Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere
Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Am 20.10.1984 ereignete sich in Sopron, Ungarn, ein Verkehrsunfall, an dem der Vater der Klägerin als Lenker des dem Günther R*** gehörigen PKWs Marke Fiat 128, österreichisches behördliches Kennzeichen O-751.867, und Laszlo V*** als Lenker eines in Ungarn zugelassenen PKWs mit dem ungarischen behördlichen Kennzeichen PM 27 81 beteiligt waren. Johann F*** hat diesen Verkehrsunfall dadurch verschuldet, daß er beim Überqueren einer Kreuzung, vor der das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" angebracht war, den Vorrang des von links kommenden, von Laszlo V*** gelenkten PKWs mißachtete, wodurch es zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge kam. Die im von Johann F*** gelenkten PKW mitfahrende Klägerin wurde schwer verletzt. Johann F*** wurde wegen dieses Verkehrsunfalls mit Strafverfügung des Bezirksgerichts Steyr vom 8.1.1985, 4 U 2186/84, wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4, erster Fall, StGB verurteilt. Mit der am 3.3.1986 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung eines unfallkausalen Schmerzengeldes von S 1,000.000,-- sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden im Rahmen des Versicherungsvertrages zum Unfallszeitpunkt. Die Klägerin brachte hiezu vor, sie habe eine Gehirnerschütterung, eine Gehirnquetschung, einen Bruch des linken Schlüsselbeins, Wunden in der linken Gesichtshälfte und Wirbelbrüche erlitten. Seit dem Unfall sei sie querschnittgelähmt.
Die Beklagte bestritt und beantragte kostenpflichtige Klageabweisung. Sie gestand als richtig zu, daß der Unfall vom 20.11.1984 von Johann F*** verschuldet wurde. Im übrigen seien die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nach ungarischem Recht zu beurteilen, nach welchem der Klägerin die geltend gemachte Schmerzengeldforderung nicht zustehe, jedenfalls sei die Schmerzengeldforderung um ein Vielfaches überhöht. Auch das Feststellungsbegehren sei nach ungarischem Recht nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin berief sich auf die Anwendung österreichischen Rechts. Aber selbst dann, wenn ungarisches Recht zur Anwendung kommen sollte, stehe der Klägerin auch nach ungarischem Recht eine Entschädigung für verminderte Lebensfreude zu.
Das Erstgericht sprach der Klägerin S 800.000,-- s.A. zu und gab dem Feststellungsbegehren statt; das Mehrbegehren von S 200.000,-- s. A. wurde abgewiesen.
Das Erstgericht ging zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:
Die zum Zeitpunkt des Unfalls erst 2 1/2-jährige Klägerin erlitt im Zuge des Unfalls eine Hirnprellung oder eine Hirnquetschung mit Schädelbasisbruch, einen Bruch des 6. Halswirbels mit einem nahezu vollständigen Abriß des Rückenmarks in der Höhe des Halswirbelbruchs, einen Bruch des linken Vorderarms in Handgelenksnähe, eine Prellung der Lendenwirbelsäule und des Rückenmarks im Bereich der Lendenwirbelsäule, mehrere Rißquetschwunden und Hautabschürfungen im Gesicht sowie einen Unfallschock. Die Verletzungen waren vorübergehend lebensbedrohlich. Im Zuge von Bewegungsübungen am 4.2.1985 kam es zu einem Bruch des rechten Oberschenkels in Knienähe. Es besteht eine vollständige Lähmung beider Beine, der Blase, des Mastdarms und auch des Rumpfes etwa ab den Brustwarzen abwärts. Eine Änderung der Unfallsfolgen ist nicht mehr zu erwarten. Die Klägerin ist hilflos. Die Erwerbsfähigkeit ist 100 %-ig gemindert. Spätfolgen im Sinne von medizinischen Komplikationen sind mehrfach möglich. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß die Frage des anzuwendenden Rechts sich nach den Bestimmungen des Haager Straßenverkehrsabkommens, BGBl 1970/387, richte, welches als Staatsvertrag dem IPR-Gesetz vorgehe. Daß Ungarn dem Haager Straßenverkehrsabkommen nicht beigetreten sei, stehe dessen Anwendung nicht entgegen. Das Abkommen durchbreche mit einer Reihe von Ausnahmen die Grundregel der Anknüpfung an das Recht des Unfallsorts. Nach diesen Ausnahmen gelange das Recht des Fahrzeugstaates zur Anwendung. Gemäß Art 4 lit b des Haager Straßenverkehrsabkommens gelte die Ausnahme zugunsten des Zulassungsrechts, wenn mehrere Fahrzeuge am Unfall beteiligt sind, nur dann, wenn alle beteiligten Fahrzeuge im selben Staat zugelassen sind. Diese Regel sei teleologisch offensichtlich dahingehend ergänzungsbedürftig, daß andere Fahrzeuge nur dann im selben Staat registriert sein müßten, wenn sie als Verursacher nicht in Betracht kommen. Da im gegenständlichen Fall den ungarischen Lenker kein Verschulden treffe, scheide er als Verursacher aus, weshalb der Anspruch der österreichischen Klägerin gegen den österreichischen Haftpflichtversicherer des österreichischen Lenkers auch nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Den erlittenen Schmerzen inklusive der psychischen Beeinträchtigung entspreche ein Schmerzengeld von S 800.000,--. Der Feststellungsanspruch der Klägerin gründe sich darauf, daß Dauer- und Spätfolgen nicht auszuschließen seien.
Das Gericht zweiter Instanz gab den von beiden Streitteilen erhobenen Berufungen Folge und hob das Urteil des Erstgerichts unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts auf. Das Berufungsgericht führte aus, die Klägerin mache geltend, den erlittenen Schmerzen im Zusammenhang mit den irreversiblen Unfallsfolgen entspreche das eingeklagte Schmerzengeld von S 1,000.000,--. Die Beklagte bekämpfe die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach österreichisches Recht zur Anwendung komme. Nach ungarischem Recht stehe der Klägerin weder ein Schmerzengeld zu, noch sei das Feststellungsbegehren berechtigt. Jedenfalls sei nach ungarischem Recht das Schmerzengeld um ein Vielfaches überhöht.
Mit Recht wende sich die Beklagte gegen die Ansicht des Erstgerichts, es sei österreichisches Recht anzuwenden. Nach Art 3 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens ist das innerstaatliche Recht des Staates anzuwenden, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat. Die hievon abweichende Bestimmung des Art 4 lit a 2.Fall habe zur Voraussetzung, daß nur ein Fahrzeug am Unfall beteiligt war oder daß alle Fahrzeuge im selben Staat zugelassen sind (lit b). Die Ansicht Schwimanns (ZVR 1978, 168; JBl 1979, 197; Grundriß des Internationalen Privatrechtes 158) - der sich das Erstgericht angeschlossen habe - , diese Regel sei teleologisch dahin ergänzungsbedürftig, daß andere Fahrzeuge nur dann im selben Staat registriert sein müssen, wenn sie als Verursacher in Betracht kommen, lehne die ständige Rechtsprechung ab (ZVR 1968/57, 1987/47). Schwimann stelle mit der Formulierung "....als Verursacher in Betracht kommen" offensichtlich darauf ab, daß nach einer ersten Anscheinsbeurteilung die Lenker bzw Halter anderer in das Unfallsgeschehen verwickelter Fahrzeuge als Verursacher ausscheiden und deshalb nicht zur Haftung herangezogen werden könnten. Klage aber ein Insasse eines Fahrzeuges