Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 21.510 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung von S 550.000 sA. Er habe mit ihm am 21.10.1991 einen "Kaufvertrag" über eine Wohnung geschlossen. Erst nach Abschluß dieses Vertrages und Bezahlung des "Kaufpreises" habe sich herausgestellt, daß die Wohnung nicht im Eigentum des Beklagten, sondern einer Wohnungsgenossenschaft stehe. Deshalb habe er (Kläger) nur ein Nutzungsrecht erwerben können, für das jedoch eine Ablöse nicht verlangt werden dürfe. Der Beklagte weigere sich, den "Kaufpreis" für die Wohnung abzüglich der Entschädigung für Investitionen in der Höhe von S 100.000 zurückzubezahlen. Er (Kläger) sei vom Beklagten über den Umstand, daß es sich um eine Genossenschaftswohnung gehandelt habe, arglistig in die Irre geführt worden. Das Klagebegehren werde auch auf Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes, auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung oder arglistiger Irreführung und im Fall, daß der Vertrag aufgehoben sei, auf einen Anspruch im Zuge der Rückabwicklung gestützt.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage mit der Begründung, zwischen den Streitteilen sei ein Rechtsgeschäft über eine Genossenschaftswohnung abgeschlossen worden. Er habe seine Nutzungsrechte an die Genossenschaft zurückgegeben; diese habe die Nutzungsrechte dem Kläger zugewiesen. Der Kläger habe vom Beklagten entsprechende Investitionen übernommen, über deren Ablösebetrag es zu einer Einigung der Parteien gekommen sei. Der zwischen den Streitteilen geschlossene Kaufvertrag sei einvernehmlich aufgehoben worden; dem Kläger sei bekannt gewesen, daß es sich um die Übertragung von Nutzungsrechten und um eine Genossenschaftswohnung handle.
Der Beklagte wendete noch die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, weil die vom Kläger behauptete Ablöse im Außerstreitverfahren geltend zu machen sei.
Das Erstgericht wies die Klage zurück und erklärte das bisherige Verfahren für nichtig.
Es ging von nachstehend zusammengefaßten Feststellungen aus:
Der Beklagte war Inhaber eines Nutzungsrechtes einer Wohnung in einem Haus, das im Eigentum einer Wohnungsgenossenschaft steht.
Am 21.10.1991 wurde zwischen den Streitteilen über die Wohnung ein als Kaufvertrag bezeichneter Vertrag unterfertigt. Nach Unterfertigung des Vertrages bezahlte der Kläger dem Beklagten S
661.860. Als Verwendungszweck bei der Überweisung wurde "Ablöse für Wohnung" angegeben.
Der von den Parteien geschlossene Kaufvertrag wurde an die Wohnungsgenossenschaft übermittelt. Diese wies den "Abschluß" des Kaufvertrages zurück und verwies darauf, daß sie selbst Eigentümerin des Objektes und daher ein Verkauf der Wohnung nicht möglich sei. Die Streitteile kamen überein, den Kaufvertrag über diese Wohnung für null und nichtig zu erklären. Da der Kläger weiterhin am Erwerb der Wohnung interessiert war, richtete der Beklagte ein Schreiben an die Wohnungsgenossenschaft, in dem er erklärte, daß es sich bei dem Kaufvertrag, den die Genossenschaft in Händen habe, um einen Irrtum handle. In der Folge gab der Beklagte die Nutzungsrechte der Wohnung an die Genossenschaft zurück. Diese schloß einen Nutzungsvertrag mit dem Kläger ab. In einer von beiden Parteien und auch von der Genossenschaft unterfertigten Erklärung wurde ua angeführt, daß hinsichtlich der Bezahlung von Beträgen für vom Vormieter für die gegenständliche Wohnung getätigte Investitionen, Betriebskosten, Heizkosten udgl Einigung zwischen den Parteien und daher aus diesem Titel keine wie immer geartete Forderung gegen die Genossenschaft bestehe. Der Kläger glaubte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, eine Eigentumswohnung zu erwerben; es war ihm bewußt, daß er lediglich Nutzungsrechte an der Genossenschaftswohnung übertragen erhalte.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß der Beklagte der Meinung gewesen sei, die Wohnung als Eigentumswohnung zu bezeichnen und veräußern zu können, während auch der Kläger vorerst überzeugt gewesen sei, eine Eigentumswohnung gekauft zu haben. In diesem Glauben habe er den Kaufpreis gezahlt. Der Beklagte habe aber dem Kläger kein Eigentum verschaffen können, weil es selbst bloßer Nutzungsberechtigter gewesen sei. Der Kauf eines Anwartschaftsrechtes zum Erwerb von Wohnungseigentum liege nicht vor, weil völlig ungewiß sei, wann Eigentumsrechte für bloße Nutzungsberechtigte an der Wohnung begründet werden könnten. Der Klagsbetrag stelle keinen Kaufpreis für eine Eigentumswohnung dar, sondern sei eine Ablöse für die Überlassung der Wohnung bzw allenfalls diverser Einrichtungsgegenstände. Eine solche Ablösezahlung sei aber gemäß § 37 Abs 1 Z 14 MRG im Verfahren außer Streitsachen zrückzufordern, weshalb Unzulässigkeit des Rechtsweges vorliege.
Das Rekursgericht gab dem vom Kläger gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs teilweise Folge und änderte sie dahingehend ab, daß es die Klage, soweit sie einen Anspruch auf Rückzahlung einer verbotenen Ablöse (§ 27 MRG) zum Gegenstand habe, zurückwies und das bisher darüber abgewickelte Verfahren für nichtig erklärte. Im übrigen verwarf es die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges.
