OGH 5Ob137/92

OGH5Ob137/9210.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Andreas U*****, Angestellter, ***** Wien, S*****gasse 21/1/15, vertreten durch Dr.Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Ing.Rosa L*****, Pensionistin, ***** Wien, H*****platz 7, vertreten durch Dr.Brigitte Weiser, Rechtsanwältin in Wien, wegen Rückzahlung einer verbotenen Leistung gemäß § 27 Abs 3 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 14 MRG (S 73.877,- s. A.) infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 2.Juni 1992, GZ 41 R 428/92-10, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9.März 1992, GZ 30 Msch 2/92-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Das Begehren der Antragsgegnerin auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen; soweit sie darüber hinaus den Zuspruch der Kosten des bisherigen Verfahrens verlangt, wird ihr Begehren zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das auf Rückzahlung einer verbotenen Ablöse gerichtete Begehren des Antragstellers haben sowohl die Schlichtungsstelle des magistratischen Bezirksamtes für den ***** Bezirk der Stadt Wien als auch beide Vorinstanzen wegen Verjährung abgewiesen. Die dabei zu lösende Rechtsfrage bestand darin, ob die in § 27 Abs 3 MRG normierte Verjährungsfrist von drei Jahren bereits mit der Zahlung der verbotenen Leistung oder erst mit der sicheren Identifizierung der Person des Leistungsempfängers zu laufen beginnt. Der Antragsteller hatte nämlich vorerst die vermittelnde Immobilienmaklergesellschaft, dann die Vermieterin auf Zahlung von S 73.877,- s.A. geklagt und erst im Zuge dieser Vorprozesse - wie er meint, durch ein ihm am 2.1.1990 zugestelltes Urteil - erfahren, daß der Ablösebetrag schlußendlich der Hausverwalterin Ing.Rosa L***** wirtschaftlich zugekommen ist. Gezahlt wurde die "Investitionsablöse" am 3.8.1984; bei der Schlichtungsstelle eingelangt ist das gegen die nunmehrige Antragsgegnerin gerichtete Rückzahlungsbegehren am 26.7.1991.

Das Erstgericht vertrat die Ansicht, daß die Verjährungsfrist mit dem Tag der Zahlung zu laufen begann; die zweite Instanz schloß sich dieser Rechtsmeinung aus folgenden Erwägungen an:

Die Verjährungsfrist beginne grundsätzlich mit der objektiven Möglichkeit der Rechtsausübung, also dann zu laufen, wenn der Geltendmachung des Anspruchs kein rechtliches Hindernis entgegensteht. Entscheidend sei der Zeitpunkt, in dem das Recht zuerst hätte ausgeübt werden können, sodaß subjektive oder nur in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse idR keinen Einfluß auf den Beginn der Verjährung hätten. Ein Irrtum des Berechtigten oder überhaupt die Unkenntnis des Anspruches seien unbeachtlich, außer es läge arglistiges Verhalten des Verpflichteten vor (Schubert in Rummel II, Rz 2 und 4 zu § 1478 ABGB).

Grund für die Normierung einer kurzen Verjährungszeit (etwa für Forderungen aus Geschäften des täglichen Lebens gemäß § 1486 ABGB) sei das Bedürfnis nach Rechtssicherheit, da bei Geschäften des täglichen Lebens nach längerer Zeit Beweisschwierigkeiten auftreten (Schubert aaO, Rz 1 zu § 1486 ABGB). Außerdem bestünde - so in den Fällen des § 1487 ABGB - aus Gründen der Verkehrssicherheit ein Interesse an der raschen Klärung bestimmter Ansprüche (Schubert aaO, Rz 1 zu § 1487 ABGB).

Für die aus §§ 15 bis 26 MRG sowie aus § 27 Abs 1 MRG abgeleiteten Rückforderungsansprüche sei aus Gründen der Rechtssicherheit eine einheitliche Verjährungsfrist von drei Jahren normiert worden, um die sich früher aus der Konkurrenz zwischen § 17 Abs 2 MG und § 1431 ABGB ergebende Rechtsunsicherheit zu vermeiden (Würth in Rummel II, Rz 8 zu § 27 MRG). Folglich sei die in § 27 Abs 3 MRG normierte dreijährige Verjährungsfrist als absolute Frist zu betrachten; auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Antragstellers, wem die Ablösezahlung tatsächlich zugeflossen ist, komme es nicht an.

