OGH 2Ob270/97p

OGH2Ob270/97p2.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** Versicherungs AG, *****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Univ-Prof. Dr. Friedrich Harrer und Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Peter B*****, vertreten durch Dr. Rudolf Zitta und Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 77.676,60 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25. Juni 1997, GZ 1 R 120/97s-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28. Februar 1997, GZ 1 Cg 215/96a-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.086,40 (darin enthalten S 1.014,40 Ust) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 7. Jänner 1993 ereignete sich auf der Tauernautobahn A10 im Gemeindegebiet von Eben/Pongau ein Verkehrsunfall, an welchem ein vom Beklagten gehaltenes Sattelkraftfahrzeug und ein in der Bundesrepublik Deutschland zugelassener PKW beteiligt waren. Der Sattelkraftfahrzug war bei der V***** AG aufrecht haftpflichtversichert, der PKW bei der klagenden Partei aufrecht vollkaskoversichert. Durch die Kollision entstand dem Beklagten ein Schaden von S 91.762,30, am PKW entstand ein Sachschaden von S 261.350,50. Im Verfahren 8 Cg 7/94m des Landesgerichtes Salzburg wurden die Verschuldensanteile der beteiligten Lenker mit 1 : 1 rechtskräftig festgestellt. In diesem Verfahren begehrte der Beklagte vom Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs, der für den PKW einzutreten hatte, S 91.762,35 sA, während der Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs am 13. 10. 1993 den am PKW eingetretenen Sachschaden aufrechnungsweise einwendete, nachdem die klagende Partei der Halterin des PKW's den Schaden unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltes von S 7.100,-- ersetzt und die daraus resultierenden Ansprüche an den Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs abgetreten hatte. Mit Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 13. 12. 1995, das den damaligen Vertretern der Prozeßparteien am 4. 1. 1996 zugestellt wurde, wurde die Forderung des Beklagten mit S 45.881,15 als zu Recht bestehend erkannt und dem Landesgericht Salzburg die Entscheidung über die geltendgemachte Gegenforderung des Verbandes der Versicherungsunternehmungen Österreichs aufgetragen, worauf mit Endurteil vom 22. 3. 1996, das dem damaligen Beklagtenvertreter am 1. 4. 1996 zugestellt wurde, auch die Gegenforderung mit S 45.881,15 als zu Recht bestehend erkannt wurde und das gesamte Klagebegehren des Beklagten abgewiesen wurde. Daraufhin vereinbarten der Beklagte und der Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs Kompensationsausschluß.

Die klagende Partei begehrt mit der am 17. 9. 1996 beim Erstgericht eingelangten Klage die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von S 77.676,60 unter Berücksichtigung des halben am PKW eingetretenen Schadens von S 130.657,75, des Selbstbehalts von S 7.100,-- sowie des im Vorverfahren als zu Recht bestehend erkannten Teilbetrages von S 45.881,15 mit der Begründung, der Beklagte bzw seine Haftpflichtversicherung hätten trotz der Ergebnisse des Vorverfahrens keinerlei Zahlung geleistet. Die aus dem Verkehrsunfall resultierende Forderung der Klägerin sei ihr vom Verband der Versicherungsunternehmungen Österreichs am 16. 9. 1996 wieder rückabgetreten worden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens; die Forderung sei verjährt, weil die Klage erst später als 3 Jahre nach dem Unfall eingebracht worden sei und die klagende Partei nicht innerhalb angemessener Frist nach Zustellung des Teilurteiles des Oberlandesgerichtes Linz geklagt habe. Auf die Streitteile sei das Schadensteilungsabkommen zur Regelung von Kasko/Haftpflichtregressen zwischen den Europäischen Kraftverkehrsversicherern anzuwenden. Die klagende Partei sei dessen Verpflichtungen nicht nachgekommen, weil sie nicht binnen 3 Jahren dem Beklagten die notwendigen Berechnungsunterlagen zur Verfügung gestellt habe.

