European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00058.20Y.0806.000
Spruch:
1. Die „außerordentliche Revision“ der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
2.a) Die „außerordentliche Revision“ der klagenden Partei wird, soweit sie sich gegen den Aufhebungsbeschluss richtet (Schenkung von 50.000 öS an die klagende Partei; Übergabe der Liegenschaften EZ 2***** und EZ 3***** an die beklagte Partei) zurückgewiesen.
2.b) Im Übrigen, somit betreffend die Schenkung eines weiteren Viertels der Liegenschaft EZ 1*****, wird die außerordentliche Revision der klagenden Partei gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Klägerin begehrt von der Beklagten einen Schenkungspflichtteil in Höhe von 423.534,10 EUR nach der am 30. 1. 2015 verstorbenen gemeinsamen Mutter der Streitteile.
[2] Das Berufungsgericht bestätigte in seiner Entscheidung den erstgerichtlichen Zuspruch von 89.462,19 EUR sA sowie die Abweisung eines Teilbegehrens von 60.571,13 EUR sA als Teilurteil. Im Übrigen, also im Umfang der Abweisung weiterer 273.500,78 EUR, hob es das Urteil des Erstgerichts auf. Es sprach (nur) aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
[3] 1. Soweit sich die „außerordentlichen Revisionen“ beider Streiteile auf die Frage der Bewertung der Schenkung von 50.000 öS an die Klägerin im Jahr 1962 beziehen, die nach den Feststellungen zum Erwerb einer Liegenschaft (EZ 8*****) erfolgte, bekämpfen sie nicht die Aussprüche des Teilurteils, sondern die Begründung der aufhebenden Entscheidung des Berufungsgerichts. Das gilt ebenso für die Bemängelung zweitinstanzlicher Ausführungen zur Übergabe der Liegenschaften EZ 2***** und EZ 3***** im Jahr 1991 an die Beklagte im Rechtsmittel der Klägerin. Da das Berufungsgericht nicht iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ausgesprochen hat, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, sind die Rechtsmittel der Streitteile in diesem Umfang jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen.
[4] 2. Die Klägerin wendet sich in ihrem Rechtsmittel aber auch gegen die Nichteinrechnung eines weiteren Viertels des Werts der Liegenschaft EZ 1***** in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung ihres Schenkungspflichtteils und damit gegen den abweisenden Teil des Teilurteils des Berufungsgerichts.
[5] Insoweit zeigt sie aber keine erhebliche Rechtsfrage auf:
[6] Auch wenn man die Vorgangsweise der Erblasserin, die hinsichtlich dreier in ihrem Alleineigentum stehender Liegenschaften mit ihrem Ehemann eine Gütergemeinschaft vereinbarte und zwei Tage später gemeinsam mit diesem die wertvollste dieser Liegenschaften der Beklagten und deren Ehemann schenkte, im Sinne der Rechtsmeinung der Klägerin als Umgehungsgeschäft und nicht mit dem Berufungsgericht als Scheingeschäft (vgl aber RS0018136) beurteilen wollte, hätte dies zur Folge, dass das Umgehungsgeschäft der Rechtsnorm unterliegt, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft anzuwenden ist (RS0045196; RS0016469; RS0038675 [T8]; RS0018181 [T1 und T2]; RS0113579).
[7] Nach den Feststellungen sollte die Vorgangsweise der Erblasserin und ihres Ehemanns eine „unmittelbare Schenkung“ an die Beklagte und deren Ehemann verschleiern. Die Beklagte müsste sich daher so behandeln lassen, als wäre durch das Umgehungsgeschäft die Schenkung „unmittelbar“ an sie und ihren Ehemann erfolgt (vgl 2 Ob 89/13x). Wenn die Vorinstanzen deshalb zu dem Ergebnis kamen, dass die Hälfte des Werts der betroffenen Liegenschaft als Schenkung an die Beklagte in die Berechnung einzubeziehen sei, steht dies mit der erörterten Rechtsprechung im Einklang und ist nicht korrekturbedürftig.
[8] 3. Die Auffassung der Klägerin, richtigerweise müsse man den Ehepakt als anrechenbare Schenkung des Hälfteanteils an der Liegenschaft an den Ehemann der Erblasserin und die folgende Schenkung beider Elternteile an die Beklagte und deren Ehemann als solche eines weiteren Viertels an die Beklagte werten, zeigt keine Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht auf. Denn sie beruht auf einer „Zerlegung“ der beiden Rechtsgeschäfte, die aber von ihrer Zielsetzung als Einheit zu betrachten sind (vgl 2 Ob 89/13x). Das wirtschaftliche Ergebnis der Vertragsgestaltung entspricht genau jenem, das bei einer „unmittelbaren Schenkung“ an die Beklagte und deren Ehemann eingetreten wäre. Beim Ehemann der Erblasserin verblieb hingegen – wie vorgesehen – kein Vermögenswert. Für die Annahme, es wären insgesamt drei Viertel der Liegenschaft an pflichtteilsberechtigte Personen geschenkt worden, bleibt unter diesen Umständen kein Raum.
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