OGH 2Ob48/93

OGH2Ob48/9316.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas K*****, vertreten durch Dr.Winfried Sattlegger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1) Harald S*****, und 2) Z***** Versicherungen AG, ***** beide vertreten durch Saxinger, Baumann & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 70.000,-- S sA und Feststellung, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24. Juni 1993, GZ 1 R 137/93-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 16.März 1993, GZ 3 Cg 226/91-11, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten erster Instanz.

Text

Begründung

Am 13.1.1990 ereignete sich auf der Autobahn bei Tabor in der damaligen CSFR ein Verkehrsunfall, bei dem der Kläger als Beifahrer des vom Erstbeklagten gelenkten, bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW (O *****) verletzt wurde.

Der Kläger begehrt von den Beklagten - ausgehend vom alleinigen Verschulden des Erstbeklagten - die Zahlung eines Schmerzengeldes von 70.000,-- S und ihnen gegenüber die Feststellung deren Haftung für alle künftigen Folgen aus diesem Verkehrsunfall. Der Erstbeklagte habe im dichten Nebel aufgrund überhöhter Geschwindigkeit und verzögerter Reaktion eine Baustelle übersehen und sei in einen Graben gefahren. Da bei diesem Unfall ein weiteres Fahrzeug nicht beteiligt gewesen sei, komme gemäß Art 4 lit a des Haager Übereinkommens über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht (in der Folge: StVA) innerstaatliches Recht des Zulassungsstaates, also österreichisches Recht, zur Anwendung. Die Zweitbeklagte verweigere die Liquidierung der berechtigten Ansprüche, weil nach dem anzuwendenden tschechischen Recht nur 1.721,25 Kcs zu bezahlen seien.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Erstbeklagte trotz Einhaltung einer geringen Geschwindigkeit das "Straßenende" nicht habe erkennen können; die Absperrung und Absicherung der Baustelle sei nämlich bereits von einem in der Tschechoslowakei zugelassenen PKW mitgerissen worden, als dieser infolge überhöhter Geschwindigkeit in den Graben gestürzt sei. Zwischen diesem Fahrzeug und jenem des Erstbeklagten sei es zu einer Kollision gekommen; im Hinblick auf die Beteiligung zweier Fahrzeuge an dem Unfall sei zur Kärung der Haftung gemäß Art 3 StVA das Recht der CSFR anzuwenden. Darnach sei ein Schmerzengeld von 1.721,25 Kcs angemessen, welcher Betrag dem Kläger bereits überwiesen worden sei.

Das Erstgericht gab dem Leistungs- und Feststellungsbegehren statt.

Es traf zum Unfallshergang folgende Feststellungen:

Die neuerrichtete Straße von Tabor nach Budweis in der CSFR hatte am Unfallstag (13.1.1990) vor dem späteren Unfallsbereich in Fahrtrichtung des Erstbeklagten eine 8 m breite asphaltierte Fahrbahn. Aufgrund einer im Unfallbereich erst in ihrem Mittelteil fertiggebauten Brücke zweigte die Straße kurz vor dieser Brücke - aus der Sicht des Erstbeklagten - in einer fast 90-gradigen Rechtskrümmung auf eine ca. 3 m breite Baustellenumfahrungsstraße ab. Da die Brückenauffahrt noch nicht errichtet war, befand sich unmittelbar neben der asphaltierten Fahrbahn im Zuge der starken Rechtskurve eine Baugrube, die ab dem Straßenrand steil bis zu einer Tiefe von 2 bis 3 m abfiel und anschließend nach einer Grubenbreite von ca. 3 bis 4 m wieder steil emporstieg. Die Fahrbahnmitte der Straße war durch gelbe Markierungsknöpfe mit Rückstrahlern gekennzeichnet, die auch den Verlauf der Fahrbahn in der starken Rechtskrümmung anzeigten. Die Baugrube selbst war nur durch weiß-rot gestrichene Holzplanken ohne Rückstrahleinheit optisch abgesichert. Eine bessere Erkennbarkeit des Kurvenverlaufes war durch diese Absicherungsmaßnahmen nicht gegeben.

