Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin erlegte zugunsten des Alois R***** am 31. Juli und 30. August 1990 je S 84.400 zu Gericht und beantragte die Annahme der Erläge mit der Begründung, der Erlagsgegner behaupte aufgrund einer mit der Antragstellerin geschlossenen Vereinbarung Forderungen auf Pensionszahlungen in der Höhe von S 84.400 monatlich. Die Antragstellerin bestreite diesen Pensionsanspruch vorläufig, da die Pensionsvereinbarung nach Ansicht des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes gesetzwidrig sei. Zwei Professoren seien allerdings in einem Rechtsgutachten zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen. Bei der Staatsanwaltschaft Graz werde derzeit eine allfällige strafrechtliche Komponente einer solchen Pensionsleistung untersucht. Die Rechtslage sei daher unklar, was einen "anderen wichtigen Grund" im Sinne des § 1425 ABGB darstelle.
Das Erstgericht wies die Erlagsanträge zurück. Es führte aus, zu den "anderen wichtigen Gründen" sei die Unklarheit der Rechtslage zu zählen, wobei diese sich stets auf die Frage, welchem von mehreren Forderungsprätendenten der Anspruch zustehe, beziehe. Andere wichtige Gründe müßten solche auf Seiten des Gläubigers sein, Unklarheit der Rechtslage als solche könne keinen Hinterlegungsgrund abgeben. Darüber hinaus gehe § 1425 ABGB davon aus, daß aus einem der angeführten Gründe die Schuld nicht bezahlt werden könne, die Erfüllung also unmöglich sei. Im vorliegenden Fall liege Unvermögen des Schuldners nicht vor, der Erlagsgegner sei jederzeit zur Entgegennahme des Betrages bereit. Die Hinterlegung zur Wahrung der Interessen eines Dritten oder der eigenen sei unzulässig, ebenso wegen Befürchtung einer anderen Rechtsauffassung.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, "andere wichtige Gründe" im Sinne des § 1425 ABGB müßten nach herrschender Meinung solche auf Seiten des Gläubigers sein, es müsse aber wohl genügen, daß die Gründe, aus denen der Schuldner die Schuld nicht abtragen könne, nicht in seiner Person liegen. Unklarheit der Rechtslage als solche könne keinen Hinterlegungsgrund abgeben, die Unklarheit der Schuldnerstellung berechtige als Angelegenheit auf Seiten des Schuldners nicht zur Hinterlegung. Die in SZ 17/69 vertretene Meinung, "andere wichtige Gründe" müßten nicht in der Person des Gläubigers gelegen sein, sei vereinzelt geblieben, das Rekursgericht folge ihr nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Antragstellerin, deren Vertreter der Beschluß des Rekursgerichtes am 13. Dezember 1990 zugestellt worden war, gab am 3. Jänner 1991 einen Revisionsrekurs zur Post. Da das Erlagsverfahren nach § 1425 ABGB ein außerstreitiges ist (6 Ob 631/89; Reischauer in Rummel, Rz 15 zu § 1425), die Rekursfrist in diesem Verfahren gemäß § 11 Abs 1 AußStrG 14 Tage beträgt und die Vorschriften über die Gerichtsferien gemäß Art XXXVI EGZPO in Angelegenheiten des außerstreitigen Verfahrens keine Anwendung finden, wurde der Revisionsrekurs verspätet eingebracht. Allerdings kann gemäß § 11 Abs 2 AußStrG auch auf verspätete Rekurse Bedacht genommen werden, wenn sich die Verfügung ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt. Diese Bestimmung gilt auch für den Revisionsrekurs (EFSlg 21.291; JBl 1978, 269 uva). Voraussetzung für die Bedachtnahme auf ein verspätetes Rechtsmittel ist jedoch dessen Berechtigung (RZ 1966, 149; EFSlg 58.267 uva). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.
Gemäß § 1425 ABGB steht dem Schuldner das Recht auf Hinterlegung zu, wenn die Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem Angebotenen unzufrieden ist, oder aus anderen wichtigen Gründen nicht bezahlt werden kann. Die Frage, ob "andere wichtige Gründe" in der Person des Gläubigers liegen müssen, braucht hier nicht erörtert zu werden. Voraussetzung für die Hinterlegung ist nämlich, daß die Schuld nicht bezahlt werden kann, was abgesehen von den Fällen der Unbekanntheit oder Abwesenheit des Gläubigers oder dessen Annahmeverweigerung insbesondere dann der Fall ist, wenn Zweifel daran bestehen, welche von mehreren Personen anspruchsberechtigt ist. Ein gerichtlicher Erlag ist aber dann nicht zulässig, wenn nur ein Forderungsprätendent vorhanden ist, der die Leistung auch annehmen würde, sodaß der Schuldner leisten könnte, er dies aber nicht will, weil er seine Zahlungspflicht bestreitet (vgl JBl 1955, 599; 1 Ob 648/80; 1 Ob 676/80). Die Antragstellerin hat auch nicht ausgeführt, welche Rechte dem Erlagsgegner an dem erlegten Geldbetrag zustehen sollten und welche Voraussetzungen erfüllt sein müßten, damit ihm der Erlag ausgefolgt werden darf (vgl 6 Ob 633/86), sondern sie bestritt (vorläufig) überhaupt eine Verpflichtung, Zahlung leisten zu müssen. Ein Erlagsgrund im Sinne des § 1425 ABGB liegt daher nicht vor.
Aus diesen Gründen war der verspätete Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne daß es einer Erörterung der Frage bedurft hätte, ob der Erlagsgegner durch die Verweigerung der Annahme des Erlages bereits Rechte erworben hat, sodaß eine Abänderung der Entscheidung für ihn einen Nachteil im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG bedeuten würde (nach ständiger Rechtsprechung wäre er zur Bekämpfung des Annahmebeschlusses im Erlagsverfahren nicht legitimiert, weil seine Rechte dadurch nicht verkürzt oder beeinträchtigt werden - SZ 40/8, SZ 45/107 ua).
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