OGH 2Ob654/86

OGH2Ob654/8616.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Anna H***, Verkäuferin, 8200 Pircha 41, vertreten durch Dr. Fritz König, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Adolf H***, Angestellter, 8190 Birkfeld Nr. 65, vertreten durch Dr. Ilse Grossauer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 11. Juli 1986, GZ 1 R 184/86-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Weiz vom 18. April 1986, GZ F 1/86-11, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten S 308,85 Ust) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Ehe der Antragstellerin mit dem Antragsgegner wurde am 28.3.1985 gemäß § 55 a EheG rechtskräftig geschieden. Vor der Beschlußfassung über diese einvernehmliche Scheidung hatten die anwaltlich vertretenen Ehegatten einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, in welchem sie gegenseitig auf Unterhaltsleistung verzichteten, die Übertragung der elterlichen Rechte betreffend ihre drei minderjährigen Kinder sowie die Zuweisung der im Hause Pircha 41 gelegenen Ehewohnung an die nunmehrige Antragstellerin vereinbarten, das jeweilige Eigentum des anderen an bestimmten Fahrnissen anerkannten und schließlich erklärten (Punkt 6.), daß die Eigentumsverhältnisse an der je zur Hälfte den Ehegatten gehörenden Liegenschaft EZ 152 KG Pircha mit dem Hause Pircha 41 unberührt bleiben.

Am 8.1.1986 stellte die vormalige Ehefrau den vorliegenden Antrag, hinsichtlich der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens dahin vorzunehmen, daß ihr diese Liegenschaftshälfte aus den im einzelnen angeführten Gründen ohne Ausgleichszahlung ins Eigentum übertragen werde. Der Antragsgegner beantragte unter Hinweis auf die durch den Scheidungsvergleich getroffene einvernehmliche Vermögensaufteilung, insbesondere auch die hierin getroffene Vereinbarung betreffend die gemeinsame Liegenschaft, sowie subsidiär aus den im einzelnen angeführten weiteren Gründen die Abweisung des Antrages. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte fest, daß vor Abschluß des Scheidungsvergleiches von den Parteien zunächst die Möglichkeit erörtert worden war, die gemeinsame Liegenschaft oder die Liegenschaftshälfte des nunmehrigen Antragsgegners an die drei ehelichen Kinder zu übertragen, jedoch weder vor dem Notar noch vor Gericht eine diesbezügliche Einigung erzielt werden konnte und daß eine Einigung hinsichtlich der Liegenschaft auch deswegen nicht erzielbar war, weil keiner der beiden Streitteile die finanziellen Mittel hatte, den anderen Teil "auszuzahlen". Da darüber, wann die Ehegatten wiederum versuchen sollten, eine Lösung hinsichtlich der gemeinsamen Liegenschaft zu finden, auch keine Einigung erzielt werden konnte, man aber doch zu einer Regelung über die Liegenschaft kommen wollte, wurde schließlich bewußt die vergleichsweise Regelung getroffen, daß die Eigentumsverhältnisse an der Liegenschaft unberührt bleiben. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, damit sei hinsichtlich der Liegenschaft eine ausdrückliche einvernehmliche Regelung getroffen worden, dieser Vermögensgegenstand sei also nicht irrtümlich oder aus Unkenntnis bei Vergleichsabschluß unberücksichtigt geblieben. Ihre vergleichsweise Zusage könne die Antragstellerin nunmehr nicht durch eine Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG umgehen.

Das Rekursgericht billigte die erstgerichtliche Rechtsansicht. Den Streitteilen sei schon auf Grund der vorangegangenen Besprechungen ihrer Anwälte bewußt gewesen, daß die gemeinsame Liegenschaft der Aufteilung unterliege und für eine einvernehmliche Scheidung eine Vereinbarung über die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander in allen Belangen erforderlich sei. Eine solche hätten sie durch den Scheidungsvergleich, insbesondere durch dessen Punkt 6. auch hinsichtlich der gemeinsamen Liegenschaft, getroffen. Die zustandegekommene Regelung, daß es beim Miteigentum der vormaligen Ehegatten bleiben solle, entspreche auch der im § 90 EheG grundsätzlich normierten Gesetzesregelung. Die von der Antragstellerin nunmehr geforderte Lösung führe zu einem Ergebnis, welches den vormaligen Ehemann "aller Voraussicht nach gar nicht zu einer einvernehmlichen Scheidung bewogen hätte." Demgemäß sei dem Rekurs der Antragstellerin ein Erfolg zu versagen.

Im Hinblick auf den S 60.000,-- übersteigenden Wert der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners erklärte das Rekursgericht den Revisionsrekurs für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Die Antragstellerin führt aus, § 55 a Abs 2 EheG sehe zwar eine Vereinbarung der Ehegatten ua auch über die gegenseitigen vermögensrechtlichen Ansprüche als notwendig vor, enthalte aber keine Regelung darüber, was bei Unterbleiben einer solchen Regelung gelten sollte, also auch nicht, ob in diesem Fall das Antragsrecht nach den §§ 81 ff EheG erloschen sei. Vorliegendenfalls hätten die vormaligen Ehegatten hinsichtlich der Liegenschaft keine Einigung erzielt. Sei die Scheidungsvereinbarung aber in bezug auf einzelne Vermögensstücke mangels Einigung unvollständig geblieben, dann stehe die Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG offen. Demgemäß sei dem Antrag der Antragstellerin stattzugeben, aus Billigkeitsgründen seien aber auch jedenfalls die unterinstanzlichen Kostenentscheidungen abzuändern.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß der Fall des Unterbleibens einer Regelung über die gegenseitigen gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehegatten hier nicht vorliegt, weil zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner eine solche, für die einvernehmliche Scheidung der Ehe nach § 55 a EheG vorausgesetzte, Regelung durch den abgeschlossenen Scheidungsvergleich getroffen wurde. Punkt 6. dieses Vergleiches enthält auch eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der gemeinsamen Liegenschaft Pircha 41 und zwar dahin, daß diesbezüglich die Eigentumsverhältnisse unberührt bleiben.

In den von den Unterinstanzen zutreffend zitierten Entscheidungen EvBl 1985/57 und 1986/13 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß zwar auch im Falle einer nach § 55 a Abs 2 EheG im Scheidungsvergleich getroffenen vermögensrechtlichen Regelung eine spätere Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG zulässig ist, jedoch unter der Voraussetzung, daß die im Scheidungsverfahren erfolgte Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und/oder der ehelichen Ersparnisse zufolge Irrtums oder Unkenntnis eines Teiles oder beider Teile in Ansehung einzelner Vermögensstücke unvollständig geblieben ist und darüber keine einvernehmliche Regelung erzielt werden kann.

Auch eine solche Unvollständigkeit, schon gar zufolge Irrtums oder Unkenntnis, ist hier aber nicht gegeben. Im Scheidungsvergleich der Ehegatten wurde vielmehr hinsichtlich der gemeinsamen Liegenschaft aber eine ausdrückliche Regelung, nämlich die Aufrechterhaltung der bisherigen Eigentumsverhältnisse, getroffen. Liegt somit eine Vereinbarung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse vor, dann kommt zufolge der Bestimmung des § 97 EheG eine Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG nicht in Betracht (SZ 52/129; EvBl 1985/22).

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher ein Erfolg zu versagen.

Eine Anfechtung der unterinstanzlichen Kostenentscheidung in dritter Instanz ist unzulässig (SZ 54/149; 2 Ob 513/85 ua). Der Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung gründet sich auf § 234 AußStrG.

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