Da in der Nacht des 13.1.1990 dichter Nebel mit Sichtweiten um 10 m herrschte, kam der tschechische Staatsbürger Ing.Otto M***** mit seinem PKW, polizeiliches Kennzeichen TPD-*****, in diesem Baustellenbereich in der starken Rechtskurve von der Fahrbahn ab, durchstieß die optische Baugrubenabsicherung und blieb anschließend am Beginn der wieder steil aufsteigenden Böschung in der Baugrube stehen. Wie lange er dort vor der Annäherung des PKWs des Erstbeklagten stand, kann nicht mehr festgestellt werden.

Um ca. 0,05 Uhr näherte sich der Erstbeklagte als Lenker seines bei der Zweitbelkagten haftpflichtversicherten PKWs Marke VW Chirocco mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 bis 60 km/h dem Baustellenbereich und legte dabei mit seinem Fahrzeug bei einer Sichtstrecke von 10 m eine Wegstrecke von ca. 14 bis 17 m/s zurück. Der Erstbeklagte, der das aufgestellte Verkehrszeichen, das auf die Baustelle hinwies, nicht wahrnahm, erkannte aufgrund der Markierungsknöpfe erst 10 m vor der starken Rechtskurve den neuen Straßenverlauf, konnte aber aufgrund der Reaktionszeit von einer Sekunde erst rund 16 m nach diesem erstmaligen Erkennen des Straßenverlaufes darauf reagieren. Wegen dieser zurückgelegten Strecke von rund 16 m gelangte der Erstbeklagte mit seinem Fahrzeug in der Rechtskurve zuerst auf die linke Fahrbahnhälfte und in weiterer Folge an den linken Straßenrand, wo er dann von der Fahrbahn abkam. Der Erstbeklagte stürzte mit seinem PKW die steile Böschung in die Baugrube hinab und streifte noch leicht mit seinem linken vorderen Fahrzeugbereich den bereits in der Baugrube stehenden PKW des Ing.M*****, bevor es zum wuchtigen Frontalanprall des Fahrzeuges gegen die steil ansteigende Böschung auf der anderen Seite der Baugrube kam. Durch die leichte Berührung der beiden Fahrzeuge wurde beim Beklagtenfahrzeug ein gewisser Geschwindigkeitsteil ohne heftige Verzögerung abgebaut, sodaß die Anprallgeschwindigkeit an die Gegenböschung etwas geringer war, als wenn die Streifkollision nicht erfolgt wäre. Durch diese leichte Streifung der Fahrzeuge ist keine Mehrbelastung der Insassen des Beklagtenfahrzeuges eingetreten. Viel eher ergab sich durch den Geschwindigkeitsabbau eine günstige Wirkung auf die Mitfahrer. Beim Anprall am Gegenhang knickte der Beklagten-PKW in der Mitte ab und kam in einem Abstand von ca. 1 bis 1,5 m rechts parallel neben dem Fahrzeug des Ing.M***** zum Stehen. Der Erstbeklagte hätte ohne Probleme auf die starke Rechtskrümmung reagieren können, wenn er bei den vorherrschenden Sichtverhältnisen (10 m) die dafür angemessene Geschwindigkeit von 25 km/h eingehalten hätte. Durch die Wucht des Anpralles wurde der im Fonds des Beklagtenfahrzeugs sitzende Kläger nach vorne durch die Windschutzscheibe auf die Motorhaube geschleudert.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht von der Anwendung österreichischen Sachrechts aus, weil das tschechische Fahrzeug beim gegenständlichen Unfall nur eine zufällige Rolle gespielt habe, sodaß nicht von einer Beteiligung im Sinne des Art 4 StVA gesprochen werden könne. Das Fahrverhalten des Erstbeklagten sei objektiv sorgfaltswidrig und auch subjektiv vorwerfbar gewesen, weshalb die Beklagten zum Ersatz des verursachten Schadens gemäß §§ 1295, 1311 ABGB verpflichtet seien. Das begehrte Schmerzengeld sei angemessen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Parteien Folge, hob das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach ergänzender mündlicher Verhandlung auf, wobei es aussprach, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erachtete die hinsichtlich der Auffassung des Erstgerichtes, es könne nicht von einer Beteiligung des tschechischen Fahrzeuges gesprochen werden, weil es nur zu einer Streifkollision gekommen sei, erhobene Rechtsrüge als berechtigt und führte dazu aus wie folgt:

Gemäß Art 1 Abs 2 StVA sei unter Straßenverkehrsunfall jeder Unfall zu verstehen, an dem ein oder mehrere Fahrzeuge beteiligt gewesen seien und der mit dem Verkehr auf öffentichen Straßen zusammenhänge. Gemäß Art 3 des Übereinkommens sei das anzuwendende Recht das innerstaatliche Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet habe. Sei nur ein Fahrzeug am Unfall beteiligt und sei dieses Fahrzeug in einem anderen als dem Staat zugelassen, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet habe, so sei gemäß Art 4 lit a des Übereinkommens in Abweichung von seinem Art 3 das innerstaatliche Recht des Zulassungsstaates anzuwenden. Seien mehrere Fahrzeuge an dem Unfall beteiligt, so gelte dies nur, wenn alle Fahrzeuge im selben Staat zugelassen seien. Der Ausdruck "beteiligt" in Art 4 lit a und b sei in objektivem Sinn dahingehend zu verstehen, daß jedes Fahrzeug beim Unfall eine aktive oder passive Rolle gespielt habe (ZVR 1990/161). Dies sei dann der Fall, wenn das Fahrzeug als Verursacher in Betracht komme oder in der passiven Rolle, wenn es beim Unfall beschädigt worden sei (ZVR 1988, 122; Schwimann in Rummel2 Rz 2 zu § 48 IPRG). Auf diese Weise werde vermieden, daß aus ein und demselben Unfall Ansprüche nach verschiedenen Rechtsordnungen abgeleitet würden (SZ 58/188).

Im gegebenen Fall sei zwar dem Erstgericht beizupflichten, daß das Fahrzeug des tschechischen Staatsbürgers Ing.M***** nicht als Verursacher in Betracht komme, weil der Erstbeklagte ausschließlich wegen überhöhter Geschwindigkeit die Hinweiszeichen auf die Baustelle nicht wahrgenommen habe, wodurch es schließlich zum Unfall gekommen sei. Das Fahrzeug Ing.M*****, welches sich bereits in der Baugrube befunden habe, habe also zur Entstehung des Unfalls nichts beigetragen. Es stehe aber unbekämpft fest, daß der Erstbeklagte bei Absturz in die Baugrube das tschechische Fahrzeug noch leicht mit seinem linken vorderen Fahrzeugbereich gestreift habe, bevor es frontal gegen die steil ansteigende Böschung auf der anderen Seite der Baugrube zum Stehen gekommen sei. Das Fahrzeug Ing.M***** sei somit am Unfall dadurch, daß es zu einer Streifung gekommen sei, jedenfalls passiv beteiligt gewesen. Die Tatsache, daß das Fahrzeug M***** durch die Streifung mit dem Fahrzeug des Erstbeklagten möglicherweise nur geringfügig beschädigt worden sei - jedenfalls im Verhältnis zur vorausgegangenen Beschädigung - sei nicht entscheidend. In den Fällen, in denen die Judikatur eine Beteiligung verneint habe, sei das andere Fahrzeug nicht nur als Verursacher ausgeschieden, sondern auch nicht beschädigt worden (ZVR 1990/161; EvBl 1987/32). Wollte man darauf abstellen, ob die Kollision nur geringfügig oder heftig gewesen sei, so würde dies die Anwendbarkeit des StVA unpraktikabel machen.

