Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 306,60 (darin EUR 51,10 USt) bestimmte Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beklagten Parteien haften den Klägern dem Grunde nach für die Folgen eines Verkehrsunfalles.
Die Erstklägerin begehrt in ihrer Klage restliches Schmerzengeld, Verdienstentgang, den Ersatz frustrierter Studienkosten sowie vorprozessualer Kosten.
Der Zweitkläger begehrt den Ersatz von Verdienstgang, Fahrtkosten sowie ebenfalls vorprozessualer Kosten. Bei letzteren Kosten habe es sich um Kosten anwaltlicher Bemühungen zur außergerichtlichen Regulierung gehandelt.
Die beklagten Parteien wendeten unter anderem ein, vorprozessuale Kosten "könnten nicht in das Klagebegehren aufgenommen werden (AS 28).
Das Erstgericht gab den Klagebehren teilweise statt und sprach unter anderem die geltend gemachten vorprozessualen Kosten als Teil der Kapitalforderung zu.
Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil teilweise und wies aus Anlass der Berufung die Klagen hinsichtlich der Beträge von S 4.639,93 = EUR 337,20 bzw S 9.601,67 = EUR 697,78 (der geltend gemachten vorprozessualen Kosten) zurück.
Es erörterte rechtlich, vorprozessuale Kosten seien jene, die im Rahmen der Vorbereitung eines Prozesses aufgelaufen seien. Dieser Kostenersatzanspruch sei im Rahmen der Kostennote geltend zu machen und könne nicht gesondert in der Klage als Teil der Hauptforderung geltend gemacht werden. Sollte dies der Fall sein, sei der Rechtsweg unzulässig. weshalb die Klage in diesem Umfang zurückzuweisen gewesen sei.
Die Kläger bekämpfen diese Entscheidung insoweit, als die Klage zurückgewiesen wurde mit Rekurs und beantragen die Entscheidung dahin abzuändern, dass den Klagen in diesem Umfang stattgegeben werde.
Ein Prozess über den Hauptanspruch, nämlich Schadenersatz betreffend den PKW-Schaden sei nicht anhängig, weshalb die außerprozessualen Kosten gesondert einklagbar seien.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes waren vorprozessuale Kosten - solange die Akzessorietät zu einem Hauptanspruch besteht - als Teil der Prozesskosten zuzusprechen, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (RIS-Justiz RS0035721, zuletzt 7 Ob 163/01y; MietSlg 50.696 mwN). Nur wenn der Hauptanspruch bereits vor der gerichtlichen Geltendmachung durch Befriedigung, Vergleich oder Verzicht erledigt wurde, es also zu keinem Verfahren in der Hauptsache kommen konnte, konnten die vorprozessualen Kosten selbständig eingeklagt werden.
Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor.
Die Kläger machen Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, die vorprozessual nur teilweise erfüllt wurden, weshalb der Hauptanspruch eben noch nicht zur Gänze erledigt wurde und die Akzessorietät bestehen blieb. Werden aber bei bestehender Akzessorietät zum Hauptanspruch (vorprozessuale) Prozesskosten gesondert geltend gemacht, steht dem Anspruch unabhängig davon, auf welchen Titel er gestützt wird, grundsätzlich das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen (8 Ob 2070/96m).
Dass der reine Sachschaden vor Einleitung des Prozesses beglichen wurde, ändert nichts an der Akzessorietät der vorprozessualen Kosten, weil nicht sämtliche Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vor der Klage berichtigt wurden. Die vorprozessualen Kosten behielten daher ihre Akzessorietät zu dem tatsächlich eingeklagten Kapitalbeträgen.
Diese Rechtslage hat sich allerdings nach der Entscheidung des Rekursgerichtes geändert:
Am 1. 8. 2002 ist das Zinsenrechts-Änderungsgesetz (ZinsRÄG) BGBl I 118/2002 in Kraft getreten. Nach dessen Art I Z 2 bestimmt jetzt § 1333 Abs 3 ABGB, dass der Gläubiger außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen kann, "insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen", soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.
Damit sollen derartige Betreibungskosten als Schadenersatzansprüche behandelt werden. Diese Regelung geht anders als die bisherige Rechtsprechung von einem materiell-rechtlichen und nicht von einem prozessualen Ansatz aus. Dies ergibt sich einerseits daraus aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage und andererseits, dass der Gesetzgeber die neue Bestimmung nicht etwa im Kostenersatzrecht der ZPO, sondern in den materiell-rechtlichen Schadenersatzbestimmungen des ABGB ansiedelt.
Zu prüfen ist daher die Frage, ob diese neue Bestimmung auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist. Das Rechtsmittelgericht hat zwar grundsätzlich auf die neue Rechtslage Bedacht zu nehmen, sofern die neuen Bestimmungen nach ihrem Inhalt auf das umstrittene Rechtverhältnis (zwingend) anzuwenden sind (Fasching, LB2 Rz 1927; Kodek in Rechberger ZPO2 § 482 Rz 11 mwN) Dies gilt auch dann, wenn der zu beurteilende Sachverhalt bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht wurde (RIS-Justiz RS0106868). Nach der neuen Rechtslage können die genannten Betreibungskosten grundsätzlich unter dem Titel des Schadenersatzes gefordert werden. Bei deliktischen Schuldverhältnissen bildet aber im Bereich der Verschuldenshaftung der Zeitpunkt der schädigenden Handlung den intertemporalen Anknüpfungspunkt (Vonkilch, Das intertemporale Privatrecht 206 f mwN unter Berufung auf den Wortlaut des § 5 ABGB; 2 Ob 71/02h). Maßgebend ist daher die zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses geltende Rechtslage. Anderslautende Übergangsbestimmungen bestehen nicht.
Da die nunmehr begehrten "vorprozessualen" Kosten vor Inkrafttreten der neuen Bestimmungen entstanden sind, hat es bei der bisherigen oben wiedergegebenen Rechtsprechung zu verbleiben.
Die Entscheidung über die Kosten der Rekursbeantwortung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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