Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.665,-- (darin enthalten S 1.777,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Eine Wiener Schokoladeherstellerin als Verkäuferin hat die beklagte Partei beauftragt, je 3.060 Colli a 32 Stück zweier Sorten Schokoladetafeln von Wien nach Moskau mittels LKW zu einem fixen Frachtsatz von S 38.000,- zu transportieren. Die Verkäuferin hat dafür bei der klagenden Partei eine Transportversicherung mit einer Versicherungssumme von US $ 62.472,90 (einschließlich 10 % imaginärem Gewinn) abgeschlossen und die vorgeschriebene Prämie bezahlt. Die beklagte Partei hat mit der Durchführung des Transports ein slowakisches Unternehmen beauftragt, das das Transportgut am 18. 5. 1995 in Wien übernahm. Dem Transport wurde eine pro forma Rechnung über einen CIP Moskau Preis von US $ 41.126,40 beigegeben. Die der Käuferin ausgestellte Handelsrechnung weist den vereinbarten Kaufpreis von US $ 56.793,60 mit Parität CIP Moskau auf und enthält Transportkosten, Ausfuhrzoll und Versicherungskosten. Der sich unter Abzug der Transport-, Ausfuhrzoll und Versicherungskosten ergebende Preis war zum damaligen Zeitpunkt handelsüblich und lag unter dem Durchschnittswert des Exportwertes für Schokoladetafeln.
Am 21. 5. 1995 ereignete sich in Polen ein Verkehrsunfall, bei dem der LKW samt Anhänger umstürzte und die geladene Ware über eine Länge von 50 m auf die Fahrbahn, das Bankett und einen mit Wasser gefüllten Straßengraben verstreut wurde. Das Transportgut war schließlich zur Gänze nicht mehr verkäuflich und verwendbar. Die Verkäuferin hat am 22. 5. 1995 die beklagte Partei hinsichtlich eines damals erkannten Schadens von US $ 49.221,12 belangt. Die beklagte Partei hat die Verkäuferin an die Transportversicherung verwiesen, weil nach den AÖSp bei Vorliegen einer Eigenversicherung des Auftraggebers ein Schadenersatzanspruch gegen den Spediteur aus den durch diese Versicherung gedeckten Gefahren ausgeschlossen sei.
Die klagende Partei als Transportversicherer der Verkäuferin hat dieser am 16. 8. 1995 US $ 62.472,96 überwiesen und wurde von ihrer Bank mit einem Gegenwert von S 653.498,- belastet. Der CMR Versicherer des Subfrächters hat an die klagende Partei US $ 38.384,64 (Schillingwert S 380.458,-) bezahlt und eine weitere Haftung abgelehnt, weil die Rechnungssumme US $ 41.126,40 gelautet habe und ein Teil der Ware trotz der Beschädigung wiederverwendet werden könne.
Verkäuferin und Käuferin haben in einem gemeinsamen Schreiben an die klagende Partei erklärt, alle Rechte aus dem Frachtvertrag an sie abzutreten. Zwischen der klagenden Partei und der Verkäuferin besteht Einvernehmen, daß sämtliche Rechte der Verkäuferin der klagenden Partei abgetreten sind.
Die Verkäuferin leistete ohne weitere Kaufpreiszahlung eine Ersatzlieferung der vereinbarten Art und Güte an die russische Empfängerin.
Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei Zahlung von S 215.132,- sA. Sie sei Transportversicherer der eingangs erwähnten Verkäuferin. Die beklagte Partei habe von der Versicherungsnehmerin den Auftrag erhalten, eine Ladung Schokolade mit dem LKW von Wien nach Moskau gegen eine Frachtpauschale von S 38.000,- zu befördern. Die beklagte Partei habe einen Unterfrachtführer beauftragt, der 30 Paletten Schokolade mit einem LKW übernommen, aber nicht bei der Empfängerin abgeliefert habe. Der LKW sei während des Transits durch Polen verunglückt, was einen Totalschaden verursacht habe. Die klagende Partei habe ihrer Versicherungsnehmerin den Schaden vergütet, die beklagte Partei hafte als Frachtführer für den Schaden. Alle Ansprüche seien ex lege auf die klagende Partei übergegangen, außerdem seien ihr diese abgetreten worden. Der eingetretene Schaden (einschließlich 10 % imaginärem Gewinn) betrage US $ 62.472,96 (= S 655.600,-). Der nach den Bestimmungen der CMR zu ersetzende Wert (ohne imaginären Gewinn) betrage US $ 56.793,60 (= S 595.600,-). Der CMR Versicherer des von der beklagten Partei beauftragten Frachtführer habe US $ 38.384,64 (= S 380.458,-) überwiesen, weshalb der mit der Klage geltend gemachte Betrag aushafte.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Höhe der Entschädigung sei zwar nach Art 23 CMR zu berechnen, doch werde die klagende Partei nachzuweisen haben, daß dieser Wert US $ 56.793,60 betrage; sie werde auch zu erklären haben, aus welchen Gründen dieser Betrag nicht der Verzollung zugrundegelegt worden sei. Die klagende Partei sei zur Geltendmachung nicht aktiv legitimiert, weil nach § 37 lit d AÖSp ein durch eine Transportversicherung des Auftraggebers gedeckter Schadenersatzanspruch nicht auf den Versicherer übergehe und auch nicht an diesen abgetreten werden könne.
Die klagende Partei trat letzterem Einwand mit dem Hinweis auf die zwingenden Bestimmungen der CMR (Art 41) entgegen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Wert des Gutes sei nach Maßgabe des Art 23 CMR zu ersetzen. Ausschlaggebend sei der Wert des Gutes am Ort und zur Zeit der Übernahme der Beförderung, der sich nach dem Börsenpreis, mangels eines solchen nach dem Marktpreis, oder mangels beider nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit bestimmte. Im allgemeinen könne unter dem Marktwert auch der Verkaufswert der Güter gleicher Art und Beschaffenheit, also der Handelswert verstanden werden. Nach den Beweisergebnissen sei dies der nach Anrechnung der Teilzahlung noch offene eingeklagte Betrag. § 37 lit d AÖSp schließe den Übergang eines Schadenersatzanspruches aus den durch eine Transportversicherung gedeckten Gefahren gegen den Spediteur auf den Versicherer aus, wenn der Auftraggeber selbst versichere. Diese Bestimmung verstoße gegen den zweiseitig zwingenden Art 41 Abs 2 CMR. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei diese Frage bislang unbeantwortet geblieben, doch sei klargestellt worden, daß Art 41 Abs 2 CMR zwar nicht für den Haftpflichtversicherer, wohl aber für den Transportversicherer des Absenders gelte. Regelungszweck des Art 41 Abs 2 CMR sei nach herrschender Lehre die Verhinderung einer wirtschaftlichen Freizeichnung des Frachtführers durch Abtretung von Versicherungsansprüchen an ihn, die der Geschädigte auf eigene Rechnung erworben habe. Aus dem gleichen Grund sei auch der Ausschluß des Regresses des Transportversicherers gegen den Frachtführer unwirksam, es sei denn, der Frachtführer hätte die Transportversicherung auf eigene Rechnung zugunsten des Geschädigten abgeschlossen oder der Absender hätte von sich aus (mit dem Versicherer) Regreßverzicht vereinbart. Dergleichen sei nicht behauptet worden. Gemäß Art 41 CMR sei eine Vereinbarung im Sinne des § 37 lit d AÖSp unwirksam, weshalb die Klageforderung zu Recht bestehe.
Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Auf den vorliegenden Sachverhalt seien unstrittig die Bestimmungen der CMR anzuwenden. Nach Art 41 CMR seien Vereinbarungen, soweit sie von den Bestimmungen der CMR abwichen, nichtig. Nach ständiger Rechtsprechung seien die Bestimmungen der CMR zwingend und unabdingbar, sodaß jede andere Vereinbarung ausgeschlossen sei. Dies gelte nur dann nicht, wenn die CMR darüber überhaupt keine Bestimmungen enthielten bzw die vertraglichen Regelungen von den Bestimmungen der CMR nicht berührt würden. Kernstück des CMR Frachtrechts sei die in Kapitel IV geregelte Haftung des Frachtführers für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung sowie die Regreßansprüche zwischen mehreren Frachtführern aus solchen Schäden. Nach diesen Bestimmungen sei nationales Vertragsrecht der jeweiligen Mitgliedstaaten nur insoweit heranzuziehen, als die CMR als Vertragsordnung nichts regelten. Der Rechtsauffassung der beklagten Partei, wonach § 37 lit d AÖSp ungeachtet der Bestimmung des Art 41 Abs 2 CMR gültig vereinbart werden könne, weil die CMR keine ausdrückliche Regelung zum Forderungsübergang nach § 67 VersVG bei einem vom Auftraggeber geschlossenen Versicherungsvertrag kenne, könne nicht gefolgt werden. Durch diesen Forderungsübergang solle in der Rechtssphäre des Ersatzpflichtigen keine Änderung bewirkt werden. Die Ansprüche seien auf die klagende Partei nicht nur ex lege, sondern auch aufgrund gesonderter Abtretung übergegangen. Die Bestimmungen der CMR zielten darauf ab, daß jede Vereinbarung nichtig und ohne Rechtswirkung sei, die unmittelbar oder mittelbar von den zwingenden Bestimmungen der CMR abweiche. § 37 lit d AÖSp ziele dagegen darauf ab, den Frachtführer von jeglicher Haftung zu befreien. Diese Bestimmung widerspreche den zwingenden Haftungsregelungen der CMR, weshalb sie unwirksam sei. Sie schließe im übrigen nur Schadenersatzansprüche gegen den Spediteur aus; hier liege aber ein Beförderungsvertrag zu fixen Kosten vor, weshalb die beklagte Partei ausschließlich und zwingend die Rechte und Pflichten eines Frachtführers habe und schon deshalb § 37 lit d AÖSp nicht anzuwenden seien. Art 41 CMR solle verhindern, daß der Frachtführer über eine Transportversicherung des Absenders begünstigt werde und daß seine gesetzliche Haftpflicht praktisch ausscheide. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur vorliegenden Frage nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Unstrittig sind auf den vorliegenden Sachverhalt die Bestimmungen der CMR anzuwenden.
Nach Art 41 Abs 1 CMR ist jede Vereinbarung, die unmittelbar oder mittelbar von den Bestimmungen des Übereinkommens abweicht, nichtig und ohne Rechtswirkung. Die Nichtigkeit solcher Vereinbarungen hat nicht die Nichtigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen zur Folge; nichtig ist insbesondere jede Abmachung, durch die sich der Frachtführer die Ansprüche aus der Versicherung des Gutes abtreten läßt und jede andere ähnliche Abmachung sowie jede Abmachung, durch die die Beweislast verschoben wird (Abs 2).
Die CMR regelt insbesondere die Beförderungsbedingungen, die Haftung und das hiefür geltende Verfahren. Ziel des Art 41 CMR ist die Vereinheitlichung dieses Regelungsbereiches innerhalb der Vertragsstaaten.
§ 37 lit d AÖSp, auf den sich die beklagte Partei beruft, lautet:
"Versichert der Auftraggeber selbst, so ist jeder Schadenersatzanspruch aus den durch diese Versicherung gedeckten Gefahren gegen den Spediteur ausgeschlossen, geht also nicht auf den Versicherer über".
