Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Beide Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Betreibenden (als Kläger) schlossen mit der verpflichteten (als beklagten) Partei, einer niederösterreichischen Marktgemeinde, vertreten durch ihren Bürgermeister, in einem zivilgerichtlichen Verfahren am 20. Oktober 2005 einen unbedingten Vergleich, in dem sich die - rechtsfreundlich nicht vertretene - verpflichtete Partei zur Wiederherstellung eines Badeteichs samt Wehranlage verpflichtete. Das Prozessgericht bestätigte auf der Vergleichsausfertigung die Rechtswirksamkeit und Vollstreckbarkeit des Vergleichs. Die Betreibenden beantragten auf Grund des Vergleichs vom 20. Oktober 2005 die Bewilligung der Exekution durch Ersatzvornahme. Die verpflichtete Partei beantragte - vom Erstgericht zur Äußerung zum Exekutionsantrag aufgefordert - die Abweisung des Exekutionsbegehrens, weil der Vergleich mangels Genehmigung der Vertretungshandlung des Bürgermeisters durch den Gemeinderat unwirksam sei und verwies auf die Beschränkung der Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters nach der NÖ Gemeindeordnung 1973 (Landesgesetz).
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution, ermächtigte die Betreibenden, auf Kosten der verpflichteten Partei die im Exekutionstitel umschriebenen Leistungen durchführen zu lassen, verpflichtete die verpflichtete Partei zum Ersatz der vorläufig mit 240.000 EUR bemessenen Kosten der Ersatzvornahme, bestimmte die Kosten der Exekution und bewilligte die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kosten. Die Notwendigkeit einer Genehmigung des Vergleichsabschlusses für dessen Rechtswirksamkeit ergebe sich weder aus dem Vergleich selbst noch aus den dem Exekutionsgericht zur Verfügung stehenden Akten. Es sei Sache der verpflichteten Partei, die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vergleichs zu erheben oder eine Impugnationsklage einzubringen.
Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag der Betreibenden über Rekurs der verpflichteten Partei ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rsp des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Fall zulässig sei. Zwar sei das Exekutionsgericht an die Bestätigung der Vollstreckbarkeit eines Exekutionstitels gebunden; bedürfe aber der Exekutionstitel zu seiner rechtlichen Gültigkeit einer besonderen behördlichen Genehmigung oder Bewilligung, handle es sich hiebei um eine Bedingung, deren Eintritt der betreibende Gläubiger nach § 7 Abs 2 EO zu beweisen habe. Die in den Organisationsvorschriften juristischer Personen des öffentlichen Rechts enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung befugten Organe seien auch im Außenverhältnis wirksam, derartige Beschränkungen sollten nicht zuletzt auch die Interessen der juristischen Person selbst schützen. Die Betreibenden wären verpflichtet gewesen, die Genehmigung des Vergleichs durch den Gemeinderat mit öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden nachzuweisen. Dieser Verpflichtung hätten sie nicht entsprochen. Der Revisionsrekurs der Betreibenden, mit dem sie die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung anstreben, ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die verpflichtete Partei ist eine niederösterreichische Gemeinde. § 35 Z 16 der NÖ Gemeindeordnung 1973 (NÖ GO 1973) legt fest, dass die Einleitung oder Fortsetzung eines Rechtsstreites, der Abschluss aller Arten von Vergleichen, Verzichten und Anerkenntnissen, sofern es sich nicht um Rechtsmittel in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten handelt, Angelegenheiten sind, die dem Gemeinderat, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt wird, zur selbständigen Erledigung vorbehalten sind. Daraus ergibt sich, dass der Vergleichsabschluss vom 20. Oktober 2005 zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung des Gemeinderats der verpflichteten Partei bedurft hätte. Die in Organisationsvorschriften von juristischen Personen des öffentlichen Rechts enthaltenen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe sind auch im Außenverhältnis wirksam (RIS-Justiz RS0014717, RS0014664). Ein Vertrauensschutz kommt nur insoweit in Betracht, als der Anschein berechtigten Handelns vom zustimmungsberechtigten Organ (hier: Gemeinderat) gesetzt wurde, auf einen vom (Schein-)Vertreter veranlassten Anschein kommt es nicht an (1 Ob 8/02m; 8 Ob 117/04w).