Es ergäbe sich somit, daß für die gegenständliche Schmerzengeldbemessung tschechisches Recht anzuwenden sei. Das Erstgericht habe zwar bereits Auskünfte über die Schmerzengeldbemessung nach tschechischem Recht eingeholt. Es werde diese aber mit den Parteien zu erörtern und ihnen Gelegenheit zur Antragstellung zu geben haben, ob die konkrete Schmerzengeldbemessung anhand des Punktesystems lt. Beilage ./A unter Zuhilfenahme eines Sachverständigengutachtens erfolgen solle. Überdies fehlten Feststellungen, ob und in welcher Höhe die Beklagten wie in der Berufung und in erster Instanz behauptet und in der Berufungsbeantwortung bestritten worden sei, bereits Zahlung geleistet haben.

Nach dem Inhalt der Berufungserklärung und dem Berufungsantrag hätten die Beklagten auch die Berechtigung des Feststellungsbegehrens bestritten. Allerdings sei hiezu nichts weiter ausgeführt worden. Entgegen der Meinung des Erstgerichts hätten die Beklagten jedoch in erster Instanz das Feststellungsbegehren nicht anerkannt, sodaß es Gegenstand des Berufungsverfahrens sei.

Zum Feststellungsbegehren genüge der Hinweis, daß österreichische Gerichte nur inländisches Verfahrensrecht anzuwenden hätten und daß dies nach ständiger Rechtsprechung auch die Frage der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens betreffe (ZVR 1987/92, ZVR 1990/41). Davon zu unterscheiden sei aber die Frage nach den materiellrechtlichen Grundlagen des Feststellungsbegehrens, nämlich, ob das tschechische Recht eine Haftung des Schädigers für alle künftigen Schäden überhaupt kenne (ZVR 1990/41). Diese Frage sei bisher unerörtert geblieben. Da somit erheblich scheinende Tatsachen infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Erstgerichtes nicht erörtert worden seien, erweise sich das Ersturteil und das diesem vorausgegangene Verfahren als mangelhaft (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO).

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer eindeutigen Judikatur zum Beteiligtenbegriff iS des Art 4 StVA.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß iS der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern; hilfsweise wird die Aufhebung des Beschlusses des Berufungsgerichtes und die Rückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses beantragt.

Die beklagten Parteien beantragten in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