Die klagende Partei entgegnete hierauf, daß durch die Geltendmachung der nunmehrigen Klageforderung als Gegenforderung im Vorverfahren die Verjährungsfrist ebenso gewahrt worden sei, wie durch die Einbringung der Klage binnen angemessener Frist nach Scheitern von Vergleichsverhandlungen zwischen den Streitteilen am 11. 9. 1996. Diese seien unmittelbar nach Zustellung des Endurteiles des Landesgerichtes Salzburg im Vorverfahren am 16. 4. 1996 aufgenommen worden. Das Schadensteilungsabkommen sei auf die Streitteile nicht anzuwenden, darüber hinaus seien auch im Vorverfahren die Unterlagen fristgerecht vorgelegt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es im wesentlichen vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ausging. In rechtlicher Hinsicht erörterte es unter Hinweis auf § 1497 ABGB, die Verjährung einer Schadenersatzforderung werde nicht nur durch Anerkenntnis und durch Klageführung unterbrochen, sondern auch durch zulässige Aufrechnung in einem anderen Verfahren. Im folgenden Fall sei die Verjährung der nunmehrigen Klageforderung im Oktober 1993 unterbrochen worden, weshalb die dreijährige Verjährungsfrist neu zu laufen begonnen habe. Dabei beziehe sich die Unterbrechungswirkung nicht nur auf jenen Teil der Gegenforderung im Vorverfahren, der der Höhe der damaligen Klageforderung entsprochen habe (S 91.762,30) sondern auf die gesamte nunmehr geklagte Forderung, weil anderenfalls, um eine Verjährung der die damalige Klageforderung übersteigende Forderung zu vermeiden, ein weiterer Prozeß angestrengt hätte werden müssen. Die Klage sei jedenfalls innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist gerechnet ab Oktober 1993 eingebracht worden. Darüber hinaus seien zwischen den Klagevertretern und dem früheren Vertreter des Beklagten Vergleichsverhandlungen geführt; auch die Klage sei binnen angemessener Frist nach deren Scheitern eingebracht worden. Schließlich habe der frühere Vertreter des Beklagten am 16. 4. 1996 ein deklaratives Anerkenntnis abgegeben.

Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht verwarf deren Berufung wegen Nichtigkeit, gab ihr im übrigen Folge und wies das Klagebegehren ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es traf nach Beweisergänzung nachstehende Ergänzungen und Feststellungen:

Der damalige Vertreter des Beklagten äußerte am 16. 4. 1996 den Klagevertretern schriftlich gegenüber, er habe die Haftpflichtversicherung des Beklagten zur Erfüllung des Endurteiles (des Landesgerichtes Salzburg vom 22. 3. 1996) aufgefordert, woraufhin die Klagevertreter mehrmals (24. 5., 25. 6., 10. 7., 8. 8. und 3. 9. 1996) zuerst den damaligen Vertreter des Beklagten und dann dessen Haftpflichtversicherung zur Überweisung der gesamten Forderung von S 261.350,50 (zuletzt S 130.657,75) aufforderten. Auf diese Schreiben antwortete der damalige Rechtsvertreter des Beklagten am 29. 5. 1996, er habe das Forderungsschreiben an die Haftpflichtversicherung weitergeleitet, am 9. 7. 1996, die Sache werde von der Haftpflichtversicherung mit der klagenden Partei im Innenverhältnis abgerechnet und am 12. 8. 1996, er habe das Aufforderungsschreiben an die Haftpflichtversicherung weitergeleitet. Am 11. 9. 1996 lehnte die Haftpflichtversicherung des Beklagten die Ansprüche der klagenden Partei unter Hinweis auf die eingetretene Verjährung ab, nachdem die Klagevertreter am 8. 8. 1996 und am 3. 9. 1996 bereits die Klage für den Fall angedroht hatten, daß der Beklagte oder seine Haftpflichtversicherung keine Verjährungsverzichtserklärung abgeben sollten. Mit Schreiben vom 8. 8. 1996 wurde eine Frist bis 23. 8. 1996 und mit Schreiben vom 3. 9. 1996 eine solche bis 12. 9. 1996 gesetzt. Der Zugang des Schreibens der Haftpflichtversicherung vom 16. 7. 1996 an die Klagevertreter konnte nicht festgestellt werden.

