European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00017.23F.0621.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.477,44 EUR (darin 235,89 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
[1] Das Berufungsgericht hob das die Klage abweisende Ersturteil aufgrund von Feststellungsmängeln sowie um den Parteien Gelegenheit zu geben, sich zu den vom EuGH in seiner zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung vom 14. 7. 2022, C-145/20 , als wesentlich erachteten Aspekten zu äußern, auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es ließ den Rekurs nach § 519 Abs 2 ZPO mit der Begründung zu, der Oberste Gerichtshof habe „zu den damit [gemeint: mit der genannten Entscheidung des EuGH; Anm] aufgeworfenen erheblichen Fragen des österreichischen materiellen Rechts noch nicht Stellung genommen“.
[2] Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers mit einem auf Klagestattgebung gerichteten Abänderungsantrag.
[3] Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels, hilfsweise diesem den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
[4] Der Rekurs ist mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der in § 519 Abs 2 ZPO geforderten Qualität nicht zulässig.
[5] 1. Der Kläger schließt sich der Beurteilung des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit des Rekurses an. Welche konkrete Rechtsfrage von der in § 519 Abs 2 ZPO geforderten Qualität zu beantworten sei, ist seinem Rechtsmittel – ebenso wie dem damit angefochtenen berufungsgerichtlichen Beschluss – nicht zu entnehmen.
[6] 2. Der Kläger rügt, dass das Berufungsgericht von den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur Beurteilung, ob ein Geständnis iSd § 266 ZPO vorliegt, abgegangen sei. Dabei lässt er im Unklaren, welche Tatsache aufgrund eines Geständnisses der Beklagten als feststehend zu betrachten wäre.
[7] 3. Das Erstgericht stellte allein fest, dass „üblicherweise“ der Temperaturbereich für die Abgasrückführung zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt. Ob dies auch für den hier streitgegenständlichen Motorentyp EA 288 gilt, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen. Der Oberste Gerichtshof vermag dem Berufungsgericht nicht entgegenzutreten, wenn es konkrete Feststellungen über dessen Ausgestaltung – nicht zuletzt in Hinsicht auf das „Thermofenster“ (Temperaturbereich) – als erforderlich ansieht.
[8] 4. Das Verbot von Überraschungsentscheidungen gilt auch für die Rechtsmittelgerichte (3 Ob 9/21a [Rz 56]; 8 Ob 91/22y [Rz 27]). Aus einer zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des EuGH kann sich die Notwendigkeit ergeben, den Parteien Gelegenheit zu geben, zu vom EuGH aufgezeigten, bisher nicht ausreichend erörterten Gesichtspunkten Vorbringen zu erstatten und Beweisanbote zu stellen (6 Ob 19/23x [Rz 24]; 6 Ob 20/23v [Rz 21] ua). Der Einwand des Klägers, die Parteien hätten ohnehin bereits zu den vom EuGH als erheblich angesehenen Aspekten Stellung genommen bzw die Beklagte hätte dies jedenfalls aufgrund des vom Kläger bereits in erster Instanz erstatteten Vorbringens tun müssen, stellt auf den Einzelfall ab, vermag daher keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung zu begründen.
[9] Im Übrigen wird im fortgesetzten Verfahren auch die an die bezeichnete Entscheidung des EuGH anknüpfende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu berücksichtigen sein.
[10] 5. Selbst wenn das Berufungsgericht – zu Recht – ausgesprochen hatte, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist der Rekurs trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RS0102059).
[11] 6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Nach ständiger neuerer Rechtsprechung findet im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt. Da die Beklagte in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat, sind ihr die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zweckmäßig zuzusprechen (RS0035979 [T20]; RS0123222).
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