OGH 3Ob122/07y

OGH3Ob122/07y28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Gerhard A*****, und 2. Bibiane A*****, beide vertreten durch Estermann & Partner KEG, Rechtsanwälte in Mattighofen, wider die beklagte Partei Dr. Gerald J*****, vertreten durch Dr. Werner Steinacher Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 6. Februar 2007, GZ 6 R 21/07s-16, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Braunau am Inn vom 14. November 2006, GZ 2 C 1074/06t-11, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen. Die klagenden Parteien haben der beklagten Partei die mit 549,34 EUR (darin 91,56 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Kläger kauften am 24. August 1995 eine Wohnung, an der Wohnungseigentum begründet werden sollte. Der beklagte Rechtsanwalt war Vertragsverfasser und Treuhänder. Der ihm übergebene Kaufpreis sollte erst nach Vorliegen einer Freilassungserklärung eines Wohnungsberechtigten, dessen Wohnrecht auf der gesamten Liegenschaft verbüchert war, ausbezahlt werden. Die Freilassungserklärung war zunächst nicht erreichbar. Der Beklagte zahlte dennoch den Kaufpreis an den Verkäufer aus. Eine Klage des Verkäufers gegen den Wohnungsberechtigten auf Unterfertigung einer Teillöschungsquittung wurde rechtskräftig abgewiesen. Die Kläger erklärten am 29. September 1998 die Wandlung des Kaufvertrags gegenüber der Witwe des inzwischen verstorbenen Verkäufers und forderten die Rückzahlung des Kaufpreises samt Zinsen und Kosten. Über die Verlassenschaft wurde das Konkursverfahren eröffnet. Der Masseverwalter anerkannte die angemeldeten Forderungen der Kläger mit einem Teilbetrag von 3,5 Mio öS. Im Jahr 2000 konnte der Beklagte schließlich die Löschung des Wohnrechts gegen Zahlung von 50.000 öS erreichen.

Die Kläger brachten am 17. Februar 2000 beim LG Salzburg zu AZ 2 Cg 12/00i eine Klage auf Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche ihnen aus der vertragswidrigen Abwicklung der Treuhandschaft im Zusammenhang mit dem Kauf der Eigentumswohnung entstehenden Schäden ein. Diese Klage wurde mit dem vom Obersten Gerichtshof wiederhergestellten Ersturteil mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, dass die Kläger ihre Schadenersatzansprüche schon mit Leistungsklage hätten geltend machen können, ein rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO an der begehrten Feststellung der Haftung des Beklagten also fehle (10 Ob 14/03m). Der Rechtsvertreter des in diesem Vorverfahren obsiegenden Beklagten forderte die Kläger am 19. Oktober 2005 unter Hinweis auf sein gesetzliches Pfandrecht gemäß § 19a RAO zur Zahlung der dem Beklagten zugesprochenen Verfahrenskosten von 24.777,76 EUR auf.

Dem Beklagten wurde am 28. April 2006 zu AZ 2 E 1632/06g des BG Braunau am Inn zur Hereinbringung eines Teils der Kostenforderung (6.709,91 EUR) die Forderungsexekution und die Fahrnisexekution sowie die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung bewilligt.

Ihre am 19. Juni 2006 beim Erstgericht eingelangte Oppositionsklage stützten die Kläger auf ihre Aufrechnungserklärung vom 7. November 2005, womit sie die Aufrechnung ihrer Schadenersatzforderungen gegen den Beklagten bis zur Höhe der betriebenen Forderung erklärten. Die Schadenersatzforderung ist auch Gegenstand des beim LG Salzburg zu AZ 13 Cg 20/06f anhängigen und noch offenen weiteren, von den Oppositionsklägern eingeleiteten Verfahrens.