Rechtlich erörterte es ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt, daß nach § 1497 ABGB die Verjährung - abgesehen von dem hier nicht zum Tragen kommenden Unterbrechungsgrund des Anerkenntnisses - nur dadurch unterbrochen werde, daß derjenige, der sich auf die Verjährung berufen wolle, vom Berechtigten "belangt und die Klage gehörig fortgesetzt werde". Das "Belangen" im Sinne dieser Bestimmung werde grundsätzlich durch Einbringung einer Leistungs- oder einer Feststellungsklage durch den Berechtigten erfüllt, wobei Unterbrechungsgrund das stattgebende Urteil sei, welches auf den Klagezeitpunkt zurückwirke. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung sei aber auch eine erfolgreiche Aufrechnungseinrede bezüglich ihrer Wirkung auf den Lauf der Verjährungsfrist einer Klage gleichzuhalten, wobei der Oberste Gerichtshof in diesem Zusammenhang auch von einer Unterbrechung der Verjährung spreche. Davon ausgehend habe das Erstgericht die Auffassung vertreten, durch die Geltendmachung der nunmehrigen Klageforderung als Gegenforderung im Vorverfahren im Oktober 1993 habe die Verjährungsfrist neuerlich zu laufen begonnen, womit eine Verjährung erst im Oktober 1996 eingetreten wäre. Dadurch komme es aber zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der wechselseitigen Forderungen und der daraus Berechtigten, weil dem Kläger des Vorverfahrens lediglich die dreijährige, dem Kläger der vormaligen Gegenforderung jedoch unter Umständen eine (zumindest) sechsjährige Verjährungsfrist zustehe. Nach der Entscheidung SZ 65/139 habe der Gläubiger der vormaligen Gegenforderung diese in angemessener Frist mit Klage geltend zu machen, wenn es im Vorverfahren etwa wegen Nichtbestehens der Klageforderung nicht zu einer rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen der Gegenforderung gekommen sei. Die Geltendmachung der nunmehrigen Klageforderung als Gegenforderung im Vorverfahren führe damit aber nicht zu einer Unterbrechung sondern lediglich zu einer Ablaufshemmung der Verjährungsfrist. Damit komme es nicht darauf an, ob die vorliegende Klage binnen drei Jahren nach Geltendmachung der nunmehrigen Klageforderung als Gegenforderung im Vorverfahren bei Gericht überreicht worden sei oder nicht. Die klagende Partei vertrete die Auffassung, ihre Forderung sei deshalb nicht verjährt, weil unmittelbar nach rechtskräftiger Beendigung des Vorverfahrens im April 1996 Vergleichsverhandlungen geführt und binnen angemessener Frist nach deren Scheitern die vorliegende Klage eingebracht worden sei. Es bedürfe daher der Klärung der Frage, ob sich die Hemmung der Verjährungsfrist durch aufrechnungsweise Geltendmachung im Vorverfahren auf die gesamte Gegenforderung bezogen habe oder lediglich auf jenen Teil, welche der Höhe nach der vormaligen Klageforderung entsprochen habe. Dazu habe der Oberste Gerichtshof in 1 Ob 601/92 ausgeführt, was die mit der Aufrechnungseinrede verbundene Wirkung der Verjährungsunterbrechung nur bis zur Höhe der Klageforderung gelte, was auch Mader (in Schwimann ABGB2 Rz 15 zu § 1497) lehre. Die klagende Partei vertrete dazu die Ansicht, die Verjährungshemmung würde sich auf die gesamte vormalige Gegenforderung selbst dann beziehen, wenn diese an Wert die vormalige Klageforderung übersteige, weil ansonsten ein weiterer Prozeß nicht vermieden hätte werden können. Dazu sei zu bemerken, daß es zwar richtig sei, gerade bei Schadenersatzprozessen aufgrund von Verkehrsunfällen aus Gründen der Verfahrensökonomie Parallelprozesse zu vermeiden, doch könne im Hinblick auf den Eventualcharakter einer Gegenforderung über diese immer nur in dem Umfang abgesprochen werden, indem sie sich mit der Klageforderung decke. Soweit sie darüber hinausgehe, könne sie niemals Prozeßgegenstand des Vorverfahrens geworden sein. Die aufrechnungsweise Geltendmachung einer Forderung im Vorverfahren könne lediglich in jenem Teilbetrag verjährungshemmend wirken, der dem Wert der Klageforderung entspreche. Der darüber hinausgehende Teil sei binnen der entsprechenden Verjährungsvorschrift gesondert geltend zu machen. Wenn durch