Zu dieser Bestimmung hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, daß sie ein den Versicherer nicht bindender Vertrag zwischen seinem Versicherungsnehmer und dem Frachtführer zu seinen Lasten ist (vgl 7 Ob 44/98s = RdW 1998, 738 = VersR 1999, 651; 6 Ob 349/98k), weil privatautonome Rechtsgestaltung die Zustimmung des von der Belastung Betroffenen voraussetze. Verträge zu Lasten Dritter seien, soweit dieser nicht Vertragspartei werde, zumindest diesem gegenüber unwirksam, soweit nicht gesetzliche Ausnahmeregelungen vorgesehen seien. In der Transportversicherung werde nicht das Versicherungsinteresse des Frächters, sondern nur das des jeweiligen Eigentümers an der beförderten Ware versichert.
Diese Rechtsprechung bedarf jedoch noch einer Klarstellung.
Nach dem Wortlaut des § 37 lit d AÖSp verzichtet der Versender gegenüber dem Spediteur auf Entschädigung für den Fall, daß er selbst eine Transportversicherung eingedeckt hat. Die Vereinbarung eines Haftungsausschlusses bzw einer Haftungsbeschränkung zwischen Geschädigtem und Schädiger ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Entsteht aber beim geschädigten Versender gegenüber dem Haftpflichtigen wegen der Vereinbarung eines solchen Haftungsausschlusses gar kein Anspruch, dann könnte ein solcher gemäß § 67 VersVG auch nicht auf den Versicherer übergehen. Im Abbedingen der Legalzession kann dann aber nicht ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter erblickt werden. Daß der (ausgeschlossene) Schadenersatzanspruch auch nicht auf den Versicherer übergeht, ist dann nur die logische Folge der Freizeichnungsklausel (vgl Csoklich, Einführung in das Transportrecht 157, FN 46).
Die beklagte Partei kann sich aber dennoch nicht auf die genannte Bestimmung berufen, weil dem die zwingenden Haftungsbestimmungen der CMR entgegenstehen (vgl Csoklich, aaO 156).
Mit Art 41 Abs 1 und2 CMR soll verhindert werden, daß der Frachtführer über eine Transportversicherung des Absenders begünstigt wird und seine gesetzliche Haftung damit - auf Kosten des Berechtigten - ausscheidet. Es soll daher verhindert werden, daß sich der Frachtführer wirtschaftlich gesehen namentlich dadurch freizeichnet, daß er sich die Versicherung abtreten läßt, die der Geschädigte auf eigene Kosten erworben hat. (Koller, Transportrecht, Art 41 CMR, Rz 2 mwN; Schmid in Thume, CMR-Kommentar Art 41 CMR Rz 30 mwN). Ausgeschlossen ist daher die unter Mitwirkung des Frachtführers vorgenommene Abtretung der Transportversicherungsansprüche des Absenders an den Frachtführer, weil dies zu einer Freizeichnung des Frachtführers von seiner CMR Haftung führt. Dasselbe gilt aber auch für ähnliche Abmachungen, die zu einem Ausschluß des Regresses des Transportversicherers führen (Schmid in Thume CMR-Kommentar, aaO).
Auch in die in § 37 lit d AÖSp enthaltene - unter Mitwirkung des Frachtführers und daher im Sinn der CMR verpönte - Bestimmung (vgl Koller, Transportrecht, aaO), wonach der Absender von vornherein im Fall einer von ihm geschlossenen - und bezahlten - Transportversicherung auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Spediteur verzichtet und somit den Regreß des Transportversicherers verhindert, ist als nichtige Vereinbarung im Sinn des Art 41 Abs 2 CMR anzusehen. Ist aber die Freizeichnungsklausel unwirksam, besteht also der Schadenersatzanspruch des Versenders gegen den Spediteur, dann liegt in der weiteren Klausel, daß Schadenersatzansprüche nicht gemäß § 67 VersVG auf den (zahlenden) Transportversicherer übergehen, ein unzulässiger Vertrag zu Lasten dieses Versicherers (7 Ob 44/98s; 6 Ob 349/98k).
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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