Spruch:
Ein rechtswirksam einverleibtes, dem Pfand- oder Befriedigungsrecht des betreibenden Gläubigers vorausgehendes Veräußerungsverbot hindert die Zwangsversteigerung der Liegenschaft, sofern nicht der Verbotsberechtigte der Zwangsversteigerung zustimmt
Eine diesbezügliche Zustimmung muß sich aus den dem Exekutionsantrag angeschlossenen Urkunden ausdrücklich ergeben; die Frage, ob eine Zustimmung zur Verpfändung "implicite" als Zustimmung zur zwangsweisen Veräußerung anzusehen ist, ist nicht vom Exekutionsrichter, sondern im Prozeßweg zu lösen
OGH 7. Dezember 1976, 3 Ob 166/76 (LG f. ZRS Graz 4 R 326, 327/76; BG Gleisdorf E 4016/75)
Text
Ob der Liegenschaft EZ 24 KG K im Eigentum des Verpflichteten ist zu COZ 59 und 75 das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Vaters des Verpflichteten Alois L, geboren 1891 (sen.), ferner infolge dessen Zustimmungserklärung vom 1. Dezember 1970 auf Grund der Pfandbestellungsurkunde vom 30. November 1970 zu COZ 125 eine Höchstbetragshypothek für die Kreditforderung der G-GmbH per 80 000 S einverleibt.
Auf Grund eines gegen den Verpflichteten ergangenen Versäumungsurteils vom 27. November 1975 und mit der Behauptung, Alois L sen. habe mit der Zustimmungserklärung vom 1. Dezember 1970 implicite auch der Realisierung des zu COZ 125 einverleibten Pfandrechtes zugestimmt, beantragte die betreibende Partei G-GmbH zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 77 156.30 S samt Anhang die Zwangsversteigerung der angeführten Liegenschaft durch Beitritt zu dem bereits zu E 4016/75 des Erstgerichtes anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren.
Das Erstgericht hatte diesen Antrag zunächst abgewiesen, bewilligte jedoch nach Aufhebung des Abweisungsbeschlusses durch das Rekursgericht im zweiten Rechtsgang die beantragte Zwangsversteigerung.
Das Rekursgericht wies in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses des zweiten Rechtsganges den Exekutionsantrag der betreibenden Partei G-GmbH ab. Es führte aus, einerseits sei weder dem Exekutionsantrag, noch dem Exekutionstitel und dem beigeschafften Titelakt zu entnehmen, daß die den Gegenstand des Exekutionstitels bildende Forderung mit jener Kreditforderung ident sei, für welche zu COZ 125 eine Höchstbetragshypothek einverleibt ist, anderseits könne die Frage, ob die aus der Zustimmungserklärung allein ausdrücklich hervorgehende Zustimmung des Alois L sen. zur Einverleibung des Pfandrechtes COZ 125 auch als Zustimmung zur Verwertung der Pfandsache anzusehen sei, nur im Prozeß entschieden werden, weil auch die bloße Zustimmung zur Verpfändung denkbar sei und der Wortlaut der Zustimmungserklärung selbst darüber hinaus keinen eindeutigen Aufschluß gebe.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Ein rechtswirksam einverleibtes, dem Pfand- oder Befriedigungsrecht des betreibenden Gläubigers vorausgehendes Veräußerungsverbot hindert die Zwangsversteigerung der Liegenschaft, sofern nicht der Verbotsberechtigte der Zwangsversteigerung zustimmt (Heller - Berger - Stix, 1090; SZ 19/265; EvBl. 1962/506 u.v.a.-vgl. auch SZ 15/17). Das Rekursgericht vertrat nun durchaus zutreffend die Ansicht, daß die Frage, ob die erklärte Zustimmung des Verbotsberechtigten zur Verpfändung der mit einem verbücherten Belastungs- und Veräußerungsverbot belasteten Liegenschaft "implicite" auch als Zustimmung zu deren zwangsweisen Veräußerung anzusehen ist, nicht vom Exekutionsrichter, sondern nur im Prozeßweg zu lösen ist (in diesem Sinne ausdrücklich SZ 30/52 u. a.).
Wenn sich aus den dem Exekutionsantrag angeschlossenen Urkunden (z. B. einem entsprechenden Urteil) nicht die ausdrückliche Zustimmung des Verbotsberechtigten zur Zwangsversteigerung ergibt, kann diese daher nicht bewilligt werden.
Die im Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen stehen keineswegs im Widerspruch zu dieser Auffassung: die Entscheidungen SZ 32/103 und JBl. 1970, 476 betrafen keine Exekutionssachen, sondern Rechtsstreitigkeiten; im erstgenannten Fall wurde allerdings die Zustimmungserklärung des aus dem Veräußerungsverbot Berechtigten zur Verpfändung einer Liegenschaft "im Zweifel" (also unter Berücksichtigung des dort festgestellten Sachverhaltes und der Bestimmungen der §§ 863 bzw. 914 ABGB) dahin ausgelegt, daß damit auch der Verwertung der Pfandsache zugestimmt worden sei; im letztgenannten Fall wurde hingegen ausgeführt, daß in einem bestimmten Verhalten (Schuldbeitritt des aus dem Veräußerungs- und Belastungsverbot Berechtigten) keine Zustimmung zur Verpfändung bzw. Veräußerung zu erblicken sei. Aus diesen von der Rechtsmittelwerberin zitierten Entscheidungen kann somit entgegen der im Revisionsrekurs vorgetragenen Ansicht nichts gegen die Richtigkeit der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung abgeleitet werden. Die weiters zitierte Entscheidung 3 Ob 98, 99/62 betraf einen Fall, in welchem der Antrag auf Einstellung der wegen vorliegender Zustimmungserklärung rechtskräftig bewilligten Exekution abgewiesen wurde; sie betraf daher gleichfalls einen ganz anders gelagerten Sachverhalt. Schließlich ist auch die von der Rechtsmittelwerberin zitierte Entscheidung EvBl. 1962/506, wonach ein Pfandrecht mit besserem Rang trotz Verbotes gemäß § 364c ABGB durch Zwangsversteigerung realisiert werden kann, für den vorliegenden Fall bedeutungslos, weil hier das zu COZ 59 und 75 einverleibte Verbot zugunsten des Alois L sen. dem Pfandrecht der Rechtsmittelwerberin COZ 125 im Range vorausgeht.
Da der Rekurswerber sonst keine überzeugenden Argumente für seine Auffassung aufzeigen konnte, bestand keine Veranlassung dieser zu folgen. Darüber hinaus ist dem Rekursgericht auch darin beizupflichten, daß es Sache der Rechtsmittelwerberin gewesen wäre, schon im Exekutionsantrag die Identität der betriebenen Forderung mit der die Grundlage der einverleibten Höchstbetragshypothek bildenden Kreditforderung dazutun.
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