eine Einschränkung oder durch ein Teilurteil ein Teil der Klageforderung aus dem Vorverfahren ausgeschieden sei, beziehe sich die Verjährungshemmung auf jenen Teil der Gegenforderung, der der restlich verbliebenen Klageforderung entspreche. Gehe man von diesen Überlegungen aus, dann sei die Verjährungsfrist hinsichtlich der gegenständlichen Klageforderung durch deren aufrechnungsweise Einwendung im Oktober 1993 im Vorverfahren zunächst hinsichtlich eines Teilbetrages von S 95.762,30 und dann in weiterer Folge hinsichtlich eines Teilbetrages von S 91.762,30 (infolge Klageeinschränkung) gehemmt, der Restbetrag von S 169.573,20 jedoch bereits am 7. 1. 1996 verjährt. Was den restlichen Betrag von S 91.881,50 betreffe, sei diesbezüglich die Verjährungsfrist gehemmt, weshalb es hier nicht auf den Stichtag 7. 1. 1996 ankomme. Das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 13. 12. 1995 sei den nunmehrigen Klagevertretern am 4. 1. 1996 zugestellt worden, wobei die Rechtskraft dieses Urteils im Hinblick auf die Möglichkeit einer außerordentlichen Revision mit 1. 2. 1996 eingetreten sei. Zu diesem Zeitpunkt sei daher festgestanden, daß Prozeßgegenstand des Vorverfahrens lediglich noch S 45.891,15 gewesen seien, weshalb im Vorverfahren über den restlichen Teil der Forderung der Klägerin von S 215.435,-- keine Entscheidung mehr ergehen habe können. Die klagende Partei hätte daher binnen angemessener Frist nach Eintritt der Rechtskraft des Teilurteiles ihre restliche Forderung mit Klage geltend machen müssen, wobei eine Frist von etwa einen Monat als angemessen angesehen werden könne. Der weitere Teil der noch offenen Forderung der Klägerin von S 45.881,15 sei Ende Februar 1996 verjährt. Was den letzten Teil der Forderung von S 45.881,15 betreffe, sei dieser nicht verfahrensgegenständlich, weil ihn die klagende Partei bei Berechnung ihrer noch offenen Klageforderung bereits berücksichtigt habe und er darüberhinaus bereits durch das Endurteil des Landesgerichtes Salzburg "aufgebraucht" worden sei. Da somit ein Teil der klägerischen Forderung von S 169.553,20 am 7. 1. 1996 und ein weiterer Teil von S 45.881,15 Ende Februar 1996 verjährt sei, sei dem Klagebegehren zu Unrecht stattgegeben worden. Zum Vorbringen der Klagevertreter, es habe mit ihnen und dem früheren Vertreter des Beklagten Vergleichsverhandlungen gegeben, sei zwar als richtig zuzugestehen, daß solche Verhandlungen zu einer Ablaufshemmung der Verjährungsfrist führten und Verjährung dann nicht eintrete, wenn nach Abbruch der Verhandlungen unverzüglich dh in angemessener Frist die Klage eingebracht werde, doch setze dies voraus, daß die Verhandlungen vor Ablauf der Frist begonnen hätten. Dies sei von der klagenden Partei nicht behauptet worden. Die Grundsätze der hemmenden Wirkung von Vergleichsverhandlungen finden auch nicht auf die einredeweise Geltendmachung einer Gegenforderung Anwendung. Da schließlich die Klagevertreter mit Schreiben vom 8. 8. 1996 den damaligen Vertreter der Beklagten zur Leistung oder zur Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung bis 23. 8. 1996 aufgefordert hätten, habe die klagende Partei damit selbst die Vergleichsverhandlungen als mit 23. 8. 1996 beendet erklärt; da die folgende Klage erst am 17. 9. 1996 eingebracht worden sei, könne auch nicht von der Wahrung einer angemessenen Frist nach Scheitern der Vergleichsverhandlung gesprochen werden. Auch das Schreiben des damaligen Vertreters des Beklagten vom 16. 4. 1996 stelle kein Anerkenntnis dar, weil darin lediglich von der Erfüllung des Endurteils des Landesgerichtes Salzburg die Rede sei. Die vorliegende geltendgemachte Klageforderung sei jedoch nicht Gegenstand dieses Endurteiles gewesen. Schließlich sei das im Verfahren erster Instanz erörterte Schadenteilungsabkommen nicht anzuwenden, weil nach dessen "Einleitung" Gegenstand des Abkommens lediglich Regresse zwischen den in Europa tätigen Kraftverkehrsversicherern aufgrund von Versicherungsverträgen, die nicht im gleichen Staatsgebiet geschlossen worden seien, seien. Der Beklagte sei kein Kraftverkehrsversicherer.

