Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 399,74 EUR (darin enthalten 66,62 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Der Kläger, der bei einem Snowboardunfall am 26. 2. 2005 eine Oberarmtrümmerfraktur erlitt, wurde wegen dieser Verletzung im Krankenhaus B*****, dessen Träger die Beklagte ist, operativ behandelt. Der Kläger begehrte zuletzt 4.850 EUR sA (davon 4.800 EUR Schmerzengeld) mit dem wesentlichen Vorbringen, die Operation im Krankenhaus B***** sei nicht sach- und fachgerecht erfolgt, weshalb eine zweite Operation, die in der Folge im Krankenhaus H***** durchgeführt worden sei, notwendig geworden sei. Durch die zweite Operation habe der Kläger weitere Schmerzen erlitten, die das eingeklagte Schmerzengeld rechtfertigten.
Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die im Krankenhaus B***** vorgenommene Operation sei nach Aufklärung des Klägers und in Absprache mit ihm durchgeführt worden und sei sach- und fachgerecht erfolgt. Da sich kurze Zeit nach der Operation eine Verschiebung der Bruchfragmente ergeben habe, habe auf ein „offenes Verfahren" gewechselt werden müssen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, was es im Ergebnis auf eine medizinisch nicht fachgerecht durchgeführte Operation stützte. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es führte rechtlich aus, der Behandlungsfehler des behandelnden Arztes sei darin gelegen, dass die von ihm durchgeführte Operation nicht zum erwünschten Ziel geführt habe und ihm die lege artis vorzunehmende Operationserweiterung mangels rechtzeitig eingeholter Zustimmung des Patienten aus rechtlichen Gründen nicht offen gestanden sei. Den Arzt treffe die Verantwortung dafür, dass er die medizinisch indizierte Operationserweiterung nicht durchführen habe dürfen, weil ihn die Beweislast für die erfolgte Aufklärung treffe. Von ihrer Haftung hätte sich die Beklagte nur dann befreien können, wenn sie behauptet und bewiesen hätte, dass entweder die Operationserweiterung vor der Operation nicht vorhersehbar gewesen sei oder der Kläger auch bei einer Aufklärung über die möglicherweise notwendige Operationserweiterung sein Einverständnis dazu nicht gegeben hätte. Derartige Behauptungen habe die Beklagte aber nie aufgestellt, sodass auch keine Überlegungen in diese Richtung angestellt werden müssten. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, welche schadenersatzrechtlichen Folgen eine wegen fehlender Zustimmung des Patienten unterlassene, medizinisch aber notwendige Operationserweiterung habe, nicht vorliege. Die Entscheidung 10 Ob 50/07m beschäftige sich vornehmlich mit der Frage, unter welchen Umständen eine Operationserweiterung zulässig sei. Weiters bedürfe es einer höchstrichterlichen Stellungnahme, ob die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB auch die objektive Sorgfaltswidrigkeit, hier konkret die mangelnde Vorhersehbarkeit der Operationserweiterung, treffe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
Gerade die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 10 Ob 50/07m (= RIS-Justiz RS0122175, RS0122176) beschäftigt sich ausführlich mit den Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer erst im Zuge einer Operation erkennbaren Notwendigkeit bzw Zweckmäßigkeit einer Operationserweiterung und gibt Kriterien vor, unter welchen weiteren Voraussetzungen diesfalls eine solche Operationserweiterung durchgeführt werden darf oder allenfalls sogar muss. Nach den in dieser Entscheidung dargestellten Grundsätzen ist im Einzelfall zu beurteilen, ob der Arzt rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, woraus bei gegebener Schädigung Schadenersatzpflichten resultieren. Die Berufungsentscheidung hält sich im Rahmen dieser Grundsätze. Die zweite vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits einschlägig beantwortet: Die Beweislast für die Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt trifft den zur Sorgfalt Verpflichteten. Die subjektiven Fähigkeiten zur Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt unterstellen schon die §§ 1297 und 1299 ABGB (RIS-Justiz RS0026221).
Auch die Revision zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.
Die Revisionswerberin releviert als erhebliche Rechtsfrage, das Berufungsgericht stehe zur ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung im Widerspruch, wenn es ausführe, ein Behandlungsfehler (und nicht eine vom Kläger niemals relevierte Aufklärungspflichtverletzung) des behandelnden Arztes liege darin, dass eine von ihm durchgeführte, durch die Einwilligung gedeckte Operation nicht zum erwünschten Ziel geführt habe und ihm die vorzunehmende Operationserweiterung mangels vorliegender Zustimmung des Patienten aus rechtlichen Gründen nicht offen gestanden sei. Ob man das vom Berufungsgericht insgesamt als fehlerhaft beurteilte Verhalten des Arztes als Behandlungsfehler bezeichnet oder es sonst als rechtswidrig und schuldhaft qualifiziert, macht rechtlich im Ergebnis keinen Unterschied: Entsteht dem Patienten dadurch ein Schaden, dass der Arzt entweder seiner Aufklärungspflicht oder seiner Pflicht zur fachgerechten Behandlung oder beidem nicht entspricht, so löst doch die eine wie die andere schuldhafte Pflichtverletzung eine Ersatzpflicht für den entstandenen Schaden aus.
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft,
sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)