Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, werden dahin abgeändert, daß die Sicherheitsleistung mit S 150.000,-- bestimmt wird.
Die Kosten der Rechtsmittel der betreibenden Partei werden mit S 7.440,-- (darin enthalten S 1.240,-- USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Text
Begründung
Der Verpflichtete ist mit einem Anteil von 50 % Gesellschafter der Josef S***** GmbH und mit einer Einlage von S 50.000,-- Kommanditist der N***** Gesellschaft mbH & Co KG. Mit Beschluß vom 27.9.1994 (in Form eines Bewilligungsvermerks mit dem Beisatz "Verwertung bleibt vorbehalten") bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei zur Hereinbringung von S 1 Mio sA die Exekution durch Pfändung und Verwertung der dem Verpflichteten gehörigen Geschäftsanteile an der N***** Gesellschaft mbH & Co KG und an der Josef S***** Gesellschaft mbH. Im bewilligten Antrag heißt es ua:
"Der verpflichteten Partei wird jede Verfügung über die gepfändete Forderung, insbesondere ihre gänzliche oder teilweise Einziehung, untersagt. Dem Drittschuldner wird verboten, den gepfändeten Betrag an die verpflichtete Partei auszuzahlen."
Punkt 3 der Zustellverfügung des Erstgerichtes lautet:
"Drittschuldner mit ....".
Dieser Beschluß wurde neben dem Verpflichteten auch der KG, der Aktenlage nach aber nicht der GmbH zugestellt. In der offenbar vom Geschäftsführer der persönlich haftenden Josef S***** GmbH unterfertigten Drittschuldnererklärung wird angegeben, daß der Verpflichtete mit 50 % Gesellschafter an der Josef S***** GmbH sei.
Zugleich mit einer Oppositionsklage brachte der Verpflichtete einen Aufschiebungsantrag ein, wobei er vorbrachte, die in Exekution gezogene Forderung zur Gänze bezahlt zu haben. Die betreibende Partei wolle eine Zahlung in Höhe von S 487.650,33 vom 21.3.1996 zu Unrecht nicht auf die in Exekution gezogene Forderung anrechnen.
In ihrer Äußerung wandte die betreibende Partei ein, daß der Verpflichtete die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils nicht einmal konkret behauptet habe.
Das Erstgericht schob die Exekution durch Pfändung und Verwertung "eines Geschäftsanteiles an einer Gesellschaft mbH" bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Oppositionsklage auf, falls der Verpflichtete eine Sicherheitsleistung von S 30.000,-- erlege.
In der Begründung wird ausgeführt, daß nicht gesagt werden könne, die Klage sei aussichtslos. Bei einer Exekution durch Pfändung und Verkauf eines Geschäftsanteiles an einer GmbH sei die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles offenkundig. Bei der Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung sei eine allfällige Wertminderung und der sonst mit der Verzögerung und Befriedigung verbundene Vermögensnachteil maßgeblich.
Dem dagegen erhobenen Rekurs der betreibenden Partei gab das Rekursgericht mit der angefochtenen Entscheidung teilweise dahin Folge, daß es die Sicherheitsleistung auf S 100.000,-- erhöhte. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Begründung für letzteren Ausspruch verwies das Rekursgericht darauf, daß zur entscheidungswesentlichen Frage, ob die Fortführung der Exekution durch (Pfändung und) Verwertung eines Gesellschaftsanteiles an einer GmbH offenkundig mit der Gefahr eines unersetzlichen oder nur schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden sei, keine Rechtsprechung des Höchstgerichtes vorliege.