Da zur Frage der Wirkung einer Aufrechnungseinrede im Hinblick auf Verjährungsfristen mehrfach Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege, sei auszusprechen, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, sie dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze Folge gegeben werde.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Wirkung einer Aufrechnungseinrede im Vorprozeß im Hinblick auf die Verjährungsfristen der geltendgemachten Gegenforderungen einer Verdeutlichung bedarf. Sie ist aber nicht berechtigt.

Die klagende Partei macht in ihrem Rechtsmittel zusammengefaßt geltend, daß verjährungsunterbrechende Tatbestände wie Anerkenntnis und Klage zum Neubeginn der Verjährungsfrist führten. In der Entscheidung EvBl 1993/66 sei ausgeführt worden, daß die aufrechnungsweise Geltendmachung einer Gegenforderung Unterbrechungswirkungen entfalte. Dies bedeute, daß die Verjährungsfrist hinsichtlich der Gegenforderung mit deren aufrechnungsweiser Geltendmachung neu zu laufen beginne. Weiters lasse die neuere Judikatur zur Unterbrechungswirkung der Kompensationseinrede offen, ob diese Unterbrechungswirkung hinsichtlich der gesamten Kompensandoforderung eintrete (auch wenn diese in der Höhe nach die Klageforderung übersteige) oder nur bis zur Höhe der ursprünglichen Klageforderung, unabhängig davon ob und inwieweit die Klageforderung als zu Recht bestehend anerkannt werde. Weiters weiche das Berufungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mit seiner Rechtsmeinung ab, die angemessene Frist zur klageweise Geltendmachung der Gegenforderung habe bereits mit Rechtskraft der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vom 13. 12. 1995 begonnen, weil zu diesem Zeitpunkt zwar eine rechtskräftige Entscheidung über das Verschulden vorgelegen sei, jedoch nicht festgestanden sei, ob und inwieweit die Gegenforderung zu Recht bestehe. Es sei für den Beginn der angemessenen Frist auf die rechtskräftige Beendigung des Vorverfahrens abzustellen. Schließlich stelle das Schreiben des Vertreters der beklagten Partei im Vorprozeß ein deklaratives Anerkenntnis hinsichtlich eines Klageteilbetrages von S 45.881,15 dar.

Dazu ist auszuführen:

Nach § 1497 ABGB wird die Verjährung nur dadurch unterbrochen, daß derjenige, der sich auf Verjährung berufen will, vom Berechtigten "belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird". Das "Belangen" im Sinne dieser Bestimmung wird grundsätzlich durch Einbringung einer Leistungs- oder Feststellungsklage durch den Berechtigten erfüllt. Weiters entspricht es auch Lehre und Rechtsprechung, daß die Unterbrechung der Verjährung durch Klageführung nicht nur von der gehörigen Fortsetzung der Klage abhängt, sondern auch noch weiters zur Voraussetzung hat, daß die Klage auch zum Erfolg führt (Klang in Klang2 VI 654; Schubert in Rummel ABGB Rz 6 zu § 1197; SZ 60/209). Weiters haben Lehre und Rechtsprechung verschiedene Einwendungen hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Lauf der Verjährung bei Klage gleichgestellt und zwar nur dann, wenn der mit der Einrede oder Einwendung geltendgemachte Anspruch formell verselbständigt und zum Gegenstand einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung gemacht werden kann. Dies gilt insbesondere für eine Gegenforderung, die die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufrechnung erfüllt (SZ 52/78;

