht klagen (Exekutionsklage gemäß § 17 Abs 2 EO). Erst nach Abgabe (Erzwingung) dieser Erklärung sei vom Exekutionsgericht der Parteienwechsel festzustellen und die Exekution gegen den Rechtsvorgänger (ehemaligen Verpflichteten) einzustellen. (Dabei bleiben offensichtlich aber die Pfandrechte für das fortzusetzende Exekutionsverfahren aufrecht).

Heller/Berger/Stix (302 ff, 304; 366) und Heller/Trenkwalder (aaO, 55) vertreten für den Fall, daß ein Dritter vom Verpflichteten gepfändete Gegenstände (ein Superädifikat bzw ein zu räumendes Haus) erwerbe, die Auffassung, die Exekution gehe weiter, allenfalls müsse der betreibende Gläubiger gegen den sich weigernden Dritten eine Klage auf Duldung der Exekution bei dem gemäß § 17 Abs 2 EO zuständigen Exekutionsgericht einbringen.

Pollak (System2 III [EO] 873 f) mißt dem Exekutionsvollzug (der Pfändung durch Zustellung des Verfügungsverbots an den Verpflichteten und des Leistungsverbots an den Drittschuldner) dingliche (absolute) Wirkung gegen Dritte zu; durch die Vinkulierung des Exekutionsgegenstandes könnten Dritte daran Rechte durch Privatrechtsakt nur unter Wahrung der schon für den betreibenden Gläubiger bestehenden Exekutionsrechte erwerben, und zwar ohne Rücksicht auf den Erwerbstitel und eine allfällige Gutgläubigkeit des Dritten ("Exekution geht vor Privatrecht").

Die Pfändung des GmbH-Geschäftsanteiles erfaßt nicht die im Geschäftsanteil enthaltenen Migliedschafts-/Verwaltungsrechte (etwa das Stimmrecht in der Generalversammlung), sodaß die Pfändung den betreibenden Gläubiger nicht zur Ausübung der - beim Verpflichteten bleibenden - Mitgliedschaftsrechte berechtigt (Holzhammer aaO 367;

Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 637; Winter in Scholz GmbHG8 § 15 Rz 174 mwN auch der deutschen Rechtsprechung in FN 616;

Meyer-Landrut in Meyer-Landrut/Miller/Niehus GmbHG § 15 Rz 52;

Schilling/Zutt in Hachenburg GmbHG7 Anh § 15 Rz 81). Der Schuldner kann daher den gepfändeten Geschäftsanteil - allerdings unbeschadet des Pfandrechtes - veräußern, denn dieses belastet den Geschäftsanteil auch in der Hand des Erwerbers (Winter aaO); selbst guter Glaube hilft nämlich - wie bereits oben dargelegt - dem Erwerber nicht (Schilling/Zutt aaO). Verboten sind dem Verpflichteten daher nur die Rechte des betreibenden Gläubigers beeinträchtigende Verfügungen, welche diesem gegenüber (relativ) unwirksam bleiben (Pollak aaO; Winter aaO).

Das bedeutet aber, daß bei Übertragung des Anteiles auch die wirksam ausgesprochenen Verbote aufrecht bleiben und gegen den Erwerber wirken (Münzberg in Stein/Jonas20, Rz 21 zu § 859 dZPO mwN in FN 108). Dann hat aber der Erwerber den exekutiven Zugriff auf den Anteil unbeschadet der ihm zustehenden Möglichkeit - etwa eines anderen Zeitablaufes - einer Klagsführung nach § 37 EO zu dulden, ohne daß er als Verpflichteter in das Exekutionsverfahren einzubeziehen wäre. Einer Klage nach § 17 Abs 2 EO bedarf es daher nicht. Die Veräußerung des Anteiles bildet daher keinen Einstellungsgrund.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 78 EO, § 50, 40 ZPO.

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