Der Hinweis Schuberts (aaO, Rz 4 zu § 1478 ABGB), daß der Gesetzgeber kürzere Verjährungs- und Ausschlußfristen mitunter erst mit Kenntnis des Berechtigten von der Person des Verpflichteten (§ 1489 ABGB) oder sonstiger Umstände (§ 156 ABGB) beginnen läßt, könne zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen, weil der Ausnahmecharakter des § 1489 ABGB, der von der allgemeinen Regel des § 1478 ABGB abweicht, einer analogen Anwendung auf andere Fälle einer kurzen Verjährungszeit entgegenstehe. Würde man in allen Fällen einer kurzen Verjährungsfrist auf subjektive Umstände beim Berechtigten - etwa die Kenntnis der Person des Verpflichteten - abstellen, würde das die Einführung kurzer Verjährungsfristen ad absurdum führen.

Im Anwendungsbereich des § 27 Abs 3 MRG spreche das Bedürfnis nach Rechtssicherheit für die Lösung, den Beginn der Verjährungsfrist ausschließlich auf den Zeitpunkt der Zahlung der verbotenen Ablöse und nicht auf den Zeitpunkt der Kenntnis des passiv Legitimierten abzustellen, weil sonst - schon auf Grund der besonderen Materie - größte Beweisschwierigkeiten auftreten würden, die der Gesetzgeber vermeiden wollte. Dem Umstand, daß es dem Mieter tatsächlich oft nicht möglich sei, den Empfänger einer Ablösezahlung zu eruieren, habe der Gesetzgeber mittlerweile dadurch Rechnung getragen, daß er durch die Neufassung des § 37 Abs 1 Z 14 MRG die Möglichkeit schuf, den Anspruch auf Rückzahlung einer verbotenen Ablöse im Außerstreitverfahren durchzusetzen. Diese Neuregelung erleichtere es dem Mieter, mehrere theoretisch mögliche Empfänger der verbotenen Ablöse gleichzeitig zu belangen, ohne diesen gegenüber - mit Ausnahme von Barauslagen und mutwillig verursachten Kosten - kostenersatzpflichtig zu werden.

Dieser Sachbeschluß des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle nämlich eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die Kenntnis (des Rückforderungsgläubigers von der Person) des Ablöseempfängers für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 27 Abs 3 MRG von Bedeutung ist.

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Begehren erhoben, sie im Sinne eines Zuspruchs von S 73.877,- samt 4 % Zinsen seit 3.8.1984 abzuändern, oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die zur Begründung dieses Begehrens vorgebrachten Argumente lassen sich kurz so zusammenfassen, daß der Antragsteller in der mangelnden Kenntnis der Person des Verpflichteten ein die Fälligkeit des Rückforderungsanspruches ausschließendes rechtliches Hindernis für dessen Geltendmachung erblickt, daß die Regel des § 1489 ABGB sehr wohl verallgemeinerungsfähig sei (insbesondere im Hinblick auf die Schädigung des Mieters durch eine verbotene Ablösezahlung) und daß der dem § 1431 ABGB verwandte Rückforderungsanspruch des Zahlers einer verbotenen Ablöse den Irrtum über das Bestehen der Schuld, also nicht zuletzt auch den Irrtum über die Person des Zahlungsempfängers, berücksichtigen müsse.

Von der Antragsgegnerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag auf Bestätigung der rekursgerichtlichen Entscheidung vor. Außerdem hat die Antragsgegnerin noch verlangt, ihr "die Kosten des bisherigen Verfahrens sowie insbesondere des Rekursverfahrens zuzusprechen".

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht des Rekursgerichtes zum aufgeworfenen Verjährungsproblem und billigt auch die Begründung, sodaß sich die Entscheidung mit kurzen Hinweisen auf weitere Literatur- und Judikaturbelege begnügen kann (§ 37 Abs 3 16 MRG iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO):

Nach § 1478 Satz 2 ABGB beginnt die Verjährung, sobald das Recht "an sich schon hätte ausgeübt werden können". Der Lauf der Verjährungsfrist setzt daher nach dieser Bestimmung schon dann ein, wenn der Geltendmachung des Anspruches kein rechtliches Hindernis - etwa die mangelnde Fälligkeit - entgegensteht und damit die objektive Möglichkeit zu klagen gegeben ist. Subjektive, in der Person des Berechtigten liegende Hindernisse oder tatsächliche Erschwerungen schieben den Beginn der Verjährung nicht hinaus (Klang in Klang2 VI 601; SZ 54/35; EvBl 1982/182 ua).