Zwar ist seit Inkrafttreten der EO-Novelle 1995 nach § 54 Abs 2 EO u. a. bei Vergleichen die Vorlage der Bestätigung der Vollstreckbarkeit an sich nicht mehr (anders noch zur früheren Rechtslage 3 Ob 50/89 u.a.; RIS-Justiz RS0000114) erforderlich, dies ändert aber nichts daran, dass die Exekution nur auf Grund eines Exekutionstitels bewilligt werden darf, der infolge materiell-rechtlicher Wirksamkeit vollstreckbar ist. Handelt es sich beim Exekutionstitel um einen Vergleich, dessen Abschluss einer Genehmigung bedarf, so ist die Vollstreckbarkeit solange nicht gegeben, als die Genehmigung nicht vorliegt. Der Fall kann § 7 Abs 2 letzter Satz EO unterstellt werden, aus dem sich im Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz ergibt, dass dann, wenn im Exekutionstitel die Vollstreckbarkeit des Anspruchs von dem durch den Berechtigten zu beweisenden Eintritt einer Tatsache abhängig gemacht ist, die Exekution nur bewilligt werden darf, wenn die für den Eintritt der Vollstreckbarkeit maßgebende Tatsache durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bewiesen wird (3 Ob 126/91 = EvBl 1992/150; RIS-Justiz RS0000041; Meinhart in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 7 Rz 103; vgl. Jakusch in Angst, EO, § 7 Rz 83, der eine von Amts wegen wahrzunehmende Voraussetzung der Rechtswirksamkeit des Titels sieht).
Die Rsp schränkt die Notwendigkeit, die materiell-rechtlich erforderliche Genehmigung für die Wirksamkeit des Exekutionstitels nachzuweisen, auf jene Fälle ein, in denen sich ein Hinweis auf das Genehmigungserfordernis aus dem Titel selbst oder den Exekutionsakten ergibt (3 Ob 126/91). Gerade das trifft im vorliegenden Fall zu. Der den Exekutionstitel bildende Vergleich enthält zwar keine Bedingung oder Vorbehalt der Genehmigung des Handelns des die Gemeinde vertretenden Bürgermeisters, die verpflichtete Gemeinde wies jedoch in ihrer Stellungnahme zum Exekutionsantrag ausdrücklich auf die dem Vergleichsabschluss des Bürgermeisters fehlende Genehmigung des Gemeinderats hin. Diese Äußerung wurde damit Bestandteil des Bewilligungsverfahrens. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall aber von jenen, in denen sich der Betreibende auf einen mit Vollstreckbarkeitsbestätigung versehenen Titel stützt und aus diesem und den Exekutionsakten eine allenfalls fehlende Genehmigung nicht ersichtlich ist, weshalb der Verpflichtete mit seiner (Rekurs-)Behauptung fehlender Wirksamkeit des Exekutionstitels auf den Rechtsweg verwiesen wird (Impugnationsklage oder Klage auf Unwirksamkeit des Titels).
Auf die Vollstreckbarkeitsbestätigung vermögen sich die Betreibenden nicht zu berufen. Gegenstand der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist der rein verfahrensrechtliche Umstand des Eintritts der formellen Vollstreckbarkeit, sie trifft keine materiellrechtliche Aussage (3 Ob 46/90 = BankArch 1991, 468).
Dem Revisionsrekurs der Betreibenden muss daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO. Der Oberste Gerichtshof hält grundsätzlich an der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens im Exekutionsbewilligungsverfahren auch in dritter Instanz fest, sofern nicht im Einzelfall eine Rechtsmittelbeantwortung - etwa um auf neue rechtliche Gesichtspunkte eingehen zu können - geboten ist (3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26 uva; RIS-Justiz RS0118686). Mangels neuer rechtlicher Gesichtspunkte bedurfte es dieser ausnahmsweisen Eröffnung der Möglichkeit für den Revisionsrekursgegner, hiezu Stellung zu nehmen, nicht. Die dennoch eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung war daher nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.
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