Diesen Beschluß bekämpft die betreibende Bank mit ihrem auf unrichtige rechtlichen Beurteilung gestützten Revisionsrekurs, mit dem sie in erster Linie die Abänderung der Entscheidung in den Vorinstanzen dahin anstrebt, daß der Aufschiebungsantrag abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
In ihrem Rechtsmittel macht die betreibende Partei geltend, daß das Rekursgericht, das eine Analogie zur Pfändung und Verwertung eines Auseinandersetzungsguthabens eines Kommanditisten gezogen habe, die verschiedenen Aufbaustrukturen zwischen Personenhandels- und Kapitalgesellschaft verkenne. Überdies sei bisher die Verwertung noch nicht bewilligt worden und daher vorerst eine Schätzung der Geschäftsanteile durchzuführen. Mit der Annahme, daß mit der Bewilligung der Verwertung gerechnet werden müsse, nehme das Rekursgericht die später vom Erstgericht zu fällende Entscheidung vorweg. Gegen die Annahme eines offenkundigen Vermögensanteils spreche, daß der Wert der Geschäftsanteile, wenn er einmal mittels Gutachtens festgesetzt werde, beim Verkauf keinesfalls unterschritten werde. Mangels konkreter Behauptung und des Nachweises einer Gefahr für den Verpflichteten hätte daher das Rekursgericht den Aufschiebungsantrag abweisen müssen. Es erscheine auch die auf S 100.000,-- erhöhte Sicherheitsleistung noch immer nicht als der Gefährdung angemessen. Nicht zu Unrecht sei es herrschende Praxis, daß normalerweise ein Viertel der Forderung bzw des Wertes der gepfändeten Sache als Sicherstellung zu leisten sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die nach § 44 Abs 1 EO grundsätzlich erforderliche Gefahrenbescheinigung durch den Aufschiebungswerber dann entbehrlich, wenn, wie bei der Fahrnisexekution (EF 44.179; SZ 64/88 ua), die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils offenkundig ist (zuletzt SZ 62/122 = GesRZ 1989, 228). Dies wird bei der Fahrnisexekution auch dann anerkannt, wenn sie noch nicht vollzogen wurde (E 44.179; SZ 59/204). Wie vom Rekursgericht bereits zutreffend dargelegt wurde, hat der Oberste Gerichtshof auch in einem Fall, in dem die Pfändung eines Auseinandersetzungsguthabens einer Kommanditisten einer bestimmten KG bewilligt und von der betreibenden Partei ein Verwertungsantrag entsprechend § 333 Abs 1 EO gestellt worden war, die Gefahr als offenkundig angenommen, weil auch die Exekution auf das Auseinandersetzungsguthaben des Gesellschafters einer Personengesellschaft zum Verlust des Eigentums an der von der Exekution betroffenen Sache führt. Richtig ist auch, daß bisher der Oberste Gerichtshof die Offenkundigkeit des Vermögensnachteils im Sinn des § 44 Abs 1 EO bei Exekution auf einen GmbH-Anteil noch nicht zu beurteilen hatte.
Wie bereits das Landesgericht Salzburg in seiner vom Rekursgericht zitierten E RPflgSlgE 1993/23 richtig dargelegt hat, geschieht nach der Rechtsprechung die Verwertung eines Geschäftsanteils an einer GmbH (jedenfalls in der Regel) durch Verkauf im Sinne des § 332 EO (EvBl 1996/94 mwN). Dadurch verliert der Verpflichtete GmbH-Gesellschafter sämtliche Vermögens- und Herrschaftsrechte, die mit seiner Mitgliedschaft verbunden sind, etwa das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös, das Recht auf Teilnahme am Willensbildungsprozeß der Gesellschafter, das Stimmrecht etc. (vgl Koppensteiner Komm GmbHG § 75 Rz 9 und § 61 Rz 7). Ebenso wie bei der Fahrnisexekution ist daher ein drohender Vermögensnachteil schon deshalb evident, weil einerseits der Verpflichtete nicht ohne weiteres den veräußerten Geschäftsanteil wieder erlangen kann, andererseits aber auch befürchtet werden muß, daß bei der Verwertung nicht der wahre Wert desselben erzielt werden kann.
Demnach ist der Auffassung des Rekursgerichtes beizupflichten. Worin, was die Gefährdung des Verpflichteten angeht, der grundlegende Unterschied zwischen einer GmbH und einer Personenhandelsgesellschaft bestehen soll, vermag die Revisionsrekurswerberin nicht darzulegen. Sie übersieht offenbar, daß gerade bei der GmbH der Gesetzgeber die Zirkulationsfähigkeit von Geschäftsanteilen möglichst einschränken wollte und sie nahezu immobilisieren wollte (Koppensteiner aaO § 76 Rz 16 mN). Dementsprechend verbietet § 75 Abs 3 GmbHG die Ausstellung von Inhaberpapieren über Geschäftsanteile und erklärt die Übertragung von Gesellschaftsbeteiligungen verbriefenden Urkunden durch Indossament für wirkungslos. Im selben Sinnzusammenhang steht § 75 Abs 4 GmbHG, wonach die Ausstellung von Dividendenscheinen verboten und wirkungslos ist. Unter diesem Aspekt steht demnach die GmbH den Personenhandelsgesellschaften als (besonders der börsenorientierten) AG. Schon insofern ist kein maßgeblicher Grund ersichtlich, eine Analogie zur Rechtsprechung betreffend die Personenhandelsgesellschaften abzulehnen.