dessen Lenker bzw den Haftpflichtversicherer, könne nie mit Sicherheit gesagt werden, daß spätere Ansprüche gegen den Lenker des anderen Fahrzeugs bzw dessen Haftpflichtversicherer ausgeschlossen sind. Eine Prognose, ob eine derartige Klage erforderlich wäre, sei im Verfahren der Insassen gegen den Lenker nicht anzustellen; sie wäre auch nicht verläßlich, weil nicht beurteilt werden könne, welche Einwendungen der andere Fahrzeuglenker erheben werde und von welchem Sachverhalt in dem anderen Verfahren ausgegangen würde. Eine Verneinung der Haftung eines weiteren Unfallbeteiligten wäre für das andere Verfahren auch nicht bindend. Eine teleologische Einschränkung im Sinne der Ausführungen Schwimanns scheitere daher schon daran, daß kaum jemals von der Annahme ausgegangen werden könne, ein anderer am selben Unfall Beteiligter "käme nicht als Verursacher in Betracht". Darüber hinaus könnte der "nicht als Verursacher in Betracht kommende" Beteiligte auf alle Fälle selbst Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte geltend machen, die auf Grund des Abkommens ohne Zweifel nach ungarischem Recht zu beurteilen wären. Die Ansicht Schwimanns würde also dazu führen, daß aus ein und demselben Unfall Ansprüche erhoben würden, die aus verschiedenen Rechtsordnungen abgeleitet werden. Dies wäre aber mit dem Zweck des Haager Straßenverkehrsübereinkommens offenbar nicht zu vereinbaren. Maßgebend sei somit im vorliegenden Fall das Recht des Unfallsorts, also ungarisches Recht. Auch der Umstand, daß der schuldtragende Lenker der mj. Klägerin gegenüber unterhaltspflichtig sei, begründe noch nicht die Anwendung österreichischen Rechts, wenn sich der Unfall in Ungarn ereignet habe. Komme die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht, dann sei dieses vom Gericht auch von Amts wegen zu erforschen und anzuwenden, selbst dann, wenn sich die Parteien darauf nicht berufen hätten. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren gemäß § 4 IPRG das ungarische Recht zu ermitteln haben. Auf der Grundlage des ungarischen Rechts werden die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zu prüfen sein. Das gelte auch für die materiellrechtliche Grundlage des Feststellungsbegehrens, nämlich ob das ungarische Recht auf Grund des geltend gemachten anspruchsbegründenden Sachverhalts im Zusammenhang mit den der geschädigten Klägerin zustehenden Ansprüchen eine Haftung des Schädigers für alle künftigen Schäden kenne. Die prozessualen Voraussetzungen des Feststellungsbegehrens, insbesondere auch des rechtlichen Interesses, seien nach österreichischem Recht zu beurteilen und auch zu bejahen. In diesem Zusammehang werde darauf verwiesen, daß der Versicherungsvertrag betreffend das von Johann F*** gelenkte Fahrzeug - zumindest nach dem Inhalt des Strafakts - nicht mit diesem, sondern mit Günther R*** als Halter geschlossen worden sei. Die Nichtermittlung des anzuwendenden ausländischen Rechts sei ein Verfahrensmangel eigener Art, den das Berufungsgericht dadurch beheben könne, daß es dem Erstgericht die Beschaffung der erforderlichen Kenntnisse auftrage, wodurch die Kontrolle der Anwendung des ausländischen Rechts durch den Erstrichter dem Berufungsgericht vorbehalten bleibe. Gegen den Beschluß des Berufungsgerichts wendet sich der Rekurs der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung unter Überbindung der Rechtsansicht, daß österreichisches Recht zur Anwendung komme und daher das Ersturteil zu bestätigen sei.
Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (§§ 519 Abs 2, 502 Abs 4 Z 2 ZPO), aber nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin führt in ihrem Rechtsmittel aus, nach Ansicht des Berufungsgerichts treffe es nicht zu, daß sich aus Artikel 4 des Haager Straßenverkehrsabkommens ergebe, daß, damit die Anwendbarkeit des Rechts des Registerstaates gegeben sei, nur dann beide Fahrzeuge im selben Staat, nämlich im Registerstaat, registriert sein müßten, wenn sie auch beide als Verursacher in Betracht kämen. Dem werde entgegengehalten, daß lit c des Art 4 in seinem Originalabkommenstext in der englischen Fassung von "Beteiligten" und "als Haftungsträger in Betracht kommenden Personen" spreche. Der Art 4 sei daher unter Bedachtnahme auf die Originalformulierung dahingehend teleologisch zu ergänzen, daß nur dann alle Fahrzeuge im Registerstaat registriert sein müßten, wenn sie als Verursacher und Haftungsträger in Betracht kommen. Wäre diese Bestimmung nicht so zu verstehen, so würde das bedeuten, daß es zur Anwendbarkeit ausländischen Rechts genüge, daß im Falle eines Unfalls, den ein Österreicher mit seinem in Österreich zugelassenen Kraftfahrzeug im Ausland verschulde, auch ein Fahrzeug zufällig beteiligt sei, das nicht in Österreich registriert sei. Das hieße, daß Insassen des österreichischen PKWs ihre Ansprüche nach dem ausländischen Recht geltend zu machen hätten, weil eine Beteiligung des Fahrzeugs, das nicht in Österreich registriert war, vorgelegen sei; dies obwohl vom Lenker bzw von der Versicherung des ausländischen Kraftfahrzeugs kein Ersatz begehrt werden könne, weil die Beteiligung ja bloß zufällig gewesen sei. Dieses Ergebnis wäre grob unbillig und würde auch der Zielsetzung des Haager Straßenverkehrsabkommens, nämlich der Vereinfachung der Schadensabwicklung zuwiderlaufen. Daraus ergebe sich, daß eben hier nur dann das Recht des Unfallstaats zur Anwendung kommen könne, wenn den Lenker des ausländischen Kraftfahrzeugs eine Haftung treffe. Man müsse daher in jedem Fall abwägen, ob andere am Unfall beteiligte Fahrzeuge als Verursacher und Haftungsträger ausscheiden bzw stelle sich diese Frage dann nicht mehr, wenn das Alleinverschulden des Lenkers des in Österreich registrierten Kraftfahrzeugs nicht bestritten bzw anerkannt und kein Mitverschulden eines Lenkers eines beteiligten ausländischen Kraftfahrzeugs behauptet werde. Dies müsse im vorliegenden Verfahren umsomehr Bedeutung und Berechtigung haben, als hier eine enge, weil eine familienrechtliche Bindung zwischen der Geschädigten und dem Lenker bestehe, der den Unfall verschuldet habe. Diese enge Beziehung sei zum Anknüpfungsprinzip zu erheben. Würde man dieser Lösung nicht folgen, so käme man zu der vom Berufungsgericht vertretenen unbilligen Auffassung, daß das Recht des Deliktsorts anzuwenden sei, obwohl sich die Tochter als Geschädigte und der Vater als schuldtragender Fahrzeuglenker, dessen alleiniges Verschulden unbestritten sei, gegenüberstehen und den Lenker des ungarischen Kraftfahrzeugs lediglich die Rolle eines Beteiligten ohne Verantwortlichkeit zukomme.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Soweit die Klägerin, im wesentlichen gestützt auf die von Schwimann in ZVR 1978, 168, Grundriß des IPR 158, Glosse zur E. ZAS 1985, 67, vertretene Rechtsmeinung, die Auffassung vertritt, Art 4 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens sei dahingehend teleologisch zu ergänzen, daß nur dann alle Fahrzeuge im Registerstaat registriert sein müßten, wenn sie als Verursacher und Haftungsträger in Betracht kommen, ist auf die vom Rekursgericht zutreffend angeführte, die Meinung Schwimanns ablehnende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl insbesondere ZVR 1987/47 und ZVR 1988/57) zu verweisen. Hiezu wäre ergänzend darauf hinzuweisen, daß, wie den Erläuterungen des Generalberichterstatters der Haager Konferenz zu entnehmen ist, der Ausdruck "beteiligt" in Art 4 lit a und b, wo von der Beteiligung von Fahrzeugen die Rede ist, im objektiven (weiteren) Sinn dahin verwendet wird, daß das Fahrzeug beim Unfall eine - aktive oder passive - Rolle gespielt hat; es kommt sozusagen nur darauf an, daß es "dabei war" (vgl ZVR 1988/57; Duchek-Schwind, IPR, Abschnitt XIII, Anm 7 zu Art 4 des Übereinkommens). Die Rekursausführungen vermögen den erkennenden Senat nicht zu einem Abgehen von den in den genannten Entscheidungen ausführlich dargelegten Grundsätzen zu veranlassen.
