OGH 3Ob126/15y

OGH3Ob126/15y15.7.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen L*****, geboren am ***** 2006, *****, Mutter N*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, Vater H*****, vertreten durch Mag. Peter A. Miklautz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Mai 2015, GZ 48 R 95/15y‑84, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00126.15Y.0715.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht legte über Antrag des Vaters fest, dass die Obsorge für die Minderjährige, mit der bisher die Mutter allein betraut war, nunmehr den Eltern gemeinsam zukommt, wobei der Hauptaufenthalt bei der Mutter bleibt. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Mutter keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Ein im Rekurs gerügter und vom Rekursgericht verneinter Verfahrensmangel (hier: das Unterbleiben einer förmlichen Einvernahme der Eltern, die sich allerdings vor dem Erstgericht ausführlich äußern konnten, sowie die Unterlassung der Einvernahme von der Mutter namhaft gemachter Zeugen zur behaupteten Erziehungsunfähigkeit des Vaters) kann im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden, es sei denn, eine Durchbrechung dieses Grundsatzes wäre aus Gründen des Kindeswohls erforderlich (RIS‑Justiz RS0050037 [T4, T11]; RS0030748 [T2, T5]). Dies ist hier nicht der Fall.

Der Oberste Gerichtshof ist außerdem auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz, weshalb Fragen der Beweiswürdigung nicht an ihn herangetragen werden können (RIS‑Justiz RS0007236 [T1 bis T4, T6, T7]). Die Frage, ob außer den bereits vorliegenden noch weitere Beweise zu demselben Beweisthema aufzunehmen gewesen wären, gehört zur

Beweiswürdigung und ist daher irrevisibel (RIS‑Justiz

RS0043414 [T9, T10]).

2. Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem KindNamRÄG 2013 soll nunmehr die Obsorge beider Elternteile (eher) die Regel sein (RIS‑Justiz RS0128811). Bei der ‑ hiefür maßgeblichen ‑ Einzelfallbeurteilung, ob die Obsorge beider Eltern dem Kindeswohl entspricht und ob mit einer sinnvollen Ausübung der beiderseitigen Obsorge zu rechnen ist (RIS‑Justiz RS0128812; 8 Ob 7/15k mwN), hat der Oberste Gerichtshof von den von den Vorinstanzen ohne Mangelhaftigkeit oder Aktenwidrigkeit festgestellten Tatsachen auszugehen und nicht von dem im außerordentlichen Revisionrekurs unterstellten „Wunschsachverhalt“ (RIS‑Justiz RS0069246 [T6]).

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