SZ 60/209; SZ 65/138 = EvBl 1993/66 = ecolex 1993, 19, 1 Ob 601/93 =

ecolex 1994, 616 = JBl 1994, 753 = EvBl 1994/10; 1 Ob 291/97v; 2 Ob

238/98h; Klang in Klang2 VI 650; Schubert in Rummel ABGB2 § 1497 Rz 6; Mader in Schwimann ABGB2 § 1497 Rz 15). Dann, wenn die geltendgemachte Aufrechnung einer Gegenforderung mit der Klageforderung nicht möglich ist, weil die Gegenforderung zur Aufrechnung nicht geeignet ist, etwa wegen des vertraglichen Ausschlusses der Kompensation (1 Ob 207/69), oder weil das Recht zur Kompensation bereits in einem Vorprozeß ausdrücklich verneint worden ist (SZ 60/209) kann die Gegenforderung nicht zum Gegenstand einer positiven, der Rechtskraft fähigen Entscheidung gemacht werden. In diesen Fällen kann die Aufrechnungseinrede einer Klage nicht gleichgehalten werden, sodaß sie den Lauf der Verjährungsfrist nicht zu unterbrechen vermag.

Die verjährungsunterbrechende Wirkung in Bezug auf die Gegenforderung ist aber mit der Höhe der Klageforderung (im Vorprozeß) begrenzt (1 Ob 601/93 = ecolex 1994, 616 = EvBl 1994/10 = JBl 1994, 753 1 Ob 291/97v; 2 Ob238/98h; Schubert in Rummel ABGB2, § 1497 Rz 6, Mader in Schwimann ABGB2 § 1497 Rz 15, Huber, Verjährungsunterbrechung durch Anerkenntnis bei Einwendung einer Gegenforderung, JBl 1987, 25 [27]).

Dies ist damit zu begründen, daß der Beklagte durch die Erhebung der Aufrechungseinrede lediglich die Abweisung des Klagebegehrens, niemals aber einen darüber hinausgehenden Zuspruch erreichen kann. In Bezug auf den die klägerische Forderung übersteigenden Betrag liegt daher noch kein "Belangen" im Sinne des § 1497 ABGB vor. Die im Falle des Bestehens der Hauptforderung notwendige Entscheidung über eine mit Kompensationseinwendung geltend gemachte Gegenforderung des Beklagten ist nur bis zur Höhe des Betrages der Klageforderung der Rechtskraft fähig (§ 411 Satz 2 ZPO; SZ 38/13; EvBl 1969/309; RZ 1970, 168; Rechberger in Rechberger ZPO § 411 Rz 11). Nach der ständigen Rechtsprechung ist daher weder die Entscheidung über die Klageforderung noch jene über die Gegenforderung für sich allein der Rechtskraft fähig (RZ 1982/42), sondern nur die sich daraus ergebende Entscheidung über das Klagebegehren (SZ 42/168).

Will der Inhaber der Gegenforderung sein Recht unabhängig von der Forderung seines Prozeßgegners durchsetzen, muß er anstatt der Aufrechnungseinrede eine Widerklage erheben.

Die Rechtsmeinung der Revisionswerberin, die prozessuale Einwendung einer Gegenforderung habe verjährungsunterbrechende Wirkung hinsichtlich der gesamten Gegenforderung, auch wenn sie die gegnerische Forderung übersteigt, trifft daher nicht zu. Die diese Rechtsansicht allenfalls stützende Meinung Rummels in Rummel ABGB1 § 1438 Rz 19 wurde in der zweiten Auflage nicht mehr aufrecht erhalten. Im übrigen entspricht diese Rechtsansicht den Verjährungsbestimmungen bei nur teilweiser Geltendmachung eines Anspruchs mittels Klage, weil die Verjährung ebenfalls nur in Ansehung des eingeklagten Teilbetrages unterbrochen wird (Schubert in Rummel § 1497 Rz 6; JBl 1985, 49).

Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies, daß eine die klägerische Forderung im Vorprozeß übersteigende Gegenforderung am 7. 1. 1996 jedenfalls verjährt ist.