In seinem Rekurs bekämpft der Kläger in erster Linie die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, wonach das tschechische Fahrzeug am Unfall "beteiligt" gewesen sei. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sei von einer Beteiligung eines Fahrzeuges an einem Unfall dann zu sprechen, wenn es beim Unfall eine aktive oder passive Rolle gespielt habe, wobei es erforderlich sei, daß es als Verursacher in Betracht komme und dabei nicht bloß eine zufällige Rolle gespielt habe (ZVR 1990/161; EvBl 1987/32). Entscheidend sei, daß sich die Beteiligung bzw Verursachung als Entfaltung verkehrstypischer Betriebsgefahr zeige. Keinesfalls sei es so, daß ein Fahrzeug, in welcher Form auch immer, bloß "dabei" sein müsse und allein die "Anwesenheit bzw das Vorhandensein" die Anwendung eines anderen Rechtes bedinge. Im gegenständlichen Fall komme das tschechische Fahrzeug als Verursacher nicht in Betracht; seine Rolle beschränke sich darauf, längere Zeit vor dem gegenständlichen Unfall verunfallt zu sein und im Straßengraben gestanden zu sein; es habe beim Unfall des Klägers somit nur eine zufällige Rolle gespielt und bestehe nicht die geringste Kausalität zwischen dem verunfallten tschechischen Fahrzeug und den Ansprüchen des Klägers gegen den Erstbeklagten als Lenker und Halter des Beklagtenfahrzeuges. Die Außerachtlassung jeglicher Verursachungsthematik bei der Auslegung dieser Bestimmung iS des bloßen "Dabeiseins" als Voraussetzung für die Anwendung des anderen Rechtes würde zu einem unbefriedigenden Ergebnis, nämlich dazu führen, daß die Ersatzansprüche des österreichischen Beifahrers gegen den österreichischen Lenker eines in Österreich zugelassenen Kraftfahrzeuges nach zwei verschiedenen Rechtsordnungen zu beurteilen wären, wenn dieses Fahrzeug gegen ein rein zufällig in einer Baugrube stehendes im Unfallstaat zugelassenes Fahrzeug, das mit der Verursachung des Unfalles in keinem Zusammenhang gebracht werden könne, und keine Auswirkungen auf den Unfallsablauf gehabt habe, stoße oder gegen einen in der Baugrube stehenden Baum. Es sei daher bei Auslegung des Begriffes "Beteiligung" sehr wohl ein ursächlicher Zusammenhang mit dem weiteren Schadensereignis zu forder. Da hier das tschechische Fahrzeug als Verursacher iS einer schadensauslösenden Komponente ausscheide, könne im vorliegenden Fall von der "Beteiligung" lediglich eines einzigen Fahrzeuges gesprochen werden. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Die in der Revision in erster Linie strittig gebliebene Frage, unter welchen Umständen ein Fahrzeug an einem Verkehrsunfall als "beteiligt" anzusehen ist, fand in Lehre und Rechtsprechung unterschiedliche Beurteilung. Das Abkommen selbst macht keine nähere Aussage darüber, unter welchen Umständen von einer "Beteiligung" eines Fahrzeuges gesprochen werden kann. In den beiden authentischen Texten ist die Rede von einem "vehicle involved" bzw von einem "vehicule implique". Duchek-Schwind, IPR (XIII FN 7 zu Art 4 Haager Straßenverkehrsübereinkommen) und Reishofer (Das Haager Straßenverkehrsübereinkommen, ZVR 1977, 33 ff [35]) verweisen auf die Regierungsvorlage (1275 BlgNR 13.GP - abgedruckt in Schwind, Handbuch, 392) in der zum Ausdruck gebracht wird, daß im Sinne der Erläuterungen des Generalberichterstatters der Konferenz der Ausdruck "beteiligt" ("implique", "involved") in Art 4 lit a und b, wo von der Beteiligung von Fahrzeugen die Rede ist, im objektiven (weiteren) Sinn verwendet wird, daß das Fahrzeug beim Unfall eine - aktive oder passive - Rolle gespielt habe; es komme sozusagen nur darauf an, daß es "dabei war". In Art 4 lit c, wo von der Beteiligung von Personen gesprochen werde, werde das gleiche Wort (im Englischen allerdings "involved and may be liable") im subjektiven (engeren) Sinn gebraucht, nämlich so, daß "beteiligt" nur eine Person sei, deren Haftung in Betracht komme. Dem entgegen meint Schwimann (in ZVR 1978, 168 f und in seinem Grundriß 158) unter Anführung des nun in der Revision dargestellten Beispieles, die Regel (Anwendung des innerstaatlichen Rechts des Unfallsstaates bei Beteiligung mehrerer Fahrzeuge), die nach ihrem Wortlaut keineswegs auf haftpflichtkonnexe Fahrzeuge einschränke, sei teleologisch analog zu lit c dahin ergänzungsbedürftig, daß andere Fahrzeuge nur dann im selben Staat registriert (oder stationiert) sein müßten, wenn sie als Verursacher in Betracht kämen. Schwind erachtet die Grenzen zwischen "beteiligt" und "unbeteiligt" fließend und abstrakt schwer bestimmbar, zeigt Grenzfälle auf und kommt zu dem Ergebnis, daß das mögliche Verschuldenselement doch nicht ganz außer Betracht zu lassen sei (IPR Rz 491). Schwimann in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 48 IPRG, 1499, FN*) präzisiert seine Ansicht nunmehr dahin, daß "Beteiligung" iSv Art 4 eine relevante Beziehung zum Unfallsgeschehen voraussetze und diese in passiver Rolle zumindest bei Fahrzeugbeschädigung, sonst aber nur dann gegeben sei, wenn das Fahrzeug als Verursacher in Betracht komme, nicht jedoch bei rein zufälliger Rolle unter Ausschluß möglicher Kausalität.