Zur Frage der Erfolgsaussicht der eingebrachten Oppositionsklage hat die betreibende Partei weder im Rekurs noch im Revisionsrekurs etwas vorgebracht, sodaß dem Aufschiebungsantrag zu Recht stattgegeben wurde.
Berechtigt ist im Ergebnis der Revisionsrekurs aber, was die Höhe der Sicherheitsleistung angeht, von deren Erlag schon das Erstgericht die Aufschiebung abhängig gemacht hat.
Dabei ist zu beachten, daß nach der Aktenlage die aufgeschobene
Exekution durch Pfändung und Verwertung des Geschäftsanteils des
Verpflichteten an der Josef S***** GmbH bisher noch nicht vollzogen
wurde. Anders als bei der Exekution auf das Anwartschaftsrecht des
Vorbehaltskäufers (SZ 66/172 = ecolex 1994, 386 = JBl 1994, 615 =
JUSZ 1519 und 1520) ist die Pfändung eines GmbH-Geschäftsanteils
gemäß § 331 Abs 1 EO erst dann als bewirkt anzusehen, wenn nicht nur
dem Verpflichteten das Verfügungsverbot, sondern auch der
Gesellschaft das Leistungsverbot zugestellt ist (EvBl 1996/94; SZ
57/30 und insbesondere ausführlich ecolex 1995, 560 = GesRZ 1995, 195
= RdW 1995, 466 = WBl 1995, 378 = ZIK 1995, 199). Ungeachtet der
Frage, ob das reine Zahlungsverbot laut
Exekutionsbewilligungsbeschluß einem Leistungsverbot im Sinne der
zitierten Gesetzesstelle gleichzuhalten ist, zeigt sich, daß bisher
die Exekutionsbewilligung der Josef S***** GmbH bisher nicht
zugestellt wurde. Zwar verfügte der Erstrichter unterhalb der
Bewilligungsstampiglie die Zustellung an (den oder die)
Drittschuldner, sodaß damit wohl auch die Josef S***** GmbH gemeint
war. Im Akt befindet sich aber nur der Zustellnachweis der N*****
GmbH & Co KG. Wie sich aus der bei ON 1 des Exekutionsaktes
einliegenden Übernahmsbestätigung ergibt, hat zwar der
Geschäftsführer der GmbH, die ja auch Komplementär der N***** GmbH &
Co KG ist, die Exekutionsbewilligung übernommen. Nach der
Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kann jedoch eine Heilung
des Zustellmangels nach § 7 ZustG nur dann eintreten, wenn sowohl in
der Zustellverfügung als auch auf dem Zustellstück der nach dem
jeweiligen Verfahrensrecht richtige Empfänger (als solcher) genannt
ist (5 Ob 2393 bis 2396/96; Gitschthaler in Rechberger Rz 2 zu § 87
ZPO). Es genügt nicht, daß dem Empfänger eine Ausfertigung, die ihm
gar nicht zugestellt werden sollte, von einer anderen Person
zugemittelt wurde (7 Ob 504/92). Nun ist aber gar nicht ersichtlich,
daß eine an die Josef S***** GmbH adressierte Sendung mit der
Exkutionsbewilligung überhaupt abgefertigt wurde. Solches ergibt sich
auch nicht daraus, daß in der Drittschuldneräußerung ON 2, die
wiederum offenbar vom Geschäftsführer unterfertigt wurde, allerdings
ohne firmenmäßige Zeichnung, eine die GmbH betreffende Erklärung
abgegeben wurde. Auch daraus ist ja nicht zwingend abzuleiten, daß
der Genannte auch eine an die GmbH adressierte Briefsendung erhalten
hätte. Demnach kann nach der Aktenlage nicht gesagt werden, daß die
Exekution bereits vollzogen worden wäre.
Daraus ergibt sich aber, daß der der betreibenden Partei drohender Vermögensnachteil durch die Aufschiebung nicht in Relation zum Wert des Exekutionsobjektes gesetzt werden kann, vielmehr volle Sicherheit zu leisten wäre (3 Ob 1860/83; SZ 62/23 = RPflE 1990/41). Da sich die betreibende Partei aber, wie aus dem Revisionsrekurs deutlich hervorgeht mit einem Viertel der offenen Forderung begnügt, war die Sicherheitsleistung lediglich auf S 150.000,-- zu erhöhen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO. Bemessungsgrundlage ist sowohl für den Rekurs als auch für den Revisionsrekurs der Betrag, um den die Sicherheitsleistung erhöht wurde, also S 150.000,-- (3 Ob 149/81).
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