Soweit die Rekurswerberin aus der familienrechtlichen Beziehung zwischen der Geschädigten und dem Lenker offenbar eine Anknüpfung nach dem Grundsatz der stärkeren Beziehung (§ 48 Abs 1 IPRG) abzuleiten versucht, ist ihr entgegenzuhalten, daß gemäß § 53 IPRG Bestimmungen zwischenstaatliche Vereinbarungen durch dieses Bundesgesetz nicht berührt werden; zu diesen zwischenstaatlichen Vereinbarungen zählt auch das Haager Straßenverkehrsübereinkommen (vgl Duchek-Schwind IPR; 118, A. 9. zu § 53 IPRG). Die Bestimmungen dieses Übereinkommens stehen daher einer Anwendung des § 48 IPRG entgegen (Duchek-Schwind aaO, 101, Anm. 1 zu § 48 IPRG; Schwimann in Rummel, ABGB, S. 3043, Rz 1 zu § 48 IPRG). Daß einer Heranziehung des ungarischen Rechts als des gemäß § 3 des Straßenverkehrsübereinkommens maßgebenden Tatortrechts die Bestimmung des Art 10 des Übereinkommens entgegenstünde, wonach die Anwendung eines der durch dieses Übereinkommen für anwendbar erklärten Rechts nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn sie mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist, kann jedenfalls im derzeitigen Verfahrensstadium nicht gesagt werden. Durch die genannte Bestimmung soll sichergestellt werden, daß auch eine mit den österreichischen Rechtsvorstellungen unvereinbare Bestimmung eines fremden Rechts nicht immer und von vornherein als unbeachtlich anzusehen ist. Erst wenn das Ergebnis der Anwendung für die österreichische Rechtsordnung untragbar ist, würde die Vorbehaltsklausel eingreifen (vgl Schwimann in JBl 1978, 6). Die inländische Rechtsordnung soll nur vor dem Eindringen solcher fremder Rechtsgedanken geschützt werden, die mit wesentlichen österreichischen Rechtsgrundsätzen unvereinbar sind (vgl SZ 33/43 ua). Solange aber die anzuwendenden Bestimmungen des ungarischen Rechts noch gar nicht ermittelt sind, kann diese Frage jedenfalls nicht abschließend beurteilt werden.
Der Ansicht des Rekurses, die Aufhebung des Ersturteils wäre zumindest hinsichtlich des Feststellungsbegehrens der Klägerin zu Unrecht erfolgt, weil diesbezüglich jedenfalls die österreichischen Verfahrensvorschriften anzuwenden sind, ist zu erwidern, daß das Berufungsgericht ohnehin zutreffend davon ausgegangen ist, die prozessualen Voraussetzungen des Feststellungsbegehrens, insbesondere auch des rechtlichen Interesses, seien nach österreichischem Recht zu beurteilen. Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht aber darauf verwiesen, daß die materiellrechtliche Grundlage des Feststellungsbegehrens, nämlich, ob das ungarische Recht auf Grund des geltend gemachten anspruchsbegründenden Sachverhalts im Zusammenhang mit den der geschädigten Klägerin zustehenden Ansprüchen eine Haftung des Schädigers für alle künftigen Schäden kennt, noch zu prüfen sein wird.
Dem Rekurs mußte daher ein Erfolg versagt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
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