Diese Regel gilt grundsätzlich für alle Verjährungsfristen (vgl JBl 1954, 462; JBl 1958, 522; SZ 38/44 ua). Soweit das Gesetz keine Ausnahme macht - etwa in § 1489 ABGB für die Verjährung von Schadenersatzansprüchen -, hat daher die Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Anspruchs oder der Person des Verpflichteten keinen Einfluß auf den Beginn der Verjährung (vgl SZ 12/103; JBl 1954, 462; SZ 40/117; SZ 45/130). Nur wenn der Schuldner arglistig die Kenntnis des Berechtigten von Tatsachen verhindert, die diesen zur Geltendmachung seines Anspruchs befähigen würde, nimmt die Judikatur eine generelle Ablaufhemmung an (SZ 12/103; JBl 1954, 462; SZ 40/117; SZ 45/130). Sie ist im Ergebnis schon damit zu rechtfertigen, daß ja im arglistigen Verhalten des Schuldners ein eigener, im Schadenersatzrecht begründeter Verpflichtungsgrund liegt (vgl SZ 40/117).

Die Verjährungsregelung in § 27 Abs 3 MRG läßt eine Abweichung von der Norm des § 1478 ABGB nicht erkennen. Sie behandelt auch keine Ansprüche, die dem Schadenersatzrecht entstammen oder Schadenersatzansprüchen auch nur ähnlich wären, weil Rechtsgrund der Rückforderung - unabhängig von einem Verschulden der Beteiligten - die vom Gesetzgeber gewollte Beseitigung einer mißbilligten Vermögensverschiebung ist. Es geht um einen Bereicherungsanspruch eigener Art (MietSlg 41.315), bei dem sogar bewußt auf die besonderen Tatbestandsvoraussetzungen einer Leistungskondiktion nach § 1431 ABGB verzichtet wurde, um ein besonders wirksames Instrument gegen den Ablösewucher zu schaffen (vgl MietSlg 41/13). Darum verbieten sich die vom Revisionsrekurswerber geforderten Analogieschlüsse aus § 1489 ABGB oder aus dem Irrtumstatbestand des § 1431 ABGB. Es hat vielmehr die bereits erwähnte Regel zu gelten, daß die Verjährung - wenn das Gesetz nichts Gegenteiliges bestimmt - auf objektive Kriterien abzustellen ist.

Daß nach diesem Maßstab die Verjährung einer Forderung nicht vor ihrer Fälligkeit beginnen kann (SZ 38/44; SZ 54/35 ua; zuletzt ecolex 1992, 409), hilft dem Revisionsrekurswerber nicht weiter. Die Kenntnis der Person des Zahlungspflichtigen hat nämlich mit der Fälligkeit der Forderung gegen ihn nichts zu tun. Der Revisionsrekurswerber scheint dies im übrigen selbst erkannt zu haben, macht er doch Zinsen aus dem Rückzahlungsbetrag seit 3.8.1984 - dem Tag seiner Leistung - geltend.

Zu erwähnen bleibt, daß der Antragsteller der Antragsgegnerin bei der Schlichtungsstelle zwar den Vorwurf machte, zivildeliktisch gehandelt zu haben, indem sie offenbar zu verbergen versuchte, selbst die Empfängerin der verbotenen Ablöse gewesen zu sein, daß er damit aber nur den Vorbehalt einer späteren Geltendmachung der Kosten des Prozesses gegen die Hauseigentümerin verband. Es ist daher nicht weiter darauf einzugehen, ob er etwa die Klagsforderung auch aus dem Titel des Schadenersatzes hätte geltend machen können (vgl 8 Ob 517/91). Eine solche Schadenersatzforderung wäre nicht dem § 27 Abs 3 MRG zu unterstellen und daher auch nicht im außerstreitigen, sondern im streitigen Verfahren zu verfolgen gewesen (Würth-Zingher, Wohnrecht 91, Rz 1 zu § 27 MRG). Zu Recht haben sich deshalb die Vorinstanzen nur mit den Aspekten der Verjährung nach § 27 Abs 3 MRG beschäftigt.

Die Kostenentscheidung stützt sich - mangels Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung - auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG, soweit das Begehren der Antragsgegnerin abgewiesen, und auf die Teilrechtskraft der Kostenentscheidungen der Vorinstanzen, soweit es zurückgewiesen wurde. Sollte die Antragsgegnerin mit ihrem Kostenbegehren eine Anfechtung der Kostenentscheidung des Rekursgerichtes beabsichtigt haben, wäre ein solches Rechtsmittel verspätet und gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 528 Abs 2 Z 3 ZPO überdies unzulässig.

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