Die von Schwimann (ZVR 1978, 168 und Grundriß, 158) geforderte Reduktion des Begriffes der "Beteiligung" eines Fahrzeuges an dem Unfall dahin, daß das Fahrzeug als "Verursacher" in Betracht kommt, wurde vom Obersten Gerichtshof in den Entscheidungen 2 Ob 56/85 (SZ 58/188 = ZVR 1987/47) und 2 Ob 68/89 (ZVR 1990/41) abgelehnt. In beiden Fällen handelte es sich um Unfallsgeschehen, bei denen es tatsächlich zu einer Kollision zweier Fahrzeuge auf der Fahrbahn gekommen war. Im erstgenannten Fall handelte es sich um eine Kollision im Begegnungsverkehr, im zweiten Fall um eine solche, die auf Vorrangverletzung zurückzuführen war.

Die Entscheidungen 2 Ob 48/84 und 4 Ob 35/83 (ZAS 1985, 67 = EvBl

1983/155 = JBl 1984, 506 = Arb 10.249), auf die sich der Oberste

Gerichtshof zur Stützung seiner Rechtsansicht bezog, betrafen im wesentlichen andere Fragen (Bestehen einer Haftung wegen Verletzung vertraglicher Pflichten - 2 Ob 48/84 - und Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung der §§ 636, 637 RVO - 4 Ob 35/83 - bzw der Anwendbarkeit des Haager Straßenverkehrsübereinkommens). Auf die hier bedeutsame Auslegung des Begriffes "Beteiligung" gingen sie nicht näher ein. Es war jedoch auch in beiden Fällen zu einer Kollision zweier Fahrzeuge auf der Straße gekommen.

In der Entscheidung 8 Ob 79/86 (ZVR 1988/57) ging es in erster Linie um die Frage des Vorliegens eines Verkehrsunfalles im Sinne des Art.1 Abs.2 StVA, die vom Obersten Gerichtshof in diesem Fall (Verursachung des Unfalls durch ein auf der Fahrbahn liegendes Reserverad, das von einem LKW stammte, der kurz vor dem Unfall die Straße befahren und das Rad an der Unfallstelle verloren hatte) trotz des Umstandes bejaht wurde, daß es zu einem Zusammenstoß zwischen zwei Fahrzeugen nicht gekommen war. Bei der Billigung der Ablehnung des Vorliegens einer Ausnahme im Sinne des Art 4 lit b des genannten Übereinkommens - die übrigen Ausnahmsbestimmungen kamen von vornherein nicht in Betracht - ging der Oberste Gerichtshof von den bereits erwähnten Erläuterungen des Generalberichterstatters der Konferenz aus und gelangte dabei zu dem Ergebnis, daß der Verkehrsunfall durch einen auf der Fahrbahn liegenden LKW-Reifen verursacht worden war und es damit nicht zweifelhaft sein könne, daß es sich dabei um einen Straßenverkehrsunfall im Sinne der genannten Bestimmung gehandelt habe. Es lag somit auch in diesem Fall eine Kollision auf der Fahrbahn vor, die noch in einem zeitlich relevanten Zusammenhang mit einem anderen Fahrzeug stand, das unmittelbar vor dem Unfall am Straßenverkehr teilgenommen hatte.

Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Frage der "Beteiligung" eines Kraftfahrzeuges an einem Unfall im Sinne des Art 4 lit a und b StVA auch in seiner Entscheidung 2 Ob 59, 60/89 (ZVR 1990/161) befaßt. Dieser Entscheidung lag ein Unfallsgeschehen zugrunde, bei dem ein Kraftfahrzeuglenker anläßlich eines Überholmanövers dem Lenkers des neben ihm fahrenden, zu überholenden Fahrzeuges ohne irgendeinen begründeten Anlaß eine "sichtbare Handbewegung" gemacht hat, die "zu Folge hatte", daß das überholende Fahrzeug unmittelbar darauf ins Schleudern und auf den linken Grünstreifen der Straße geriet und in der Folge nach rechts schleudernd von der Fahrbahn ab und in der rechts angrenzenden Wiese zum Stillstand kam. In den Entscheidungsgründen wurde zum Ausdruck gebracht, der Oberste Gerichtshof habe bereits wiederholt entschieden, "daß der Ausdruck ""beteiligt"" im Art 4 lit a und lit b des Übereinkommens, wo von der Beteiligung von Fahrzeugen die Rede ist, im objektiven (weiteren) Sinn dahin zu verstehen ist, daß das Fahrzeug beim Unfall eine - aktive oder passive - Rolle gespielt hat. Es muß als Verursacher in Betracht kommen und darf bei dem Verkehrsunfall nicht bloß eine zufällige Rolle spielen (EvBl 1987/32; ZVR 1988/57 mwN)", woran auch im vorliegenden Fall festgehalten werde. Ausgehend von dem festgestellten Unfallsgeschehen gelangte der Oberste Gerichtshof zu der Ansicht, daß der PKW, der überholt wurde, nicht in diesem Sinn beteiligt war; er sei überholt worden und habe bei diesem Unfall eine bloß zufällige Rolle insoweit gespielt, als dieser Unfall keineswegs durch ihn sondern ausschließlich durch ein Fehlverhalten des Lenkers des überholenden Fahrzeuges verursacht worden sei. Bei der Entscheidung EvBl 1987/32 - es handelte sich um eine solche des Oberlandesgerichtes Innsbruck - auf die der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung Bezug nahm, geriet ein Motorrad, auf dem die Klägerin mitfuhr, in einer unübersichtlichen Rechtskurve bei leicht regennasser Fahrbahn auf einem Ölfleck ins Rutschen, stürzte um, schlitterte in seiner ursprünglichen Bewegungsrichtung von der Unfallsstelle noch rund 25 bis 30 m weiter und gelangte - durch den Kurvenverlauf bedingt - auf die Gegenfahrbahn, wo es gegen einen mittlerweile entgegenkommenden PKW stieß; im Zeitpunkt des Sturzes des Motorrades befand sich kein anderes Kraftfahrzeug in Sicht- oder Hörweite, weshalb der Motorradlenker keinen Anlaß für eine allfällige Bremsung oder sonstige Reaktionshandlung gehabt hatte. Bei dem Sturz kam die Klägerin und der Motorradlenker auf der ihnen vorbehaltenen rechten Fahrbahnhälfte zu liegen; die beiden kamen mit dem entgegenkommenden PKW nicht in Berührung, ihre Verletzungen rührten ausschließlich vom Sturz auf die Straße her. Das Oberlandesgericht Innsbruck machte sich die in der "Rechtslehre übereinstimmend" vertretene Rechtsmeinung unter Hinweis auf Schwimann in verschiedenen Publikationen und Reishofer in ZVR 1977, 35 zueigen, nämlich daß andere "beteiligte" Fahrzeuge nur dann im selben Staat registriert oder stationiert sein müßten, wenn sie als Verursacher in Betracht kommen und bei einem Verkehrsunfall nicht bloß zufällige Rolle spielen.