Es erörterte rechtlich, daß für die Zulässigkeit des Rechtsweges in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt maßgebend sei. Unerheblich sei auch, ob der behauptete Anspruch berechtigt sei, weil darüber erst in der Sachentscheidung abzusprechen sei. Es treffe zu, daß der Rekurswerber ua seine Klage auch auf das Vorliegen einer nach § 27 MRG verbotenen Ablöse gestützt habe, weshalb das Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 14, § 39 MRG vor der Schlichtungsstelle der Gemeinde abzuführen sei. In diesem Umfang sei mit einer Nichtigerklärung des Verfahrens und einer Klagszurückweisung vorzugehen.
Der Kläger habe aber sein Begehren auch auf Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes, Schadenersatz wegen Nichterfüllung, arglistige Irreführung hinsichtlich eines Kaufvertrages und auf die Rückabwicklung eines Kaufvertrages gestützt. Diese Anspruchsgrundlagen fielen in die Kompetenz der streitigen Gerichtsbarkeit, weil es sich nicht um bloße Nebenforderungen der Anspruchsgrundlage gemäß § 27 MRG handle. Zwar sei in den Entscheidungen SZ 62/52 und WoBl 1992/67 ausgesprochen worden, daß infolge der abschließenden Regelung des § 27 Abs 3 MRG die darin normierte Kondiktion konkurrierende Kondiktionen, insbesondere auch die nach § 1431 ABGB, ausschließe, doch sei durch die Entscheidung ImmZ 1995, 455 klargestellt, daß sich die Zuständigkeit des Außerstreitrichters bzw der Schlichtungsstelle darin erschöpfe, über die Rückzahlung von Leistungen und Entgelten abzusprechen, die durch § 27 MRG verboten seien. Ansprüche, die sich nicht unmittelbar aus der Behauptung einer verbotenen Ablöse herleiten ließen, seien demnach von § 37 Abs 1 Z 14 MRG nicht umfaßt. Der hier prinzipiell gegebenen zweifachen Möglichkeit einer Abhilfe entspreche dann die konkurrierende Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde und des Gerichtes.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur wesentlichen Rechtsfrage, ob und inwieweit neben einem Schlichtungsstellenverfahren nach § 37 Abs 1 Z 14, § 33 MRG aufgrund des selben Sachverhaltskomplexes auch ein Streitverfahren stattfinden könne, noch keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.
Der Beklagte beantragt mit seinem Revisionsrekurs, mit dem die Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs bekämpft wird, die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Der Kläger beantragt, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht dargelegten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Das Rekursgericht hat zunächst zutreffend darauf verwiesen, daß sich die Zuständigkeit des Außerstreitrichters bzw der Schlichtungsstelle der Gemeinde nach § 37 Abs 1 Z 14 MRG darin erschöpft, über die Rückzahlungen von Leistungen und Entgelten abzusprechen, die durch § 27 MRG verboten sind. Es kann sich daher nur um die Rückzahlung einer "verbotenen Ablöse" handeln, wie sie auch der Kompetenztatbestand des § 49 Abs 2 Z 5 letzter Halbsatz JN erfaßt (ImmZ 1995, 455; WoBl 1993, 138/101). Wird daher das Rückzahlungsbegehren auf das Vorliegen einer nach § 27 MRG verbotenen Zahlung bzw Ablöse gestützt, so ist das Verfahren in das Außerstreitverfahren verwiesen. Eine Zurückweisung der Klage hat dann zu erfolgen, wenn für die betreffende Gemeinde - wie hier - eine Schlichtungsstelle besteht (WoBl 1993, 138/100).
Der Oberste Gerichtshof folgt auch der Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, daß darüber hinaus die Kompetenz der Zivilgerichte nicht zur Gänze verneint werden kann. Im Leitsatz der Entscheidung SZ 62/52 wurde zwar ausgesprochen, daß die Rückforderung einer nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes bezahlten unzulässigen Ablöse nur noch nach dem MRG begehrt werden könne. Diese Auffassung wurde damit begründet, daß das Mietrechtsgesetz als Schutzgesetz eine Reihe von Vereinbarungen, die dem angestrebten Mieterschutz zuwiderliefen, einer Unwirksamkeitssanktion unterwerfe, weshalb alle nach Rechtsprechung und Lehre offenstehenden Bereicherungsansprüche, insbesondere nach § 1431 ABGB unter die Bestimmung des § 27 Abs 3 MRG fielen. Dadurch wurde lediglich ausgesprochen, daß auf einer verbotenen Ablöse beruhende Rückforderungsansprüche nicht im streitigen Rechtsweg geltend gemacht werden können.
Der Oberste Gerichtshof hat allerdings ebenfalls ausgesprochen, daß Schadenersatzforderungen, die sich auf eine verbotene Ablöse gründen, nicht dem § 27 Abs 3 MRG zu unterstellen, sondern im streitigen Verfahren zu verfolgen sind (5 Ob 137/92; vgl Würth/Zingherr, Wohnrecht 91 Rz 1 zu § 27 MRG).
Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies, daß der Kläger seine Klagsforderung ausdrücklich auf Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes, Schadenersatz wegen Nichterfüllung, arglistige Irreführung und auf die Rückabwicklung eines Kaufvertrages gestützt hat. Die Prüfung dieser Ansprüche im streitigen Verfahren kann dem Kläger nicht verwehrt werden. Soweit im Revisionsrekurs dagegen vorgebracht wird, daß die Ansprüche nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht gegeben sind, ist dem entgegenzuhalten, daß diese Frage erst im Rahmen der Sachentscheidung zu lösen ist, für die Zulässigkeitkeit des Rechtsweges aber keine Bedeutung hat.
Dem unberechtigten Rekurs war der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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