Soweit die Revisionswerberin darauf verweist, daß durch die Geltendmachung ihrer Gegenforderung im Vorprozeß - bis zur Höhe der Klageforderung - die Verjährungsfrist "unterbrochen und somit eine neue Verjährungsfrist von drei Jahren ab Geltendmachung (13. 10. 1993) zu laufen begonnen habe", ist dem nicht zu folgen. In Analogie zur Unterbrechungswirkung durch Geltendmachung eines Anspruches durch Klageführung wurde jedenfalls bereits ausgesprochen, daß die Unterbrechungswirkung einer Aufrechnungseinrede nur dann fortwirkt, wenn die mangels Berechtigung der Klageforderung unerledigt gebliebene Gegenforderung in angemessener Frist - ähnlich wie sonst bei der Verfahrensfortsetzung eingeklagt wird (SZ 65/139, 1 Ob 609/93 = ecolex 1994, 660, Schubert in Rummel ABGB2, § 1497 Rz 6; Mader in Schwimann ABGB2 §1497 Rz 15). Die von der Revisionswerberin vertretene Rechtsmeinung, durch Geltendmachung der Gegenforderung im Vorprozeß werde eine neue Verjährungsfrist in Gang gesetzt, hätte - worauf das Berufungsgericht bereits verwiesen hat - zur Folge, daß einem solchen Kläger unter Umständen eine sechsjährige Verjährungsfrist zustünde. Dies ist nicht zu rechtfertigen, weil ihm im Vorprozeß ohnehin die Widerklage zur Geltendmachung seiner Forderung zusteht.

Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß das Oberlandesgericht Linz im Vorprozeß in seiner Entscheidung vom 13. 12. 1995 ein unzulässiges Teilurteil über das Bestehen der Klageforderung gefällt hat, weil zwischen der Gegenforderung und der dort eingeklagten Forderung ein rechtlicher Zusammenhang bestand, was der Fällung eines Teilurteils entgegenstand (§ 391 Abs 3 ZPO; Rechberger in Rechberger §§ 391, 392 ZPO Rz 15; SZ 35/11). Dieses Teilurteil, welches über das als nicht zu Recht bestehend bezeichneten Teil der eingeklagten Forderung nicht - im Sinne der Abweisung des davon betroffenen Teils - abschließend entschieden hat, konnte für sich alleine nicht in Rechtskraft erwachsen. Der beklagten Partei im Vorprozeß mußte zwar klar sein, daß ab der Zustellung dieses Teilurteils in diesem Verfahren keine Aufrechnungslage mit dem als nicht zu Recht bestehend erkannten Teil der eingeklagten Forderung mehr zu erwarten war. Ob diese Erkenntnis schon damals die angemessene Frist zur Erhebung der selbständigen Klage zur Geltendmachung des entsprechenden Teils der Gegenforderung ausgelöst hat, muß hier aber nicht beurteilt werden. Das die gänzliche Abweisung der eingeklagten Forderung enthaltende Endurteil wurde nämlich am 1. 4. 1996 zugestellt, die vorliegende Klage aber erst am 17. 9. 1996 eingebracht. Damit wurde aber die Klage jedenfalls nicht innerhalb angemessener Frist nach Zustellung des Endurteils eingebracht, weshalb der Verjährungseinwand berechtigt ist.

Soweit die Revisionswerberin schließlich darauf verweist, daß der damalige Beklagtenvertreter in einem Schreiben vom 9. 7. 1996 ein deklaratives Anerkenntnis abgegeben habe, bzw es seien die Verjährung hemmende Vergleichsgespräche geführt worden, genügt es, auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen. Zu letzterem Einwand ist noch anzumerken, daß aus der im Akt erliegenden und vom Berufungsgericht festgestellten Korrespondenz zwischen den Parteienvertretern des Vorprozesses eine Führung von "Vergleichsverhandlungen" nicht vorliegt, weil der damalige Klagevertreter, an den die Gegenforderung gerichtet wurde, lediglich seine Bereitschaft bekundete das Forderungsschreiben an die Haftpflichtversicherung weiter zu leiten, aber keine Bereitschaft zeigte die strittigen Fragen selbst außergerichtlich zu lösen (vgl 9 ObA 302/98x). Die Erklärung einer solchen Bereitschaft wäre aber für die Annahme von Vergleichsgesprächen erforderlich gewesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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