Das Erstgericht wies die Oppositionsklage ab. Das Pfandrecht des Rechtsanwalts des Beklagten schließe wegen seines Verlangens nach Zahlung (§ 19a Abs 4 RAO) eine Aufrechnung aus. Überdies sei der Verjährungseinwand des Beklagten berechtigt. Die Kläger hätten über den eingetretenen Schaden und die Person des Ersatzpflichtigen bereits am 12. Februar 1999 Kenntnis gehabt. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 1489 ABGB) habe am 12. Februar 2002 geendet. Die abgewiesene Feststellungsklage habe die Verjährungsfrist nicht unterbrochen. Der Verjährungseinwand des Beklagten sei weder standesnoch sittenwidrig. Zwar könne auch mit einer verjährten Forderung aufgerechnet werden, dies setze aber voraus, dass die Forderung zum Zeitpunkt des Entstehens der Kostenforderung des Beklagten noch nicht verjährt war. Dies sei hier aber der Fall gewesen. Da die Kläger mit einer Schadenersatzforderung aufrechneten, sei wegen der im Oppositionsverfahren herrschenden Eventualmaxime (§ 35 Abs 3 EO) nicht zu prüfen, ob den Klägern ein der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegender Anspruch auf Herausgabe des Treuguts zustehe (§ 1009 ABGB).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge. Es teilte die Rechtsansichten des Erstgerichts, dass 1. die Kläger nur eine Schadenersatzforderung aufgerechnet hätten, die bereits verjährt gewesen sei, als die betriebene Kostenforderung entstanden sei, nämlich mit der Zustellung der oberstgerichtlichen Entscheidung 10 Ob 14/03m am 20. Oktober 2005 und dass eine Feststellungsklage die Verjährungsfrist nur in Ansehung von noch nicht fälligen und künftigen Schadenersatzansprüchen, nicht aber von bereits bekannten und fälligen Ansprüchen unterbreche; 2. dass der Verjährungseinwand des Beklagten nicht standeswidrig und auch nicht sittenwidrig sei und dass 3. die Kläger keinen Herausgabeanspruch nach § 1009 ABGB releviert hätten. Da Letzteres hier nicht völlig klar sei, sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Revision der Kläger ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig. Den Revisionsausführungen, die im Wesentlichen relevieren, die Kläger hätten ihre Oppositionsklage auch auf den Herausgabeanspruch nach § 1009 ABGB gestützt und ihr Schadenersatzanspruch gegen den vertragswidrig handelnden Treuhänder sei nicht verjährt, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Ob nach dem (gesamten) Inhalt von Prozessbehauptungen die bestimmten für die Qualifizierung des Rechtsgrundes erforderlichen Tatsachen vorgebracht wurden, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0042828).

Davon abgesehen muss die Oppositionsklage hier wegen des gesetzlichen Pfandrechts des Rechtsanwalts (§ 19a Abs 1 RAO) an der betriebenen Kostenforderung auch dann scheitern, wenn die Kläger mit dem verschuldensunabhängigen Erfüllungsanspruch von Treugebern auf Rückstellung des Treuguts (dazu RIS-Justiz RS0019312; Apathy in Schwimann³, § 1009 ABGB Rz 17 mwN) aufgerechnet hätten:

Dass eine solche Aufrechnung schon vor dem Verlangen des pfandrechtlich gesicherten nun beklagten Rechtsanwalts auf Zahlung (am 19. Oktober 2005) erklärt worden wäre, behaupten die Kläger nicht einmal in der Revision, geschweige denn in ihrer Oppositionsklage. Ihre Aufrechnungserklärung vom 7. November 2005 betraf nach den Feststellungen ihre Schadenersatzforderung. Selbst wenn diese Erklärung auch einen Anspruch nach § 1009 ABGB umfasst hätte, konnte damit die betriebene Kostenforderung durch Aufrechnung nicht mehr getilgt werden, weil der Rechtsanwalt schon zuvor Zahlung verlangt hatte (so schon SZ 15/60 u.a., zuletzt 3 Ob 30/04i = JBl 2004, 731; RIS-Justiz RS0033792). Das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts verlöre seinen Sicherungszweck, wenn die Kostenforderung des Klienten trotz Zahlungsverlangens des Rechtsanwalts, also trotz der Verständigung des Kostenschuldners, an den Kostengläubiger bezahlt werden könnte (hier im Wege der Aufrechnung). Da die Revisionswerber zu diesem entscheidungswesentlichen Thema nichts ausführen, bedarf dieser Beschluss keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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