Ein ähnlich gelagerter, den in den Entscheidungen ZVR 1990/161 und EvBl 1987/32 beurteilten Unfallsgeschehen vergleichbarer Unfall ist - wie der Kläger in seiner Revision zutreffend erkennt - auch im vorliegenden Fall gegeben:

Der tschechische PKW war unabhängig von der Fahrweise des Erstbeklagten von der Fahrbahn abgekommen, in die Baugrube gestürzt und dort stehen geblieben. Daß der Erstbeklagte im Zuge des Unfallsgeschehens den in der Baugrube befindlichen tschechischen PKW streifte, steht mit dem Unfall des Klägers insoweit in keinem Zusammenhang, als die leichte Streifung der Fahrzeuge keine Mehrbelastung der Insassen des Fahrzeuges des Erstbeklagten bewirkte, der Kläger dadurch also nicht verletzt wurde, die Wucht des Aufpralles des Fahrzeuges des Erstbeklagten durch die Streifkollision vielmehr etwas verringert wurde. Unter diesen Umständen kann wohl nicht von einer Unfallidentität zwischen der Kollision der beiden Fahrzeuge und jenem Schadensereignis gesprochen werden, das zu den Verletzungen des Klägers geführt hat; der tschechische PKW spielte daher bei dem vom Erstbeklagten verursachten Verkehrsunfall, der zu den der Klage zugrundeliegendne Verletzungen des Klägers führte, tatsächlich bloß eine zufällige Rolle, sodaß hier nur von der Beteiligung eines Fahrzeuges, nämlich jenes des Erstbeklagten an dem Unfall, auszugehen ist. Da das Fahrzeug des Erstbeklagten in Österreich zugelassen war und der Kläger als Fahrgast seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte, ist auf die Haftung des Erstbeklagten und des Haftpflichtversicherers seines Fahrzeuges dem Kläger gegenüber - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - österreichisches Sachrecht als innerstaatliches Recht des Zulassungsstaates anzuwenden (Art 4 lit a, Art 8, Art 9 Abs 2 StVA). Das Berufungsgericht ist somit zu Unrecht von der Annahme ausgegangen, für die Bemessung des dem Kläger zustehenden Schmerzengeldes und die Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden des Klägers aus dem gegenständlichen Unfall sei tschechisches Sachrecht maßgebend.

Der Rekurs erweist sich somit dem Grunde nach als berechtigt.

Die Rechtssache ist allerdings noch nicht abschließend spruchreif, weil von den Vorinstanzen nicht geklärt wurde, ob der Kläger tatsächlich eine Zahlung auf das Schmerzengeld von der Zweitbeklagten erhalten bzw angenommen hat. Feststellungen wären dazu aber nötig gewesen, weil in der Klage behauptet worden war, die Zweitbeklagte habe die Liquidierung der Ansprüche des Klägers abgelehnt, und zwar mit der Begründung, daß an Schmerzengeld nur 1.721,25 Kcs zu bezahlen seien (AS 5), und der Kläger das Vorbringen in der Klagebeantwortung - und damit auch die darin aufgsetellte Behauptung der Überweisung eines Betrages von 1.721,25 Kcs an den Klagevertreter (AS 9) - bestritten hat (AS 17). Obwohl das Erstgericht über diese damit strittig gebliebene Behauptung Beweise zugelassen hat (AS 13), ist eine Feststellung darüber unterblieben. Da diese strittige Zahlung im Berufungsverfahren von beiden Teilen releviert wurde (AS 75 und 79) und der Kläger in seinem Rekurs auf diese Frage neuerlich zurückkommt, mußte in Stattgebung des Rekurses das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur Klärung dieser Frage und neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Eine Aufhebung des Verfahrens in die erste Instanz erschien nicht notwendig, weil die offene Frage im Berufungsverfahren leicht zu klären sein wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

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